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Kritisch unter die Lupe nahm der WDR in einem aktuellen Beitrag einige vertriebliche Tätigkeiten. Von tecis, DVAG und Ergo ist da die Rede.
Kritisch unter die Lupe nahm der WDR in einem aktuellen Beitrag einige vertriebliche Tätigkeiten. Von tecis, DVAG und Ergo ist da die Rede.
Ein Handelsvertreter muss Zuschüsse an eine Versicherung nicht zurückzahlen.
Dies ergab sich aus einem Beschluss des Oberlandesgerichts Köln vom 23.09.2024.
Die Vertragsklausel, die eine Rückzahlung vorsah, wurde als unangemessene Benachteiligung gewertet. Das OLG sah darin eine Vertragsklausel mit unangemessener Benachteiligung des Handelsvertreters und entschied, dass diese unwirksam sei.
Konkret ging es um eine Rückforderung von über 44.000 Euro, die im Agenturvertrag des Handelsvertreters mit der Versicherung geregelt war. Der Handelsvertreter hatte den Vertrag allerdings mit wichtigen Gründen fristlos gekündigt, woraufhin die Versicherung die Rückzahlung der gezahlten Zuschüsse forderte.
Das OLG meinte, die Klausel verstoße gegen Treu und Glauben (§ 307 BGB). Die Klausel verpflichtete den Handelsvertreter zur Rückzahlung, selbst wenn die Kündigung auf pflichtwidriges Verhalten der Versicherung zurückzuführen gewesen wäre. Eine Differenzierung nach dem Grund der Kündigung fehlte in der Klausel vollständig, was das Gericht als gesetzeswidrig einstufte. Bereits nach der Entscheidung des Landgerichts gab es keine Rückzahlungspflicht.
Das OlG führte aus:
„Da die Klausel hinsichtlich der geregelten Rückzahlungspflicht bezüglich der aufgrund der Vereinbarungen gezahlten Zuschüsse nicht danach differenziert, welche der Vertragsparteien die fristlose Kündigung ausgesprochen hat, wird der Beklagte unangemessen benachteiligt, weil eine Rückzahlungspflicht auch dann entsteht, wenn er selbst aus wichtigem Grund, der auf einer Pflichtverletzung der Klägerin beruht, das Agenturverhältnis kündigt. In einem solchen Fall ist unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben kein Grund ersichtlich, der es rechtfertigt, die aufgrund der Vereinbarungen gezahlten Zuschüsse zurückzahlen zu müssen.
Darüber hinaus verstößt die in den Zusatzvereinbarungen enthaltene Regelung der Rückzahlungspflicht auch gegen § 89a Abs. 1 Satz 2 HGB. Danach darf das in § 89a Abs. 1 Satz 1 HGB festgeschrieben Recht auf fristlose Kündigung aus wichtigem Grund nicht ausgeschlossen oder eingeschränkt werden.
Darunter fallen insbesondere auch solche Vereinbarungen, die das außerordentliche Kündigungsrecht nur mittelbar erschweren, indem sie finanzielle Nachteile für den Kündigenden vorsehen (vgl. Ebenroth/Boujong/Semmler, HGB, 5. Aufl. 2024, § 89a Rn. 132), worunter z.B. auch Rückzahlungsklauseln hinsichtlich gezahlter Vor- und Zuschüsse fallen (vgl. Hopt/Hopt, HGB, 43. Auflage, § 89a Rn. 26). Ob die an eine Vertragsbeendigung geknüpften finanziellen Nachteile von solchem Gewicht sind, dass sie zu einer unwirksamen Kündigungserschwernis führen, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu bestimmen (vgl. BGH, Urteil vom 05.11.2015, VII ZR 59/14, juris Rn. 27 m.w.Nw.; OLG München, Urteil vom 09.03.2017, 223 U 2601/16, juris Rn. 34). Hier ergibt sich schon aufgrund der Höhe der zurückzuzahlenden Zuschüsse, die sich aufgrund der Praxis in dem vorliegenden Vertragsverhältnis mit Fortdauer der Zusammenarbeit ständig erhöht haben, die Unwirksamkeit nach den dargestellten Grundsätzen. Hinzu kommt, dass aufgrund der konkreten Zuschüsse, die der Rückzahlungspflicht gemäß den Klauseln unterliegen, auch solche Zuschüsse zurückzuzahlen sind, deren Zahlung für einen bestimmten Zeitraum vereinbart war, der bereits lange zurückliegt.“
Am 14.01.025 berichtete der Handelsvertreterblog über die grundsätzliche Bemühenspflicht eines Handelsvertreters bis zum Ende des Vertrages.
Nun urteilte das Landgericht Frankfurt, ob ein Verstoß gegen diese Bemühenspflicht eine Abmahnung rechtfertigen kann und wenig später eine fristlose Kündigung. Das Landgericht meinte, der Grund für die Kündigung sei mit der Abmahnung verbraucht.
Mit Urteil vom 09.07.2024 urteilte das Landgericht Frankfurt, dass eine fristlose Kündigung eines Vermögensberaters durch die DVAG unwirksam sei und dass diese zum Schadensersatz verpflichtet ist.
Nach der Übernahme der DVAG des Außendienstes der Generali schloss der Vermögensberater einen Vertrag mit der DVAG-Allfinanz.
Die DVAG warf dem Vermögensberater vor, er würde zu wenig Neugeschäft schreiben. Tatsächlich lag das Neugeschäft im Verhältnis zur Einstufung über einen Zeitraum von zwölf Monaten darunter. Außerdem soll sich der Bestand reduziert haben.
Deshalb wurde der Vermögensberater abgemahnt und aufgefordert, seine Bemühensverpflichtungen zur Vermittlung von Geschäften wieder nachzukommen.
Außerdem wurde er aufgefordert, über seine letzten Bemühungen Auskunft zu erteilen und für die Zukunft wöchentliche Kundenbesuchsberichte anzufertigen.
Der Vermögensberater kam diesem Verlangen zunächst nach. Er erzielte eine Umsatzsteigerung, berichtete über zurückliegende Vermittlungsbemühungen und reichte Kundenbesuchsberichte ein.
In Hinblick auf den Bericht über die zurückliegenden Vermittlungsbemühungen wurden dann im Laufe eines Monats immer neue Anforderungen gestellt. Während zunächst lediglich nach der Anzahl der zeitlich zurückliegenden Kundenbesuche gefragt wurde, wurde dann im Laufe weniger Wochen nach den konkreten Namen der Kunden gefragt.
Auch in Hinblick auf die aktuellen Kundenbesuchsberichte gab es im Laufe einiger Wochen geänderte Anforderungen an den Inhalt.
Deshalb verlangte der Vermögensberater eine verbindliche Konkretisierung.
Sodann wurde dem Vermögensberater fristlos, hilfsweise fristgemäß, gekündigt.
Das Landgericht meint, die fristlose Kündigung sei unwirksam. Die dem Vermögensberater vorgeworfene fehlende Bemühenspflicht hätte bereits in die Abmahnung gemündet. Die Umstände, die zur Abmahnung führen, können aber nicht zugleich die Kündigung begründen. Der Kündigungsgrund sei durch die Abmahnung insoweit verbraucht.
In Hinblick auf die Berichte meinte das Gericht außerdem, einem Vertrieb stände es nicht zu, einen Bericht über vergangene Dinge zu verlangen. Schließlich könne man an der Vergangenheit nichts mehr ändern.
Die rückwirkenden Angaben wären für den Vertrieb unter keinem Blickwinkel hilfreich gewesen, so das Gericht.
Auch wenn der Vermögensberater nicht alle Kundenbesuchsberichte, wie verlangt, abgegeben hätte, sondern etwas weniger, würde dies eine fristlose Kündigung nicht rechtfertigen.
Gegen diese Entscheidung wurde Berufung eingelegt. Das Urteil ist also noch nicht rechtskräftig.
11 Jahre liegt es nunmehr zurück, als sich der Vermögensberater entschied, die DVAG zu verlassen.
Der Verfasser dieses Berichtes durfte den Vermögensberater bei seinem Ausstieg begleiten. Kritik wurde von dem damaligen Vermögensberater laut, weil er nicht mehr hinter den Produkten der DVAG stand und weil man als freier Versicherungsmakler mehr Provisionen verdienen können.
Der ehemalige Vermögensberater kündigte den Vermögensberatervertrag fristgemäß und arbeitete bis zum Vertragsende für die DVAG und an seiner Zukunft.
Es folgten zunächst Prozesse mit der Folge, dass ein Provisionsrückstand ausgeglichen werden sollte.
Diese Verfahren waren rasch beendet. Der ehemalige Vermögensberater wurde Versicherungsmakler.
Nunmehr nach 11 Jahren gab es wieder einen Kontakt zwischen dem Aussteiger und seinem damaligen Prozessvertreter. Natürlich wurde der Aussteiger gefragt, ob er den Schritt bereue, die DVAG verlassen zu haben.
Dies wurde ausdrücklich verneint. Stattdessen sagte der Aussteiger, er sei jetzt viel zufriedener, könne die Kunden als seine eigenen betrachten und würde zudem viel mehr Provisionen verdienen. Während er früher nur ein paar hundert Kunden hatte, konnte er diese Zahl mehr als verdreifachen.
Nach 11 Jahren konnte er das Fazit ziehen, dass sich der Ausstieg in jeder Hinsicht gelohnt hat.
Handelsvertretern, auch denen, die den Versicherungskonzernen großen Umsatz bescheren, erhalten für Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterbereich keinen Rechtsschutz. Egal, ob es um Provisionen, Kündigungen, Abmahnungen oder Ausgleichsansprüche geht, gibt es immer wieder die Ablehnung von Rechtschutzversicherern.
Hoffnung keimte auf, weil es jetzt eine etwa 30 Jahre alte Police bei der Deurag mit dem Zusatz KombiRS für Handelsvertreter gab. Doch auch hier kam eine Ablehnung mit dem Verweis auf die ARB.
Rechtsschutzversicherungen für Handelsvertreter werden allerdings teilweise über Berufsverbände angeboten.