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Im Folgenden ein gekürzter Auszug einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes dazu, was passieren kann, wenn man im Wege eines Schneeballsystems progressive Kundenwerbung betreibt.
Dem einen oder anderen könnten Aspekte dieser Entscheidung vielleicht bekannt sein, was jedoch rein zufällig sein dürfte……
progressive Kundenwerbung.
5 StR 514/09
„BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 24. Februar 2011
in der Strafsache
gegen
1. bis 9.
wegen progressiver Kundenwerbung – 3 –
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. Februar 2011
beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Land-gerichts Leipzig vom 26. März 2009 werden gemäß § 349 Abs. 2 StPO mit der Maßgabe (§ 349 Abs. 4 StPO) als un-begründet verworfen, ….
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat die Angeklagten der progressiven Kundenwer-bung (§ 16 Abs. 2 UWG) schuldig gesprochen …..
I.
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Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
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1. Die Angeklagten, welche in unterschiedlicher Stellung und in unter-schiedlichen Zeiträumen bei den Unternehmen P. -P. V. (nach-folgend PPV) und BIFOS tätig waren, vertrieben über die PPV in der Zeit von Juni 2002 bis April 2006 Seminare der mit ihr eng verwobenen Firmen AFOS und BIFOS. Dabei handelte es sich um Fortbildungsseminare zu den The-men Persönlichkeitsentwicklung und Motivation, Zeitmanagement, Rhetorik und Verkauf, welche sich über einen Zeitraum von vier Tagen erstreckten. Die Teilnahme kostete – entsprechend vergleichbaren Seminaren – 3.200 €. Neben den Seminaren wurde auch eine Vertriebsmitarbeit bei der PPV be-worben; „als Vertriebsmitarbeiter sollten die Interessenten u.a. für den Ver-kauf der Seminare werben“ (UA S. 31).
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Sämtliche Werbemaßnahmen der PPV folgten dabei einem einheitli-chen Absatzkonzept, das sich wie folgt gestaltete: Die Maßnahmen richteten sich in erster Linie an Personen, die nach Arbeit oder einer Verdienstmög-lichkeit an den Wochenenden suchten. Zu diesem Zweck schalteten Mitar-beiter der PPV in verschiedenen Zeitungen „bewusst kurz gehaltene Annon-cen“ (UA S. 22), die für Fahrdiensttätigkeiten am Wochenende einen Ver-dienst von 400 bis 500 € in Aussicht stellten. „Die Annoncen enthielten re-gelmäßig keine Hinweise darauf, dass damit eine Vertriebstätigkeit verbun-den sein sollte. Ein Name der Firma, die die Verdienstmöglichkeiten offerier-te, war nicht angegeben. Der Inhalt der Annoncen differierte leicht, teils war von Nebenbeschäftigung, von Personentransporten, von Fahrdiensten im Nebenberuf, von Nebentätigkeit mit Pkw, von Chauffeurdiensten und Fahrten ‚geladener Gäste’ die Rede“ (UA S. 22). Interessenten erhielten auch in tele-fonischen oder persönlichen Kontaktgesprächen keine näheren Informatio-nen zu der angebotenen Tätigkeit; sie wurden zu einer Präsentationsveran- – 5 –
staltung eingeladen, zu welcher sie regelmäßig von Mitarbeitern der PPV gefahren wurden, „um eine Abreise vor Abschluss der Veranstaltung zu ver-hindern“ (UA S. 23). Der Veranstaltungsort und das veranstaltende Unter-nehmen waren den Interessenten nicht bekannt. Auf der Fahrt zu den Prä-sentationsveranstaltungen erhielten die Interessenten ebenfalls keine weiter-gehenden Informationen zu der angebotenen Tätigkeit. Die Sitzordnung im Präsentationssaal wurde dergestalt vorgegeben, dass auf beiden Seiten des Neuinteressenten jeweils ein Mitarbeiter der PPV Platz nahm. Dadurch wa-ren Kontakte zwischen Neuinteressenten erschwert. Im Vorfeld der Präsenta-tion hatten die Interessenten eine Unkostenpauschale von 35 € zu entrichten.
5
Die Präsentation begann mit einem Vortrag des Präsentationsleiters, der darin – nach zunächst allgemeinen Ausführungen – für die Fortbildungs-seminare warb sowie zeitweise auch für die Vermittlung von Immobilienanla-gen, von Telefonanbietern, von Stromverträgen, von Saunen, „Steuerchecks“ und „Vitasol-Kabinen“. Im Gegensatz zu den Fortbildungsseminaren konnten die Teilnehmer die weiteren Produkte im Anschluss an die Präsentation je-doch nicht erwerben; „sie spielten im Vertriebssystem der PPV eine sehr un-tergeordnete Rolle“ (UA S. 31).
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Im Schwerpunkt wurde auch für eine Mitarbeit bei der PPV zum Ver-trieb der Fortbildungsseminare geworben, wobei den Zuhörern Provisionen in folgender Höhe in Aussicht gestellt wurden: Für jedes erfolgreich vermittelte Seminar sollten sie als „Vertriebsrepräsentantenanwärter“ eine Provision von 550 € brutto erhalten. Bereits nach der Vermittlung von zwei Seminaren soll-te der Anwärter zum „Vertriebsrepräsentanten“ ernannt werden, dessen Auf-gabe es war, seinerseits die Anwärter anzuleiten; die Provision für jedes er-folgreich vermittelte Seminar sollte sich auf 700 € brutto erhöhen.
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Im Anschluss an den Präsentationsvortrag fanden Einzelgespräche mit den Teilnehmern statt, in denen die Verdienstmöglichkeiten nochmals erläutert wurden. „Regelmäßig wurde mit Nachdruck darauf hingewiesen, – 6 –
dass eine Mitarbeit bei der PPV nur bei Buchung und Bezahlung des Semi-nars möglich sei“ (UA S. 33). Der Interessent schloss den Seminarvertrag ab. Außerdem füllte er in der Regel einen Bewerbungsbogen als Vertriebspartner aus, welcher u.a. folgenden Text enthielt: „Ich bestätige mit meiner Unter-schrift, dass die Abnahme der/des von der PPV vermittelten Produkte(s) mir nicht als Voraussetzung oder Bedingung einer etwaigen Mitarbeit beim PPV dargestellt wurde, sondern dass mir vielmehr zur Kenntnis gebracht wurde, dass eine Mitarbeit – und damit auch die mir vorgestellten Verdienstmöglich-keiten durch Produktvermittlung – auch ohne eigene Produktabnahme mög-lich ist. Entschließe ich mich zur Abnahme der/des Produkte(s), geschieht dies, weil mich diese(s) überzeugt haben“ (UA S. 32).
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Tatsächlich wurde jedoch die Buchung und Bezahlung eines Seminars regelmäßig als Voraussetzung für eine Vertriebsmitarbeit bei der PPV ver-langt; dabei kam es, „den Umworbenen bei Abschluss des Seminarvertrages regelmäßig auf die Berechtigung zur Teilnahme am Vertriebssystem mit den entsprechenden Provisionsaussichten und nicht auf die Seminarteilnahme an“ (UA S. 34).
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Ein Vertriebsmitarbeitervertrag wurde zumeist erst im Rahmen der fol-genden Präsentationsveranstaltung etwa eine Woche später unterzeichnet und ausgehändigt. Voraussetzung dafür war, dass der Kunde die Seminar-gebühr bezahlt hatte oder zumindest eine Ratenzahlungsvereinbarung bzw. eine Vereinbarung über die Verrechnung mit Provisionsansprüchen getroffen worden war.
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Die neu geworbenen Vertriebsmitarbeiter fuhren sodann Neuinteres-senten zu einer der nachfolgenden Präsentationsveranstaltungen, auf wel-cher diese „auf die gleiche Art und unter dem Versprechen der gleichen Pro-visionen“ (UA S. 34) zu der Zahlung einer Seminargebühr und „damit dem Systembeitritt“ (UA S. 35) bewogen werden sollten. – 7 –
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Insgesamt wurden im Tatzeitraum dergestalt mindestens 4.605 Per-sonen umworben; es wurden 3.959 Seminare erfolgreich vermittelt.
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2. Das Landgericht hat das Verhalten der Angeklagten als eine einheitliche Straftat der progressiven Kundenwerbung gemäß § 16 Abs. 2 UWG gewertet. Die Angeklagten hätten sich an Verbraucher im Sinne dieser Vorschrift gewandt. Maßgeblich hierfür sei weder der Zeitpunkt der Unterzeichnung des Mitarbeitervertrages, noch derjenige der Buchung des Seminars, sondern die Kontaktanbahnung bis hin zur Anfahrt zu den Präsentationsver-anstaltungen. Während dieses Zeitraums seien die Interessenten noch in der Informations- und Entscheidungsphase gewesen. Solange sie aber noch kei-ne Entscheidung in Richtung einer unternehmerischen Tätigkeit getroffen hätten, bestehe bei ihnen die Verbrauchereigenschaft fort. Hierüber hätten sich die Angeklagten auch in keinem Irrtum (§ 17 StGB) befunden. Dies zei-ge sich schon daran, dass sie in den Mitarbeiterverträgen den Passus aufge-nommen hätten, dass die Mitarbeit nicht vom Erwerb eines Seminars abhän-gig gemacht worden sei.
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Das Kettenelement liege darin, dass der einzelne Abnehmer weitere Abnehmer habe werben sollen, denen gegenüber wiederum dieselben Vor-teilsversprechen erfolgen sollten. Insgesamt handele es sich um ein einheitli-ches Absatzkonzept. Dies begründe eine Tat im Rechtssinne, die von den Angeklagten gemeinschaftlich begangen worden sei.
II.
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Die Revisionen sind mit der Sachrüge nur insoweit teilweise erfolg-reich, als das Landgericht fünf Angeklagten eine Aussetzung der verhängten Freiheitsstrafen zur Bewährung versagt hat.
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3. Die Schuldsprüche wegen progressiver Werbung halten rechtlicher Überprüfung stand.
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a) Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei die Verbrauchereigenschaft der Interessenten bejaht.
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aa) Der Straftatbestand des § 16 Abs. 2 UWG wurde im Rahmen der Neufassung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb im Jahr 2004 (BGBl. I, S. 1414) in Bezug auf den geschützten Personenkreis modifiziert. Während die Vorgängervorschrift des § 6c UWG a.F. noch sämtliche Nicht-kaufleute erfasste, beschränkte die Neufassung der Strafvorschrift den Schutzbereich auf Verbraucher, weil nur insofern ein erhebliches Gefähr-dungspotential bestehe (BT-Drucks. 15/1487, S. 26).
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Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb enthält dabei keine ei-gene Definition des Verbraucherbegriffs, sondern erklärt in § 2 Abs. 2 UWG die Vorschrift des § 13 BGB für entsprechend anwendbar. Danach ist Verbraucher eine natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen berufli-chen Tätigkeit zugerechnet werden kann. Im Gegensatz dazu steht unter-nehmerisches Handeln, das durch die Definition des Unternehmerbegriffs (§ 14 Abs. 1 BGB) gesetzlich bestimmt ist als Abschluss von Rechtsgeschäf-ten für eine gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit.
24 …..
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Maßgebender Zeitpunkt der Beurteilung der Verbrauchereigenschaft ist dabei im Rahmen des § 16 Abs. 2 UWG nicht der Zeitpunkt des Vertrags-abschlusses; abzustellen ist vielmehr auf den Zeitpunkt, in welchem der Ge-worbene erstmals durch das Absatzkonzept des Veranstalters in der Weise angesprochen wird, dass die Werbung unmittelbar in die Abnahme des Pro-dukts einmünden soll.
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bb) Für diese Auslegung des § 16 Abs. 2 UWG sprechen zudem der Schutzzweck der Norm und deren Deliktscharakter. § 16 Abs. 2 UWG ist ein abstraktes Gefährdungsdelikt (Diemer in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Ne-bengesetze, Stand: Oktober 2009, § 16 UWG Rn. 124; Dreyer in Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, 2. Aufl., § 16 Rn. 32; Bornkamm aaO, § 16 Rn. 4; Sosnitza, aaO, § 16 Rn. 36). Bezweckt ist der generelle Schutz geschäftlich unerfahrener Personen vor der Verstrickung in Vertriebsmetho-den, die schon ihrer Anlage nach für sie ein gefährliches, schadensträchtiges Risiko zum Inhalt haben (Diemer aaO, Rn. 123). Der Abnehmer soll vor Täu-schung, glücksspielartiger Willensbeeinflussung und Vermögensgefährdung geschützt werden (BT-Drucks. 10/5058, S. 38 f., ähnlich BT-Drucks. 9/1707, S. 14). Zur Erfüllung des Tatbestandes ist es nicht erforderlich, dass Abneh-mer auf das System „hereinfallen“ (Dreyer aaO; Sosnitza aaO) und einen Vertrag abschließen. Vielmehr genügt das Herbeiführen einer gefahrenvollen Situation, mithin die Verfolgung des als Schneeballsystem stukturierten Ab-satzsystems durch Werbemaßnahmen.
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cc) Aufgrund der Ausgestaltung des Straftatbestandes als Unterneh-mensdelikt ist die Tat bereits vollendet, wenn der Täter versucht, das Werbe- und Vertriebssystem in Gang zu setzen (Janssen/Maluga in Münch-KommStGB, Nebenstrafrecht II, UWG, 2010, § 16 Rn. 96). Nach allgemeinen Regeln muss er dazu zur Tat unmittelbar angesetzt haben. Das Verhalten – 13 –
des Täters muss darauf gerichtet sein, den geschützten Personenkreis zur Abnahme von Waren, Dienstleistungen oder Rechten zu veranlassen (vgl. Bornkamm aaO, Rn. 36; Janssen/Maluga aaO, Rn. 97; Diemer aaO, Rn. 143; Sosnitza aaO). Zur Tatbestandsvollendung gehört daher jede Hand-lung im Rahmen des nach § 16 Abs. 2 UWG tatbestandlichen Werbesys-tems, die geeignet ist, das Ziel zu erreichen (Diemer aaO, Rn. 129). Ent-scheidend ist daher, ob in diesem Zeitpunkt – nicht bei Vertragsabschluss – sämtliche Tatbestandsmerkmale erfüllt sind. Deshalb kann es hier dahinste-hen, ob die Interessenten beim Abschluss der Seminarverträge etwa nicht mehr Verbraucher waren.
29 …………
30
ee) Das Landgericht hat für die Prüfung, ob die von den Werbemaß-nahmen angesprochenen Interessenten als Verbraucher anzusehen sind, auf den Zeitpunkt abgestellt, als diese das erste Kontaktgespräch aufnahmen, spätestens aber als sie zu den Präsentationsveranstaltungen gefahren wur-den. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Schon in dieser Pha-se waren sie von Seiten der Angeklagten Werbemaßnahmen ausgesetzt. Bis – 14 –
dahin war keinesfalls etwa eine Entscheidung im Sinne einer „Existenzgrün-dung“ für eine selbständige Tätigkeit gefallen. Die Interessenten befanden sich – wie auch die mitgeteilten Zeugenaussagen belegen – in einer Phase der Vorinformation und Willensbildung und waren damit keine Unternehmer im Sinne des § 14 Abs. 1 BGB, sondern Verbraucher im Sinne des § 13 BGB. Abgesehen davon, dass der Inhalt der Annoncen nicht ohne weiteres auf eine selbständige Tätigkeit schließen ließ, sondern bewusst offen gehal-ten war und sowohl im Sinne einer arbeitnehmerähnlichen als auch einer kleinunternehmerischen Tätigkeit verstanden werden konnte, war jedenfalls bis dahin noch kein Entschluss für die Aufnahme einer selbständigen Tätig-keit getroffen. Dies gilt sogar für die Präsentationsveranstaltung selbst, weil auch diese der Information der Teilnehmer gedient hat, die noch nicht ent-schlossen waren.
31 ………………
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b) Das Landgericht hat das Kettenelement im Sinne des § 16 Abs. 2 UWG rechtsfehlerfrei bejaht. Es hat festgestellt, dass faktische Vorausset-zung für die Beauftragung als Vertriebsmitarbeiter der Erwerb einer Seminar-veranstaltung war. Damit hat es der gegenteiligen Klausel in den Mitarbeiter– 15 –
verträgen keine Geltung beigemessen, diese vielmehr nur als Verschleierung der tatsächlichen Verhältnisse gewertet (UA S. 159 ff.). Die hiergegen gerich-teten Verfahrensrügen bleiben aus den zutreffenden Gründen der Antrags-schrift des Generalbundesanwalts ohne Erfolg.
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Da die Buchung der Teilnahme an den Motivations- und Ausbildungs-seminaren als Bedingung dafür behandelt wurde, dass die Vertriebsmitarbei-ter selbst diese Seminare gegen Provisionen vertreiben durften, liegt das Kettenelement vor. Dieser Bedingungszusammenhang erfüllt den Tatbestand des § 16 Abs. 2 UWG, weil der geworbene Mitarbeiter nur dadurch besonde-re Vorteile erlangen kann, indem er andere zum Abschluss gleichartiger Ge-schäfte veranlasst. Hierdurch wird nämlich ein Schneeballsystem dergestalt begründet, dass der Vertriebsmitarbeiter ein Produkt erwerben muss und sich nur durch die Einwerbung neuer Kunden refinanzieren kann. Für den Fall einer weiteren Anwerbung erhöhte sich die Provision ebenso, wie eine Beteiligung für den mittlerweile in der Hierarchie aufgestiegenen Vertriebs-mitarbeiter für den Fall vorgesehen war, dass untergeordnete Vertriebsmitar-beiter Käufer anwerben (vgl. UA S. 145 ff.). Damit weist das System Merk-male auf, die nach ihrer Beeinflussungswirkung geeignet sind, die typische Dynamik eines Systems der progressiven Kundenwerbung in Gang zu set-zen (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Oktober 1997 – 5 StR 223/97, NJW 1998, 390, zu § 6c UWG a.F.).
34 ………….
35
Der vom Tatgericht gezogene Schluss, die der festgestellten Praxis diametral entgegenstehenden Formulierungen in den Mitarbeiterverträgen belegten, dass die Angeklagten mit der Möglichkeit einer Strafbarkeit rechne-ten, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Dem steht auch nicht entgegen, dass im Tatzeitraum zivilrechtliche Urteile von Amts- und Landgerichten einen Ver-stoß gegen § 16 Abs. 2 UWG mangels Verbrauchereigenschaft der Interes-senten verneinten. ……………..
36 …………
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Der Senat setzt bei diesen – sämtlich unbestraften und sozial einge-ordneten – Angeklagten die Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Bewährung aus. Es sind keine Umstände ersichtlich, die bei ihnen eine Versagung der Strafaussetzung zur Bewährung rechtfertigen könnten, die vom Landgericht bei einem Mitangeklagten ohne weiteres auch für eine Freiheitsstrafe über einem Jahr nach § 56 Abs. 2 StGB gewährt worden ist.
38
Die hierzu erforderlichen Nebenentscheidungen werden dem Landge-richt übertragen.
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05
BGH-Urteil und was nun ? Wie reagieren AWD und DVAG ?
Der BGH entschied, dass die Softwarepauschale zurück zu zahlen sei. Der AWD reagierte darauf „zurückhaltend“, wie sich aus einem Bericht von DasInvestment.Com ergibt.
Das Investment.com stellte eine erste Stellungnahme des AWD nach dem BGH-Urteil dar. Danach sah das Urteil für den AWD und die gesamte Branche sehr positiv aus.
Investment.com rechnete hoch, dass bei 5.300 Beratern und monatlich 80,00 € mehr als 400.000,00 € monatlich zurückgezahlt werden müssten.
Laut weiterer Veröffentlichung heißt es, der AWD-Sprecher habe gesagt, er wolle von diesen Summen allerdings „nichts wissen“. Man müsse die Urteilsbegründung abwarten. Außerdem handele es sich um eine Einzelfallbetrachtung und keine generelle Entscheidung zur Kostenfreiheit. Außerdem seien die Software-Verträge mittlerweile mehrfach überarbeitet worden, so dass mit einer Rückforderung betroffener Berater für die Vergangenheit der AWD nicht rechne.
So zu lesen in Das Inventment.com.
Sollten die Software-Kosten über einen Zeitraum von zweieinhalb Jahren zurückgezahlt werden müssen, so würden Kosten in Höhe von 12.000.000,00 € anfallen.
Software-Kosten wurden übrigens auch von der Deutschen Vermögensberatung erhoben. Es sind Software- Nutzungspauschalen von 100,00 € monatlich bekannt. Erhoben wurden diese ab November 2007.
Hinzu kommt, dass einige Vermögensberater Computer, die so genannte Hardware, gemietet haben.
Die Hardware-Miete, über die die Entscheidung des BGH keine Ausführung machte, belief sich beispielhaft für ein Notebook auf 125,00 € monatlich netto. Hinzu kamen mögliche Kosten für Drucker und Umlagen.
Die DVAG hat mehr als 35.000 Mitarbeiter.
Die Höhe der Kostenpauschalen bei OVB und MLP, soweit es sie gibt, sind hier nicht bekannt.
04
Der BGH hat am 4.5.2011 entschieden :
Der Vertrieb (hier AWD) darf keine Kosten für die Software erheben und muss diese zurückzahlen ;
Kosten für Zeitschriften, Büroausstattung, Visitenkarten, Werbegeschenke, Schulungs- und Weiterbildungskosten muss der Handelsvertreter selbst zahlen (und kann folglich nicht zurück verlangt werden).
Hier ein Auszug aus der Pressemitteilung des BGH:
„Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass Handelsvertreter nur insoweit einen Anspruch auf kostenlose Überlassung von Hilfsmitteln gemäß § 86a HGB* haben, als sie auf diese angewiesen sind, um ihrer Pflicht zur Vermittlung beziehungsweise zum Abschluss von Geschäften nachzukommen. Dies hat der Bundesgerichtshof im vorliegenden Fall für das Softwarepaket bejaht, da es Komponenten enthält, ohne die eine Vermittlungstätigkeit der Kläger nicht möglich gewesen wäre. Demgegenüber hat der Handelsvertreter die in seinem Geschäftsbetrieb anfallenden Aufwendungen selbst zu tragen. Hierzu gehören insbesondere die Büroausstattung des Handelsvertreters, aber auch Werbegeschenke sowie die – nicht als Produktbroschüre anzusehende – Zeitschrift „Finanzplaner“, die der Handelsvertreter zur allgemeinen Kundenpflege einsetzt. Auch die Schulungs- und Weiterbildungsmaßnahmen musste die Beklagte den Klägern nicht kostenlos gewähren, da es dabei nicht um die Vermittlung von Produktinformationen, sondern um den Erwerb zusätzlicher Qualifikationen ging, die die Kläger benötigten, um ihr Tätigkeitsfeld – z. B. auf den Vertrieb von Immobilien – zu erweitern. Demzufolge hat der Bundesgerichtshof bezüglich der übrigen Positionen einen Anspruch der Kläger auf Auszahlung der einbehaltenen Beträge verneint.“
BGH vom 4.5.11 Az: VIII ZR 10/10 und 11/10
03
Vorübergehend waren auf der Terminliste des BGH für anstehende Entscheidungen die Verkündungstermine 04.05.2011 in Sachen VIII ZR 10/10 und 11/10 verschwunden.
Zur Erinnerung : Hier geht es um die Revision zweier Urteile, eines des OLG Celle, in dem es um die Rückerstattung von
1.
Werbegeschenke, Aufkleber, Kleidung, Süßigkeiten, Spielsachen, und andere „Giveaways“ mit Unternehmenslogo
2.
Briefpapier, Visitenkarten mit Unternehmenslogo
3.
Datenerhebungsbögen und Mandantenordner
4.
Unternehmenseigene Zeitschriften
5.
Überlassene Software
geht.
Seit dem 29.04.2011 ist der Termin wieder gelistet.
Mit Spannung sehen wir also der Entscheidung des BGH am 04.05.2011 um 10 Uhr entgegen.
01
Am 03.03.2011 entschied der Bundesgerichtshof, dass ein nicht bankmäßig gebundener Anlagenvermittler keine generelle Pflicht habe, unaufgefordert über ihn zu fließende Provisionen aufzuklären.
Er darf zwar keine falschen oder irreführenden Angaben machen, er müsse grundsätzlich jedoch zu seinen Provisionen nichts sagen. Nur dann, wenn die Höhe der Provisionen 15 % des einzubringenden Kapitals überschreiten, muss er unaufgefordert über Vertriebsprovisionen Aufklärung geben.
Vorliegend hatte ein vorinstanzliches Gericht in einem Anlageprospekt einen Beratungsfehler gesehen. In diesem Prospekt waren die Kosten der Eigenkapitalbeschaffung/Eigenkapitalvermittlung mit 4,9 % des Beteiligungskapitals zuzüglich des Agios von 5 % angegeben. Darüber hinaus soll bekannt gewesen sein, dass von Seiten der Fond-Gesellschaft Provisionen gezahlt würden.
Der BGH entschied, dass der Anlagenvermittler nähere Informationen nicht hat abgeben müssen. Insbesondere musste er auch nicht exakte Angaben zur Provisionshöhe machen.
Der BGH gab damit dem Anlageberater Recht und hob eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf.
Anders ist es jedoch, wenn die Beratung über eine Bank erfolgt. Banken müssen über Provisionen, Ausgabeaufschläge und Verwaltungskosten den Kunden in Kenntnis setzen. Der Bankkunde soll davor geschützt werden, dass ohne sein Wissen Rückvergütungen versprochen werden, die auf Seiten der Bank einen Interessenskonflikt entstehen lassen. Dies verlange der Gedanke des Vertrauensschutzes sowie der Aufdeckung vertragsgefährdender Interessenskonflikte.
Damit hat der BGH seine Rechtsprechung bestätigt.
27
Am 07.02.2011 entschied der Bundesgerichtshof, dass ein Anlagevermittler verpflichtet ist, eine Plausibilitätsprüfung durchzuführen.
Ein Kunde hatte sich mit seiner Ehefrau im Jahre 1997 an einem geschlossenen Immobilien-Fond beteiligt. Dies geschah auf Anraten eines Anlagevermittlers.
Der einzuzahlende Betrag wurde durch einen Bankkredit finanziert. Der Fond wurde durch einen Prospekt bzw. durch eine Modellberechnung dem Kunden erläutert.
Nicht erläutert wurde jedoch, dass 20 % für Kosten, davon allein 12 % für Provisionen, mit in die Berechnung hätte einfließen müssen. Darüber hatte der Vermittler nicht aufgeklärt.
Der Kunde verlangte Schadenersatz und verlangte die Rückabwicklung des Vertrages.
Das Gericht entschied nun:
Die vorgelegten Modelberechnungen enthielten ein falsches Bild, weil die Kosten für den Fond nicht berücksichtigt wurden. Ein Vermittler ist jedoch dazu verpflichtet, über alle wichtigen Umstände einer Anlageentscheidung aufzuklären. Er muss es auf seine wirtschaftliche Plausibilität hin überprüfen.
Die Modellberechnungen enthielten weitere Fehler, nämlich z.B. den, dass die Wertsteigerung bei 6,5 % hätte liegen müssen, um die ausgewiesene Rendite erzielen zu können. Berechnet wurde jedoch eine Wertsteigerung mit 3%.
Die Angelegenheit wurde an die Vorinstanz zurückgegeben.
Urteil des Bundesgerichtshofes vom 17.02.2011 Aktenzeichen III ZR 144/10
26
Am 25.06.2010 entschied das Oberlandesgericht Düsseldorf, dass die Berechnung des Ausgleichsanspruches gemäß § 89 b HGB grundsätzlich im Wege einer Prognose vorgenommen werden kann. Es sind die Provisionen zu berücksichtigen, die der Handelsvertreter mit den von ihm geworbenen (Stamm-) Kunden im letzten Vertragsjahr erzielt hat, über die zu erwartenden Verlust nach Vertragsende über einen bestimmten Zeitraum vorgenommen werden.
§ 89 b Abs. 1 HGB wurde kürzlich geändert. Der Europäische Gerichtshof verlangte, dass die Begrenzung des Ausgleichsanspruches auf die vertraglichen Provisionsverluste nicht zulässig sei. Dies berücksichtigt der Deutsche Gesetzgeber in der nunmehr geänderten Fassung des § 89 b Abs. 1 HGB, wonach als Voraussetzung für einen Ausgleichsanspruch der nachvertragliche Unternehmensvorteil unverändert bestehen bleibt.
In den Fällen, in denen der Handelsvertreter früher keinen Ausgleich erhielt (z.B. wenn er nur eine Einmal-Provision erhalten hatte) sind nunmehr Ausgleichsansprüche nicht von vornherein ausgeschlossen, wenn der Unternehmer oft über Jahre hinweg von dem Abschluss solcher Verträge erhebliche Vorteile erzielt. Hier besteht Hoffnung, dass solche Ausgleichsansprüche in Zukunft zur Auszahlung kommen.
Zu bedenken ist jedoch, dass der BGH am 29.03.1990 entschieden hatte, dass gemäß § 287 ZPO eine tatrichterliche Schätzung vorgenommen werden darf, als dass die dem Unternehmer nach Beendigung des Vertragsverhältnisses verbleibenden Vorteile aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat, der Höhe nach identisch sind mit den Provisionsverlusten, den der Handelsvertreter in Folge der Beendigung des Vertragsverhältnisses erleidet. Sollte der BGH diese Rechtsprechung aufrechterhalten und weiterhin diese Berechnung als Grundlage heranziehen, könnte dies dazu führen, dass trotz der geänderten Gesetzeslage im Ergebnis keine neuen Entscheidungen zu erwarten sind.
Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 25.06.2010 – Aktenzeichen I – 16 U 191/09
BGH-Urteil vom 29.03.1990 – Aktenzeichen I ZR 2/98 – in WM 1990, 1496
10
Am 10.02.2011 hatte der BGH ein Urteil gefällt, wonach es der AOK Plus verboten war, zu Werbezwecken Telefonanrufe durchzuführen. Die AOK hatte sich bereits im Jahre 2003 gegenüber der Verbraucherzentrale Sachsen dazu verpflichtet, dies zu unterlassen, ansonsten 5.000,00 € pro Verstoß zu zahlen.
Die AOK beging Verstöße und wandte ein, die Deutsche gesetzliche Regelung, wonach solche Anrufe verboten sind, sei nicht mit den Richtlinien in der Europäischen Union vereinbar. Der Bundesgerichtshof entschied, der Deutsche Gesetzgeber sei berechtigt, Telefonwerbung gegenüber Verbrauchern generell von deren vorherigen ausdrücklichen Einverständnis abhängig zu machen.
Ein solches Einverständnis konnte die AOK nicht nachweisen. Einen solchen Nachweis hätte sie führen können, wenn sie entsprechende E-mail gespeichert hätte.
Die AOK stützte sich darauf, ihr habe die Einwilligung der Angerufenen im Rahmen eines so genannten „Double- Optin-Verfahrens“ erhalten. Der BGH sagte, das genüge nicht.
BGH-Urteil vom 10.02.2011 Aktenzeichen I RZ 169/99
15
Nicht erst die Entscheidung des BGH vom 1.12.10 hat klargestellt, dass ein Versicherer nur dann Provisionsvorschüsse erfolgreich zurückverlangen kann, wenn er eine Nachbearbeitung der notleidenden Verträge darlegen kann.
Der Vertreter kann sich dann gegen eine Zahlungsverpflichtung dennoch zur Wehr setzen, wenn er beweisen kann, dass eine Nachbearbeitung tatsächlich nicht erfolgt ist.
Dazu ist er regelmäßig auf die Aussagen der Kunden angewiesen.
Aber darf er sich denn überhaupt an die Kunden wenden, um hier die „Wahrheit“ zu ermitteln ?
Schließlich „gehören“ doch die Kunden nach einer anderen Ansicht des BGH dem Versicherer.
Ich denke, dass es jedenfalls legitim sein muss, Kunden zu befragen, um sich nach der Nachbearbeitung zu erkundigen.
Der BGH sagt ja auch in einer weiteren interessanten Entscheidung vom 11.3.2010, dass Kunden nach Vertragsende des Vertreters abgeworben werden dürfen.
Also dürfen Kunden auch angesprochen werden und zu den Umständen befragt werden.
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Bei der Frage, ob bei einem Rechtsstreit mit einem Handelsvertreter als Beteiligten das Arbeitsgericht zuständig ist, stellt sich u.a. die Frage nach den Provisionszahlungen der letzten 6 Monate vor Vertragsende.
Der BGH verlangt, dass bei der Berücksichtigung der Einkommensgrenze ausschließlich Provisionen zu berücksichtigen sind, die fest verdient sind, also im Rahmen unverbindlicher Vorschüsse gezahlt werden (BGH, Beschluss vom 12.02.2008, VIII ZB 51/06, NJW-RR2008, 1420).
Danach sind nur alle unbedingt entstandenen Ansprüche zu berücksichtigen. Da in der Finanzdienstleistungsbranche aber gerne mit Vorschüssen gearbeitet wird, erst recht bei den großen Strukturvertrieben AWD und DVAG, ergibt sich gerade daraus erheblicher Streitstoff. Die bloßen Zahlungen der letzten 6 Monate sind nach der Entscheidung des BGH nicht maßgeblich.
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Wie ein Lauffeuer verbreitete sich das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 01.12.2010.
Beschränkt sich ein Versicherer darauf, säumigen Kunden eine Mahnung zu schicken, in welcher auf die Vorteile des Vertrages hingewiesen wird, so reicht das in der Regel nicht dazu aus, die dem Vermittler gezahlte Provision zurückfordern zu können.
Ein Rückzahlungsanspruch kann allerdings dann bestehen, wenn der Versicherer dem Vermittler Stornogefahrmitteilungen überlassen hat. Dafür genügt der einfache Postweg.
Der BGH hatte über einen Anspruch in Höhe von 22.000,00 € zu entscheiden. Der Versicherer behauptete, per Brief so genannte Stornogefahrmitteilungen an den Versicherungsvertreter gesandt zu haben. Dieser bestritt, die Post bekommen zu haben.
Der BGH meint, dass der Versicherer gegen säumige Versicherungsnehmer nicht auf dem Klagewege vorgehen müsse. Er ist dazu verpflichtet, notleidende Verträge in gebotenem Umfang nachzubearbeiten.
Was er genau tun muss, ist immer eine Frage des Einzelfalles.
Der Versicherer kann entweder eigene Maßnahmen ergreifen oder dem Vermittler die Gelegenheit geben, die Verträge selbst nachzubearbeiten.
Wie sich aus den bisherigen BLOG-Eintragungen bisher ergab, war das, was der BGH im Grundsatz entschieden hatte, bisher auch gängige Praxis.
Bei vielen Strukturvertrieben wird darauf verzichtet, dem Vermittler selbst die Gelegenheit zur Nachbearbeitung zu geben, wenn das Vertragsverhältnis beendet ist. Sogenannte Besuchsaufträge werden dem vermittler allerdings während des laufenden Vertrages übersandt. Nach Vertragsende verlässt man sich dann entweder auf den Versicherer, oder aber auf andere Mitarbeiter, denen man die Nachbearbeitungspflichten übertragen hat.
Der BGH hat entschieden, dass derart Mischformen grundsätzlich zulässig sind.
Schwerpunkt vieler Streitigkeiten ist dann jedoch, ob die Mitarbeiter des jeweiligen Vertriebes tatsächlich die Nachbearbeitungsmaßnahmen getroffen haben. Teilweise wird in diesem Rahmen sogar der Vorwurf erhoben, die Mitarbeiter würden die Nachbearbeitung nicht dafür nutzen, alte Verträge zu retten, sondern neu zu platzieren.