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RA Kai Behrens
Kurz erläutert : In einem Rechtsstreit der Clarus AG gegen einen ehemaligen dort tätigen Makler entschied das LG Wiesbaden, dass das Arbeitsgericht zuständig. Und nicht das Landgericht.
Näheres dazu in Kürze mehr.
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Am 28.04.2011 entschied das Landgericht Tübingen, dass in einem Rechtsstreit der Deutschen Vermögensberatung AG DVAG gegen einen Vermögensberater die ordentlichen Gerichte nicht zuständig sind, stattdessen das Arbeitsgericht. Zu den Regelungen im Vermögensberatervertrag sagt das Landgericht Tübingen:
„Aufgrund der unter I Absatz 4 des Vermögensberatervertrages getroffenen Regelung ist er vertraglich gehindert, für weitere Untennehmer tätig zu werden.
Allerdings enthält diese Bestimmung kein ausdrückliches Verbot bzw. kein Verbot mit Zustimmungsvorbehalt, für andere Unternehmer tätig zu werden…
Das Landgericht folgt jedoch in der Bewertung des gegenständlichen Vertragswerks der abweichenden Auffassung, wie sie in den Beschlüssen des Oberlandesgericht Braunschweig vom 05.10.2010 und des Oberlandesgerichts Naumburg vom 06.12.2010 zum Ausdruck kommt. Danach steht die vorliegende Vertragsgestaltungen einem vertraglichen Verbot gleich. Das Landgericht hält diese Auffassung für richtig.
Zunächst ergibt sich aus der in I Abs. 4 getroffenen Vereinbarung ein vollständiges Arbeitsverbot für 21 Tage. Innerhalb dieser Frist sind der Klägerin sämtliche für die beabsichtigte Tätigkeit maßgebenden Umstände offen zu legen und vertraglichen Vereinbarungen und sonstigen Unterlagen, die sich bestimmend auf Inhalt dieser beabsichtigten Tätigkeit auswirken, zugänglich zu machen. Damit ist eine Tätigkeit für Unternehmen ausgeschlossen, die verlangen, dass die mit ihr geschlossenen Verträge anderen Unternehmen nicht zugänglich gemacht werden dürfen. Ferner ist eine Tätigkeit für Unternehmen unmöglich, welche kurzfristig die vom Vermögensberater angebotene Leistung benötigen.
Es kommt aber noch ein weitere Umstand erschwerend hinzu: Die Regelung in I. Abs. 4 der Vereinbarung enthält eine Vielzahl unbestimmter und die Offenlegungs- bzw. Vorlagepflicht ausweitender Formulierungen, die eine sichere Beurteilung, wann der Handelsvertreter seine Offenlegungs- und Vorlagepflicht erfüllt hat, erheblich erschweren bzw. unmöglich machen. So bezieht sich diese Pflicht nicht schlicht auf die vertraglichen Vereinbarungen mit dem anderen Unternehmer, sondern erweitert diese auf sämtliche, also auch nicht schriftlich formulierte für die beabsichtigte Tätigkeit maßgebenden Umstände. Sie erfasst ferner sonstige Unterlagen, die sich bestimmend auf den Inhalt dieser beabsichtigten Tätigkeit auswirken, ohne dies näher zu präzisieren. Diese Formulierungen lassen keine zuverlässige Grenzziehung zu. Was ist maßgebend, was ist bestimmend? Letztlich unterliegt diese Beurteilung dem Ermessen der Klägerin. Der Handelsvertreter ist praktisch darauf angewiesen, von der Klägerin bestätigt zu bekommen, dass ihr Informationsbedürfnis erfüllt ist. Dies entspricht im Ergebnis einem Verbot mit Genehmigungsvorbehalt“.
Gegen die Entscheidung wurde Beschwerde eingelegt. Sie ist also nicht rechtskräftig.
Aktenzeichen 3 O 235/10
In diesem Verfahren hatte die DVAG anders lautende Entscheidungen vorgelegt, unter anderem vom
Landgericht Ellwangen vom 13.07.2009,
Landgericht Heidelberg vom 07.07.2010,
Landgericht Bielefeld vom 27.05.2010,
Oberlandesgericht München vom 11.11.2009,
Oberlandesgericht Frankfurt am Main vom 10.02.2011.
Lediglich die letztere Entscheidung des OLG Frankfurt setzte sich (wenn auch nur knapp) mit dem hier problematisierten Punkt auseinander, nämlich der Frage, ob die Wartepflicht von 21 Tagen einer Genehmigungspflicht gleich zu setzen ist und deshalb der Vermögensberater als Einfirmenvertreter anzusehen ist.
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Am 28.04.2011 entschied das Landgericht Tübingen, in einem Rechtsstreit der Deutschen Vermögensberatung gegen einen Vermögensberater, dass nicht das Landgericht, sondern das Arbeitsgericht zuständig sei.
Das Landgericht kam zu dem Ergebnis, dass der Vermögensberater ein so genannter Ein-Firmen-Vertreter sei, und ihm vertraglich verboten sei, für weitere Unternehmer tätig zu werden. Das Landgericht Tübingen schloss sich den Auffassungen des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 05.10.2010 und des Oberlandesgerichts Naumburg vom 06.12.2010 an.
Schließlich sei in dem Vermögensberatervertrag ein vollständiges Arbeitsverbot für 21 Tage verankert. Erst danach dürfe der Vermögensberater, nach Offenlegung der maßgebenden Umstände, eine andere Tätigkeit annehmen.
Mithin ist eine Tätigkeit für Unternehmen unmöglich, welche kurzfristig die vom Vermögensberater angebotene Leistung benötigen.
Das Gericht sah jedoch noch einen weiteren Umstand erschwerend an: Die Regelung in dem Vermögensberatervertrag enthalte eine Vielzahl unbestimmter und die Offenlegungs- bzw. Vorlagepflicht ausweitender Formulierungen, die eine sichere Beurteilung, wann der Handelsvertreter seine Offenlegungs- und Vorlagepflicht erfüllt hat, erheblich erschweren bzw. unmöglich machen. So bezieht sich diese Pflicht nicht auf die vertraglichen Vereinbarungen mit dem anderen Unternehmer, sondern erweitert diese auf sämtliche, also auch nicht schriftlich formulierte „für die beabsichtigte Tätigkeit maßgebenden Umstände“. Sie erfasst ferner „sonstige Unterlagen, die sich bestimmend auf den Inhalt dieser beabsichtigten Tätigkeit auswirken“, ohne dies näher zu präzisieren. Diese Formulierungen lassen keine zuverlässige Grenzziehung zu. Was ist „maßgebend“? Was ist „bestimmend“? Letztlich unterliegt diese Beurteilung dem Ermessen der Klägerin. Der Handelsvertreter ist praktisch darauf angewiesen, von der Klägerin bestätigt zu bekommen, dass ihr Informationsbedürfnis erfüllt ist. Dies entspricht im Ergebnis einem Verbot mit Genehmigungsvorbehalt.
Anderenfalls läuft der Handelsvertreter Gefahr, dem Vorwurf eines schwerwiegenden Vertrauensbruchs ausgesetzt zu sein und fristlos gekündigt zu werden. Vermeidet er dieses Risiko, muss er mit einer unter Umständen langwierigen Korrespondenz über die Erfüllung seiner Offenlegungs- und Vorlagepflicht rechnen.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Es gibt bereits eine Reihe von Entscheidungen verschiedener Oberlandesgericht, die diese Frage jeweils völlig unterschiedlich betrachten.
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Am 26.04.2011 beschloss das Schleswig Holsteinische Oberlandesgericht, dass bei Streitigkeiten der OVB gegen einen Handelsvertreter die ordentlichen Gerichte zuständig sind.
Zur Erläuterung: Dies sind in erster Instanz die Amts- und Landgerichte.
Das Oberlandesgericht ist der Auffassung, dass die vertragliche Klausel lediglich die Tätigkeit für konkurrierende Unternehmen verbiete. Eine Tätigkeit für ein Unternehmen, das mit der OVB nicht im Wettbewerb steht, ist danach erlaubt.
Beschluss Schleswig Holsteinisches Oberlandesgericht Aktenzeichen 16 W 45/11
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Bei der Frage, ob bei einem Rechtsstreit mit einem Handelsvertreter als Beteiligten das Arbeitsgericht zuständig ist, stellt sich u.a. die Frage nach den Provisionszahlungen der letzten 6 Monate vor Vertragsende.
Der BGH verlangt, dass bei der Berücksichtigung der Einkommensgrenze ausschließlich Provisionen zu berücksichtigen sind, die fest verdient sind, also im Rahmen unverbindlicher Vorschüsse gezahlt werden (BGH, Beschluss vom 12.02.2008, VIII ZB 51/06, NJW-RR2008, 1420).
Danach sind nur alle unbedingt entstandenen Ansprüche zu berücksichtigen. Da in der Finanzdienstleistungsbranche aber gerne mit Vorschüssen gearbeitet wird, erst recht bei den großen Strukturvertrieben AWD und DVAG, ergibt sich gerade daraus erheblicher Streitstoff. Die bloßen Zahlungen der letzten 6 Monate sind nach der Entscheidung des BGH nicht maßgeblich.
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Am 20.10.2010 entschied das Landgericht Magdeburg in einem Rechtsstreit eines Strukturvertriebes gegen einen ehemaligen Vermögensberater, dass das Landgericht nicht zuständig sei.
Das Landgericht Magdeburg vertritt die Auffassung, das Arbeitsgericht sei zuständig. Schließlich sei ein Vermögensberater faktisch ein Ein-Firmen-Vertreter. Der Vermögensberater bedarf der Einwilligung durch die Gesellschaft und ohne Einwilligung sei ihm seine Tätigkeit für andere Unternehmen untersagt.
Maßgeblich war ein Vertrag aus dem Jahr 2007.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.
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Am 16.08.2010 entschied ein Landgericht, dass in einem Rechtsstreit der OVB Vermögensberaterung AG gegen einen Mitarbeiter nicht das Landgericht, sondern das Arbeitsgericht zuständig sei.
Das Landgericht dazu:
„Selbständige Handelsvertreter gelten als Arbeitnehmer im Sinne des ArbGG, wenn sie vertraglich nicht für weitere Unternehmer tätig werden dürfen oder ihnen nach Art und Umfang der von ihnen verlangten Tätigkeit nicht möglich war, und sie während der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses, bei kürzerer Vertragsdauer während dieser, im Durchschnitt monatlich nicht mehr als 1.000,00 € an Vergütung einschließlich der Provisionen und Ersatz für Aufwendungen bezogen haben.“
Obwohl der Handelsvertreter hier auch für die Volksfürsorge und die IDUNA tätig war und durfte, sah das Gericht ihn als Ein-Firmen-Vertreter an. Schließlich waren alle in Rede stehenden Verträge am selben Tage abgeschlossen. Außerdem handelte es sich ausschließlich um Partner der OVB.
Außerdem gab es nur eine gemeinsame Abrechnung.
Das Gericht wies darauf hin, dass gemäß des Finanzdienstleistungsvermittlungsvertrages dem Handelsvertreter auch untersagt war, vor Beendigung der für OVB geführten Beratungsgespräche dem Kunden anderweitige Produkte und Dienstleistungen zu offerieren. Damit handelt es sich um ein absolutes Wettbewerbsverbot. Dies gehe über das weitere vertragliche Verbot hinaus, nach welcher der Handelsvertreter keine „konkurrierenden Produkte oder Dienstleistungen“ anbieten durfte.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.
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Am 16.08.2010 entscheid das Oberlandesgericht Hamm in einem Rechtsstreit eines Strukturvertriebs gegen einen Vermögensberater, dass nicht das Landgericht, sondern das Arbeitsgericht zuständig sei.
Damit schloss sich das Oberlandesgericht Hamm der Auffassung des Landgerichts Münster an, die von dem Vertrieb im Wege der Beschwerde angegriffen wurde.
Gegenstand dieser Entscheidung ist ein Vermögensberatervertrag aus dem Jahre 2002.
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Am 21.07.2010 kam das Arbeitsgericht Frankfurt am Main zu der Feststellung, dass eine außerordentliche Kündigung eines Strukturvertriebes gegenüber einem Vermögensberater unwirksam sei. Der Vermögensberater betrieb während der Vertragszeit eine Hompepage, auf der auf einen Vertrieb von Reinigungsmitteln sowie den Verkauf von Fonds verwiesen wurde, die nicht von dem Vertrieb vertrieben wurden.
Das Gericht nahm an, dass die Kündigung zu spät erklärt wurde. Auf Kündigungen sei nämlich gemäß § 89 a HGB die 2-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB analog anzuwenden. Mithin käme die Kündigung zu spät. Im Übrigen rechtfertige der Verkauf von Reinigungsmitteln die Kündigung ohnehin nicht.
Schadensersatzansprüche wollte das Gericht jedoch nicht anerkennen, weil die Rechtskraft einer vorigen anderen gerichtlichen Entscheidung dagegen spreche.
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Am 08.07.2010 entschied das Amtsgericht Villingen-Schwenningen, dass das Arbeitsgericht für einen Rechtsstreit zwischen Deutsche Vermögensberatung und ehemaligem Vermögensberater zuständig ist. Schließlich, so das Amtsgericht, sei der Vermögensberater ein so genannter Ein-Firmen-Vertreter im Sinne des § 92 a HGB. Da er im letzten halben Jahr im Schnitt weniger als 1.000,00 € monatlich verdient habe, müsse das Arbeitsgericht über einen Rechtsstreit entscheiden.
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Am 10.06.2010 entschied das Oberlandesgericht München, in einem Verfahren des MLP gegen einen so genannten Consultant, dass nicht das Arbeitsgericht, sondern das Landgericht für die Entscheidung zuständig sei.
Der Consultant sei zwar ein so genannter Ein-Firmen-Vertreter. Demnach könnte das Arbeitsgericht zuständig werden.
Aber in diesem Fall hat der Consultant im Schnitt der letzten sechs Monate mehr als 1.000,00 € Provisionen erhalten, dass heißt sie sind ihm „zugeflossen“.
Auch wenn die Provisionen zur Tilgung des Darlehens verwendet wurden, bedeutet dies, dass der Consultant die Provisionen erhalten hat.
Zu der Problematik Ein-Firmen-Vertreter sagt das Oberlandesgericht, der Consultant müsse seine Arbeitskraft primär und in dem Umfang, wir es ein hauptberufliches Tätigsein erfordert, allein für die Klägerin einsetzen. Auch aus der Klausel, wonach der Consultant nur hauptberuflich für MLP tätig sein darf, ist zu entnehmen, dass nach dem Verständnis der Klägerin ein Tätigwerden für eine anderes Unternehmen nach Art und Umfang der von ihm verlangten Tätigkeit nicht gewünscht und möglich ist.
Oberlandesgericht München 7 W 1502/10