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Arbeitsgericht Hamburg verurteilt Vertrieb zum Buchauszug
Das Arbeistgericht Hamburg sprach kürzlich einem Arbeitnehmer einen Buchauszug zu. Es begründete wie folgt:
Der Buchauszugsanspruch besteht, wenn der Betroffene die Provisionsansprüche gemäß § 254 ZPO nicht mit vorliegenden Provisionsabrechnungen ermitteln kann. Dies stellt eine Ausnahmeregelung zum § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO dar.
Der Kläger – zugleich Arbeitnehmer und Versicherungsvermittler – muss geltend machen, dass er ohne den begehrten Buchauszug seine Provisionsansprüche gegen die Beklagte nicht überprüfen und gegebenenfalls beziffern kann. Dann kann der Kläger in Form einer Stufenklage sowohl Provisionszahlungen sowie Buchauszüge verlangen.
Voraussetzung hierfür ist, dass der Kläger Handelsgehilfe des Beklagten im Sinne von § 59 HGB ist. Gemäß § 87 c Abs. 2 und 3 HGB muss der Beklagte dem Kläger einen Buchauszug im tenorierten Umfang erteilen.
Der Buchauszug muss nach § 87 c Abs. 2 HGB die zum Zeitpunkt seiner Aufstellung für die Berechnung, Höhe und Fälligkeit der Provisionen des Handelsvertreters relevanten geschäftlichen Verhältnisse in klarer und übersichtlicher Weise vollständig widerspiegeln, soweit sie sich den Büchern des Unternehmers entnehmen lassen (BGH, 21.03.2001, VIII ZR 149/99, NJW 2001, 2333ff.; Saarländisches OLG, 23.05.2001, 1 U 760/00, NJW-RR 2002, 391f.; LG Bochum, 10.01.2006, 12 O 42/04, zitiert nach juris; Baumbach/Hopft, HGB, 38. Auflage, § 87c Rn. 15)
Nur dann kein sein Zweck erfüllt werden, dem Handelsvertreter über seine Provisionsansprüche Klarheit zu verschaffen und ihm eine Nachprüfung der vom Unternehmer erteilten oder noch zu erteilenden Provisionsabrechnung zu ermöglichen.
Der Buchauszug muss alle aus den Büchern des Unternehmers ersichtlichen Angaben enthalten, die für die Berechnung der Provision des Handelsvertreters von Bedeutung sein können.
Das sind insbesondere:
- Name des Versicherungsnehmers und/oder Vertragspartner sowie Geb.
- Police- und/oder Versicherungsscheinnummer
- Art und Inhalt des Vertrages (Sparte, Tarifart, Prämie oder provisionsrelevante Sondervereinbarungen)
- Jahresprämie
- Vertrags- und Versicherungsbeginn
- bei Lebensversicherungsverträgen; Versicherungssumme, Eintrittsalter des Versicherungsnehmers und Laufzeit des Vertrages
- bei LVV mit Dynamisierung zusätzlich: Erhöhung der Versicherungssumm, Zeitpunkt der Erhöhung und Erhöhung der Jahresprämie
- im Falle von Stornierungen: Datum der Stornierung, Grund der Stornierung und Art der ergriffenen Bestandserhaltungsmaßnahmen
Der Anspruch, so das Gericht, ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Unternehmer dem Handelsvertreter gegenüber regelmäßig über dessen Provisionsansprüche abgerechnet hat. Auch ist der Buchauszugsanspruch des Handelsvertreters nicht deshalb eingeschränkt, weil dieser gar nicht als solcher tätig war, sondern als Arbeitnehmer. Des Weiteren ist der Anspruch auch nicht auf das Ende des Arbeitsverhältnisses beschränkt.
Eine Verjährungsfrist beginnt erst mit dem Ende maßgeblichen Fälligkeitsjahres für die Entstehung des Provisionsanspruchs.
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OLG Hamm: Buchauszug verjährt nach drei Jahren
Das Oberlandesgericht Hamm schloss sich in einem Urteil unter dem Aktenzeichen 18 U 96/16 am 30.01.2017 der Auffassung an, dass der Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges gemäß § 87 c Abs. 2 HGB nach drei Jahren verjähre.
Hamm nahm lange Bezug auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichtes Frankfurt am Main unter dem Aktenzeichen 5 U 101/09, welches am 08.09.2012 zu dem Ergebnis kam, dass es sich bei dem Buchauszug um einen so genannten verhaltenen Anspruch handele, der erst dann fällig werde, wenn dieser geltend gemacht wird. Ohne dass das Oberlandesgericht Hamm darauf Bezug nahm, wird an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass auch das Oberlandesgericht Frankfurt am Main von seiner eigenen Rechtsprechung inzwischen abgerückt ist. Das Oberlandesgericht Hamm wies darauf hin, dass der Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges grundsätzlich selbständig verjähre. Die regelmäßige Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB betrage drei Jahre. Der Buchauszugsanspruch entsteht mit der Abrechnung der Provision.
Danach nahm das Oberlandesgericht Hamm eine dreijährige Verjährungsfrist an und wies im Rahmen der Berufung durch das Landgericht Arnsberg ausgeurteilt. Ansprüche zurück.
Anmerkung: Haftungszeiten, die üblicherweise bei Versicherungsvertretern und Versicherungsmaklern eine Rolle spielen, gab es hier nicht. Berücksichtigt man diese Haftungszeiten, werden die Provisionen erst nach deren Ablauf fällig, so dass auch dann erst die Verjährung des Buchauszuges beginnt. Das Oberlandesgericht Frankfurt hatte in der oben zitierten Entscheidung auf einen ehemaligen Vermögensberater abgestellt, der einen Buchauszug gegen die DVAG geltend machte.
Eine dreijährige Verjährungsfrist, beginnend mit der Abrechnung, sah im Ürbigen auch das Oberlandesgericht Köln in einer Entscheidung vom 27.01.2017 unter dem Aktenzeichen 19 U 89/16 an.
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Oberlandesgericht Hamm spricht Buchauszug zu
Es überrascht nicht, wenn das Oberlandesgericht Hamm in einem neuen Urteil vom 14.5.2018 unter dem Az 18 U 85 /17 einem Handelsvertreter das Recht auf einen Buchauszug zugesprochen hat.
Überraschender war vielmehr, dass überhaupt noch Berufung eingelegt wurde, nachdem bereits das Landgericht Münster zuvor den Buchauszug ausgeurteilt hatte.
Interessant ist das Urteil und der Sachverhalt allenfalls deshalb, weil der Buchauszug nur über einen überschaubaren Zeitraum (ab 1.6.2013) beantragt wurde und der Buchauszug sich auch wohl auf Untervermittler erstrecken sollte. Diese wurden aber namentlich von dem Kläger nicht benannt, die Information begehrte er über den Buchauszug, kam damit aber nicht durch. „Dem Beklagten ist darin zu folgen, dass der Kläger im Rahmen des Buchauszugs keine Angaben über die Person des von ihm verschiedenen Vermittlers verlangen kann. Es ist unstreitig, dass der Kläger Mitarbeiter als „Untervermittler“ beschäftigte, jedoch eine Provisionsberechtigung gegenüber dem Beklagten (auch) aus diesen Geschäften allein in seiner Person bestand. Der Beklagte hat unstreitig gestellt, Unterkonten für die vom Kläger gemeldeten Untervermittler geführt zu haben, doch sei dies gleichsam unter „Service-Aspekten“ für den Kläger geschehen. Dem tritt der Kläger nur insoweit entgegen, als er ausführt, der Beklagte habe diese Konten mit Akribie geführt, um Einblicke in den Agenturablauf zu gewinnen und Anreize für die Mitarbeiter (Untervertreter) zu setzen. Auch wenn dies zutrifft, ergibt sich daraus keine Provisionsrelevanz der Namen der (Unter-)Vermittler“, sagte das OLG.
Entscheidend war, dass die Untervermittler wohl direkt von dem Handelsvertreter angestellt sind und es sich wohl nicht um einen Strukturvertrieb handelt. Agenturen, die z.B. für die Provinzial tätig sind. Um die internen Abrechnungen muss sich der Handelsvertreter dann wohl selbst kümmern.
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Verjährung des Buchauszugs nicht von Stornozeit abhängig
Das OLG München hat am 21.12.2017 unter dem Az 23 U 1488/17 die Rechtsprechung des BGH vom 03.08.2017 unter dem Az. VII ZR 32/17 zur Verjährung des Buchauszugsanspruchs bestätigt.
Danach beginnt die eigenständige Verjährung des Anspruchs auf Erteilung eines Buchauszugs nach § 87 c Abs. 2 HGB regelmäßig mit dem Schluss des Jahres, in dem der Unternehmer dem Handelsvertreter eine abschließende Abrechnung über die ihm zustehende Provision erteilt hat. Dass die vermittelten Verträge einer Stornohaftzeit unterliegen, steht allerdings dabei der Annahme einer abschließenden Abrechnung über die dem Versicherungsvertreter zustehenden Provisionen nicht entgegen, denn mit Erhalt der Abrechnungen weiß er, welche Beträge als Stornoreserve einbehalten wurden.
Hier ein paar Kernsätze der Entscheidung:
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DVAG muss Buchauszug leisten
Am 23.02.2018 wurde die DVAG verurteilt, einen Buchauszug für einen Vermögensberater zu erteilen, für von ihm eingereichte Geschäfte ab dem 01.12.2012, der folgende Angaben enthalten muss:
– Name des Versicherungsnehmers und/oder Vertragspartner
sowie Geburtsdatum
Police- und/oder Versicherungsscheinnummer
Art und Inhalt des Vertrages (Sparte, Tarifart, Prämie oder provisionsrelevante Sondervereinbarungen
Jahresprämien
Vertrags- und/oder Versicherungsbeginn
– bei Lebensversicherungsverträgen: Versicherungssumme, Eintrittsalter des Versicherungsnehmers und Laufzeit des Vertra-
ges
-bei Lebensversicherungsverträgen mit Dynamisierung zusätzlich: Erhöhung der Versicherungssumme, Zeitpunkt der Erhöhung und Erhöhung der Jahresprämie
-Im Falle von Stornierung: Datum der Stornierung, Grund der Stornierung und Art der ergriffenen Bestandserhaltungsmaßnahmen
Bei dieser Entscheidung handelt es sich um ein Teilurteil zur Vorbereitung weitergehender Zahlungsansprüche.
Beantragt war im Buchauszug ab dem 01.01.2008.
Problematisch war, dass eine Provisionspfändung vorliegen soll. Da das Gericht nicht ausschließen konnte, dass die Provisionsansprüche die Pfändung übersteigen, und somit die Möglichkeit von Provisionszahlungen besteht, wurde die Auskunft entsprechend ausgeurteilt.
Das Gericht hatte sich mithin um den Inhalt und die Verjährung eines Buchauszuges zu beschäftigen. Es kam zu dem Ergebnis, dass dem Handelsvertreter ein Buchauszug gemäß § 87 c Abs. 2 HGB zustehe, damit er Klarheit über seine Provisionsansprüche gewinne und die Provisionsabrechnungen nachprüfen kann.
Im vorliegenden Fall ist der Anspruch auch nicht durch Erfüllung erloschen. Provisionsabrechnungen können einen Buchauszug nur ersetzen, wenn sie sich lückenlos über den gesamten Vertragszeitraum erstrecken und alle für einen Buchauszug notwendigen Angaben enthalten. Diesen Anforderungen entsprach der Buchauszug allerdings nicht. Im Übrigen wäre es nach Ansicht des Gerichtes auch unzumutbar, den Kläger darauf zu verweisen, eine Vielzahl von Provisionsabrechnungen zu überprüfen.
Im Übrigen können Provisionsabrechnungen nur dann den Buchauszug ersetzen, wenn es sich um eine überschaubare Zahl von Geschäftsvorfällen handelt. Unter Verweis auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichtes München mit Urteil vom 19.12.2012, 7 U 465/12, hatte das Gericht dies für diesen Fall nicht erkannt.
Das Gericht ging jedoch davon aus, dass Ansprüche vor 2012 verjährt sind.
Bei dieser Prüfung nahm das Landgericht Bezug auf die neue Entscheidung des Bundesgerichtshofes mit Urteil vom 03.08.2017, Aktenzeichen VII ZR 32/17. Das Gericht meinte, dass eine abschließende Abrechnung auch dann vorliegt, wenn der Unternehmer mitteilt, dass im Abrechnungszeitraum keine Provisionsforderungen zu Gunsten des Handelsvertreters entstanden sind (Bundesgerichtshof mit Urteil vom 03.08.2017). Der Kläger habe sich nicht darauf berufen können, die Abrechnungen seien so lange nicht abzuschließen, so lange die vermittelten Verträge einer Stornohaftungszeit überlägen. Schließlich weiß der Kläger auch, welche Beträge die DVAG als Stornoreserve einbehalten hat (Oberlandesgericht München, Urteil vom 21.12.2017, Aktenzeichen 23 U 1488/17).
Das Gericht war der Auffassung, dass deshalb für die Entstehung des Anspruches auf Erteilung eines Buchauszuges auf die vertraglich geschuldeten monatlichen Abrechnungen abzustellen ist, in die sämtliche der Gesellschaft vorliegenden Daten des vermittelten Geschäftes einfließen. Mithin soll nach Ansicht des Gerichtes die dreijährige Verjährungsfrist für bis zum 31.12.2012 erteilten Abrechnungen in diesem Zeitpunkt begonnen haben. Alles andere soll verjährt sein.
Obgleich diese Entscheidung in sich in einigen Punkten nicht nachvollziehbar ist und inhaltliche Fehler enthält, ist sie doch bemerkenswert. Rechtskräftig ist das Urteil noch nicht.
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Ausgleichsanspruch auch für vermittelnde Arbeitnehmer?
Angestellte Vermittler, die Provisionen beziehen, haben einen Anspruch auf einen Buchauszug. Dieser ist also nicht allein für Handelsvertreter vorbehalten.
Handelsvertreter haben, sofern die weiteren Voraussetzungen des § 89 b HGB vorliegen, einen Ausgleichsanspruch.
Gem. § 89 b HGB analog haben auch Vertragshändler einen Ausgleichsanspruch. Dies entschied der BGH bereits am 13.1.2010 und hat diese Rechtsprechung mehrfach wiederholt. Auch hier kann der Ausgleichsanspruch kann im Vorhinein gem BGH vom 25.2.2016 nicht ausgeschlossen werden.
Die analoge Anwendung könnte auch bei Markenlizenzverträgen anwendbar sein.
Voraussetzung für eine analoge Anwendung ist, dass sich das Rechtsverhältnis zwischen ihnen und dem Hersteller oder Lieferanten nicht in einer bloßen Käufer-Verkäufer-Beziehung erschöpft, sondern der Händler in der Weise in die Absatzorganisation des Herstellers oder Lieferanten eingegliedert war, dass er wirtschaftlich in erheblichem Umfang dem Handelsvertreter vergleichbare Aufgaben zu erfüllen hatte, und der Händler zum anderen verpflichtet ist, dem Hersteller oder Lieferanten seinen Kundenstamm zu übertragen, so dass sich dieser bei Vertragsende die Vorteile des Kundenstamms sofort und ohne weiteres nutzbar machen kann (BGH).
Könnte aber dann nicht auch ein Arbeitnehmer, dessen Hauptaufgabe die Vermittlung von Finanzdiesntleistungen ist, auch analog einen Ausgleichsanspruch haben?
Einige Versicherer beschäftigen ihre Vermittler mit einem kleinen Grundgehalt und den überwiegenden Teil als Provision. Ist nicht auch ein solcher Vermittler in die Absatzorganisation eingebunden, und hat er nicht auch Aufgaben wie ein Handelsvertreter zu bewältigen und muss nicht auch er den Kundenstamm am Ende dem Unternehmen übertragen?
Vielleicht steht diese Frage in Kürze zur Klärung an.
09
Auch Angestellte haben einen evtl. Anspruch auf einen Buchauszug
Handelsvertreter haben einen Anspruch auf einen Buchauszug, und Angestellte, die Provisionen beziehen, auch.
Dies ergibt sich nicht nur aus § 87c Abs. 2, 65 HGB, sondern auch aus einer aktuellen Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes Hamm vom 14.3.2017 unter dem Az. 14 Sa 1397/16.
Der Handelsvertreter kann bei der Abrechnung einen Buchauszug über alle Geschäfte verlangen, für die ihm nach § 87 HGB Provision gebührt. Dies gilt entsprechend für Arbeitnehmer, die auf Provisionsbasis tätig sind. Voraussetzung ist die sogenannte Provisionsrelevanz, also die Möglichkeit, dass dem Vertreter aus dem Vertragsverhältnis ein Anspruch auf Provision, über welche der Unternehmer bzw. Arbeitgeber bereits abzurechnen hat, oder auf Schadensersatz wegen entgangener Provision zustehen kann.
In dem Fall des LAG Hamm hatte der Arbeitnehmer dennoch einen Buchauszug nicht enthalten. Er wollte diesen nämlich für den Ausgleichsanspruch, nicht für die Provisionen.
Zunächst machte sich das Gericht unnötigerweise viele Gedanken dazu, ob denn der Buchauszug überhaupt gewährt werden müsse, um einen Ausgleichsanspruch zu berechnen. Dies ist in der Rechtsprechung durchaus umstritten.
Nach der einen Auffassung können die Rechte des § 87c HGB auch zur Kontrolle anderer als Provisionsansprüche geltend gemacht werden, etwa des Ausgleichs nach § 89b HGB. Nach anderer Meinung besteht kein Anspruch auf Buchauszug zur Vorbereitung eines Ausgleichsanspruchs. Zwar könne ein erhaltener Buchauszug für den Ausgleichsanspruch tatsächlich nutzbar gemacht werden. „Eine rechtliche Verknüpfung dahin, dass ein Buchauszug zur Vorbereitung des Ausgleichsanspruchs geschuldet wäre und verlangt werden könne, bestehe jedoch grundsätzlich nicht, weil die dafür darzulegenden Umstände regelmäßig nicht mit den Angaben einer solchen Auskunft notwendig verknüpft sind (vgl. OLG Celle 20. April 2004 – 11 U 61/04)“, meinte das Gericht.
Der Bundesgerichtshof hatte im Übrigen offengelassen, ob der Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs nach § 87c Abs. 2 HGB im Hinblick auf einen primär geltend gemachten Anspruch auf Zahlung eines Ausgleichs nach § 89b HGB eine Nebenforderung darstellt (vgl. BGH 23. November 2011 – VIII ZR 203/10 – Rn. 54).
Aber darauf kam es hier vorliegend gar nicht an. Denn der klagende Arbeitnehmer brauchte gar keinen Buchauszug, um seinen Ausgleichsanspruch berechnen zu können.
§ 13 Abs. 2 des zugrundeliegenden Arbeitsvertrages sah nämlich vor, dass der Ausgleich aus der durchschnittlichen Provision der letzten drei Jahre ermittelt wird. Der Kläger kann den ihm zustehenden Ausgleich auf der Grundlage der erhaltenen Provisionsabrechnungen aus dem Arbeitsverhältnis berechnen, meinte das Gericht.
Dass auch Arbeitnehmern grundsätzlich ein Buchauszug zusteht, dürfte viele freuen. Mit der entsprechenden Begründung hätte der Kläger hier den ja auch erhalten.
Insbesondere Arbeitnehmer, die ihren Arbeitgeber verlassen, sollten sich überlegen, ob sie nicht den Buchauszug als Sicherungs des „status quo“ anfordern.
Ein Arbeitnehmer, der für die Ergo tätig war, erhielt deshalb von dieser eine Abweisung, weil er mit dem Buchauszug zu spät käme. Dafür gibt es eine tarifvertragliche Frist von einem halben Jahr. Wer zu spät kommt, bekommt den Buchauszug nicht mehr.
Auch bei einem Wechsel sollte man darüber nachdenken, einen Buchauszug anzufordern. In diesem Zeitraum wechseln viele Arbeitnehmer, die zuvor für die Generali tätig waren, zur DVAG. Vielleicht wäre es hier wichtig, den status quo zum Zeitpunkt des Übergangs festzuhalten.
09
BGH: Buchauszug verjährt mit letzter Abrechnung
In einer Entscheidung vom 03.08.2017 hat der Bundesgerichtshof unter dem Az VII ZR 32/17 bezüglich des Anspruchs des Handelsvertreters auf einen Buchauszug einige Streitfragen gelöst.
Vor den Gerichten ist es immer wieder streitig, wann der Anspruch auf einen Buchauszug verjährt.
Und schon wird nach dieser Entscheidung auf einer anderen Ebene gestritten.
Es wurde in der Entscheidung klargestellt, dass der Unternehmer verpflichtet ist die Provisionen des Handelsvertreters laufend abzurechnen (§87c Abs. 1 Satz 1 HGB). Da der Handelsvertreter jedoch nicht immer sicher sein kann, ob die Abrechnungen (welche mindestens alle drei Monate, regelmäßig monatlich erstellt werden müssen) alle relevanten Geschäfte enthalten, hat er zu jedem Zeitpunkt auch ohne besonderen Grund das Recht vom Unternehmer einen Buchauszug zu verlangen.
Dieser muss Auskunft über alle relevanten Informationen geben, welche für die Berechnung der Provisionen von Bedeutung sein können.
Für den Unternehmer bedeutet dies einen erheblichen personellen und zeitlichen Zusatzaufwand, was dazu führt, dass der Anspruch von Seiten des Handelsvertreters als Druckmittel verwendet werden könnte.
In der Entscheidung beschäftigte sich der Bundesgerichtshof vor allem mit den Fragen der Verjährung des Anspruchs auf den Buchauszug.
Dazu wurde klargestellt, dass der Anspruch auf den Buchauszug ein selbstständiger Anspruch gem. §87c Abs. 2 HGB sei, welcher als solcher grundsätzlich auch selbstständig verjähren kann. Diese Verjährung tritt nach §§195, 199 Abs. 1 BGB regelmäßig nach drei Jahren ab dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch entsteht und der Handelsvertreter Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen erlangt, ein.
Dennoch wird der Anspruch als „Hilfsanspruch“ eingeordnet, welcher dazu dienen soll, Provisionsansprüche durchzusetzen. Aufgrund dessen hängt die Verjährung von der Verjährung der Provisionsansprüche ab. Der Anspruch wird gegenstandslos, wenn der Provisionsanspruch untergeht.
Im Einzelnen:
- Der Anspruch entsteht, sobald er erstmals geltend gemacht werden kann, was der Fall ist, wenn der Anspruch fällig wird. Fällig wird der Anspruch, wenn der Provisionsanspruch fällig wird.
- Der Anspruch auf einen Buchauszug entsteht nicht erst mit Beendigung des Vertragsverhältnisses. Der Handelsvertreter kann jederzeit den Buchauszug geltend machen. Insbesondere stellt das Verlangen nach dem Buchauszug keinen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung dar, auch wenn durch diese Forderung das Verhältnis zwischen Unternehmer und Handelsvertreter belastet werden könnte.
- Die Voraussetzung für den Beginn der Verjährung ist die „vollständige und abschließende Abrechnung über die provisionspflichtigen Geschäfte in einem bestimmten Zeitraum“ (Oberlandesgericht München, 14.07.16, Aktenzeichen: 23 U 3764/15). Das Merkmal „abschließend“ setzt voraus, dass die Abrechnung ohne Einschränkungen und Vorbehalte erteilt wird. Sie umfasst die konkludente Erklärung des Unternehmers, dass keine weiteren Provisionen abrechenbar sind.
- Der Bundesgerichtshof stellte klar, dass der Anspruch auf den Buchauszug nicht damit entsteht, dass der Unternehmer die Abrechnungserteilung verweigert. Die Abrechnungsforderung und der Anspruch auf den Buchauszug sind unabhängig voneinander und können getrennt, gemeinsam oder im Wege einer Stufenklage geltend gemacht werden.
- Es ist nicht erforderlich, dass der Handelsvertreter Zweifel an den Abrechnungen oder die Unvollständigkeit dieser geltend macht. Der Buchauszug kann immer verlangt werden und ist gerade dafür da, die Abrechnungen zu prüfen.
- Der Anspruch hängt nach BGH auch nicht davon ab, dass der Handelsvertreter diesen einfordert. Der Unternehmer selbst kann ohne Aufforderung einen Buchauszug erteilen.
- Ausschlussfristen, welche die Verjährungszeit betreffen gelten (sofern sie wirksam sind, was gesondert geprüft werden muss) auch für den Buchauszug.
- Wird der Buchauszug unvollständig oder unbrauchbar erteilt, so hat der Handelsvertreter einen Anspruch auf Nachbesserung oder Neuerteilung.
Wenn der Handelsvertreter sichergehen will, dass keine Provisionen verschenkt werden, sollte er mindestens alle drei Jahre einen Buchauszug einfordern. Dies wiederum könnte jedoch zu einem angespannten Vertragsverhältnis führen.
08
„Ich stelle aktives Tagesgeschäft ein“ ist keine Kündigungserklärung
In einem Berufungsverfahren zwischen einem Handelsvertreter und dem Unternehmen, für das er tätig ist, hatte das Oberlandesgericht München am 26.10.2017 über eine vermeintliche Kündigung zu entscheiden.
Der Handelsvertreter hatte dem Geschäftsführer des Unternehmens in einer E-Mail mitgeteilt, „dass er sich entschieden habe, das aktive Tagesgeschäft einzustellen, aber seine Kunden und die akquirierten Kontakte weiter bearbeiten wolle“. Außerdem führte er aus, dass man in Kürze klären wolle, wie seine Tätigkeit im Einzelnen weiter ausgestaltet werden sollte. Im Betreff der E-Mail hieß es unter anderem „Vorab-Info, alles weitere in Kürze“.
Diese Mail wollte das Unternehmen als Kündigung werten. Dies sah das Oberlandesgericht jedoch anders.
Eine Kündigung sei eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung und müsse so ausgelegt werden, wie sie ein objektiver Empfänger verstehen darf. Hier dürfe nicht, wie vom Unternehmen, auf den für den Empfänger günstigsten Sinn abgestellt werden, sondern es sei eine rein normative, objektive Auslegung geboten.
Danach lasse sich nicht darauf schließen, dass der Handelsvertreter das Vertragsverhältnis mit der E-Mail beenden wollte. Hier hatte der Handelsvertreter jedoch vorerst nur mitgeteilt, dass er keine Neuakquise mehr durchführen wolle. Da er ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass er seine Bestandskunden weiter betreuen wird, kann – so das Oberlandesgericht – nicht von einer Kündigung ausgegangen werden.
Es handele sich lediglich um eine „Formulierung seiner Vorstellungen zu der weiteren vertraglichen Beziehung“. Dies könnte als Vertragsänderungsvorschlag oder ggf. als Ankündigung einer Vertragsverletzung gewertet werden, nicht jedoch als Kündigung.
Auch die Tatsache, dass nach der Rechtsprechung ein Handelsvertreterverhältnis formlos und konkludent beendet werden kann ließe hier nicht die Annahme einer Kündigung zu. Denn auch dann müsse sich jedenfalls konkludent der Erklärungswert einer Kündigung entnehmen lassen. Hier jedoch ging es nur um die Ankündigung eines Untätigwerdens.
Ob der Handelsvertreter nach der Mail tatsächlich untätig blieb, ist nach Ansicht des Oberlandesgerichtes nicht relevant. Die reine Untätigkeit könne keine konkludente Kündigung sein.
Von dem Unternehmen wurde zusätzlich noch vorgebracht, dass der Handelsvertreter bei einem Kundenbesuch nicht die Visitenkarte des Unternehmens, sondern eine andere abgegeben hatte. Doch auch dies ließ das Oberlandesgericht nicht darauf schließen, dass eine Kündigung vorlag. Aus seinem Verhalten lasse sich lediglich eine „innere Einstellung“ zum Unternehmen erkennen, eine Kündigung könne man jedoch nicht hinein interpretieren.
Demnach stellte das Oberlandesgericht fest, dass das Handelsvertreterverhältnis weiterhin fortbesteht.
Dem Handelsvertreter wurde ein Anspruch auf einen Buchauszug zugesprochen, für dessen Inhalt die Tatsache, ob das Vertragsverhältnis fortbesteht von Bedeutung war.
12
In einem Verfahren vor dem Brandenburgischen Oberlandesgericht stritt ein sogenannter Untervertreter gegen ein Unternehmen, welches Hauptvertreterin war. Das OLG Brandenburg entschied mit Urteil vom 10.1.2013,
Zum Sachverhalt:
Das Unternehmen war seinerseits vertraglich mit verschiedenen Versicherungsgesellschaften verbunden und beschäftigte zur Vertragsvermittlung eben diese Untervermittler.
Zwischen den Parteien bestand ein gängiger Vermittlungsvertrag, welcher unter anderem beinhaltete,
dass die Provision erst dann verdient werde, wenn der Endkunde die Prämien vollständig geleistet hat und die Hauptvertreterin ihrerseits von der Versicherungsgesellschaft die Provision erhalten habe,
dass die Hauptvertreterin ein Konto für den Untervertreter führt,
dass sie dem Untervertreter Abrechnungen zusendet, welche dieser prüfen und bei Fehlern auf solche hinweisen muss (mit Frist zum 31. März des Folgejahres) und,
dass der Untervertreter innerhalb einer Frist von 14 Tagen einen Vertrag nachbearbeiten muss, der in Stornogefahr gerät, sobald er von der Hauptvertreterin darüber in Kenntnis gesetzt wird. Geschieht eine solche Nachbearbeitung nicht innerhalb der Frist, so entfällt die Provision.
Zudem wurde dem Untervertreter angeboten, einen Zugang zu einem firmeninternen Online-System zu kaufen. Davon hat er jedoch keinen Gebrauch gemacht. Mitteilungen, die ihn betrafen, wurden an seine „Führungskraft“, also die ihm übergeordnete Person gesandt.
Die Parteien hatten einen Zusatzvertrag über „Internetleads“ abgeschlossen. Diese wurden von der Hauptvertreterin angeboten. Es handelte sich um Datensätze von potentiellen Kunden, welche die Hauptvertreterin ihrerseits ebenfalls erworben hatte.
Die Hauptvertreterin hatte mit der Klage Provisionsvorschüsse von Verträgen, die storniert worden waren, zurückgefordert.
Der Untervertreter hatte dem gegenüber gestellt, dass die Ansprüche nicht entstanden seien, da er keinen Buchauszug gem. §87c Abs. 2 HGB erhalten habe.
Er hatte überdies die Rückzahlung der Kosten für die „Internetleads“ verlangt, da diese mangelhaft gewesen seien und der Vertrag über diese Daten gegen §86a Abs. 1 HGB verstoße.
Außerdem behauptete er Schadensersatzansprüche in Höhe der Provisionsvorschüsse, da ihm keine Stornogefahrmitteilungen zugegangen seien.
Die Entscheidung:
Bezüglich der „Internetleads“ lehnte das Oberlandesgericht den Rückzahlungsanspruch ab.
Die Hauptvertreterin sei keinesfalls verpflichtet, dem Untervertreter potentielle Kunden zu benennen, sodass ein Ausschluss gem. §86a Abs. 1 HGB schon nicht in Frage komme.
Auch von einem Mangel der „Internetleads“ könne nicht ausgegangen werden. Der Untervertreter hatte hier behauptet, die Kunden seien entweder nicht erreichbar gewesen. Dies könne jedoch keinen Mangel begründen. Der Vortrag war dem Gericht zu unsubstantiiert. Demnach hätte der Untervermittler genau vortragen müssen, wann er versucht habe die Kunden zu erreichen.
Die Tatsache, dass die Kunden nicht interessiert waren, wurde vom Gericht ebenfalls nicht als Mangel gesehen. Durch die Daten werde dem Untervermittler nur „die Chance einer Vertragsanbahnung eingeräumt“, nicht jedoch der sichere Abschluss.
Dazu komme, dass der Untervermittler wohl von der etwaigen Mangelhaftigkeit gewusst haben müsse. Er hatte nämlich zuvor schon einmal solche Daten von der Hauptvertreterin bezogen, die sich als unbrauchbar erwiesen hatten. Er hätte daher mit einem Mangel rechnen müssen.
Zu dem Buchauszug führte das Oberlandesgericht wie folgt aus:
Der Buchauszug müsse ein Spiegelbild der provisionsrelevanten Daten des Unternehmers sein. Der Unternehmer, hier die Hauptvertreterin, müsse dem Untervermittler in einem Buchauszug alle Daten mitteilen, die für die Berechnung der Provision von Bedeutung sein könnten.
Der Anspruch gem. §87c HGB kann jedoch bei einem ausdrücklichen Verzicht entfallen, beispielsweise bei einem Saldoanerkenntnis. Dieses stelle „einen Verzicht auf dem Handelsvertreter bekannte Einwendungen aus der früheren Zeit dar“.
Ein solches habe der Untervertreter hier abgegeben, als er die Abrechnungen bestätigte. Hätte er diese für nicht nachvollziehbar oder fehlerhaft erachtet, so hätte er dies zum jeweiligen Zeitpunkt rügen müssen.
Auf den Vortrag, er sei zu etwaigen Unterschriften gezwungen worden, ging das Gericht nur am Rande ein. Dann jedenfalls hätte er seine Erklärungen gem. §123 BGB anfechten müssen.
Insofern habe er keinen Anspruch mehr auf einen Buchauszug, der den Rückzahlungsansprüchen entgegenstehen könne.
Bei den Rückzahlungsansprüchen für die Provisionsvorschüsse differenzierte das Gericht für die einzelnen Verträge und die jeweiligen Nachbearbeitungsmaßnahmen.
Generell entfalle der Anspruch auf die Provision, wenn die Nichtausführung auf Umständen beruht, die der Unternehmer nicht zu vertreten hat. Dies sei auch so auf das Verhältnis zwischen Hauptvertreter und Untervertreter zu übertragen.
Wenn also die Hauptvertreterin beweisen könne, dass sie in dem gebotenen Umfang nachgearbeitet hat, entfiele der Provisionsanspruch. Die Beweislast dafür läge jedoch bei ihr selbst.
Vorliegend hätte also die Hauptvertreterin selbst Nachbearbeitungsmaßnahmen ergreifen müssen oder dem Untervertreter die Gelegenheit zur rechtzeitigen Nachbearbeitung geben müssen.
Es war vereinbart, dass der Untervermittler selbst die Nachbearbeitung übernehmen soll.
Aufgabe der Hauptvertreterin sei es deshalb gewesen Stornogefahrmitteilungen zu übersenden. Diese müsse so rechtzeitig versendet worden sein, dass bei normalem Verlauf mit dem rechtzeitigen Eingang zu rechnen sei.
In einigen Fällen konnte die Hauptvertreterin hier durch einen Zeugen beweisen, dass Stornogefahrmitteilungen per Post an die Privatadresse des Untervermittlers gesendet wurden. Der Zeuge war zwar nicht selbst mit der Bearbeitung der Post beauftragt, konnte jedoch die übliche Vorgehensweise nach der Kündigung eines Vertrages so schildern, dass der Senat überzeugt war.
In diesen Fällen stellte das Gericht also fest, dass die Verträge aufgrund von Umständen nicht ausgeführt worden waren, die die Hauptvertreterin nicht zu vertreten hatte und der Provisionsanspruch demnach entfallen war. Hier bestand also ein Rückzahlungsanspruch der Hauptvertreterin.
In anderen Fällen, in denen die Stornogefahrmitteilungen elektronisch und automatisch in dem Online-System an die oben genannte Führungskraft des Untervermittlers gesandt worden waren, bewertete das Gericht die Situation anders.
Der Untervermittler sei nicht verpflichtet gewesen sich selbst einen Zugang zu dem Online-System zu verschaffen.
Die Übersendung an die Führungskraft reiche auch nicht aus. Auch wenn die Hauptvertreterin darlegte, dass diese angehalten war, die Handelsvertreter zur Nachbearbeitung anzuhalten, „befreite sie dies nicht von dem Nachweis, dass … die Führungskraft den Untervermittler über die einzelnen Stornogefahrmitteilungen informierte“.
In diesen Fällen bestand daher kein Rückzahlungsanspruch. Diese Verträge seien aufgrund von Umständen storniert worden, die die Hauptvertreterin zu vertreten hatte.
Bezüglich der Fälle, in denen die Hauptvertreterin vortrug selbst Nachbearbeitungsmaßnahmen ergriffen zu haben, entschied das Gericht, dass in der Versendung von Mahnschreiben nach Einstellung von Prämienzahlungen unter Hinweis auf die Rechtsfolgen oder in einem schriftlichen Gesprächsangebot und der schriftlichen Bekundung der Bereitschaft zum Entgegenkommen eine ausreichende Nachbearbeitung gesehen werden könne.
Auch hier wären die Verträge demnach nicht aufgrund von Umständen nicht ausgeführt worden, die die Hauptvertreterin zu vertreten hätte, sodass ein Rückzahlungsanspruch bestehe.
03
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat am 1.11.2017 gezeigt, dass selbst Oberlandesgerichte zu unterschiedlicher Rechtsprechung neigen können. Ein Senat des OLG hatte im Beschlusswege eine Berufung der DVAG abgewiesen.
Die DVAG war erstinstanzlich verurteilt worden an einen ehemaligen Handelsvertreter einen Buchauszug zu erteilen. Die Berufung dagegen wurde abgewiesen, da sie den Anforderungen des §511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO an den Beschwerdewert von mindestens 600€ nicht entsprach.
Das Gericht hatte klargestellt, dass es bei der Beschwerdewertberechnung für den Buchauszug „auf den Aufwand an Zeit und Kosten (…), den die Erfüllung des Anspruchs erfordert, nicht etwa auf den Wert des Auskunftsanspruchs“ ankommt.
Die DVAG hatte hier zunächst einen Stundensatz von 50,00 € und zwei Arbeitstage à 7,5h angesetzt. Als sie darauf hingewiesen wurde, dass der zugelassene Höchstsatz nach dem JVEG (§22) 21,00 € betrage und sie damit auf höchstens 315€ komme, setzte sie die benötigte Zeit kurzerhand auf vier Arbeitstage à 8h hoch.
Dies ließ das Gericht jedoch nicht gelten.
Dass die DVAG die Länge des Arbeitstages ohne Begründung änderte, sei unverständlich.
Außerdem war in einem Parallelverfahren, bei dem mehr als doppelt so viele Verträge zu berücksichtigen gewesen waren, eine niedrigere Stundenzahl für den Aufgabenpunkt „Erstellung, Konzept, Programmstruktur“ angesetzt worden. Hier erscheine es jedoch plausibler, dass eine niedrigere Stundenzahl zugrunde gelegt werden müsse.
Wurden in dem Parallelverfahren mit 4.120 Verträgen für diesen Punkt 1,0 Tage zugrunde gelegt, so müssten hier – mit nur etwa 1.500 Verträgen – maximal 0,75 Tage angesetzt werden.
Damit käme man zu 3,5 benötigten Tagen.
Der Ansatz von vier Arbeitstagen sei nicht plausibel begründet worden und ergebe im Vergleich zu dem Parallelverfahren auch keinen Sinn.
Dass ein höherer Stundensatz anzusetzen wäre, sei ebenfalls nicht ersichtlich. Dieser richte sich nach dem Höchstsatz für zu entschädigende Zeugen nach §22 JVEG.
Gleich, ob die Aufgabe durch die DVAG selbst oder durch eine Hilfsperson durchgeführt werde, sei jedenfalls kein höherer Stundensatz zu rechtfertigen.
Bei der Durchführung durch Hilfspersonen würde die DVAG lediglich eine „von ihr vorzunehmende Eigenleistung durch Dritte“ ersetzen. Warum dies teurer sein solle, war nach dem Gericht nicht erkenntlich.
Selbst wenn man also 3,5 Tage à 8h zugrunde lege, käme man mit einem Stundensatz von 21€ allenfalls auf einen Streitwert von 588€, sodass die Berufung gem. §511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nicht zulässig sei.