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Vor einigen Tagen geisterte der unrühmliche Fall durch die Presse, in dem einer Kassierin wegen 1,30€ gekündigt wurde und dies nunmehr vom Bundesarbeitsgericht (BAG) neu aufgerollt würde.
Wegen einer Unterschlagung eines Pfandbons im Wert von 1,30 € sollte eine zuvor 30 jahre lang beschäftigte Berliner Kassiererin gekündigt werden – ohne Abmahnung und fristlos. Die Kündigung beruhte allein auf dem Verdacht, die Kassierin habe die Tat begangen.
Das Arbeitsgericht Berlin und das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hatten damals die Kündigungsschutzklage der Kassiererin abgewiesen. Das LAG wollte eine Revision beim BAG nicht zulassen.
Falsch, so das Bundesarbeitsgericht, das die Nichtzulassungsbeschwerde nunmehr positiv beschieden hat, die Revision wird doch zugelassen!
Es geht dem BAG jedoch nicht, wie man meinen könnte, um die Frage, ob die Kündigung als solche rechtmäßig ist. Es geht nur darum, dass das LAG die Kassiererin evtl. „abstrafen“ wollte und ihr vorwarf, sich während des Prozesses in Widersprüche verstrickt zu haben, statt den Vorwurf einzuräumen.
Das LAG führte seinerzeit u.a. aus: “…dabei war zu berücksichtigen, dass die Klägerin bei der Beklagten als Kassiererin beschäftigt ist. Von einer Kassiererin wird eine absolute Zuverlässigkeit und Korrektheit im Umgang mit der Kasse, bei den Buchungen, mit dem Geld, Leergutbons oder sonstiger Bons erwartet…. Im Prozess hat sie den maßgeblichen Sachvortrag der Beklagten zu dem Fund der Pfandbons wiederholt bestritten hat, bis dieser nach einer ausführlichen Beweisaufnahme nicht mehr zu bestreiten war. ”
Das BAG hatte sich am 28.07.09 mit dem Fall zu befassen und musste sich damit auseinandersetzen, ob das Verhalten der Kassiererin während des Prozesses in die Entscheidung mit einfließen dürfe. Nur dies, nicht die Kündigung als solches, sah das BAG für problematisch an.
Das BAG sieht hier also ausschließlich Probleme mit der Wertung des LAG Berlin-Brandenburg im Hinblick auf das Verhalten der Kassiererin nach der Kündigung, also im Kündigungsschutzprozess.
Das BAG wird sich in Zukunft damit auseinandersetzen, ob das Leugnen und Bestreiten der Kassiererin bei der Interessenabwägung im Rahmen der Kündigungsschutzklage hätte berücksichtigt werden dürfen.
Ob das der Kassiererin weiterhilft, ist äußerst fraglich. Auch wenn das BAG die Begründung der Entscheidung des LAG aufhebt, bleibt die Kündigung wohl wirksam.
Was sagte Pyrrhus von Epirus nach seinem Sieg über die Römer in der Schlacht bei Asculum (Süditalien) 279 v. Chr. so schön:
„Noch so ein Sieg, und wir sind verloren!“
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Wir hatten bereits ausführlich über die Frage der Zuständigkeit der Arbeitsgerichte bei Rechtsstreitigkeiten mit Handelsvertretern berichtet. Das Arbeitsgericht ist zuständig, wenn der Handelsvertreter in den letzten sechs Monaten weniger als 1.000€ monatlich im Schnitt verdient hat und er ein Einfirmenvertreter ist.
Wann aber hat jemand etwas verdient? Sind das nur Zahlungen, die man auch bekommen hat oder sind das auch Zahlungen, die man „verdient“ hat, die aber mit Gegenforderungen verrechnet wurden.
Mit dieser Frage, die bisher in der Rechtsprechung völlig unterschiedlich beurteilt wurde, hatte sich der BGH auseinanderzusetzen.
Der Bundesgerichtshof entschied am 12.02.2008, dass für die Ermittlung der während der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses im Durchschnitt monatlich bezogenen Vergütung alle unbedingt entstandenen Vergütungsansprüche des Handelsvertreters zu berücksichtigen sind, unabhängig davon, ob, auf welche Art und Weise und in welchem Umfang sie erfüllt sind.
Streitig war ein Fall, in dem der Handelsvertreter mehr als 1.000,00 € verdient hat, jedoch weniger als 1.000,00 € ausgezahlt bekommen hat, weil andere Positionen wie Telefonkosten, Büromiete usw. durch Verrechnung in Abzug gebracht wurden.
Die Gerichte haben sich lange darüber gestritten, ob nur darauf abgestellt werden soll, was ausgezahlt wurde, oder auch darauf, was zwar verdient, aber im Wege einer Verrechnung weggefallen ist.
Der BGH hat hier nun eine Klärung geschaffen und gesagt, dass es nicht auf die Auszahlung ankommt, sondern auch auf das, was möglicherweise verdient wurde, aber im Wege einer Verrechnung weggefallen ist.