Handelsvertreter

BGH: Buchauszug verjährt mit letzter Abrechnung

In einer Entscheidung vom 03.08.2017 hat der Bundesgerichtshof unter dem Az VII ZR 32/17 bezüglich des Anspruchs des Handelsvertreters auf einen Buchauszug einige Streitfragen gelöst.

Vor den Gerichten ist es immer wieder streitig, wann der Anspruch auf einen Buchauszug verjährt.

Und schon wird nach dieser Entscheidung auf einer anderen Ebene gestritten.

Es wurde in der Entscheidung klargestellt, dass der Unternehmer verpflichtet ist die Provisionen des Handelsvertreters laufend abzurechnen (§87c Abs. 1 Satz 1 HGB). Da der Handelsvertreter jedoch nicht immer sicher sein kann, ob die Abrechnungen (welche mindestens alle drei Monate, regelmäßig monatlich erstellt werden müssen) alle relevanten Geschäfte enthalten, hat er zu jedem Zeitpunkt auch ohne besonderen Grund das Recht vom Unternehmer einen Buchauszug zu verlangen.

Dieser muss Auskunft über alle relevanten Informationen geben, welche für die Berechnung der Provisionen von Bedeutung sein können.

Für den Unternehmer bedeutet dies einen erheblichen personellen und zeitlichen Zusatzaufwand, was dazu führt, dass der Anspruch von Seiten des Handelsvertreters als Druckmittel verwendet werden könnte.

In der Entscheidung beschäftigte sich der Bundesgerichtshof vor allem mit den Fragen der Verjährung des Anspruchs auf den Buchauszug.

Dazu wurde klargestellt, dass der Anspruch auf den Buchauszug ein selbstständiger Anspruch gem. §87c Abs. 2 HGB sei, welcher als solcher grundsätzlich auch selbstständig verjähren kann. Diese Verjährung tritt nach §§195, 199 Abs. 1 BGB regelmäßig nach drei Jahren ab dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch entsteht und der Handelsvertreter Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen erlangt, ein.

Dennoch wird der Anspruch als „Hilfsanspruch“ eingeordnet, welcher dazu dienen soll, Provisionsansprüche durchzusetzen. Aufgrund dessen hängt die Verjährung von der Verjährung der Provisionsansprüche ab. Der Anspruch wird gegenstandslos, wenn der Provisionsanspruch untergeht.

Im Einzelnen:

  • Der Anspruch entsteht, sobald er erstmals geltend gemacht werden kann, was der Fall ist, wenn der Anspruch fällig wird. Fällig wird der Anspruch, wenn der Provisionsanspruch fällig wird.

 

  • Der Anspruch auf einen Buchauszug entsteht nicht erst mit Beendigung des Vertragsverhältnisses. Der Handelsvertreter kann jederzeit den Buchauszug geltend machen. Insbesondere stellt das Verlangen nach dem Buchauszug keinen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung dar, auch wenn durch diese Forderung das Verhältnis zwischen Unternehmer und Handelsvertreter belastet werden könnte.

 

  • Die Voraussetzung für den Beginn der Verjährung ist die „vollständige und abschließende Abrechnung über die provisionspflichtigen Geschäfte in einem bestimmten Zeitraum“ (Oberlandesgericht München, 14.07.16, Aktenzeichen: 23 U 3764/15). Das Merkmal „abschließend“ setzt voraus, dass die Abrechnung ohne Einschränkungen und Vorbehalte erteilt wird. Sie umfasst die konkludente Erklärung des Unternehmers, dass keine weiteren Provisionen abrechenbar sind.

 

  • Der Bundesgerichtshof stellte klar, dass der Anspruch auf den Buchauszug nicht damit entsteht, dass der Unternehmer die Abrechnungserteilung verweigert. Die Abrechnungsforderung und der Anspruch auf den Buchauszug sind unabhängig voneinander und können getrennt, gemeinsam oder im Wege einer Stufenklage geltend gemacht werden.

 

  • Es ist nicht erforderlich, dass der Handelsvertreter Zweifel an den Abrechnungen oder die Unvollständigkeit dieser geltend macht. Der Buchauszug kann immer verlangt werden und ist gerade dafür da, die Abrechnungen zu prüfen.

 

  • Der Anspruch hängt nach BGH auch nicht davon ab, dass der Handelsvertreter diesen einfordert. Der Unternehmer selbst kann ohne Aufforderung einen Buchauszug erteilen.

 

  • Ausschlussfristen, welche die Verjährungszeit betreffen gelten (sofern sie wirksam sind, was gesondert geprüft werden muss) auch für den Buchauszug.

 

  • Wird der Buchauszug unvollständig oder unbrauchbar erteilt, so hat der Handelsvertreter einen Anspruch auf Nachbesserung oder Neuerteilung.

 

Wenn der Handelsvertreter sichergehen will, dass keine Provisionen verschenkt werden, sollte er mindestens alle drei Jahre einen Buchauszug einfordern. Dies wiederum könnte jedoch zu einem angespannten Vertragsverhältnis führen.

„Ich stelle aktives Tagesgeschäft ein“ ist keine Kündigungserklärung

In einem Berufungsverfahren zwischen einem Handelsvertreter und dem Unternehmen, für das er tätig ist, hatte das Oberlandesgericht München am 26.10.2017 über eine vermeintliche Kündigung zu entscheiden.

Der Handelsvertreter hatte dem Geschäftsführer des Unternehmens in einer E-Mail mitgeteilt, „dass er sich entschieden habe, das aktive Tagesgeschäft einzustellen, aber seine Kunden und die akquirierten Kontakte weiter bearbeiten wolle“. Außerdem führte er aus, dass man in Kürze klären wolle, wie seine Tätigkeit im Einzelnen weiter ausgestaltet werden sollte. Im Betreff der E-Mail hieß es unter anderem „Vorab-Info, alles weitere in Kürze“.

Diese Mail wollte das Unternehmen als Kündigung werten.  Dies sah das Oberlandesgericht jedoch anders.

Eine Kündigung sei eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung und müsse so ausgelegt werden, wie sie ein objektiver Empfänger verstehen darf. Hier dürfe nicht, wie vom Unternehmen, auf den für den Empfänger günstigsten Sinn abgestellt werden, sondern es sei eine rein normative, objektive Auslegung geboten.

Danach lasse sich nicht darauf schließen, dass der Handelsvertreter das Vertragsverhältnis mit der E-Mail beenden wollte. Hier hatte der Handelsvertreter jedoch vorerst nur mitgeteilt, dass er keine Neuakquise mehr durchführen wolle. Da er ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass er seine Bestandskunden weiter betreuen wird, kann – so das Oberlandesgericht – nicht von einer Kündigung ausgegangen werden.

Es handele sich lediglich um eine „Formulierung seiner Vorstellungen zu der weiteren vertraglichen Beziehung“. Dies könnte als Vertragsänderungsvorschlag oder ggf. als Ankündigung einer Vertragsverletzung gewertet werden, nicht jedoch als Kündigung.

Auch die Tatsache, dass nach der Rechtsprechung ein Handelsvertreterverhältnis formlos und konkludent beendet werden kann ließe hier nicht die Annahme einer Kündigung zu. Denn auch dann müsse sich jedenfalls konkludent der Erklärungswert einer Kündigung entnehmen lassen. Hier jedoch ging es nur um die Ankündigung eines Untätigwerdens.

Ob der Handelsvertreter nach der Mail tatsächlich untätig blieb, ist nach Ansicht des Oberlandesgerichtes nicht relevant. Die reine Untätigkeit könne keine konkludente Kündigung sein.

Von dem Unternehmen wurde zusätzlich noch vorgebracht, dass der Handelsvertreter bei einem Kundenbesuch nicht die Visitenkarte des Unternehmens, sondern eine andere abgegeben hatte. Doch auch dies ließ das Oberlandesgericht nicht darauf schließen, dass eine Kündigung vorlag. Aus seinem Verhalten lasse sich lediglich eine „innere Einstellung“ zum Unternehmen erkennen, eine Kündigung könne man jedoch nicht hinein interpretieren.

Demnach stellte das Oberlandesgericht fest, dass das Handelsvertreterverhältnis weiterhin fortbesteht.

Dem Handelsvertreter wurde ein Anspruch auf einen Buchauszug zugesprochen, für dessen Inhalt die Tatsache, ob das Vertragsverhältnis fortbesteht von Bedeutung war.

OLG Celle: Leichterer und mehr Ausgleichsanspruch bei Bestandsübernahme

In einem Urteil vom 16.02.2017 schuf das Oberlandesgericht Celle unter dem Aktenzeichen 11 U 88/16  neue Grundlagen für die Gewährung des Ausgleichsanspruchs gem. § 89 b) HGB.

Dies betrifft alle Handelsvertreter, die einen Bestand übernommen haben.

Einen Ausgleich für einen übernommenen Bestand erhält der Handelsvertreter gem. § 89 b) Abs. 1, Satz 2 HGB nur dann, wenn der Werbung eines neuen Kunden es gleich steht, wenn der Handelsvertreter die Geschäftsverbindung mit einem Kunden so wesentlich erweitert hat, dass sie wirtschaftlich der Werbung eines neuen Kunden entspricht.

Die höchstinstanzlichen Gerichte hatten bisher entschieden, dass dazu eine 100%ige Umsatzsteigerung erforderlich ist. Nur dann also, wenn ein Kunde, der durch den Handelsvertreter betreut wird, den Umsatz verdoppelt, steht dem Handelsvertreter für diesen Kunden ein Ausgleichsanspruch zu. In der o.g. Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle hatte das Gericht ausgeurteilt, dass ein solcher Ausgleichsanspruch für einen Kunden bereits dann gegeben ist, wenn „nur“ eine 50%ige Umsatzsteigerung festzustellen ist.

Ein Handelsvertreter, der bestimmte Markenprodukte an Apotheken und Kosmetikinstitute vertrieb, hatte einen Ausgleich auch für drei Kunden geltend gemacht, bei denen eine Umsatzsteigerung zwischen rund 58 % und 76 % lag. Das OLG Celle entschied, dass dem Handelsvertreter im Rahmen der Rohausgleichsberechnung auch für diese drei Kunden ein Ausgleich zustehe. das gericht begründete dies mit dem europäischen Recht. Eine nationale Rechtsprechung, wonach eine Umsatzverdoppelung erforderlich sei, entspreche nicht der Handelsvertreterrichtlinie (RL 86/653/EWG), auf der das deutsche Handelsvertreterrecht beruht. Dort nämlich werde nur eine wesentliche Erweiterung der Kundenbeziehung verlangt. Als wesentliche Erweiterung seien nach Ansicht des Gerichts aber auch diejenigen Umsatzsteigerungen anzusehen, die einen Prozentsatz von mehr als 50 % erzielten.

Das OLG Celle schließt sich damit einer Auffassung an, die schon länger darauf hingewiesen hat, dass der Wortlaut des Paragrafen 89b Abs. 1 Satz 2 HGB nicht mit dem der europ. Richtlinie konform gehe und es auf eine Umsatzverdoppelung nicht ankommen dürfe. Das Urteil wurde inzwischen rechtskräftig.

Über diese Entscheidung dürfen sich viele freuen, die als Handelsvertreter einen Bestand übernommen und „ausgebaut“ haben. Die Bestandsübernahme ist in vielen Branchen, in denen Warenvertreter und Bezirksvertreter tätig sind,  ja noch üblich.

Ebenso freuen dürfen sich die Versicherungsvertreter, die einen Bestand übernehmen oder ihren Bestand zu einem neuen Vertrieb mitbringen. Die DVAG hat beispielsweise in einer Nachfolgeregelung Vermögensberatern in Aussicht gestellt „nach Erreichen des 60. Lebensjahres und vor Vollendung des 70. Lebensjahres“ unter bestimmten Bedingungen „die Betreuung der von ihm betreuten Kunden auf andere Vermögensberater“ zu  übertragen. Würde das OLG Celle entscheiden, dürfte sich der Übernehmende freuen.

Eine Übertragung von Kunden findet auch statt, wenn ein Vertrieb ausgegliedert wird, z.B. als der Vertrieb der Central Krankenversicherung und der AachenMünchner auf die DVAG überging. Ein ähnliches Prozedere findet jetzt zwischen DVAG und Generali statt, wenn die DVAG den Generali-Vertrieb übernehmen wird. Viele Generalis fragen sich, was bei der vorstehenden Übernahme mit dem Ausgleichsanspruch wird. Da die Kunden ja bereits bei der Generali aufgebaut wurden, und der wechselnde Berater seinen alten Bestand „übertragen bekäme“, könnte ein frischer Wind in der Rechtsprechung, mit dem OLG Celle als Vorbild, nötig sein.

Viele Handelsvertreter erleben bei der Bestandsübertragung sonst ihr blaues Wunder, wenn wie bisher verlangt würde, dass sich der Umsatz tatsächlich verdoppeln müsste, um am Ende einen finanziellen Ausgleich zu bekommen.

Frohe Weihnachten

Allen Lesern wünscht der Handelsvertreter-Blog ein paar ruhige und frohe Weihnachten.

Zeit für die wichtigen Dinge im Leben, für Freunde und Familie, wünsche ich allen Handelsvertretern, allen Außendienstlern, allen Versicherungsvertretern- und Maklern sowie allen, die mit dem Berufszweig zu tun haben.

Was uns 2017 Tag für Tag beschäftigt hat, ob es Mifid II oder die Änderungen in der Generali waren, rückt zumindest heute in weite Ferne. Und dort soll es über Weihnachten bleiben.

Frohe Weihnachten und eine gute Zeit

Ihr

Kai Behrens

Schweigen kein Anerkenntnis

Eine Vereinbarung zwischen Handelsvertreter und Unternehmer, nach der die Provisionsabrechnungen des Unternehmers als anerkannt gelten, wenn der Handelsvertreter nicht innerhalb einer bestimmten Frist Widerspruch erhebt, ist wegen Verstoßes gegen § 87c HGB unwirksam. Der Annahme eines sich ständig wiederholenden negativen Schuldanerkenntnisses des Handelsvertreters durch Schweigen auf die Provisionsabrechnungen des Unternehmers stehen die dem Schutz des meist wirtschaftlich schwächeren Handelsvertreters dienenden §§ 87a Abs. 5, 87c Abs. 5 HGB entgegen.

Beschluss KG Berlin vom 18.5.2015 Az 12 U 124/13

Dem unwilligen Handelsvertreter steht das Kündigungsrecht nicht zu

In einem Verfahren vor dem Oberlandesgericht Köln aus dem Jahre 1999 stritt ein Handelsvertreter mit seinem Arbeitgeber, der Global-Finanz-Gesellschaft.

Der Handelsvertreter wollte sich aus dem Vertragsverhältnis lösen. Die Kündigungsfrist war vertraglich auf das Ende des jeweils folgenden Jahres festgelegt. Dies war dem Vermögensberater zu lang, weshalb er außerordentlich, fristlos kündigte.

1.

Das Gericht beurteilte am 27.08.1999 die fristlose, außerordentliche Kündigung als unwirksam.

Zunächst wurde geprüft, ob ein wichtiger Grund zur Kündigung im Sinne des §89a HGB vorlag. Dies wurde vom Gericht nicht angenommen. Ein wichtiger Grund läge nur dann vor, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Fortsetzung des Vertrages unzumutbar machen. Die Tatsachen seien immer nach den Gesamtumständen zu bewerten und könnten auch im Zusammenspiel einen wichtigen Grund darstellen.

Zunächst wurde angeführt, dass eine zwischen den Parteien getroffene Vorfälligkeitsregelung zur Provisionsauszahlung weggefallen war. Danach sollte der Vermögensberater seine Provisionen schon vor Ablauf der Haftungszeit erhalten bzw. auf ein Konto eingezahlt bekommen. Diese Regelung wurde vom Unternehmen gestrichen.

Nach Ansicht des Gerichts konnte dies jedoch keinen wichtigen Grund darstellen. Die Regelung sei eine abweichende Regelung zu §92 Abs. 4 HGB. Wenn durch den Wegfall der Zusatzregelung nun die gesetzliche Regelung eintrete, könne dies nicht zu beanstanden sein. Dies sei nicht unzumutbar.

Das Unternehmen gehe durch die Vorfälligkeitsregelung ein gewisses wirtschaftliches Risiko ein, was dadurch gerechtfertigt werde, dass ein vertraglich an sie gebundener Handelsvertreter weiterhin provisionspflichtige Geschäfte tätigt und aus den Stornorücklagen eventuelle Ausfälle ausgeglichen werden könnten.

Der Handelsvertreter hatte vorgetragen, dass 90% seiner Geschäfte von dieser Regelung betroffen sein und daraus für ihn ein großes wirtschaftliches Problem entstehe. Auch dies konnte das Oberlandesgericht nicht überzeugen. Zum einen habe der Vermögensberater nicht im Einzelnen dargelegt, welche seiner Geschäfte von der Regelung umfasst waren. Außerdem konnte das Unternehmen darlegen, dass „umfangreiche, umsatzträchtige Geschäfte durch den Beklagten getätigt wurden, die der Vorfälligkeitsregelung nicht unterfallen“.

Dadurch konnte das Gericht überzeugt werden. Dass die wirtschaftliche Existenz des Handelsvertreters gefährdet sei, konnte nicht erkannt werden, er hatte dazu keine Zahlen genannt.

Im Übrigen, so das Gericht, habe der Vermögensberater einen großen Teil des Provisionsausfalls selbst zu vertreten. Er war nämlich zwischenzeitlich für ein Konkurrenzunternehmen tätig geworden und daher praktisch für die Global-Finanz nicht mehr aktiv. Der Wechselwunsch zu dem besagten Konkurrenzunternehmen wurde schon vor der ausgesprochenen fristlosen Kündigung laut.

Nach Feststellung des Gerichts hatte sich der Sachverhalt so zugetragen, dass der Handelsvertreter, nachdem er feststellte, dass eine einvernehmliche Auflösung des Vertragsverhältnisses nicht in Frage kommt, keine Abschlüsse mehr für die Global-Finanz tätigte.

Dazu komme, dass der Handelsvertreter nicht sofort nach Änderung der Vorfälligkeitsregelung die Kündigung einreichte, sondern dies erst später tat.

Dementsprechend sei die wirtschaftliche Existenz, wenn überhaupt, nicht durch den Wegfall der Vorfälligkeitsregelung, sondern vielmehr durch das eigene Verhalten des Vermögensberaters gefährdet worden. Außerdem konnte festgestellt werden, dass der Handelsvertreter nebenbei über Einkünfte aus seiner Tätigkeit für das Konkurrenzunternehmen verfügte und somit kaum in seiner wirtschaftlichen Existenz gefährdet wurde. Einkommenseinbußen bei der Global-Finanz habe er „sehenden Auges“ in Kauf genommen.

Eine andere, möglicherweise als wichtiger Grund geltende Tatsache, welche angeführt worden war, war, dass der Handelsvertreter in seinem Tätigkeitsbereich beschränkt wurde. Sein Assistent wurde abgezogen und er wurde nicht mehr zu Tagungen eingeladen bzw. sogar ausgeladen.

Doch auch das hielt das Gericht für gerechtfertigt.

Als wichtiger Grund käme zwar eine Pflichtverletzung des Unternehmens aus den §§86a ff. HGB in Betracht und auch eine mangelhafte Unterstützung des Unternehmens könne im Einzelfall ausreichen, jedoch könne eine solche hier nicht vorgeworfen werden.

Zu allererst hätte der Handelsvertreter bei diesem Vorwurf das Unternehmen zunächst abmahnen müssen. Dies war nicht geschehen und wäre wohl auch ins Leere gegangen, da er sowieso nicht mehr gewillt war, für das Unternehmen zu arbeiten.

Der Global-Finanz sei es darüber hinaus nicht zumutbar, den Handelsvertreter weiterhin vollständig in die Vertriebsstruktur mit einzubinden. Der Wechselwunsch zu einem direkten Konkurrenzunternehmen war bekannt. Somit musste sich das Unternehmen, nach Ansicht des Gerichts, schützen. Dies ergebe sich aus der Offenbarungspflicht des Handelsvertreters aus §86 HGB.

Danach ist der Handelsvertreter während der Kündigungsfrist verpflichtet, dem Unternehmen mitzuteilen, dass er die Absicht hat nach Vertragsbeendigung für ein Konkurrenzunternehmen tätig zu werden. Das Unternehmen könne dann den Einsatz dessen bis zum Vertragsende so gestalten, dass seine Vortätigkeit für das Konkurrenzunternehmen einen möglichst geringen Nutzen hat.

Hier war der Handelsvertreter dieser Offenbarungspflicht nicht nachgekommen, vielmehr war er sogar ausgebrochen und hat trotz bestehenden Vertragsverhältnisses für das Konkurrenzunternehmen gearbeitet.

Der Einwand des Vermögensberaters er hätte doch sein Agenturbüro weiter betrieben, konnte nicht überzeugen. Das Gericht ging hier davon aus, dass er das Büro nur aus formellen Zwecken aufrechterhalten hätte und eventuell sogar für Konkurrenztätigkeiten genutzt hatte.

Daher stellte das Gericht fest, dass es dem Unternehmen gar nicht zumutbar gewesen wäre, den Handelsvertreter weiterhin in die Struktur mit einzugliedern. Es hätte eine Gefahr der Weitergabe von Insiderwissen bestanden.

Einen wichtigen Grund zur Kündigung konnte das Verhalten des Unternehmens daher nicht darstellen.

Die gerügte Unwirksamkeit der Kündigungsklausel aus dem Handelsvertretervertrag wegen eines Verstoßes gegen §9 AGBG stellte das Gericht nicht fest.

Eine Kündigungsregelung könne nur dann als unangemessen angesehen werden, wenn sie entgegen den Geboten von Treu und Glauben einen Vertragspartner unangemessen benachteilige. Dies sei in der Regel dann der Fall, wenn sie unvereinbar mit der gesetzlichen Regelung wäre, von der sie abweicht.

Nach §89 Abs. 2 HGB kann grundsätzlich eine Abweichung von der gesetzlichen Kündigungsfrist vereinbart werden. Eine Unvereinbarkeit mit der gesetzlichen Regelung könne zum Beispiel dann angenommen werden, wenn die Frist für den Unternehmer kürzer ist als für den Handelsvertreter, was hier jedoch nicht der Fall war.

Eine darüber hinausgehende unangemessene Benachteiligung der Interessen einer Partei sah das Gericht hier nicht.

Vielmehr könne eine lange Vertragsdauer für beide Parteien auch günstig sein.

Der Handelsvertreter hätte eine gesicherte Position und könne langfristig planen. Die bloße Einschränkung eines kurzfristigen Wechsels zu einem Konkurrenzunternehmen sei nicht unangemessen. Eine Knebelung könne darin nicht gesehen werden.

Im Übrigen hätte der Vermögensberater bei vertragstreuem Verhalten, wenn er weiterhin Abschlüsse getätigt hätte, bis zum Vertragsende Provisionen erhalten und wäre nicht wirtschaftlich beeinträchtigt gewesen.

Er hätte seine Kündigung durchaus so aussprechen können, dass er die wirtschaftlichen Folgen hätte kalkulieren und die Belastungen minimieren können.

Seine Probleme, so das harte Urteil des Gerichts, resultierten daher nur aus seinem eigenen vertragswidrigen Verhalten.

2.

Dementsprechend sprach das Gericht dem Unternehmen wegen Vertragsverletzung seitens des Vermögensberaters aus §§90, 90a HGB einen Unterlassungsanspruch zu.

Er habe es zu unterlassen, während der Vertragsdauer für Konkurrenzunternehmen tätig zu werden.

Dies folge aus §90 HGB, welcher regelt, dass der Handelsvertreter das Geschäfts- und Betriebsgeheimnis des alten Vertragspartners nach Vertragsende nicht verwerten dürfe. Erst Recht sei es dann verboten, dies zu tun, während der Vertrag noch läuft.

Außerdem ergebe sich aus §90a HGB, dass Wettbewerbsabreden für die Zeit nach Vertragsbeendigung möglich sind. Daraus folgt, dass ein solches für die Vertragsdauer ohnehin gelten muss.

Diese Pflichten hatte der Handelsvertreter, laut Oberlandesgericht Köln, schuldhaft verletzt. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass er bei der Konkurrenzfirma keine Abschlüsse getätigt hat, sondern nur als Leiter von Service und Vertrieb tätig war. Hier gehe es um eine generelle Tätigkeit für Konkurrenzunternehmen.

Insoweit könne die Global-Finanz die strafbewehrte Unterlassung der Konkurrenztätigkeit verlangen.

3.

Zudem habe sie einen Schadensersatzanspruch für den Schaden, welcher sowohl durch die Konkurrenztätigkeit als auch durch das Einstellen der Tätigkeit für die Global-Finanz entstanden ist.

4.

Um diesen Schaden beziffern zu können, wurde dem Unternehmen darüber hinaus ein Auskunftsanspruch gegen den Handelsvertreter zugesprochen. Er müsse zur Vorbereitung des Schadensersatzanspruchs Auskünfte darüber erteilen, die es ermöglichen eine Schadensaufstellung zu erstellen. Dazu gehören, dem Klageantrag des Unternehmens entsprechend, Auskünfte über die Geschäfte, welche er im Vertragszeitraum für das Konkurrenzunternehmen vermittelt hat, insbesondere Vertragstyp; Abschlusssumme; provisionspflichtige Summe; Laufzeit; Unternehmen, das Vertragspartner geworden ist und ein individuelles Kennzeichen des vermittelten Geschäfts, so z.B. Name des Kunden oder Vertragsnummer.

Englische Restschuldbefreiung eines Vermögensberaters gilt auch in Deutschland

In einem Rechtsstreit zwischen der DVAG und einem ehemaligen Handelsvertreter über Provisionsrückforderungsansprüche hat das Landgericht Rottweil am 10.10.2014 zugunsten des Handelsvertreters entschieden. Ein Vermögensberater sollte Provisionsvorschüsse zurückzahlen, vollzog jedoch in England ein Insolvenzverfahren, ohne dass die DVAG davon wusste.

Die Parteien hatten mit einem Aufhebungsvertrag das Vertragsverhältnis Mitte 2010 beendet.

Während der Vertragslaufzeit hatte die DVAG, wie üblich, dem Handelsvertreter eine Vorschusszahlung der Provisionen für die Verträge, welche noch nicht aus der Haftungszeit entlassen waren, gewährt. Nun begehrte sie Rückzahlung der Provisionen derer Verträge, welche nachträglich innerhalb der Haftungszeit storniert worden waren.

Anfang des Jahres 2011 wurde der Vermögensberater jedoch vom High Court of Justice in London für insolvent erklärt. Der Konkurs wurde Anfang 2012 von eben diesem aufgehoben. Zum gleichen Zeitpunkt wurde eine Restschuldbefreiung bescheinigt.

Die DVAG rügte, dass die englische Restschuldbefreiung in Deutschland nicht gelten könne. Im Übrigen würde der Handelsvertreter gar nicht wirklich in England wohnen, sondern diesen Wohnsitz nur für eine „Insolvenzflucht“ vortäuschen. Forderungen der DVAG habe er absichtlich nicht angegeben und Forderungen von Verträgen, welche nach der bescheinigten Restschuldbefreiung entstanden seien, seien davon ausgenommen.

Das Gericht lehnte die Ansprüche ab.

Zunächst wurde deutlich gemacht, dass das Insolvenzverfahren und die Restschuldbefreiung  gemäß Art. 16 I, 25 I Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 sehr wohl in Deutschland anzuerkennen seien.

Die anderen Mitgliedsstaaten seien grundsätzlich zur Überprüfung nicht berechtigt.

Eine Ausnahme der Überprüfungsmöglichkeit bestehe gemäß Art. 26 der Verordnung lediglich, wenn ein Verstoß gegen die ordre public vorliege. Eine Verletzung dieser läge beispielsweise vor, wenn dem Schuldner vor dem Insolvenzverfahren kein rechtliches Gehör geschenkt wurde oder er durch willkürliche staatliche Maßnahmen in die Insolvenz getrieben wurde.

Eine Verweigerung der Anerkennung wegen Zweifeln über die Zuständigkeit bzgl. des Wohnsitzes käme daher nicht in Betracht.

Im Übrigen hätte die DVAG gar nicht beweisen können, dass der Handelsvertreter seinen Wohnsitz nur vortäuscht. Auch der Bericht einer engagierten Detektei konnte, nach Ansicht des Gerichts, keine gesicherten Erkenntnisse bringen.

Ob der Handelsvertreter die Forderungen der DVAG vorsätzlich verschwiegen hätte, könne dahinstehen, weil gar nicht bewiesen sei, dass er von den Forderungen bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens gewusst hat. Den Zugang von Provisionsabrechnungen nach Beendigung des Vertragsverhältnisses durch den Aufhebungsvertrag hatte dieser nämlich bestritten.

Das Gericht teilte überdies unter Verweis auf die Regelung des §290 I Nr. 6 InsO aus dem deutschen Recht mit, dass die Rechtschuldbefreiung nur auf Antrag zu versagen sei. Daher hätte die DVAG prüfen müssen, ob nach englischem Recht die Restschuldbefreiung hätte versagt werden können.

Die Restschuldbefreiung umfasse überdies alle streitgegenständlichen Forderungen. Es komme nämlich darauf an, ob die Forderung im Zeitpunkt der Konkurseröffnung schon entstanden war. Anders als von der DVAG angenommen, waren die Rückforderungsansprüche jedoch nicht erst mit Stornierung der Verträge, sondern schon „sofort mit Auszahlung der Provision unter der auflösenden Bedingung der Zahlung der Versicherungsprämie im Haftungszeitraum“ entstanden. Denn bis dahin hätte der Versicherungsvertreter nicht die Provision, sondern nur einen bedingten Provisionsanspruch gem. §92 IV HGB erworben.

Gegen dieses Urteil legte die DVAG Berufufung ein. Die zweite Instanz stimmte grundsätzlich dem landgericht zu, hnterfragte aber, ob aus zeitlichen gründen alle Forderungen von der Rechtschuldbefreiiung betroffen wären. Man verständigte sich dann auf die Zahlung eines geringen Betrages.

Grundsätzliches zum Ausgleichsanspruch gem § 89 b HGB

Ausgleichsanspruch, Abschlusszahlung, Schadensersatz, Abfindung sind einige Begriffe, die Ansprüche bezeichnen sollen, wenn ein Mitarbeiterverhältnis beendet wird. Handelt es sich bei dem Mitarbeiter um einen Handelsvertreter, so steht ihm gemäß §89b HGB ein Ausgleichsanspruch zu. Ist der Handelsvertreter ein Versicherungsvertreter, so gilt für ihn der spezielle Absatz des §89b HGB.

Genau betrachtet enthält §89b HGB nur acht Sätze, die den Ausgleichsanspruch regeln sollen. Vieles wird gesetzlich nicht geklärt und lässt Raum für manch fantasievolle Auslegung. Hier soll etwas Klarheit vermittelt werden.

Grundsätzlich besteht ein Ausgleichsanspruch für einen Versicherungsvertreter/ Handelsvertreter, wenn das Unternehmen kündigt, es sei denn, das Unternehmen hat aus einem wichtigen Grund wegen schuldhaften Verhaltens des Handelsvertreters das Vertragsverhältnis beendet. Der Handelsvertreter bekommt den Ausgleich gemäß §89b Abs. 3 HGB dann nicht, wenn er selbst ohne weiteren Anlass gekündigt hat. Ausnahmsweise erhält er dennoch den Ausgleich, wenn der Versicherungsvertreter wegen seines Alters oder einer Erkrankung gekündigt hat, oder wenn ein Verhalten des Unternehmers begründeten Anlass zu seiner Kündigung gegeben hat.

Auch ein rechtmäßiges Verhalten des Unternehmers kann übrigens unter Umständen einen solchen begründeten Anlass zur Kündigung darstellen. So entschied der BGH in mehreren Entscheidungen, z. B. am 30.06.1969 unter dem Aktenzeichen VII ZR 70/67.

Bevor der Versicherungsvertreter eine Kündigung ausspricht, sollte er sich also darüber Gedanken machen, ob er nicht eventuell sogar ausgleichserhaltend kündigen könnte. Jedenfalls sollte ihm alles daran gelegen sein, nicht selbst durch schuldhaftes Verhalten das Unternehmen zur Kündigung zu veranlassen. Spätestens dann wäre der Ausgleichsanspruch weg.

Wenn das Vertragsverhältnis beendet ist und ein Ausgleichsanspruch dem Grunde nach besteht, ist zunächst zu beachten, dass der Anspruch innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Vertragsverhältnisses geltend zu machen ist. Dazu genügt ein formloses Anschreiben an das Unternehmen, die Versicherung oder den Vertrieb, mit dem Inhalt, dass man den Ausgleichsanspruch verlangt. Berechnungen oder Zahlungen müssen in dem Schreiben nicht genannt werden. Wichtig ist nur, dass man den Zugang dieses Schreibens später beweisen kann.

Wenn diese Förmlichkeiten eingehalten sind, fragt sich, in welcher Höhe denn ein Ausgleichsanspruch zusteht. Gemäß §89b Abs. 5 HGB wird der Ausgleich dafür gezahlt, dass ein Versicherungsvertreter vermittelte Versicherungsverträge dem Unternehmen zurücklässt. Das Unternehmen wird regelmäßig von den Verträgen auch in Zukunft profitieren. Sachversicherungsverträge werden z.B. automatisch verlängert und Beiträge bei den Krankenversicherungsverträgen werden häufig angehoben. Eine regelmäßige Erhöhung findet auch bei den dynamischen Lebensversicherungen statt. Während der Versicherungsvertreter nach Vertragsende für diese Verträge keine Provisionen mehr erhalten wird, bleiben bei dem Unternehmen erhebliche Vorteile zurück.

Für diese soll der Handelsvertreter einen Ausgleich erhalten.

Ein weit verbreitetes Vorurteil besteht in der Annahme, dass der Ausgleichsanspruch in der Zahlung von drei Jahresprovisionen besteht. Diese drei Jahresprovisionen stellen den Höchstbetrag des Ausgleichsanspruchs dar. Der konkrete Ausgleichsanspruch ist also anders zu errechnen.

Es gibt zwei Berechnungsmethoden, nämlich die „gesetzliche“ und die, über die sogenannten „Grundsätze zur Errechnung des Ausgleichsanspruchs“. Die gesetzliche Berechnung bereitet in der Regel viele Schwierigkeiten, da das Gesetz keine genauen Vorgaben macht.

Die Grundsätze findet man hier.

Glücklicherweise darf ein Versicherungsvertreter auch dann auf die Berechnung nach den Grundsätzen zurückgreifen, wenn dies nicht in seinem Vertrag vereinbart wurde. Dies hat der BGH in einer bahnbrechenden Entscheidung mit Urteil vom 23.11.2011 unter dem Aktenzeichen VIII R 203/10 entschieden.

Wenn man den Ausgleichsanspruch nach den Grundsätzen berechnet, benötigt man bei der Krankenversicherung die durchschnittliche Jahresproduktion der letzten fünf Jahre, bei der Sachversicherung die Beitragssummen der letzten fünf Jahre, bei der Lebensversicherung die Versicherungssumme der dynamischen Lebensversicherung zum Ende des Vertragsverhältnisses.

Deshalb ist es unbedingt notwendig, diese Zahlen präsent zu haben, um die Ansprüche errechnen zu können. Hier ist zu empfehlen, Informationen zu sammeln, notfalls zu kopieren und gut aufzubewahren. Dies sollte im Idealfall vor Vertragsende geschehen und mit Zustimmung des Unternehmens. Datenschutzrechtliche Vorgaben müssen hier beachtet werden.

Sollte der Versicherungsvertreter die Informationen nicht erhalten, so steht ihm ein Auskunftsanspruch zu.

Eine unternehmensfinanzierte Altersversorgung kann übrigens den Ausgleichsanspruch mindern. Wenn in einem Handelsvertretervertrag geregelt ist, dass man zwischen Ausgleichsanspruch und Altersversorgung wählen kann, so ist dies nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 15.12.2016 unter dem Aktenzeichen VII ZR 221/15 wirksam.

Auch der Maklerbetreuer im Versicherungsaußendienst bekommt einen Ausgleichsanspruch. Dies entschied das Oberlandesgericht Hamm am 25.10.2012 unter dem Aktenzeichen I-18 U 193/11.

Im Rechtsstreit mit OVB kann Arbeitsgericht zuständig sein

Das Landgericht Frankfurt an der Oder hat am 5.9.2017 in einem Rechtsstreit zwischen einem ehemaligen Berater und der OVB den Rechtsstreit gemäß §§ 2 Abs. 1 Nr. 3a, 5 Abs. 3 ArbGG im Beschlusswege an das zuständige Arbeitsgericht verwiesen.

Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3a ist das Arbeitsgericht zuständig für Streitigkeiten zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. § 5 Abs. 3 ArbGG legt fest, wann ein Handelsvertreter als Arbeitnehmer einzustufen ist.

Hierfür sind nach dem Arbeitsgericht zwei Voraussetzungen erforderlich: einerseits darf der Handelsvertreter während der letzten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses durchschnittlich im Monat nicht mehr als 1.000,00 € vom Unternehmen bezogen haben, andererseits muss gemäß § 92 a HGB die Untergrenze der vertraglichen Leistungen festgesetzt werden können.

Das Nichtüberschreiten der Verdienstgrenze hatte die OVB nicht angegriffen, vielmehr hatte Sie im schriftlichen Verfahren diesen Punkt als „irrelevant“ dargestellt.

Das Gericht entschied, dass der Handelsvertreter ein „Einfirmenvertreter“ im Sinne des oben genannten § 92a Abs. 1 HGB sei. Die Parteien hatten nämlich vertraglich vereinbart, dass der Vermögensberater hauptberuflich (im Sinne der §§ 84, 92 HGB bzw. 34d GewO, §§59 ff. VVG) tätig wird.

Auch wenn dies eine nebenberufliche Tätigkeit zulasse, sei er dennoch einem Angestellten „ähnlich angelagert“.

Die Chancen, die sich für ihn aus einer nebenberuflichen Tätigkeit ergeben könnten, seien gegenüber derer eines Mehrfirmenvertreters begrenzt.

Auch wenn sich aus der Bezeichnung der Hauptberuflichkeit ableiten lasse, dass eine nebenberufliche Tätigkeit dennoch möglich wäre, sei der Vermögensberater dennoch wie ein Einfirmenvertreter gestellt.

Dementsprechend sei er als Arbeitnehmer einzustufen und falle unter den Anwendungsbereich des §5 Abs. 3 ArbGG.

DVAG im Mittelpunkt

Der größte deutsche Vertrieb, die DVAG, lässt von sich reden.

Während ein Enthüllungsbuch vor einigen Wochen für Schlagzeilen sorgte, gibt es nun ein anderes vorrangiges Thema. „Mein Auftrag: Rufmord“ schrieb Stefan Schabirosky. Laut Versicherungsbote soll das Buch ein Flop sein und erst „wenige tausend mal“ verkauft worden sein. Nun denn. Ein Buch, das nach ein paar Wochen ein paar tausend mal verkauft wurde, ist sicher kein Flop. Manch Buchautor würde sich über ein solches Ergebnis sehr freuen.

Der Zeitpunkt der Buchveröffentlichung war ungünstig. Vielleicht hatte Schabirowsky gehofft, von der DVAG auf Unterlassung in Anspruch genommen zu werden, um dies werbewirksam einsetzen zu können.

Viel mehr im Mittelpunkt steht zur Zeit die von einigen vorhergesagte Übernahme des Generalivertriebs durch die DVAG. Und da sind einige auf den 28.9. gespannt. Stimmen die Vorhersagen, wird der Vorstandsvorsitzende der DVAG, Andreas Pohl, zunächst in Marburg vor der Allfinanz DVAG sprechen und anschließend nach München fliegen. Dort sind die 3200 Außendienstmitarbeiter der Generali geladen.

Stimmen die Gerüchte, sollen diese von der DVAG übernommen werden. Versicherungswirtschaft-heute  hat Bedenken: Schließlich seien rund 700 Personen bei der Generali fest angestellt, also Arbeitnehmer. Diese Verträge rühren aus der Übernahme der Volksfürsorge.

Vermögensberater sind bekanntlich Handelsvertreter.

Übrigens kann ein Arbeitnehmer einem Betriebsübergang gem. § 613 a BGB widersprechen, ein Handelsvertreter nicht.

LG Frankfurt: Doppelte Auskunft

Teilurteil des Landgerichts Frankfurt vom 25.07.2017

 In dem Rechtsstreit zwischen der DVAG und einem Handelsvertreter, dessen Vermögensberatervertrag noch immer besteht, ging es um folgenden Sachverhalt:

Der Handelsvertreter war an einen Kunden der DVAG herangetreten und hatte diesen überzeugt, einen über die DVAG bei der AachenMünchener abgeschlossenen Versicherungsvertrag zu kündigen und einen neuen bei der Allianz Versicherung abzuschließen.

Bezüglich dieser Handlung begehrte die DVAG Schadensersatz von dem Handelsvertreter.

Der Handelsvertreter seinerseits warf der DVAG vor, die Provisionen falsch abgerechnet zu haben und Verträge, die er vermittelt hatte, auf andere Berater übertragen zu haben, sodass er keinen Zugriff mehr auf die Vertragsdaten über das firmeninterne Netz hatte.

Daher begehrte er zunächst einen Buchauszug, um dann fehlerhafte Provisionen berechnen zu können.

 

Das Landgericht entschied:

Die DVAG muss einen Buchauszug mit folgenden Daten erteilen:

– Name des Versicherungsnehmers

– Versicherungsscheinnummer

– Art und Inhalt des Versicherungsvertrags (Sparte, Tarifart, Prämien oder provisionsrelevante

Sondervereinbarungen)

– Jahresprämie

– Versicherungsbeginn

– bei Lebensversicherungsverträgen: Versicherungssumme, Eintrittsalter des Versicherungsnehmers

und Laufzeit des Vertrages

– bei Lebensversicherungsverträgen mit Dynamisierung zusätzlich: Erhöhung der

Versicherungsprämie, Zeitpunkt der Erhöhung und Erhöhung der Jahresprämie

– im Falle von Stornierungen: Datum der Stornierung, Gründe der Stornierung und Art der ergriffenen

Bestandserhaltungsmaßnahmen

 

Der Kläger hingegen muss Auskunft darüber erteilen:

– welche Versicherungsprodukte, Kapitalanlagen und Finanzierungen, die nicht über die DVAG

vermittelt wurden, er selbst oder durch Dritte seit November 2013 vermittelt oder zu vermitteln

versucht hat, und dabei Auskunft zu geben über das jeweils vermittelte Produkt, die für die

Provisionsberechnung relevanten Daten, wie Versicherungssumme, Jahresbeitrag, Versicherungsart

und Name des Versicherungsunternehmens bzw. Kapitalanlageunternehmens;

– welche Kunden der Beklagten er seit dem November 2013 dazu bewegt hat, Versicherungsverträge,

die über die DVAG abgeschlossen worden waren, zu kündigen oder dies versucht hat.

 

Zu den Gründen:

 

1.

Bezüglich des begehrten Buchauszugs des Handelsvertreters stellt das Landgericht einen Anspruch aus § 87c Abs. 2 HGB fest.

Dieser Anspruch sei auch nicht schon deshalb erfüllt, weil der Handelsvertreter während des Vertragsverhältnisses durch das Online-System der DVAG Zugriff auf Vertragsdaten hatte.

Das Landgericht beruft sich hier auf den Bundesgerichtshof, der schon entschieden hatte, dass diese Art von Datenzugriff lediglich einen aktuellen Datenstand und keinen Gesamtüberblick darstellt.

Auch der Verweis der DVAG, der Handelsvertreter hätte die Daten selbst fixieren können, genügt nicht den Anforderungen an einen Buchauszug.

Zudem sei das Erstellen des Buchauszuges Sache des Prinzipals, nicht des Handelsvertreters selbst. Der Handelsvertreter habe einen Anspruch auf dauerhafte Überlassung eines von dem Unternehmer zusammengestellten Buchauszugs. Die jederzeit einschränkbare Abrufbarkeit steht dem nicht entgegen.

Es wäre Sache der DVAG die Daten abzuspeichern oder auszudrucken.

Der Anspruch sei auch nicht deshalb zu versagen, weil der Handelsvertreter durch die Einreichung des ihm bekannten Versicherungsantrages schon alle begehrten Informationen kannte.

Anders als beispielsweise bei einem Tankstellenbetreiber, komme es auf die weitere Entwicklung der Geschäftsbeziehung zu dem Kunden für den Provisionsanspruch des Handelsvertreters an. Dementsprechend habe er ein berechtigtes Interesse an den Informationen des Buchauszugs.

Auch das Argument der DVAG, der Handelsvertreter habe schon alle relevanten Daten in den Abrechnungen erhalten, wurde vom Landgericht entkräftet.

Der Buchauszug diene gerade der Überprüfung der Abrechnungen, sodass diese allein gar nicht ausreichen könnten.

Die Abrechnungen und der Buchauszug sind nicht identisch. Der Buchauszug enthält weitreichendere Informationen und ist deshalb nicht schon durch die Provisionsabrechnungen erfüllt.

In den Regelungen unter IV des Vermögensberatervertrages zwischen der DVAG und dem Handelsvertreter heißt es unter anderem, dass der Handelsvertreter die Provisionsabrechnungen unverzüglich zu prüfen hat und, dass Einigkeit darüber besteht, dass die Abrechnungen alle der Gesellschaft vorliegenden Informationen enthalten und dadurch einen permanenten Buchauszug darstellen.

Nach § 87c Abs. 5 HGB kann der Anspruch des Handelsvertreters auf den Buchauszug nämlich weder beschränkt noch ausgeschlossen werden. Die Vereinbarungen unter IV sind daher unwirksam.

Nr. IV des Vermögensberatervertrages enthält zudem eine Beanstandungsfrist. Doch auch diese kann gemäß § 305c Abs. 2 BGB nicht zur Folge haben, dass eine Beanstandung bei Versäumung dieser Frist ausgeschlossen wäre.

Sofern die DVAG mitteilte, auch ihr lägen die begehrten Daten nicht vor, konnte die Gesellschaft dies nicht beweisen. Daher konnte dieser Einwand vor dem Gericht nicht durchdringen.

Laut dem Landgericht würde ein Anspruch auf den Buchauszug nur dann ausscheiden, wenn sicher festgestellt werden könne, dass keine Provisionsansprüche mehr bestehen.

Da es für den Beginn der Verjährungsfrist gem. §195 BGB nach § 199 Abs. 5 BGB jedoch auf die positive Kenntnis des Anspruchsberechtigten ankommt, kann hier nicht die regelmäßige Verjährungsfrist von zwei Jahren herangezogen werden, sondern die 10-jährige Verjährungsfrist gem. § 199 Abs. 4 BGB.

Der Anspruch auf den Buchauszug verjährt jedoch nach der regelmäßigen Verjährung gem. § 195 BGB. Insoweit kommt es für den Beginn der Verjährung nach Ansicht des Gerichts darauf an, wann der Handelsvertreter die Abrechnungen bekommen hat. Mit Ablauf des Jahres, indem die Abrechnungen erhalten wurden, beginnt die Verjährungsfrist.

Insofern entschied das Landgericht, dass zum Zeitpunkt der Zustellung der Klage im Jahre 2015, der Buchauszugsanspruch für die Daten bis einschließlich November 2011 verjährt waren.

Es sei mangels entgegenstehender Beweise davon auszugehen, dass der Handelsvertreter die Abrechnungen immer jeweils im Folgemonat erhalten habe. Demnach hätte er bis zum Ende des Jahres 2011 die Abrechnungen bis einschließlich November 2011 erhalten haben müssen. Die Verjährungsfrist für diese Ansprüche begänne dann mit Beginn des Jahres 2012 zu laufen und wäre mit Ablauf des Jahres 2014 verjährt.

Abschließend stellte das Gericht jedoch klar, dass es bei der Berechnung nur auf endgültige Abrechnungen ankommen könne.

Sollte der Kläger Abrechnungen über Vorschussprovisionen erhalten haben und diese wären später nochmals endgültig abgerechnet worden, so käme es auf den Zeitpunkt der abschließenden Abrechnung an. Nur die abschließende Abrechnung gem. § 87c Abs. 2 HGB könne den Beginn der Verjährungsfrist begründen.

Bezüglich der Frage, ob es sich bei den vom Handelsvertreter zugrunde gelegten Abrechnungen um Vorschussabrechnungen oder abschließende Abrechnungen handelte, wollte das Landgericht sich im Teilurteil noch nicht festlegen und verwies auf die Kammer.

2.

Hinsichtlich des Auskunftsanspruchs der DVAG stellte das Landgericht fest, dass sich der Handelsvertreter einer Verletzung des Konkurrenzverbots des Vermögensberatervertrages schadensersatzpflichtig im Sinne des § 280 Abs. 1 BGB gemacht habe.

Aus § 242 BGB lasse sich demnach hier ein Auskunftsanspruch der DVAG herleiten, damit sie den Schaden gem. § 287 ZPO einschätzen könne.

Lediglich der Antrag der DVAG auch Auskunft darüber zu erlangen, an wen, ohne vorherige Abwerbung von der DVAG, Konkurrenzverträge vermittelt wurden, lehnte das Landgericht ab.

Diese Tatsache sei für die Schadensberechnung nicht relevant.
Außerdem würde die Mitteilung das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Kunden verletzen.

Der Name könne nur dann relevant sein, wenn der Kunde zuvor von der DVAG abgeworben wurde.

Auch Versuche in diese Richtung seien für die DVAG von Bedeutung und müssten mitgeteilt werden, da es auch durch Zweifel, die durch einen Abwerbungsversuch entstanden sind, zu späteren Kündigungen und damit zu Schäden bei der DVAG kommen könnte.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.