Welt: Das Sterben der Versicherungsvertreter

Das Ende des Versicherungsvertreters steht nach einem aktuellen Artikel in der Welt bevor.

Unbeliebt sei der Beruf des Versicherungsvertreters. Auch leide er unter einem schlechten Ruf. Auch deshalb gebe es keinen Nachwuchs. Seit 2010 sei die Zahl der registrierten Versicherungsvermittler und -berater um ein Viertel gesunken.

„Im Durchschnitt sind Versicherungsvermittler in Deutschland über 50 Jahre alt und verkaufen ihre Verträge überwiegend in persönlichen Gesprächen, der Kontakt zu jungen Kunden fällt ihnen zunehmend schwer“, schreibt die Welt.

Insurancer, so heißt der Nachwuchs, würden gesucht werden. „Gesucht werden Menschen mit Skills, die für den Beruf gerade aus Kundensicht wichtig sind: Empathie, Verlässlichkeit und die Bereitschaft, Fachkompetenz aufzubauen“, sagt Elisabeth Stiller, Leiterin Vertrieb im Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft, gegenüber der Welt.

Die jungen Kunden seien digital, die über 50-jährigen Berater würden sie nicht erreichen.

Die aktuelle Krise fördert diese Entwicklung. Makler und Versicherungsvertreter seien nicht geübt, Versicherungen digital zu verkaufen. Die Mehrheit der 200.000 Vertriebler würde seit März kaum Verträge verkaufen. 2/3 von 1600 befragten Vermittlern würden unter erheblichen Einbußen zu leiden haben.

BVK-Präsident Michael Heinz sagt, dass „sie sich mit Provisionen aus alten Verträgen einigermaßen über die Krise retten“. „Eine große Anzahl von Vermittlern, vor allem in den Strukturvertrieben, ist aber auf die Abschlussprovisionen angewiesen, die sofort ausbezahlt werden“, wird er zitiert.

Mit noch 197.000 Beratern sei Deutschland gut versorgt, so die Welt. Es kämen laut Welt auf 421 Deutsche ein Versicherungsvertreter. In Großbritannien würde ein Berater auf mehr als 2450 Einwohner kommen. Dort würden die Kunden dem Berater ein Honorar für seine Dienstleistung zahlen, Provisionen seien verboten. Die Londoner Finanzmarktaufsicht hat laut Welt festgestellt, dass die Qualität der Beratung durch dieses System gestiegen sei.

Die Welt kritisierte die Strukturvertriebe. „Verkaufsmaschinen“ wie AWD oder die Deutsche Vermögensberatung hätten den Versicherern Milliardeneinnahmen beschert, schreibt Welt, während Strukturvertriebe auch „mitverantwortlich für das miese Image von Vertretern“ seien.

DVAG erhält Provisionen zurück

Am 29.04.2020 entschied das Amtsgericht Hamburg, dass ein ehemaliger Vermögensberater der DVAG Provisionsvorschüsse zurückzuzahlen hätte.

Die DVAG machte Ansprüche auf Rückzahlung so genannter vorfinanzierter Abschlussprovisionen geltend. Es kam nach Ende des Vermögensberatervertrages zu Stornierungen. Die DVAG hatte nach Auffassung des Gerichtes die Stornierungen in Form einer tabellarischen Übersicht substantiiert dargelegt.

Streitig war dann noch, ob die Stornierungen gemäß § 87 a Abs. 3 Satz 2 HGB zu vertreten waren. Das Amtsgericht Hamburg hatte die Auffassung vertreten, ein Versicherungsunternehmen müsse nicht im Klagewege gegen säumige Versicherungsnehmer vorgehen, wenn außergerichtliche Maßnahmen erfolglos geblieben sind. Notleidende Verträge könnten in dem gebotenen Umfang nachgearbeitet werden.

Das Gericht meinte im Übrigen auch, dass die Darstellung jedes einzelnen stornierten Vertrages nicht veranlasst gewesen sein. Der Vermögensberater hatte darauf hingewiesen, er habe zu den Kunden keinen Kontakt mehr und er wisse nicht, ob die Kunden gekündigt hätten.

Die Argumentation des Gerichtes zeigt, dass letztendlich nur ein Buchauszug hilft, ob ein Unternehmen eine Stornierung tatsächlich zu vertreten hat. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Entwicklung bleibt abzuwarten, zumal das Landgericht Hamburg in einer früheren Entscheidungen strengere Kriterien gelten ließ.

BGH wertet Privatgutachten auf

Der BGH entschied am 26.2.2020, dass ein privates Gutachten in einem Streit um eine Berufsunfähigkeit im Gerichtsverfahren verwertet werden muss.

Dies gilt vor allem dann, wenn das Gutachten, weches im Gerichtsverfahren eingeholt wurde, Lücken aufweist. Im Gegensatz zu dem vom Kläger eingeholten Privatgutachten hatte es sich nicht differenziert mit den klägerischen Tätigkeiten auseinandergesetzt.

Die Parteien stritten bis zum BGH darüber, ob bei dem Kläger bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit noch besteht oder schon wieder entfallen ist. Geklagt hatte ein ehemals selbstständiger Marktleiter einer Supermarktfiliale, der seit Oktober 2010 wegen psychischer Erkrankungen berufsunfähig sei. Die Versicherung hatte zunächst geleistet, aber dann die Zahlung eingestellt. Die Versicherung berief auf ein von ihr eingeholtes Sachverständigengutachten, wonach der Kläger nicht mehr berufsunfähig sei.

Dies stand im Gegensatz zu dem Privatgutachten des Klägers.

Der BGH verwies deshalb den Rechtsstreit zurück an das Oberlandesgericht.

Ausgleichsanspruch im Rotationsvertrieb

In einem Rotationsvertrieb arbeitet ein Handelsvertreter, der ständig in seinem Bezirk wechselt und dessen Kunden oft kurze Jahresverträge abschließen. Typisches Beispiel dafür sind Anoncen in Katalogen, wie den gelben Seiten, rechts und links der Autobahn oder anderen Serviceheften.

Der Bundesgerichtshof durfte vor vielen Jahren entscheiden, ob einem Vertreter, der auf Grund jährlich neu gezeichneter Verträge zwischen Bezirken pendelt , ein Ausgleichsanspruch zustehe. Der BGH bejahte dies auch bei sog. Rotationsverträgen (BGH, Urt. V. 19.05.1999, Az. VIII ZR 354/97).

Der Kläger warb damals als Handelsvertreter Kunden für Eintragungen unter anderem in Telefonbücher, Branchen- und Firmenhandbücher. Sein Handelsvertretervertrag hatte stets eine Laufzeit von einem Jahr und wurde jeweils verlängert.

Außerdem ergaben sich für den Kläger jeweils wechselnde Arbeitsbereiche im Rahmen eines sog. Rotationssystems.

Die vertragliche Konstellation sah der BGH als Kettenvertrag an. Die Nichtunterzeichnung des neuen Handelsvertretervertrages (mit dem auch noch eine Provisionskürzung verbunden war) sei nach Ansicht des BGH keine Eigenkündigung, die zum Ausschluss des Ausgleichsanspruchs führen könne. Es handele sich um Kettenverträge, die als einheitlicher Handelsvertretervertrag mit unbestimmter Laufzeit anzusehen seien.

Zur Höhe des Ausgleichsanspruchs stellte der BGH fest, der Unternehmer habe auch im Falle der Rotation Vorteile aus der Arbeit des Handelsvertreters gezogen, die ausgleichspflichtig seien. Der Bundesgerichtshof errechnete den Ausgleichsanspruch des Klägers aber nur anhand der letzten 12 Monate des Vertragsverhältnisses.

Das Oberlandesgericht Celle hatte in einer Entscheidung vom 1.2.2001 unter dem Az 11 U 110/00, einen Rotationsvertrieb betreffend, eigene Regeln für die Berechnung eines Ausgleichsanspruchs aufgemacht.

Es hatte zunächst eine Abwanderungsquote der Kunden von 20 % angenommen. Das Oberlandesgericht Celle hatte im Übrigen auch nur einen Prognosezeitraum von vier Jahren angenommen, statt wie üblich fünf.

Außerdem hatte – wie der BGH – das Oberlandesgericht als Ausgangszahl den Umsatz mit Neukunden aus dem letzten Vertragsjahr genommen. Neukunden früherer Vertragsjahre wurden nicht mit einbezogen.

Dieser Entscheidung lag zugrunde, dass der Handelsvertreter jährlich in einem anderen Bezirk eingesetzt wurde. Das Gericht hatte den Handelsvertreter so behandelt ist, als hätte er bei Vertragsende in dem zuletzt bearbeiteten Bezirk verbleiben können.

Ob diese alten Entscheidungen heute noch Bestand hätten, ist fraglich.

Verfahren gegen Göker eingestellt

Der Handelsverterterblog berichtet gern über die schillernden Köpfe der Branche, wobei nicht alles Gold ist, was schillert.

So berichtet das investment.com:

„Die dritte Strafkammer des Landgerichts Kassel hat ein Verfahren gegen Mehmet Göker wegen Verjährung eingestellt. Der Ex-Chef des Versicherungsvermittlers MEG soll nach dem Zusammenbruch seines Unternehmens 2009 zwölf Ferienhäuser im Wert von 1,1 Millionen Euro verschleiert haben, berichtet HNA.de.“

Im Blog wurde regelmäßig berichtet.