Vermögensberater

Und wieder uneinheitlich

Kürzlich entschied ein Gericht, dass einRechtsstreit zwischen DVAG und einem Vermögensberater vor dem Arbeitsgericht auszutragen wäre. Der Beschluss ist nicht rechtskräftig und wird es auch nicht, zumindest nicht mit dieser Begründung.

Das Gericht meinte nämlich, der Vermögensberatervertrag (vor 2017) würde den Vermögensberatern verbieten, eine nebenberufliche Tätigkeit aufzunehmen. Deshalb sei er Einfirmenvertreter. Diese Begründung widerspricht der üblichen Rechtsprechung, ist mithin wieder „uneinheitlich“. Dass bereits der BGH vor einigen Jahren im Grundsatz entschieden hatte, dass aus diesem Grunde die Einfirmeneigenschaft nicht zu begründen wäre,  übersah das Gericht. Der Vermögensberater darf nach dem Vertrag nämlich doch anderweitig tätig sein, wenn er es denn der DVAG anzeige. So sah es eben auch der BGH.

Ein anderer Ansatz bringt jedoch neuen Schwung in die Frage, ob nicht doch eine Einfirmeneigenschaft vorliegt. Der BGH sagte in bereits mehrmals, dass jemand, der hauptberuflich tätig werden müsse, gar keine Möglichkeit mehr hätte, eine andere Tätigkeit aufzunehmen. Ein Vertrag, wonach ein Handelsvertreter hauptberuflich tätig sein müsse, verbiete damit gleichermaßen die Ausübung einer anderen Nebentätigkeit. Ein hauptberuflich tätiger Handelsvertreter ist danach jedenfalls auch ein Einfirmenvertreter.

Dies sah auch das Landgericht Frankfurt in einer kürzlich ergangenen Entscheidung so. Dort wurde der Vermögensberater zum Hauptberufler erklärt. Mit dieser Auffassung bekommt die Frage, ob ein Streitigkeiten zwischen Vermögensberater und DVAG zum Arbeitsgericht gehen könnte, wieder frischen Wind.

LG Ellwangen: Provision ist zurück zu zahlen

Das Landgericht Ellwangen hatte vor einem Jahr darüber zu entscheiden, ob der DVAG ein Provisionsrückforderungsanspruch gegen einen ehemaligen Vermögensberater zusteht. Es kam zu der Entscheidung, der Vermögensberater knappe 40.000,00 € zurückzuzahlen hat.

DVAG und Vermögensberater waren mit einem Vertrag aus dem Jahre 2007 miteinander verbunden. Sie schlossen zum Ende des Vertrages einen Aufhebungsvertrag, in dem sich der Vermögensberater zu einigen Wettbewerbseinschränkungen verpflichtete.

Mit der Klage verlangte die DVAG die Rückzahlung von Provisionen. Diese seien als Vorschüsse gezahlt worden im Vertrauen darauf, dass bestimmte Verträge bestandskräftig bleiben. Im Falle einer Stornierung sollte der Vorschuss prozentual zurückgezahlt werden.

Der Berater wandte ein, es sei nicht genügend Stornobekämpfung durchgeführt worden. Dabei war im Falle notleidender Verträge von der AachenMünchener  ein Mahn- bzw. Erinnerungsschreiben herausgegangen.

Ferner habe der Bestandsnachfolger Besuchsaufträge erhalten, um Verträge zu retten.

Dies war dem Gericht im Rahmen der Stornobekämpfungsmaßnahmen genug. Die Verträge seien ordnungsgemäß nachgearbeitet worden, so dass der Provisionsvorschuss gemäß §§ 92 Abs. 2, 87 a Abs. 3 Satz 1 HGB zurückzuzahlen ist. Ein mehrstufiges Mahn- und Kündigungsverfahren stellte nach Ansicht des Gerichtes eine geeignete Maßnahme zur Stornoabwehr dar.

Im Übrigen genüge es, soweit es um Verträge geht, bei denen kein Beitragsrückstand gegeben ist, dass der Nachfolger des ausgeschiedenen Versicherungsvertreters durch Besuchsaufträge dazu aufgefordert wird, Stornobekämpfungsmaßnahmen durchzuführen. An dieser Stelle setzt sich das Landgericht Ellwangen in Widersprüche zu aktuellen Entscheidungen des Bundesgerichtshofes. Dort ist man nämlich der Auffassung, man könne sich nicht darauf verlassen, dass ein Bestandsnachfolger einen Besuchsauftrag einfach so nachkommt.

Der Berater wandte ein, die Provisionsabrechnungen seien nicht nachvollziehbar. Das Landgericht Ellwangen sah dies nicht so.

Ferner wandte der Berater ein, es haben Umdeckungen stattgefunden. Dabei stellte das Landgericht nach einer Beweisaufnahme fest, dass zwar Umdeckungen vorhanden waren, diese jedoch nicht den Zeitraum nach dem Ausscheiden betroffen hatten.

Ferner wandte der Berater ein, er könne mit einer Softwarepauschale hilfsweise eine Aufrechnung erklären. Dazu hatte der Berater jedoch angeblich nicht substantiiert vorgetragen.

Ferner meinte er noch, er könne mit einer so genannten Karenzentschädigung gemäß § 90 a HGB aufrechnen. Schließlich habe er sich mit dem Aufhebungsvertrag zu weiteren Wettbewerbseinschränkungen verpflichtet. Damit stände ihm ein Entschädigungsanspruch zu. Das Gericht meinte jedoch, § 90 a HGB sei von seinem Schutzzweck her nicht einschlägig, weil das Wettbewerbsverbot in einer Vereinbarung über die Beendigung des Vertrages enthalten sei, welche den Vertrag sofort oder sogar zurückwirkend beendet. In dem Fall sei ein Entschädigungsanspruch ausgeschlossen.

Gegen  die Entscheidung sind Rechtsmittel eingelegt worden.

Ausgleichsanspruchsberechnung für Versicherungsvertreter nach dem Gesetz

In einer bahnbrechenden Entscheidung hatte der BGH am 23.11.2011 entschieden, dass ein Vermögensberater/Versicherungsvertreter seinen Ausgleichsanspruch durch die sogenannten Grundsätze als Schätzungsgrundlage geltend machen kann, auch wenn dies vertraglich nicht vereinbart ist.

Die Grundsätze finden sich hier.

Früher musste der Handelsvertreter den Ausgleichsanspruch ausschließlich an den gesetzlichen Grundlagen festmachen, was sich häufig als sehr schwierig erwies.

Der BGH sagte aber auch, dass die Grundsätze nicht im Bereich „Finanzdienstleistung“ als Schätzungsgrundlage für Versicherungsvertreter heranzuziehen sind.  „Die „Grundsätze Finanzdienstleistungen“ sind vor dem Hintergrund entstanden, dass ein Bausparkassenvertreter neben Bausparverträgen im Namen und auf Rechnung des Bausparunternehmens auch umfangreiche Finanzdienstleistungen und Darlehensverträge sowie Fest- und Tilgungshypotheken …., und hierfür ebenfalls eine einfache Ausgleichsregelung gefunden werden sollte,“ so der BGH. Als Schätzungsgrundlage für Versicherungsvertreter wären diese Grundsätze daher eventuell ungeeignet.

Der Bereich Finanzdienstleistung muss daher, solange die Geeignetheit der Grundsätze als Schätzungsgrundlage nicht feststeht, anhand der gesetzlichen Vorgaben durchgeführt werden.

Am 31.5.2012 zeigte das OLG Hamm mit Urteil unter dem Az 18 U 148/05, dass dies durchaus möglich ist. In dieser Entscheidung geht das Gericht auch davon aus, dass der Ausgleichsanspruch nach den gesetzlichen Vorgaben errechnet werden kann, auch wenn vereinbart wurde, dass der Ausgleichsanspruch nach den Grundsätzen zu errechnen ist.

Fazit: Es gibt die Berechnung des Ausgleichsanspruchs für den Versicherungsvertreter nach den „Grundsätzen“ (mit Ausnahme Finanzdienstleistung-dies müsste nach Gesetz berechnet werden), auch wenn das so nicht vereinbart ist

und

es gibt ein Wahlrecht, ob man nach Gesetz oder den “ Grundsätzen“ abrechnet, auch wenn die Grundsätze ausdrücklich als Grundlage im Vertrag genannt wurden.

LG Detmold sieht Vermögensberater nicht als Einfirmenvertreter an

Bei der Frage, ob in einem Rechtsstreit eines Handelsvertreters mit seinem ehemaligen Vertrieb das Landgericht oder das Arbeitsgericht zulässig ist, fasste das Landgericht Detmold kürzlich eine Entscheidung. Es meinte, das Landgericht sei nach wie vor zuständig.

Es ging um die Frage, ob ein Vermögensberater ein sog. Ein-Firmen-Vertreter sei. Dabei ging es auch um die Klärung, ob der Vermögensberatervertrag die hauptberufliche oder nebenberufliche Tätigkeit vorschreibt.

Das Landgericht Detmold dazu:

„Eine solche hauptberufliche Tätigkeit wird durch die streitgegenständliche Vereinbarung gerade nicht verlangt. Zu der Frage, in welchem Umfang der Beklagte für die Klägerin tätig werden musste – ob haupt-oder nebenberuflich – trifft die vertragliche Vereinbarung keinerlei Regelung. Es sind insoweit keine Beschränkungen vereinbart…

Die der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 21.10.2015 zu Grunde liegende vertragliche Regelung, die zu einer Qualifizierung als Ein-Firmen-Vertreter im Sinne des § 92 a) HGB führte, sah eine Verpflichtung des Vertragspartners vor, während der Vertragsdauer nicht ohne schriftliche Einwilligung des Unternehmens tätig zu werden (vgl. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21.10.2015, Aktenzeichen: VII ZB 8/15, Juris, Rdnr.: 16). Die dort vom Bundesgerichtshof vorgenommene „typisierende Betrachtung“ stützt sich auf diese Vereinbarung. Auf Grund der dort zu Grunde liegenden Regelung sei zwar eine nebenberufliche Tätigkeit möglich, bei „typisierender Betrachtung“ jedoch sei in einem solchen Fall die Stellung des Handelsvertreters der eines Angestellten angenähert (vgl. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21.10.2015, Aktenzeichen VII ZB 8/15, Juris, Rdnr.: 16). Vorliegend ist jedoch für eine solche „typisierende Betrachtung“ kein Raum. Die streitgegenständliche Vereinbarung sieht keinerlei Einschränkung auf eine haupt- oder nebenberufliche Tätigkeit für die Klägerin vor. So das Landgericht Detmold vom 13.03.2017 zu der Frage, ob der alte Vermögensberatervertrag eine ausschließliche Regelung für Vermögensberater beinhalte, ob ein Vermögensberater haupt- oder nebenberuflich tätig sei.“

Und weil der Vermögensberatervertrag eben nicht die hauptberufliche Verpflichtung regelt, gelten auch die Entscheidungen des BGH nicht, die generell einen hauptberuflich tätigen Handelsvertreter zum Einfirmenvertreter machen.

BGH: Wahl zwischen Altersvorsorge und Ausgleichsanspruch wirksam

Der BGH entschied am 15.12.2016 unter dem Az VII ZR 221/15: Eine Vereinbarung, wonach der Anspruch des Handelsvertreters auf eine unternehmensfinanzierte Altersversorge entfällt, sobald er seinen Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB geltend macht, ist wirksam. Dies gilt auch dann, wenn es sich um vorformulierte Klauseln (AGB) handelt.

Wenn ein Vertrieb eine Altersvorsorge bildet und die Einlagen zahlt, darf er den Handelsvertreter am Ende des Vertragsverhältnisses vor die Wahl stellen, ob er lieber die Alterversorgung wählt oder den Ausgleichsanspruch. Beides zusammen gibt es dann nicht. Viele Vertriebe bieten eine Alterversorgung an. Überwiegend wird davon Gebrauch gemacht, dass eine Anrechnung erfolgt, sollte der Handelsvertreter den Ausgleichsanspruch geltend macht.

Der klagende Handelsvertreter war für die Beklagte tätig. Die Parteien hatten zu Gunsten des Handelsvertreters neben der Provision eine unternehmerfinanzierte Altersvorsorge („Treuegeld“ genannt) vereinbart. Nach dem Vertrag entfällt jedoch der Anspruch auf das Treuegeld, sofern der Handelsvertreter seinen Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB geltend macht. Nach Beendigung seiner Tätigkeit forderte der Kläger von der Beklagten die Zahlung des Ausgleichs und verlangte daneben sein „Treuegeld“. Denn nach Ansicht des Klägers sei der Ausschluss des Treuegeldes unwirksam. Die Beklagte zahlte jedoch nicht.

Mit der Klage machte der Kläger nur den Anspruch auf das Treuegeld gegenüber der Beklagten geltend und bekam zunächst Recht. Der BGH entschied anders.

Die vorliegende Klausel sei nach ständiger Rechtsprechung wirksam. Dies gelte auch dann, wenn es sich um einen Vertrag mit vorformulierten Klauseln für mehrfachen Einsatz (AGB) handelt. Die Rechtsposition des Handelsvertreters verschlechtere sich nicht, wenn er bei Geltendmachung des Ausgleichsanspruchs das Treuegeld des Unternehmens als freiwillig gezahlte Leistung nicht erhält.

Denn die Altersversorgung müsse an sich der Handelsvertreter aus seinem laufenden Einkommen (der – hier auch in üblicher Höhe vereinbarten – Provision) bestreiten. Die Berechnung und Durchsetzung des Ausgleichsanspruchs falle grundsätzlich in den Risikobereich des Handelsvertreters. Der Handelsvertreter könne sich innerhalb der Jahresfrist des § 89b Abs. 4 S. 2 HGB entscheiden, welchen der beiden Ansprüche er geltend machen möchte. Dabei müsse der Handelsvertreter klar zum Ausdruck bringen, ob er den Ausgleichsanspruch oder den Anspruch auf das Treuegeld verfolgt.

Der BGH stellte klar, dass gegen die Rechtmäßigkeit keine Bedenken bestehen, wenn die Versorgung als zusätzliche Leistung gewährt wird.

Wenn die Provisionsansprüche des Handelsvertreters unter dem üblichen Satz liegen und die Differenz allein durch eine unternehmensfinanzierte Altersversorgung ausgeglichen wird, könnte dies jedoch anders zu bewerten sein. In dem gedachten Fall würde die Altersversorgung keine zusätzliche, freiwillige Leistung des Unternehmens bedeuten.

Dass eine Entscheidung durch den BGH nötig wurde, mag überraschen. Schließlich hatte der BGH unter dem Az VII ZR 282/12 schon zuvor entschieden, dass eine Altersversorgung einen Abzug des Ausgleichsanspruchs rechtfertige. Dort hatte ein ehemaliger Vermögensberater seinen Ausgleichsanspruch gegenüber der DVAG geltend gemacht. Die Höhe hatte er gemäß den zwischen den Spitzenverbänden der betroffenen Wirtschaftszweige und Handelsvertreter vereinbarten“Grundsätze Sach“, „Grundsätze Leben“, „Grundsätze Kranken“ und“Grundsätze Bauspar“ berechnet. Der BGH hatte diese Berechnung, auch ohne vertragliche Vereinbarung, als Schätzungsgrundlage zugelassen.

Am 8.5.2015 durften sich die BGH-Richter darüber Gedanken machen, ob die Anrechnung der Versorgungsleistungen, die in den „Grundsätzen“ geregelt sind, auch hier geltend müssten. Die DVAG hatte in einem Versorgungswerk zugunsten des Vermögensberaters Versorgungsleistungen aufgebaut. Der berichtende Richter beim BGH sagte, „wer A sagt muss auch B sagen“ und „man könne sich nicht die Lorbeeren herauspicken“. Wenn man sich auf die Grundsätze beruft, müsse man auch deren Nachteile in Kauf nehmen. So sind Versorgungsleistungen auch dann anrechenbar, wenn dies zwischen Handelsvertreter und Unternehmen nicht mal vereinbart wurde.

Neue Verträge

Mit Spannung warten Vermögensberater auf die angekündigten neuen Vermögensberaterverträge. Diese sollten schon seit Donnerstag überreicht worden sein, schrieb fondsprofessionell.de am 12.12., also vor drei Tagen.

Wem sie überreicht wurden, konnte man aber nicht lesen. Gestern sollen sich im Onlinesytem der DVAG noch keine Hinweise auf neue Verträge befunden haben. Auch soll es in den Frankfurter Schnellbriefen noch keine Hinweise geben.

Gut zu wissen ist, dass die neuen Verträge wohl grundsätzlich nur für neue Vermögensberater gedacht sind. Vielleicht klärt sich die Frage der Bedeutung der neuen Verträge damit von selbst.

Abweisung statt Aussetzung?

Abweisung statt Aussetzung – Das Landgericht Schweinfurt kündigte eine neue Variante an. Im Blog wurde bereits darüber berichtet, dass bei besonderen Fallkonstellationen einige Gerichte dazu neigen, Verfahren auszusetzen.

Dies betrifft auch einige Verfahren zwischen ehemaligen Vermögensberatern und der DVAG.

Einige Vermögensberater wurden mit Stornierungen belastet. Da diese Stornierungen für sie nicht nachvollziehbar waren und sie zudem teilweise Rechenfehler in den Abrechnungen bemängelten, wandten sie sich gegen die DVAG in Form einer Klage. In dieser Klage wurde dann ein sog. Buchauszug geltend gemacht, sowie die sich aus dem Buchauszug etwaige ergebenden Provisionszahlungen.

Anschließend klagte dann die DVAG die Provisionszahlungen ein. Während die Klage der Vermögensberater in Frankfurt rechtshängig war, wurde die andere Klage am Wohnsitz des Beraters eingereicht.

Weil es sich im Kern evtl. um einen vergleichbaren Sachverhalt handelt, neigten einige Gerichte dazu, die Verfahren am Wohnsitz des Beraters auf Rückzahlung der Provisionen auszusetzen. Das Landgericht Nürnberg begründete die Aussetzung z.B. mit dem Argument, dass sich im Ergebnis in dem Verfahren vor dem Landgericht Frankfurt ergeben könnte, dass dem Berater noch Provisionszahlungen zustehen, und dies dann bedeuten würde, dass der DVAG kein Anspruch auf Rückzahlung von Provisionsvorschüssen zustehen würde.

Mit diesem Argument setzte das Landgericht Nürnberg am 29.08.2016 ein Verfahren aus.

Das Landgericht Schweinfurt bringt nun in die Angelegenheit eine Nuance. In einem Beschluss vom 08.11.2016 machte es darauf aufmerksam, dass eine Aussetzung nicht in Betracht kommt. Das Landgericht werde nun die Parallelakte anfordern, es werde dann prüfen, ob in beiden Verfahren über dieselben Ansprüche zu entscheiden ist. In dem Umfang, so das Landgericht, wäre dann die Klage unzulässig.

Allerdings wies das Gericht auch darauf hin, dass keinerlei Bindungswirkung der im Parallelverfahren getroffenen Feststellungen besteht, so lange lediglich im Parallelverfahren nur Tatsachen – oder Rechtsfragen – zu beantworten sind, die auch für das Verfahren in Schweinfurt eine Bedeutung hätten (etwa ob ein Vertrag wirksam zu Stande gekommen oder gekündigt worden ist).

Die neue Rechtsprechung des BGH zu der Frage, wann ein Handelsvertreter ein Einfirmenvertreter ist

Die Frage, ob Streitigkeiten aus einem Handelsvertretervertrag vor dem ordentlichen Gerichten (Amts-, Land- und Oberlandesgerichten) oder dem Arbeitsgericht ausgetragen werden, ist immer wieder Gegenstand der Rechtstreite. Auch der BGH hatte sich in den letzten Jahren damit beschäftigen müssen.

Für die DVAG entschied der BGH am 18.07.2013 unter dem Aktenzeichen VII ZB 27/12, dass Streitigkeiten zwischen Vermögensberater und DVAG zu den ordentlichen Gerichten gehören. Ein Vermögensberater, der eine anderweitige Tätigkeit frühestens 21 Tage nach Eingang seiner Anzeige und Vorlage von Unterlagen über diese Tätigkeit aufnehmen darf, ist kein Ein-Firmen-Vertreter im Sinne des §92a Abs. 1 S. 1 HGB. Damit hob der BGH einen Beschluss des Oberlandesgerichtes Braunschweig auf.

Inwieweit der neue Vermögensberatervertrag, der im Dezember 2016 erscheinen soll, darauf Einfluss hat, ist noch unklar.

Ungeachtet dessen hat der BGH zwei weitere Grundsatzentscheidungen gefällt. Am 16.10.2014 entschied der BGH unter dem Aktenzeichen VII ZB 16/14, dass die in einem Handelsvertretervertrag enthaltene Bestimmung „der Consultant darf während der Vertragszeit nur – hauptberuflich – tätig sein und die M.-Dienstleistungen und die von M. freigegebenen Finanzprodukte vermitteln“ ein vertragliches Tätigkeitsverbot darstelle. Ein solcher Rechtsstreit könnte dann vor dem Arbeitsgericht geführt werden müssen, wenn der Handelsvertreter in den letzten sechs Monaten vor Vertragsende weniger als 1.000,00 € durchschnittlich bezogen hat. Dabei stellte der BGH darauf ab, ob einem Handelsvertreter auferlegt wird, hauptberuflich für den Unternehmer tätig zu sein. Ein solcher sei zwar nicht völlig von dem Unternehmer abhängig, weil ihm eine nebenberufliche Tätigkeit gestattet ist, er sei jedoch aufgrund der gebotenen typisierenden Betrachtung einem Angestellten ähnlich angenähert wie ein Handelsvertreter, dem vertraglich vollständig untersagt ist, für weitere Unternehmer tätig zu werden.

Diesem Gedanken schloss sich der BGH in einer weiteren Entscheidung vom 21.10.2015 unter dem Aktenzeichen VII ZB 8/15 an. Ein Handelsvertreter, „der im Hauptberuf ständig damit betraut ist, ausschließlich für die P. und ihre Produktpartner Bauspar-, Finanzierungs- und Vermögensaufbauprodukte zu vermitteln“, unterliegt einem vertraglichen Tätigkeitsverbot und ist ein Ein-Firmen-Vertreter.

Auch hier stellt der BGH wieder auf die „gebotene typisierende Betrachtung“ eines hauptberuflich tätigen Handelsvertreters ab. Damit müsse auch er die Möglichkeit haben, bei entsprechend niedrigen Provisionen, das Arbeitsgericht anzurufen.

In der Entscheidung aus dem Jahre 2013 über die Ein-Firmen-Eigenschaft von Vermögensberatern wurde nicht darauf abgestellt, ob eine hauptberufliche Tätigkeit vorliegt. Insofern könnte es hier einer Nachbesserung bedürfen, es sei denn, der neue Vermögensberatervertrag würde eine eindeutige Regelung treffen.

Und dann war der Zahlungswille plötzlich weg

Haarscharf schrammte ein Vermögensberater an der Haftung vorbei. Dabei beschäftigte er Anwälte und Gerichte mit einer Vielzahl von Anspruchsgrundlagen. Hinzu kam, dass er vorgerichtlich sogar zahlen wollte. Doch plötzlich war der Zahlungswille weg. Verurteilt werden konnte er aber nicht.

Was war passiert?

Ein Vermögensberater stand seinen Kunden sehr nah. Die Kunden hatten sogar blindes Vertrauen zu ihm und haben ungelesen alles unterschrieben. Dabei wollen sie nicht bemerkt haben, dass sie Jahr für Jahr jeweils neue Vermögensparpläne unterschrieben hatten. Der ursprüngliche Vermögenssparplan sollte nach der Vorstellung der Kunden lediglich aufgestockt werden,neue wollte man doch gar nicht, so trugen es die Kunden vor. Der Vorwurf einer Unterschriftenfälschung stand nicht im Raum. Die Kunden selbst hatten alle Sparpläne unterschrieben.

Nach mehr als 10 Jahren bemerkten die Kunden, dass sie weniger angespart haben, als sie eingezahlt hatten. Dies war darauf zurückzuführen, dass bei Abschluss des jeweiligen neuen Vertrages Provisionen in erheblichem Umfang anfielen. Als die Kunden dies bemerkten, stellten sie den Vermögensberater zur Rede.

Es kam dann im Beisein des Anwalts der Kunden zu einem Gespräch. Zu diesem Gespräch brachte der Vermögensberater eine Auflistung über die jährlich erhaltenen Provisionen, die er für die Sparpläne bekommen hatte, mit. Aus dieser Auflistung ergab sich, dass insgesamt Provisionen von etwa 15.000,00 € gezahlt wurden. Der Vermögensberater entschuldigte sich in diesem Gespräch und sagte, er habe Mist gemacht. Gleichzeitig bot der die Zahlung von 15.000,00 € an.

Dieses Angebot hatten die Kunden nicht angenommen, weil sie die Tragweite noch nicht überschauen konnten. In einem weiteren Gespräch verlangten diese 30.000,00 €. Der Vermögensberater stimmte dem grundsätzlich zu. Es sollte ein schriftlicher Vergleich geschlossen werden. Nach Abfassung dieses Vergleichs stand der Vergleich jedoch unter dem Vorbehalt, dass innerhalb einer bestimmten kurzen Frist gezahlt wird. Sonst sollte der Vergleich nicht gelten. Unterschrieben wurde der Vergleich nicht.

Das Landgericht Frankfurt schloss eine Haftung des Vermögensberaters wegen fehlerthafter Beratung gem. § 280 BGB aus. Schließlich mussten die Kunden doch gewusst haben, was sie unterschreiben. Zumindest handelten die Kunden grob fahrlässig, so dass schon daher Ansprüche verjährt wären. Im Übrigen sei nicht zu erkennen, dass ein Beratungsfehler sich daraus ergeben würde, dass ein Kunde gleich mehrere Vermögenssparpläne abschließt.

Das Landgericht führte eine Beweisaufnahme durch. Danach stellte es fest, dass kein wirksamer Vergleich zu Stande gekommen ist. Im ersten Gespräch wurde das Angebot des Vermögensberaters nicht angenommen. Auch im zweiten Gespräch konnte ein Vergleich nicht erzielt werden.

Dann wurde geprüft, ob der Vermögensberater evtl. ein Schuldanerkenntnis abgegeben hat. Dieses hätte, so das Gericht, in schriftlicher Form erfolgen müssen. Ein Schuldanerkenntnis in mündlicher Form ist unwirksam, so das Landgericht.

Gem. der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gibt es jedoch das sog. Schuldbekenntnis. Dies kann auch in mündlicher Form abgegeben werden und führt zu einer Beweislastumkehr. Doch auch dies wollte das Gericht nicht heranziehen. Der Bundesgerichtshof sagte nämlich auch in mehreren Entscheidungen, dass Zusagen im Rahmen von Vertragsverhandlungen nicht als Anerkenntnis oder Bekenntnis gewertet werden können. Das Gericht meinte, um eine solche würde es sich hier handeln. Auch die Entschuldigung des Vermögensberaters und seine Worte, er habe Mist gebaut, würden daran nichts ändern.

Sowohl die Klage der Kunden auf Zahlung von 30.000,00 € als auch eine Klage gestützt auf 15.000,00 € wurden abgewiesen. Dagegen legten die Kunden Berufung ein. Das Oberlandesgericht Frankfurt schloss sich kürzlich der Auffassung des Landgerichts an.

Auch wenn es vielleicht gar nicht die ursprüngliche Absicht des Vermögensberaters war, konnte er weder aus einem Vergleich, noch aus seinen Erklärungen bisher zur Rechenschaft gezogen werden. Schließlich hat er ja damals tatsächlich zahlen wollen. Aber dann wurde man sich doch nicht einig. Vielleicht ist dies ein Beispiel dafür, dass man mit Zusagen während einer Vergleichsverhandlung nicht zu lange warten sollte, um sie anzunehmen.

Die uneinheitliche Rechtsprechung

Die Urteile zum Thema Rückforderung von Provisionsvorschüssen zeigen deutlich, dass es mit der Einheitlichkeit der Rechtsprechung nicht weit her ist. Der Bundesgerichtshof hatte ein paar Grundsätze aufgestellt, wann Provisionen, die als Vorschuss gezahlt wurden, wieder zurückverlangt werden können. Die Grundsätze beziehen sich darauf, was ein Vertrieb oder eine Versicherung an Stornobekämpfungsmaßnahmen unternehmen muss. Jedes Gericht legt diese Grundsätze anders aus. Je nach Richter gelten immer neue Maßstäbe.

Die Uneinheitlichkeit der Rechtsprechung wurde in mehreren Verfahren vor dem Landgericht Tübingen vor einiger Zeit unter Beweis gestellt. Dort verlangte die DVAG im Klagewege gegen ehemalige Vermögensberater Provisionen zurück. Die Urteile fielen sehr unterschiedlich aus, dort im Gesamtergebnis vor einiger Zeit mit einer Tendenz zu Gunsten des Vermögensberaters.

Die Hanauer Gerichtsbarkeit ist ähnlich uneinheitlich. Während das Amtsgericht zunächst eine Provisionsrückforderungsklage in vollem Umfang für begründet hielt, wurde dieses Urteil komplett im Berufungsverfahren aufgehoben und die Klage der DVAG abgewiesen. In einem weiteren Verfahren, welches vor dem Landgericht begann, wurde der Vermögensberater zwar zur Rückzahlung verurteilt, die DVAG gleichzeitig jedoch zur Erteilung eines Buchauszuges verurteilt. Im Berufungsverfahren kam das Oberlandesgericht Frankfurt am Main dann zu dem Ergebnis, dass Provisionsrückforderungsansprüche noch nicht bestehen, so lange der Buchauszug noch nicht erteilt wurde.

In einem weiteren Verfahren in Hanau hatte die DVAG in der ersten Instanz mit der Provisionsrückforderung Erfolg, in dem Berufungsverfahren vor dem Landgericht Hanau hatte das Landgericht die Auffassung bestätigt, die man bereits in einem früheren Berufungsverfahren hatte, und zwar die, dass die von der DVAG behaupteten schriftlichen Stornobekämpfungsmaßnahmen als solche nicht genügen würde. In diesem Fall machte das Gericht jedoch eine Zäsur. Es kündigte an, für die Zeit vor Vertragsende, als der Vermögensberater noch im Onlinesystem über Stornogefahren informiert worden sein soll, seien dann nach Auffassung Gerichtes genügend Stornobekämpfungsmaßnahmen durchgeführt worden. Nach Ende des Vertrages war dies jedoch nicht mehr der Fall.

Einheitiche Rechtsprechung – im Großen und Ganzen

Manchmal kann man die Situation vor Gericht nur mit gewisser Ironie verarbeiten. Die Einheitlichkeit der Rechtsprechung war schon des öfteren ein Thema hier in dem Handelsvertreter-Blog, bzw. eher die Uneinheitlichkeit.

Es ist aus anwaltlicher Sicht schier unerträglich, wenn ein Gericht in vergleichbaren Angelegenheiten mal so, und mal so entscheidet. Leider kommt dies wiederholt vor.

Gerade in Fragen, was das Verhältnis zwischen Vermögensberater und der DVAG betrifft, liegen dem Landgericht Frankfurt am Main viele ähnliche Klagen auf dem Tisch. Dabei geht es oft und wiederholend um die Frage, ob einem Vermögensberater ein Buchauszug zusteht, über welchen Zeitraum, ob Softwarepauschale zurückgezahlt werden müssen und so weiter. Im Prinzip ist es, bis auf wenige Abweichungen im Sachverhalt, immer das Gleiche.

Die Vertriebe bedienen sich spezialisierter Anwälte, die Handelsvertreter oft auch. Beide Seiten kennen sich also gut aus.

Nicht spezialisiert sind jedoch die Richter. Es kommt zwar im „Großen und Ganzen“ zu der Tendenz einer einheitlichen Rechtsprechung, jedoch auch zu sonderbaren Abweichungen.

In vielen Fällen, in denen die DVAG erstinstanzlich zur Erteilung eines Buchauszuges verurteilt wurde, hatte sie Berufung eingelegt. Im Prinzip ist es ja auch hier immer das Gleiche. Hier laufen etwa fünf gleichartige Verfahren vor dem Oberlandesgericht.

Wirtschaftlich werden die Verfahren beim Gericht nicht behandelt. Schließlich hat sich jedes Mal ein neuer Richter einarbeiten dürfen. Am letzten Freitag habe ich den fünften neuen Richter kennenlernen dürfen. So hat sich jeder Richter neu auf den Sachverhalt einarbeiten dürfen. In der freien Wirtschaft wäre dies wohl undenkbar gewesen.

Im Ergebnis gaben zwar alle Richter des Oberlandesgerichtes den Vermögensberatern im Prinzip Recht, dass ihnen ein Buchauszug zustehe. Dies wurde jedoch – trotz gleichartiger Verfahren – immer wieder anderes begründet und immer wieder mit anderen Schwerpunkten bewertet.

Den Vogel abgeschossen hatte dann das Oberlandesgericht am Freitag. Während es sich bei der Frage des Buchauszuges um 11.00 Uhr sehr materiell mit den Anforderungen an einen Buchauszug auseinandersetzte, (obgleich das Gericht gar nicht vorbereitet erschien), meinte es dann um 13.00 Uhr, die Berufung der DVAG müsste ja bereits unzulässig sein, weil der Beschwerdewert nicht erreicht sei. Ein Buchauszug könne ja schließlich nicht so viel Arbeit machen, so dass der erforderliche Streitwert für eine Berufung von 600€ nicht erreicht sein dürfte.

Fünf Richter in fünf Wochen, fünf verschiedene Ansätze, von Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder einem wirtschaftlich arbeitenden Oberlandesgericht kann da wohl keine Rede sein. Den Vermögensberatern kann dies egal sein, solange sie ihr Recht bekommen. Aus anwaltlicher Sicht stößt dies auf Bedenken, demjenigen, der die Rechnung zu bezahlen hat, würde es auch nicht passen dürfen.