Buchauszug

Der Buchauszug und das Zurückbehaltungsrecht 2

Ein Handelsvertreter hat einen Anspruch auf einen Buchauszug (§ 87 c HGB).

Es fragt sich jetzt, ob der Handelsvertreter dem Unternehmer gegenüber vertragliche oder gesetzliche Pflichten verweigern darf, weil der Handelsvertreter einen Buchauszug nicht erhält. Dann würde sich der Handelsvertreter auf sein Zurückbehaltungsrecht berufen können.

Der Handelsvertreter könnte in dem Fall einer Rückforderung eines Vertriebes widersprechen, wenn dieser z.B. Provisionsvorschüsse zurückverlangt.

Das Landgericht Halle hatte dies 2011 verneint. Der Handelsvertreter musste auch ohne Buchauszug zahlen.

Wenn das Vorenthalten des Buchauszuges ein Zurückbehaltungsrecht darstellen soll, bedarf es wohl weiterer Gründe.

Tröstlich ist aber, dass dem Unternehmer/Vertrieb die volle Darlegungs- und Beweislast dafür trifft, dass die Stornierung nicht eingetretten ist und nicht von ihm zu vertreten ist (OLG Karlsruhe 13.9.2017, 15U 7/17). Diese Entscheidung betraf einen Vermögensberater, der von der DVAG die Auszahlung seines Rückstellungskontos verlangte.

Der Argumentation, dass die Rückzahlung eines Provisionsvorschusses verweigert wird, weil kein Buchauszug vorliegt, bedarf es dann nicht mehr. Denn mehr als eine lückenlose Aufklärung hätte der Handelsvertreter mit dem Buchauszug auch nicht in Erfahrung bringen können.

Der Buchauszug und das Zurückbehaltungsrecht 1

Ein Handelsvertreter hat einen Anspruch auf einen Buchauszug (§ 87 c HGB).

Es fragt sich ob der Unternehmer die Erteilung des Buchauszuges verweigern darf, weil der Handelsvertreter irgendeiner Pflicht nicht nachkommt. Dann würde sich der Unternehmer auf sein Zurückbehaltungsrecht berufen können.

Hat der Unternehmer ein solches Zurückbehaltungsrecht? Nein.

Dem Unternehmer steht gegen den Anspruch des Handelsvertreters auf Erteilung des Buchauszugs nach § 87c Abs. 2 HGB kein Zurückbehaltungsrecht wegen Gegenansprüchen zu (Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, 38. Auflage, München 2018, Rdnr. 29 zu § 87 c HGB). Die bloße Untätigkeit des Handelsvertreters begründet zudem grundsätzlich noch keine Gegenansprüche.

So sah es auch das Oberlandesgericht München im Jahre 2019.

Der BGH hatte dies kürzlich bestätigt:

Dem Unternehmer steht hinsichtlich eines vom Handelsvertreter geltend gemachten Anspruchs auf Erteilung eines Buchauszugs kein Zurückbehaltungsrecht etwa wegen Ansprüchen gegen den Handelsvertreter auf Rückzahlung geleisteter Vorschusszahlungen oder Schadensersatzansprüchen zu; der Unternehmer ist vielmehr vorleistungspflichtig (vgl. BGH, Urteil vom 3. Februar 1978 – I ZR 116/76, MDR 1978, 467, juris Rn. 55; OLG München, Urteil vom 31. Juli 2019 – 7 U 4012/17 Rn. 90, ZVertriebsR 2019, 372 = IHR 2020, 23; Urteil vom 17. April 2019 – 7 U 2711/18 Rn. 48, ZVertriebsR 2019, 254 = IHR 2020, 70; OLG Düsseldorf, Urteil vom 25. Januar 2013 – 16 U 89/11 Rn. 93, juris; OLG Naumburg, Urteil vom 22. November 1995 – 8 U 16/95, NJW-RR 1996, 993, juris Rn. 8; Riemer in: Küstner/Thume, Handbuch des gesamten Vertriebsrechts, Bd. 1, 5. Aufl., Kap. VI Rn. 109; Staub/Emde, Großkommentar zum HGB, 6. Aufl., § 87c Rn. 103; Löwisch in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 4. Aufl., § 87c Rn. 47; Hopt/Hopt, HGB, 42. Aufl., § 87c Rn. 29).

Ob umgekehrt der Handelsvertreter ein Zurückbehaltungsrecht hat, wenn er keinen Buchauszug bekommt, wird in Kürze verraten.

BGH: Sondervereinbarungen Gegenstand des Buchauszuges

Am 25.07.2024 urteilte der Bundesgerichtshof unter dem Aktenzeichen VII ZR 145/23, dass ein Versicherungsvertreter nicht nur einen Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges hat, sondern auch auf Angaben zu

Prämien- oder provisionsrelevanten Sondervereinbarungen zwischen dem Unternehmer und dem Versicherungsnehmer.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte es zuvor anders gesehen. Die anderweitige Auffassung wurde im Übrigen auch von anderen verschiedenen Gerichten vertreten. Das Oberlandesgericht Düsseldorf meinte, eine Auskunft gerichtet auf prämien- oder provisionsrelevante Sondervereinbarung sei im Zwangsvollstreckungsverfahren nicht durchsetzbar. Schließlich könne ein Gerichtsvollzieher ja nicht wissen, welche Vereinbarungen provisionsrelevant sind. Was provisionsrelevant ist, müsse doch der Handelsvertreter selbst wissen, der den Buchauszug auswertet.

Der Bundesgerichtshof meint jedoch, dass der Buchauszug all die Details der Geschäftsbeziehung zwischen Unternehmer und Kunden widerspiegeln muss, die Provisionsrelevanz haben. Dazu gehören nun einmal auch Sondervereinbarungen, die Auswirkungen auf die Prämien und damit auch die Provisionen haben.

Der Wert der Bucheinsicht

Rechtsanwälte und Gericht werden nach dem Streitwert gezahlt.

Streitet man sich um die Zahlung von z.B. 5.000,00 €, beträgt der Streitwert 5.000,00 €. Bei einer Auskunft oder einem Buchauszug, oder hier einer Bucheinsicht, ist das schwieriger. Kommt es hier auf den Betrag an, der Folge der Auswertung der Auskunft oder des Buchauszuges ist oder ist hier der Aufwand maßgeblich, der erforderlich ist, den Buchauszug zu erstellen? Letzteres hat der BGH als Maßstab angesehen.

Über den Wert einer Bucheinsicht in einem Beschwerdeverfahren hatte jetzt der BGH zu urteilen. Er führte aus:

Die Bemessung der mit der Berufung geltend gemachten Beschwer des in erster Instanz zur Gewährung von Bucheinsicht Verurteilten richtet sich nach dem Aufwand hinsichtlich Zeit und Kosten, der für ihn zur Erfüllung des Anspruchs auf Bucheinsicht anfällt (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Mai 2019 II ZB 17/18 Rn. 8, juris; vgl. ebenso zur Erteilung eines Buchauszugs BGH, Beschluss vom 21. August 2014 – VII ZR 145/13 Rn. 5, juris; Beschluss vom Dezember 2011 – VII ZR 97/11 Rn. 3, IHR 2012, 128, jeweils m.w.N.).

Die Bucheinsicht ist in sämtliche Buchführungsunterlagen in Papierform oder in elektronischer Form zu gewähren, die zur Überprüfung und Kontrolle der erteilten Buchauszüge erforderlich sind.

Der Unternehmer muss neben dem Zugang zu den Unterlagen und zur EDV auch einen Ansprechpartner für die Dauer der Bucheinsicht zur Verfügung stellen (vgl. OLG Hamm, Urteil vom November 2022 – 18 U 138/18, MDR 2023, 507, juris Rn. 106; OLG München, Urteil vom 10. März 2021 – 7 U 1711/19, juris Rn. 22; OLG Stuttgart, Beschluss vom 31. Juli 2019 – 5 W 23/19, ZVertriebsR 2020, 51, juris Rn. 39 f., 54;

OLG Frankfurt, Urteil vom 25. September 2014 – 16 U 124/13, IHR 2015, 215, juris Rn. 56 f.; Hopt/Hopt, HGB, 42. Aufl., § 87c Rn. 25, 27; MünchKommHGB/Ströbl, Aufl., § 87c Rn. 81 f.; EBJS/Löwisch, HGB, 4. Aufl., § 87c Rn. 100; Oetker/Busche, HGB, 7. Aufl., § 87c Rn. 30 f.; Fröhlich in Flohr/Wauschkuhn, Vertriebs-
recht, 3. Aufl., § 87c HGB Rn. 90 f.).

In vorheriger Instanz wurde ein Rechtsmittel als „nicht statthaft“ abgelehnt, weil der dafür erforderliche Wert von 600 € nicht erreicht sein. Dies hat der BGH nun anders bewertet.

Bei 6615 Verträgen und einem Prüfungsaufwand von 15 Minuten pro Vorgang und 21 € pro Stunde komme man bereits auf 34.650,00 €.

OVB Vertrag mit Verjährungsklauseln

In einem Rechtsstreit mit der OVB hat das Oberlandesgericht Köln kürzlich die im Handelsvertretervertrag vereinbarten Verjährungsregeln restriktiv ausgelegt. Ein ehemaliger Mitarbeiter verlangte einen Buchauszug. Dieser wurde ihm vom Landgericht auch für zurückliegende Jahre gewährt. Dagegen wehrte sich die OVB im Rahmen einer Berufung.

Das Oberlandesgericht meinte, der Anspruch sei verjährt, weil im Finanzdienstleistungsvertrag eine kurze Verjährungsklausel von 13 Monaten „ab dem Schluss des Monats, in dem der Anspruchsberechtigte Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen erlangt hat“ eingetreten ist.

Diese Klausel gelte auch nach Ansicht des Oberlandesgerichtes für den Buchauszug. Die Klausel sei wirksam, da sie nicht zwischen Ansprüchen des Handelsvertreters und des Unternehmers differenziere. Eine Unwirksamkeit gemäß der Regeln über eine unangemessene Benachteiligung gemäß §§ 306 Abs. 2, §§ 307 Abs. 1 komme deshalb nicht in Betracht.

Diese Entscheidung erging im Rahmen einer Kostenentscheidung, da der Rechtsstreit darüber bis dahin erledigt war.

Der Wert der Bucheinsicht

Es war lange Zeit umstritten, wie der Wert einer Bucheinsicht zu bemessen ist.

Der Wert eines Buchauszuges bzw. einer Bucheinsicht interessiert nicht nur den Juristen, sondern auch die Partei in einem Zivilverfahren, in dem um den Buchauszug gestritten wird.

Gemäß § 87 c Abs. 2 HGB hat ein Handelsvertreter Anspruch auf einen Buchauszug. Liegen bestimmte Voraussetzungen vor, hat er sogar gemäß Abs. 4 einen Anspruch auf Einsicht in die Geschäftsbücher oder sonstigen Urkunden (Bucheinsicht).

Gemäß § 511 ZPO ist eine Berufung gegen ein erstinstanzliches Urteil nur möglich, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 € übersteigt. Mit diesem Argument wurde teilweise eine Berufung nicht einmal zugelassen, wenn ein erstinstanzliches Gericht über den Buchauszug ein Urteil gefällt hat.

Es lässt sich leicht damit argumentieren, dass der Aufwand für die Erstellung eines Buchauszuges bzw. einer Bucheinsicht gering ist. Auf Knopfdruck lässt sich der Buchauszug per EDV schnell erstellen, sodass die Kosten für die Erstellung eines Buchauszuges unter 600 € liegen dürfte.

Andere Gerichte stellten auf den wirtschaftlichen Wert ab, den ein Buchauszug bzw. die Bucheinsicht verkörpert. Erhofft sich beispielsweise die klagende Partei, die einen Buchauszug begehrt, davon Provisionen in Höhe von 5000 €, so wäre der Wert auch daran zu bemessen.

Selbst das Oberlandesgericht in Frankfurt war sich nicht einig, welche Rechtsauffassung (Aufwand oder wirtschaftlicher Wert) man denn folgen wollte.

Der Bundesgerichtshof fällte mit Beschluss vom 20. November 2023 unter dem Aktenzeichen VII ZR 6/23 eine Grundsatzentscheidung, die die bisherigen Entscheidungen des BGH bestätigt.

Danach richtet sich der Wert der Bucheinsicht nach dem Aufwand hinsichtlich Zeit und Kosten, der für ihn zur Erfüllung des Anspruchs auf Bucheinsicht anfällt.

Dieser Aufwand, um eine Bucheinsicht zu ermöglichen, ist in der Regel größer als die bloße Erteilung des Buchauszuges.

Der BGH stellte darauf ab, dass der Unternehmer neben dem Zugang zu den Unterlagen und zur EDV auch einen Ansprechpartner für die Dauer der Bucheinsicht zur Verfügung stellen muss. Nach diesen Maßstäben würde der Aufwand für die Gewährung der Bucheinsicht kostenmäßig einen Betrag von 600 € übersteigen.

Das Verfahren musste deshalb zur erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

Buchauszug bricht Datenschutz

Jeder Handelsvertreter hat einen Anspruch auf einen Buchauszug. Unternehmen und Vertriebe versuchen oft diesen zu untergraben. Teilweise wird dies damit begründet, dass Provisionsabrechnungen den Buchauszug ersetzen sollen, teilweise wird der Buchauszug nur unvollständig übersandt. Ganz neu ist die Idee, dass die Übersendung eines Buchauszuges mit dem Datenschutz nicht in Einklang stehe.

Der Datenschutz kann den Anspruch auf den Buchauszug nicht untergraben dürfe (OLG München vom 31.7.2019, Az.: 7 U 4012/17). 

Das OLG hat folgende Kernpunkte entschieden:

  • Das Interesse des Unternehmers an der Wahrung von Betriebs- bzw. Geschäftsgeheimnissen ist im Rahmen des § 87c Abs. 2 HGB irrelevant, da deren Schutz durch § 90 HGB geregelt ist. (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz) 
  • Die DSGVO ist grundsätzlich auf alle erteilten Buchauszüge und auch auf alle nach § 87c Abs. 2 HGB zukünftig noch vorzunehmenden Datenverarbeitungen anwendbar, jedoch ist die mit der Erteilung eines Buchauszuges verbundene Datenübermittlung nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 DSGVO erlaubt.

BGH: Provisionsvorschüsse müssen unter Umständen nicht zurückgezahlt werden

Wenn eine Rückzahlungsklausel, die die Kündigung erschwert, unwirksam ist, muss ein Handelsvertreter Provisionsvorschüsse nicht zurückzahlen. Dies entschied der Bundesgerichtshof in einem aktuellen Urteil vom 19. Januar 2023 unter dem Aktenzeichen VII ZR 787/21.

Gemäß § 89 a Abs. 1 Satz 2 HGB ist eine Kündigungserschwernis verboten. Dies gilt auch für sogenannte mittelbare Erschwernisse.

In dem Fall, über den der BGH zu entscheiden hatte, ging es um einen Handelsvertreter, der für ein Möbelunternehmen tätig war. Dieser erhielt pauschale Provisionsvorschüsse. Vertragliches Ziel war es, dass der Handelsvertreter diese Vorschüsse mit verdienten Provisionen ausgleichen sollte. Bei Beendigung des Vertrages betrug der negative Saldo fast 55.000 €.

Während der Vertragslaufzeit wurde zudem vereinbart, dass ein auflaufender Saldo als Darlehen gewährt werden soll und mit 3,5 % pro Jahr zu verzinsen ist.

Dort heißt es:

„Im Falle der Beendigung des Handelsvertretervertrages vom
26. Juli 2013 sind die Restschuld des Darlehens und die zum Stich-
tag der Vertragsbeendigung aufgelaufenen Zinsen in einer Summe
sofort fällig. Hierbei ist es unerheblich, durch wen und aus welchem
Grund der Vertrag beendet wurde.“

Der Handelsvertreter aus der Möbelbranche wurde dann wegen der Zahlung verklagt. Das Landgericht Mönchengladbach wies die Klage ab, das Oberlandesgericht Düsseldorf erkannte den Anspruch des Unternehmens an, jedoch mit der Maßgabe, dass dem Unternehmer der Anspruch nur Zug um Zug gegen Erteilung eines Buchauszuges zustehen würde. Interessant ist, dass auch das Oberlandesgericht Düsseldorf die Vereinbarung für unwirksam betrachtet hatte, jedoch trotzdem meinte, dass der Handelsvertreter sich dann rechtsgrundlos bereichert hätte und ein Anspruch des Unternehmens aus § 812 BGB bestehen würde.

Der BGH zog hier einen Schlussstrich zugunsten des Handelsvertreters.

Der BGH gab dem Handelsvertreter Recht und meinte, dass jede Partei das Recht zu einer fristlosen Kündigung habe und dieses Recht auch nicht mittelbar eingeschränkt werden dürfe. In § 89 a Abs. 1 Satz 2 HGB sieht der BGH eine Schutzvorschrift des im Allgemeinen wirtschaftlich schwächeren Handelsvertreters.

In einem solchen Fall muss nach der Auffassung des BGH der Handelsvertreter den Betrag nicht zurückzahlen. Eine gegen die gesetzliche Regelung verstoßende Vereinbarung ist unwirksam (§134 BGB).

Wenn, so der BGH, eine Rückzahlungsklauseln unwirksam ist, dient dies dem Schutz des Handelsvertreters, sodass dieser nicht aus anderen Gründen zur Rückzahlung verpflichtet sein kann (der BGH verwies auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichtes München mit Urteil vom 9. März 2017 (Aktenzeichen 23 U 2601/16).

Der BGH verwies die Angelegenheit zurück Oberlandesgericht Düsseldorf, dass nunmehr die Rechtsauffassung des BGH zu berücksichtigen hat.

Buchauszug als Holschuld nachhaltig?

Jeder Handelsvertreter hat gemäß § 87 c Abs. 2 HGB einen Anspruch auf einen Buchauszug. Der Buchauszug dient der Kontrolle, ob die Provisionsabrechnungen in Ordnung sind. Da er sich auf sämtliche vermittelten Geschäfte bezieht, ist er zumeist sehr umfangreich.

Gerade in Zeiten, in denen sehr viel über Nachhaltigkeit und Umweltschutz gesprochen wird, könnte man auf den Gedanken kommen, dass der Buchauszug per Stick oder per E-Mail übersendet wird. Leider liegt dieser nachhaltige Gedanke fern der vertrieblichen Realität.

Gemäß § 87 c Abs. 2 HGB kann der Buchauszug “ verlangt“ werden. Dort steht erst mal nichts von Zusendung. Das BGB unterscheidet grundsätzlich zwischen Hol-, Schick- und Bringschuld. Gemäß § 269 BGB hat die Leistung an den Ort zu erfolgen, an welchen der Schuldner zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz hatte, wenn nichts anderes bestimmt ist. Dies ist die sogenannte Holschuld. Wenn im Handelsvertretervertrag eine entsprechende Regelung nicht vorhanden ist, ist der Buchauszug nach diesem Verständnis abzuholen.

So entschied auch das Oberlandesgericht Düsseldorf in einem Beschluss vom 45. März 2008 unter dem Aktenzeichen I-16 W 77/07.

Die wenigsten Vertriebe senden den Buchauszug zu. In der Regel lässt man den Buchauszug sogar vorher noch einmal ausdrucken, sodass die Abholung nur in Papierform möglich ist.

In dieser Form stellen beispielsweise die großen Vertriebe DVAG, MLP und OVB die Buchauszüge zur Abholung bereit. Zu beachten ist, dass der Handelsvertreter zumeist persönlich den Buchauszug abholen muss. Die OVB begründet dies zum Beispiel mit dem Datenschutz.

Die Ergo dagegen hatte den Buchauszug sogar übersandt. Der Handelsvertreter musste also nicht weit reisen, um den Buchauszug abzuholen. Im Zeitalter des Umweltschutzes und der Nachhaltigkeit wäre es wünschenswert, wenn der ein oder andere Vertrieb seine Strategie überdeckt.

AG Frankfurt: DVAG muss Rückstellung auszahlen

Eine ehemalige Handelsvertreterin klagte auf Zahlung ihrer zurückgestellten Provisionsbeträge gegen die DVAG und hatte dabei Erfolg:

Wird ein Versicherungsvertrag während der Stornohaftungszeit beendet, kann der Versicherer die Provision vom Handelsvertreter eventuell zurückfordern. Der Provisionsanspruch des Handelsvertreters erlischt jedoch erst dann, wenn der Vertrag storniert wurde und dies auf Umständen beruht, die der Versicherer nicht zu vertreten hat. So steht es in § 87 a Abs. 3 S.2 HGB).

Zu vertreten hat es der Versicherer jedoch, wenn eigene Stornobekämpfung unterlassen bleibt. Als Stornobekämpfung werden alle Maßnahmen angesehen, die geeignet sind, abgeschlossene Versicherungsverträge aufrecht zu erhalten. Wie genau dieses aussehen könnte, ließ das Gericht offen.

Die Verletzung dieser sog. Nachbearbeitungspflicht bzw. Stornobekämpfungspflicht lässt den Provisionsanspruch des Handelsvertreters bestehen, auch wenn die Verträge tatsächlich storniert wurden. Die Verpflichtung zur Stornobekämpfung eines Versicherungsunternehmens, Vertriebes oder Strukturvertriebes ergibt sich aus § 87a Abs. 3 S. 2 HGB. Der Versicherer muss Rücksicht auf das Interesse an dem Erhalt der Provision des Handelsvertreters nehmen. Eine ungenügende Stornobekämpfung hat der Versicherer insoweit zu vertreten, als dass der Provisonsanspruch trotz Storno erhalten bleibt.

Um Näheres zu den Stornobekämfungen zu erfahren, wurde ein Buchauszug eingeholt. Darin konnte nach Auffasung des Gerichts die DVAG im konkreten Fall jedoch nicht deutlich machen, inwiefern das Unternehmen eine Stornobekämpfung betrieben hatte.

Die DVAG hatte zur Stornobekämpfung lediglich Standardschreiben versendet, die laut dem Amtsgericht für eine solche Nachbearbeitung nicht ausreichend seien. Solche Standardschreiben seien nur bei sog. Kleinverträgen oder -beträgen ausreichend, wenn die Provisionsbeträge dabei auch als gering angesehen werden können. Die DVAG konnte im konkreten Fall nicht nachweisen, ob und welche Nachbearbeitungen sie zu den Verträgen unternahm, auch wenn sie die Verträge kannte. Auch war die DVAG nicht darauf angewiesen, weitere Informationen von dem ausscheidenden Handelsvertreter zu bekommen.

Somit entschied das Gericht, dass die ehemalige Vermögensberaterin einen Anspruch auf die Zahlung der gesamten zurückgestellten Provisionen habe.

Ein etwaiges Zurückbehaltungsrecht der DVAG entfiele zudem, bei Vorliegen des Anspruchs.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Vorsicht Falle beim Buchauszug

Gemäß § 87 c Abs. 2 HGB hat der Handelsvertreter einen Anspruch auf einen Buchauszug. Diesen muss der Unternehmer, für den der Handelsvertreter tätig ist, erteilen.

Wer den Buchauszug geltend macht oder einklagt, muss darauf achten, dass dieser nicht verjährt oder bereits verjährt ist. Nachdem der Anspruch auf einen Buchauszug fällig geworden ist, gibt es gemäß § 199 BGB eine 3-jährige Verjährungsfrist. Damit der Buchauszug nicht verjährt, muss rechtzeitig vor Ablauf dieser 3 Jahre Klage eingereicht werden.

Doch auch dann, wenn man bei der Klage Fehler macht, kann der Buchauszug wegen Verjährung scheitern.

Der Buchauszug dient der Überprüfung der Provisionsansprüche. Der Handelsvertreter kann mit der Provisionsabrechnung einen Buchauszug verlangen. So steht es in § 87 c HGB.

Der BGH hatte entschieden, dass derjenige keinen Anspruch auf einen Buchauszug hat, wenn er keinen Provisionsanspruch mehr hat. Wenn Provisionsansprüche verjährt sind, könnte damit auch der Anspruch auf den Buchauszug entfallen.

Oder anders gesagt: Wenn im Laufe des Prozesses der Anspruch auf die Provision verjährt, könnte damit auch der Anspruch auf den Buchauszug (den man eigentlich rechtzeitig eingeklagt hatte) während des laufenden Gerichtsverfahrens verloren gehen.

Mit dieser Problematik hat zurzeit das Oberlandesgericht Hamm zu tun. Das stellte sich jedoch auf den Standpunkt, dass gemäß § 199 BGB eine Verjährung erst dann beginnen würde, wenn „der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste“.

Die Unkenntnis über einen Anspruch und seinen Umständen lässt die Verjährung also gar nicht erst beginnen. Und solange der Buchauszug nicht erteilt ist, besteht diese Unkenntnis.

Um diesem Risiko aus dem Weg zu gehen, gibt es nur eine Lösung. Man muss den richtigen Klageantrag stellen.