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Urteil OLG Frankfurt 12.6.2013
„vorgehend LG Frankfurt, 25. November 2011, Az: 2-06 O 550/10, Teilurteil
nachgehend BGH, 20. Mai 2014, Az: VII ZR 187/13, Beschwerde gegen Nichtzulassung der Revision teilweise stattgegeben; im Übrigen Beschwerde gegen Nichtzulassung zurückgewiesen., Beschluss
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil des Landgerichts Frankfurt am Main – 6. Zivilkammer – vom 25.11.2011 (2/06 O 550/10) wird zurückgewiesen. Das Teilurteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Beklagte darf die Vollstreckung des Klägers aus dem Berufungsurteil gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115% des nach dem Berufungsurteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe von 115% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.1
Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche aus einem Vermögensberatervertrag vom 07.12.1984 geltend. Er war bei der Beklagten zuletzt Betreiber der Direktion A. Der Vertrag erlaubte ihm die Erfüllung seiner vertraglichen Vermittlungsaufgaben u. a. in der Weise, dass er neue Vermögensberater oder Vertrauensleute mit vertraglicher Bindung nur an die Gesellschaft gewinnt. Ihm waren 17 Vermögensberater unmittelbar zu- bzw. untergeordnet. Mit Schreiben vom 01.08.2008 kündigte die Beklagte den Vermögensberatervertrag fristlos aus wichtigem Grund, die Direktion A wurde aufgelöst. Seit diesem Zeitpunkt war dem Kläger der Zugang zum Intranet der Beklagten verwehrt. Für Juli 2008 erhielt er noch eine Provisionsabrechnung, die als Saldo € 7.088,92 ausweist.
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Gegenstand der Klage ist die Zahlung dieses Betrages sowie eines sog. Büroorganisationsleistungszuschusses in Hohe von € 22.380,00, die Erteilung eines Buchauszuges sowie die Abrechnung des Provisionskontos und die Erstattung
vorgerichtlicher Anwaltskosten; ferner die Erteilung einer Bescheinigung nach § 34 c Gewerbeordnung.
Die Beklagte hat widerklagend die Feststellung der Einstandspflicht des Klägers zusammen mit Herrn B für entstandene Schäden begehrt und die Kündigung damit begründet, dass der Kläger zusammen mit anderen Mitarbeitern ein vertragswidriges Schneeballsystem unterhalten habe, um hohe Provisionen herbeizuführen.
Das Landgericht, auf dessen Teilurteil zur Darstellung des weiteren Sach- und Streitstandes in vollem Umfang verwiesen wird, hat umfangreich Beweis erhoben und durch das angefochtene Teilurteil den Zahlungsansprüchen des Klägers entsprochen. Es hat ihm den begehrten Buchauszug zuerkannt und einen Anspruch auf Abrechnung des Provisionsrückstellungskontos zum 01.01.2009 bejaht; ferner Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten und die Aushändigung der benötigten Prüfberichte nach § 34 c der Gewerbeordnung für die Jahre 2007 bis 2009. Die Widerklage hat es abgewiesen, soweit sie den Kläger betraf.
Auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils wird in vollem Umfang verwiesen.
Hiergegen wendet sich die Berufung der Beklagten, die ihr erstinstanzliches Begehren weiter verfolgt, soweit das Landgericht zu ihrem Nachteil entschieden hat. Wegen der Berufungsangriffe im Einzelnen wird auf die Berufungsbegründung vom 02.03.2012 (Bl. 1156 bis 1181 d. A.) nebst Anlagen und weiterer Berufungsschriftsätze Bezug genommen.
Die Beklagte beantragt,
das Teilurteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 25.11.2011 aufzuheben, die Klage abzuweisen und hinsichtlich der Widerklage wie erstinstanzlich beantragt zu erkennen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
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Er verteidigt das angegriffene Urteil.
II.
Die Berufung der Beklagten ist statthaft und zulässig, sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die Berufung führt jedoch in der Sache nicht zum Erfolg, denn das Teilurteil des Landgerichts ist zu Recht ergangen. Zu den Berufungsangriffen im Einzelnen:
1.
Das Landgericht hat dem Kläger mit Recht einen Zahlungsanspruch aus der Provisionsabrechnung vom 19.08.2008 (Anlage K6) zuerkannt. Die mit der Berufung weiter verfolgte Auffassung, dem Kläger stehe weder ein vertraglicher noch ein gesetzlicher Auszahlungsanspruch zu, kann nicht geteilt werden. Soweit die Berufung darauf verweist, dass der Kläger wegen der fristlosen Kündigung keinen Anspruch auf Vorfinanzierung seiner Provision habe, ist darauf hinzuweisen, dass die fristlose Kündigung vom Landgericht mit Recht für unwirksam erachtet worden ist. Der ausführlichen Beweiswürdigung des Landgerichts tritt das Berufungsgericht ausdrücklich bei. Die Angriffe der Berufung rechtfertigen keine andere Beurteilung der Sach- und Rechtslage. Hierzu ist lediglich zu bemerken, dass der von der Beklagten aufgegriffene Bericht des Klägers über rückforderungsfreie Sonderleistungen nicht mit einer Kenntnis eines „Schneeballsystems“ bzw. von Unregelmäßigkeiten gleich gesetzt werden kann.
Die von der Beklagten herangezogene Erklärung, die der Kläger aufgesetzt hat (Anlage 3, Bl. 1194 d. A.) rechtfertigt genauso die Schlussfolgerung, dass der Kläger etwaige Unregelmäßigkeiten gerade unterbinden wollte und nicht billigte. Eine solche Schlussfolgerung ergibt sich insbesondere dann, wenn man die von der Beklagten zitierte Aussage des Zeugen Z1 hinzunimmt. Hinsichtlich dessen Aussage ist im Protokoll vom 04.02.2011 (dort S. 18) folgendes protokolliert:
„Wenn Herr C den Verdacht hatte, dass die Erklärung möglicherweise nicht zutreffend war, hat er in die Struktur hereingerufen und eine Finanzanalyse abgefordert.“
Dieses Zitat spricht gerade dafür, dass der Kläger Unregelmäßigkeiten nicht billigte bzw. hinnehmen wollte; ferner wird daraus deutlich, dass er auch Kontrollen und Plausibilitätsüberprüfungen durchführte.
Soweit die Würdigung der Aussagen der Zeugen Z2 und Z3 betroffen ist, setzt die Beklagte lediglich ihre eigene Würdigung anstelle derjenigen des Landgerichts. Rechtsfehler des Landgerichts bei der Würdigung der Aussagen ergeben sich daraus nicht.
Soweit die Beklagte letztlich auf die zu den Akten gereichten Anlagenkonvolute verweist, die das Landgericht nicht näher untersucht habe, soll sich daraus ein besonders hohes Provisionsvolumen bzgl. der Verträge ergeben, die Mitarbeiter abgeschlossen haben. Irgendwelche zwingenden Schlussfolgerungen lassen sich aus diesem Zahlungsverhalten jedoch nicht herleiten, insbesondere wenn man berücksichtigt, dass die Stornoquote im Bereich des Klägers im Verhältnis zum Gesamtvolumen der Stornierungen nicht ungewöhnlich war. Sie belief sich auf 17% bezogen auf den Umsatz.
Da die Unwirksamkeit der Kündigung nicht festgestellt werden konnte, kam auch der vertragliche Vorfinanzierungsanspruch für die Provisionen nicht in Wegfall. Auch wenn die Beklagte darauf verweist, dass nach der Abrechnung vom 19.08.2008 weitere Abrechnungen erfolgt seien, bleibt es dabei, dass der Saldo aus der Abrechnung vom 19.08.2008 anerkannt wurde. Er ist also das Ergebnis eines periodischen Rechnungsabschlusses. Dass sich an diesen Provisionen nachträglich etwas geändert hätte, ist nicht dezidiert vorgetragen oder ersichtlich.
2.
Der Kläger hat ferner Anspruch auf Zahlung des Büroorganisationszuschusses. Die Beklagte verweist zwar darauf, dass es sich um freiwillige Leistungen handele, die ein ungekündigtes Vertragsverhältnis voraussetzen; die ausgesprochene fristlose Kündigung ist indessen nicht wirksam (s. o.) und der Büroorganisationszuschuss ist verdient, weil er sich nach den Umsätzen des Vorquartals berechnet, in welchem der Kläger noch voll gearbeitet hat. Nach unwidersprochener Angabe des Klägervertreters im Verhandlungstermin unterlag dieser Zuschuss keiner Zweckbindung, so dass auch aus diesem Grund kein Recht der Beklagten auf Verweigerung des Zuschusses ersichtlich ist.
3.
Das Landgericht hat dem Kläger mit Recht einen Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges für den Zeitraum vom 01.07. bis 31.12.2008 zuerkannt.
Soweit die Berufung beanstandet, der Klageantrag sei bereits unzulässig, weil er die Formulierung „… mindestens folgende Angaben“ enthalte, kann dem nicht gefolgt werden. Aus der Verwendung des Begriffs „mindestens“ wird deutlich, dass es der Beklagten unbenommen bleibt, freiwillige Mehrangaben zum Verständnis des Buchauszuges zu machen.
Soweit die Beklagte in materieller Hinsicht einwendet, der Begriff „Kunden des Klägers“ sei gerichtlich nicht überprüfbar, kann dem ebenfalls nicht gefolgt werden. Der Begriff bezieht sich auf die Kunden, die der Kläger selbst betreute oder die ihm strukturell zugeordnet waren. Aus diesem Grunde ist es auch unerheblich, ob der Kläger in eigener Person nach Ausspruch nach Kündigung noch Kunden akquiriert hat. Zu den weiteren Einwänden der Beklagten ist zu sagen, dass der Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges ein unbeschränkbares Recht des Handelsvertreters ist, welches auch nach Vertragsende noch besteht und nur dann nicht geltend gemacht werden kann, wenn mit weiteren Provisionsansprüchen nicht zu rechnen ist. Davon kann hier indes nicht ausgegangen werden.
Soweit die Beklagte auf eine unzulässige Häufung der Stufenanträge zu Ziff. 2 a und 3 b hinweist, ist anzumerken, dass diese Anträge im vorliegenden Berufungsverfahren nicht anhängig sind.
4.
Der Kläger hat Anspruch auf Abrechnung des Provisionsrückstellungskontos zum 01.01.2009. Zwar hat die Beklagte Erfüllung eingewandt und auf eine zu den Akten gereichte Abrechnung verwiesen (K14); diese betrifft jedoch nicht den Abrechnungszeitraum 01.01.2009. Das Landgericht hat überdies unangegriffen festgestellt, dass die Beklagte für das dritte und vierte Quartal 2008 nicht abgerechnet hat.
5.
Das Landgericht hat dem Kläger zu Recht die vorgerichtlichen Anwaltskosten zuerkannt, denn es kommt nicht darauf an, ob die Parteien zunächst nur über ihre Anwälte korrespondiert haben. Das Landgericht hat den Erstattungsanspruch zutreffend auf §§ 280 Abs. 1, 241 BGB gestützt, weil eine unberechtigte fristlose Kündigung zugleich eine positive Forderungsverletzung darstellt.
6.
Letztlich kann der Kläger von der Beklagten auch die geforderten Prüfberichte nach § 34 c der Gewerbeordnung verlangen. Grundsätzlich sieht nämlich § 16 MaBV auch dann einen Bericht bzw. eine Erklärung vor, wenn keine dahingehende Tätigkeit ausgeübt wurde. Der Kläger hat außerdem im Jahre 2008 jedenfalls bis zum Ausspruch der fristlosen Kündigung für die Beklagte gearbeitet. Die Beklagte kann in diesem Zusammenhang nicht auf die fristlose Kündigung abstellen, die die Mitgliedschaft im Verband zur Folge gehabt haben soll, denn die Kündigung war (s. o.) unwirksam. Die Beklagte kann den Kläger auch nicht auf seinen Steuerberater verweisen, der nunmehr anstelle der Beklagten für das Testat sorgen müsse. Denn der Steuerberater des Klägers ist nicht im Stande, die Tätigkeit des Klägers bei der Beklagten zu testieren. Der Kläger ist daher nach wie vor darauf angewiesen, dass er den Prüfbericht gem. § 34 C Gewerbeordnung von der Beklagten zur Verfügung gestellt bekommt.
7.
Da die fristlose Kündigung der Beklagten nicht wirksam ist und auch sonst keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Kläger ein „Schneeballsystem“ initiiert, gefördert oder gebilligt hätte, musste auch die Widerklage der Beklagten auf Feststellung einer entsprechenden Einstandspflicht des Klägers ohne Erfolg bleiben.
Ergänzend wird bezüglich aller Punkte auf die Ausführungen des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.“
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OLG Frankfurt: Verwaltungsboni nicht ausgleichspflichtig
Das OLG Frankfurt wies kürzlich eine Berufung zurück, in der ein Handelsvertreter sog. Verwaltungsboni im rahmen seines Ausgleichsanspruchs angerechnet haben wollte. Danach werden „Zuschüsse und sonstige Vergütungen des Versicherungsunternehmens, wie z.B. Bürozuschüsse, Ersatz von Porti, Telefon und Reklameaufwendungen“ beim Ausgleichsanspruch nicht berücksichtigt.
Dazu das Gericht vorab in einem Beschluss:
- beabsichtigt der Senat, die Berufung durch einstimmigen Beschluss nach § 522 Abs.2 ZPO zurückzuweisen, weil das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat….
- Die Klägerin, eine ordentlich gekündigte Versicherungsvertreterin, macht auf der Grundlage der Grundsätze-Sach einen Anspruch wegen Handelsvertreterausgleichs geltend. Sie hat erstinstanzlich der Berechnung des Ausgleichswerts gemäß Abschnitt I der Grundsätze einerseits sogenannte DD-Provisionen zugrunde gelegt, die die Beklagte für Verlängerungen von Einzugsermächtigungen gezahlt hatte (1.733,80 € Jahresdurchschnittswert entsprechend 2.600,70 € Ausgleichsanspruch) und andererseits einen ihr als Landesdirektorin gezahlten monatlichen Verwaltungsbonus (30.129,40 € Jahresdurchschnittswert entsprechend 45.194,10 € Ausgleichsanspruch). Von dem Gesamtbetrag (45.194,10 € + 1.733,80 €) hat sie eine von der Beklagten auf den Ausgleichsanspruch erbrachte Zahlung von 2.871,60 € abgesetzt.
- Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, der Verwaltungsbonus sei Teil der Brutto-Jahresprovision und damit der Ausgleichsberechnung nach den Grundsätzen-Sach zugrunde zu legen.
- Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die Grundsätze-Sach seien nicht heranzuziehen, weil sie nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nur Schätzungsgrundlage seien, die keine Anwendung finde, wenn das Fehlen eines gesetzlichen Anspruchs festzustellen sei. Der Verwaltungsbonus sei jedenfalls von den zu berücksichtigenden Provisionen nach Abschnitt I 4 der Grundsätze auszunehmen.
- Das Landgericht hat nach Verhandlung vor der vollbesetzten Kammer durch die Vorsitzende allein die Klage abgewiesen, weil der Klägerin auf gesetzlicher Grundlage kein Ausgleichsanspruch im Umfang des gezahlten Verwaltungsbonus zustehe, denn dieser sei keine Vergütung für die Vermittlung für Vertragsverlängerungen oder Vertragserweiterungen, sondern nach den getroffenen Vereinbarungen Entgelt für die Verwaltung und Betreuung des Kundenstamms, auf das ein Ausgleichsanspruch nicht gestützt werden könne. Für die DD-Provisionen sei eine weitere Ausgleichszahlung nicht geschuldet, weil deren Ausgleichsbetrag unter der bereits erbrachten Zahlung der Beklagten liege und die Klägerin wegen der in 2001 erfolgten Aufhebung der diesbezüglichen Vereinbarung keinen Anspruch habe.
- Die Klägerin wendet mit ihrer Berufung ein, das Urteil sei nicht von dem berufenen gesetzlichen Richter gefällt worden und könne deshalb keinen Bestand haben. Der Verwaltungsbonus sei jedenfalls auch Vergütung für die Vermittlung von Folgeaufträgen und die Grundsätze-Sach nähmen hinsichtlich der Abgrenzung zur Vergütung für Verwaltungstätigkeiten in Abschnitt I 3 eine Pauschalierung vor. Auf die Bezeichnung der Vergütung könne es für ihre Einordnung nicht entscheidend ankommen.
- Die Beklagte verteidigt das Urteil.
- Das Rechtsmittel der Klägerin ist zulässig eingelegt und gerechtfertigt worden.
- Die Berufung hat aber offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg, weil das angefochtene Urteil nicht auf einem Rechtsfehler iSd. § 513 Abs.1 ZPO beruht und eine andere Tatsachenlage im Berufungsverfahren entweder nicht festzustellen ist oder für die Entscheidung ohne Bedeutung bleibt.
- Der Klägerin steht jedenfalls kein weiterer Anspruch aus § 89b Abs.5 Satz 1, Abs.1 HGB auf Handelsvertreterausgleich zu, als die Beklagte bereits hierauf Zahlung geleistet hat, nämlich im Umfang von 2.871,60 €, sodass dahin stehen kann, ob die Klägerin aus den DD-Provisionen nach Maßgabe der Grundsätze-Sach berechtigt sein kann. Denn der sich daraus ergebende Anspruch würde den Zahlbetrag nicht übersteigen. Folgerichtig geht die Berufung der Klägerin auf die DD-Provisionen auch nicht mehr ein.
- Die Klägerin kann keinen Ausgleich auf der Grundlage der erhaltenen Zahlungen verlangen, die die Parteien mit „Verwaltungsbonus“ bezeichnen. Die Grundsätze-Sach, die nach der Entscheidung des BGH vom 23.11.2011 (VIII ZR 203/10 – NJW-RR 2012, 674, zu Senat 5 U 101/09) gemäß § 287 ZPO Schätzungsgrundlage sein können, tragen einen höheren Anspruch der Klägerin nämlich nicht, weil die Verwaltungsboni dem Ausgleichswert nach Abschnitt I 4 nicht zugrunde zu legen sind. Danach sollen „Zuschüsse und sonstige Vergütungen des Versicherungsunternehmens, wie z.B. Bürozuschüsse, Ersatz von Porti, Telefon und Reklameaufwendungen“ unberücksichtigt bleiben. Der Senat sieht die Verwaltungsboni als solche Zuschüsse, wobei man der Klägerin zugestehen muss, dass die gewählte Bezeichnung der Vergütung für deren Einordnung nicht entscheidend sein kann, wenn sie auch im Rahmen der Auslegung mit zu berücksichtigen ist. Dass ein Zuschuss für Verwaltungstätigkeiten vorlag, ergibt nicht nur dessen Bezeichnung, sondern auch der vereinbarte Abgeltungsinhalt. In Anlage 1 zum Landesdirektorenvertrag (Anl. K 2) ist vereinbart worden, als die Boni als „Vergütung für die Verwaltung des Kundenbestands“ gezahlt werden sollten. Ihre Zahlung war mit der Verpflichtung verbunden, die Bestandskunden halbjährlich aufzusuchen. Die Berechnungsstruktur deutet dahin, dass überhaupt keine Provision vorlag, denn die Höhe richtete sich nicht nach den einzelnen Verträgen im Bestand der Klägerin, sondern war nur nach dem Halbjahresbestand an Prämien in drei Gruppen eingeteilt, nämlich bis 500.000,00 €, bis 599.999,00 € und über 600.000,00 €.
- Eine Heranziehung der Rechtsprechung zur Berechnung des gesetzlichen Anspruchs, an der sich die Grundsätze pauschalierend orientieren, führt zu keinem anderen Ergebnis. Mehrfach hat der BGH entschieden (zuletzt BGH vom 23.11.2011, wie oben, Rz. 30; auch BGH Vom 22.12.2003, VIII ZR 117/03- MDR 2004, 402), dass der Verlust von Verwaltungsprovisionen, also von Vergütungen für die Bestandspflege und Kundenbetreuung, nicht zum Ausgleich berechtigt. Hier hatten die Parteien aber vereinbart, dass der Bonus genau dies abgelten soll.
- Für eine schätzungsweise Heranziehung der Grundsätze-Sach besteht ohnehin nach § 287 Abs.2 ZPO iVm. § 287 Abs.1 ZPO keine rechtliche Grundlage, weil die Höhe des Ausgleichsanspruchs, wie dort vorausgesetzt, nicht streitig ist. Vielmehr steht fest, dass die Klägerin auf der Grundlage des § 89b Abs.1 HGB keinen Ausgleich aus den gezahlten Verwaltungsboni beanspruchen kann. Es entspricht, wie zuvor ausgeführt, ständiger BGH-Rechtsprechung (vgl. zuletzt vom 23.11.2011, wie oben, Rz. 30), dass solche Provisionen ausgleichsrechtlich irrelevant sind, die für Tätigkeiten wie Bestandpflege und Kundenbetreuung gezahlt werden.
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Mit Urteil vom 13.05.2014 hat der der Bundesgerichtshof entschieden, dass die von Banken formularmäßig erhobenen Bearbeitungsgebühren für Verbraucherdarlehen unzulässig sind. Offen blieb dabei aber die wichtige Frage, ob der Anspruch des Darlehensnehmers auf Erstattung von vor dem 1. Januar 2011 verlangten Bearbeitungsgebühren verjährt ist. Etliche Banken hatten sich daher mit der Behauptung, der Erstattungsanspruch sei verjährt, die Erstattung verweigert.
Am 28.10.2014 hat der Bundesgerichtshof unter den Aktenzeichen XI ZR 17/14 und XI ZR 348/13 festgestellt, dass die dreijährige Verjährungsfrist für Rückforderungsansprüche erst mit dem Schluss des Jahres 2011 zu laufen begann, weil Darlehensnehmern die Erhebung einer Rückforderungsklage aufgrund der unklaren Rechtslage vor 2011 nicht zumutbar war.
„Nicht erforderlich ist hingegen in der Regel, dass er aus den ihm bekannten Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht. Ausnahmsweise kann aber die Rechtsunkenntnis des Gläubigers den Verjährungsbeginn hinausschieben, wenn eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage vorliegt, die selbst ein rechtskundiger Dritter nicht in einem für die Klageerhebung ausreichenden Maße einzuschätzen vermag,“ so der BGH.
Für Vertragsabschlüsse aus dem Jahr 2004 gelten folgende Besonderheiten: Bearbeitungsgebühren, die nach dem 19.11.2004 geleistet wurden, können nach dem neuen Urteil zurück verlangt werden. Dieser Tag verschiebt sich ab heute täglich um einen Tag. Morgen können also nur noch die nach dem 20.11.2004 gezahlten Bearbeitungsgebühren zurück verlangt werden. Es gilt die zehnjährige kenntnisunabhängige Höchstfrist, die taggenau endet, spätestens am 31.12.2014.
Alle in der Zeit vom 01.01.2005 bis zum 31.12.2011 gezahlten Bearbeitungsentgelte verjähren zum 31.12.2014!
Ein Mahnschreiben an das Kreditinstitut genügt nicht, um die Verjährung zu verhindern! Um zu verhindern, dass der Anspruch verjährt, muss ein Mahnbescheid beantragt werden oder Klage erhoben werden.
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Das Oberlandesgericht Dresden hatte sich am 19.01.2011 damit auseinanderzusetzen, welches Gericht in einem Rechtstreit eines Vertriebes mit seinem Handelsvertreter zuständig ist.
Der Vertreib verwendete eine Klausel „Gerichtsstand ist Frankfurt am Main“.
Die Frage war nun, ob damit gemeint war, dass alle möglichen Rechtstreitigkeiten auch in Frankfurt am Main hätten stattfinden müssen.
Das Landgericht Dresden sah dies jedoch anders. Diese Klausel enthalte kein über die Bildung eines Satzes hinaus notwendiges Wort, aus dem sich hinweise auf die Ausschließlichkeit oder Zusätzlichkeit?? Des Gerichtsstandes ergeben würden.
„Soweit die Auslegung daneben auf den Sinn und Zweck der Vereinbarung gestützt wurde, hat das Erstgericht unzutreffend auf eine lediglich abstrakt dargelegten typischen Zweck von Gerichtstandsklauseln in den allgemeinen Geschäftsbedingungen großer Firmen abgestellt. Die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof bei der Auslegung gebotene konkrete Betrachtung der Interessenlage führt zu einem anderen Ergebnis. Denn die Parteien haben in dem Vertragsverhältnis die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin zugrunde gelegt. Da die Klägerin als Verwenderin diese aufgestellt hat, um ihre Interessen zu sichern, ist die Gerichtstandsvereinbarung in erster Linie aus ihrer Interessenslage heraus auszulegen (BGHZ 59, 116).“
Danach hatte das Oberlandesgericht Dresden die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung an das Landgericht Chemnitz zurückgegeben. Deshalb kann das Gericht über die Rechtsstreitigkeit entscheiden, bei dem die Klage eingereicht wurde.
Urteil des Oberlandesgericht Dresden vom 19.01.2011 Aktenzeichen 1 U 1389/10
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Am 26.06.2014 wies das Landgericht Frankfurt am Main in einem nicht rechtskräftigen Urteil die Widerklage des Vertriebes ab.
Der Kläger klagte zunächst auf Zahlung einer so genannten Softwarepauschale. Mit Teilanerkenntnisurteil hatte sich der Vertrieb zur Zahlung von über 5.000,00 € bereit erklärt.
Der Handelsvertreter hatte zuvor sein Vertragsverhältnis zum nächstmöglichen Zeitpunkt gekündigt. Nach Ausspruch dieser Kündigung wurde der Zugang zum EDV-Netzwerk gesperrt. Außerdem wurde ihm mitgeteilt, dass seine Stornorückstellung auf 100 % angehoben wird und er eine Auszahlungssperre erhalte.
Danach kündigte der Vertreter das Vertragsverhältnis fristlos. Der Zugang einer zuvor versandten Abmahnung ist zwischen den Parteien streitig. Ein Sendebericht konnte dem Gericht jedoch vorgelegt werden.
Nach der fristlosen Kündigung wurde mitgeteilt, es gäbe keinerlei Beschränkungen in der EDV des Klägers mehr.
Der Vertrieb beantragte widerklagend, den Beklagten auf Auskunft und Schadenersatz zu verurteilen.
Das Gerichte erkannte jedoch, dass der Vertrieb keinen solchen Anspruch habe. Schließlich sei die fristlose Kündigung wirksam.
Nach der mündlichen Verhandlung hatte die Beklagte noch vorgetragen, die EDV sei lediglich zu 5 bis 6 % eingeschränkt gewesen. Da dieser Vortrag nach der mündlichen Verhandlung erfolgte, konnte das Gericht dies nicht mehr berücksichtigen.
Die Verweigerung des Zugriffs auf das Intranet sowie die Emails stellen einen wichtigen Kündigungsgrund dar. Es handelte sich dabei um eine wesentliche Vertragsverletzung, die bereits für sich genommen nach diesen Maßstäben einen Grund für eine fristlose Kündigung darstellt (Vergleiche Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 17.12.2013). Durch die Sperrung des Intranetzugangs, zu dessen Nutzung die Beklagte den Kläger sogar gemäß Ziffer II des Handelsvertretervertrages selbst verpflichtet hatte, wurde dem Kläger seine Tätigkeit für die Beklagte erheblich erschwert bzw. unmöglich gemacht.
Das Gericht ging auch davon aus, dass die Abmahnung zugegangen ist. Zwar stelle der Original-Kündigung-Vermerk des Sendeberichtes lediglich ein Indiz für den Zugang des Telefaxes dar. In Anbetracht dieses Umstandes kann sich der Empfänger aber nicht auf ein bloßes Bestreiten zu Zugangs beschränken. Er muss sich im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast vielmehr näher dazu äußern, welches Gerät er an der fraglichen Gegenseite betreibt, ob die Verbindung im Speicher enthalten ist, ob und in welcher Weise er ein Empfangsjournal führt und dieses gegebenenfalls vorlege …
Dies ist nicht geschehen.
Der Inhalt der Abmahnung war ebenfalls ausreichend, so das Gericht. Das von dem Kläger als vertragsbrüchig beanstandete Verhalten der Beklagten wurde in der Abmahnung mit Benennung der Erhöhung der Stornorückstellung auf 100 %, Sperrung der Intranetplattform und Blockade der Möglichkeit zum Versenden von Emails eindeutig bezeichnet. Weiterhin wurde die Beklagte aufgefordert, den alten Zustand innerhalb von 24 Stunden wieder herzustellen. Hiermit hat der Kläger der Beklagten eine angemessene Frist zur Abhilfe gesetzt. Zwar war die Frist mit 24 Stunden knapp bemessen, nach den Umständen des Einzelfalles jedoch ausreichend.
Dazu das Gericht:
„Eine Wiederherstellung des klägerischen Zuganges zum Intranet und zum Email-Konto war innerhalb von 24 Stunden möglich. Dies ergibt sich bereits daraus, dass auch die umgekehrte Maßnahme innerhalb dieses Zeitfensters erfolgte. So wurde Zugang der Kündigung bei der Beklagten per Fax als auch die Sperrung des Zugangs zu EDV-Netzwerk und Emails erfolgte noch an dem Tag, als die Kündigung per Fax einging.“
Nicht rechtskräftiges Urteil des Landgerichtes Frankfurt am Main vom 26.06.2014
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Ein süddeutsches Amtsgericht hatte sich in einem Urteil einen „kleinen“ Fehler erlaubt. Es verurteilte kurzerhand einen Handelsvertreter dazu, der DVAG einen Buchauszug zu erteilen.
Andersrum hätte es geheißen haben müssen. Der Handelsvertreter wurde auf Rückzahlung von Provisionsvorschüssen verklagt und war somit ursprünglich Beklagter. Er erhob Widerklage auf Erteilung eines Buchauszuges und war dann gleichzeitig Widerkläger. Das Gericht trennte dann das eine Verfahren von dem anderen und machte – wohl aus Versehen – den Bock zum Gärtner bzw. den Kläger zum Beklagten.
Wir haben jetzt Berichtigung beantragt. Sonst müsste der Handelsvertreter tatsächlich nachher noch Auskunft leisten über was, was er eigentlich schon gar nicht mehr weiß.
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Am 24.06.2013 entschied das Landgericht Tübingen darüber, ob einem Vertrieb Ansprüche aus Rückzahlung von Provisionen zustehen.
Das Landgericht musste die Angelegenheit im Rahmen einer Berufung prüfen. Bereits am Amtsgericht Tübingen war der Vertrieb gescheitert.
Dazu das Gericht: Gemäß § 87 a Abs. 1 Satz 1 HGB entsteht der Provisionsanspruch des Handelsvertreters soweit der Unternehmer das vom Vertreter vermittelte oder abgeschlossene Geschäft ausgeführt hat. Es entfällt, wenn feststeht, dass der Dritte nicht leistet, § 87 a Abs. 2 HGB. Sind dem Handelsvertreter in einem solchen Falle bereits Provisionen oder Vorschüsse ausgezahlt worden, sind diese zurückzubezahlen (§ 87 a Abs. 2, 2.Satz HGB). Diese Rechtsfolgen, die sich aus der Nichtleistung des Kunden ergeben, treten allerdings nur dann ein, wenn der Unternehmer seinerseits seinen Verpflichtungen aus dem abgeschlossenen Geschäft im vollem Umfang nachgekommen ist. Der Provisionsanspruch des Versicherungsvertreters entfällt mithin nur für den Fall und damit einhergehend entsteht ein Rückzahlungsanspruch des Unternehmers, der einen Vorschuss gezahlt hat, erst und nur dann, wenn die Vertragsauflösung mit dem Versicherungsnehmer auf Umständen beruht, die der Unternehmer nicht zu vertreten hat, § 87 a Abs. 3 Satz 2 HGB. Dies ist dann der Fall, wenn es zur Auflösung des Vertrages kommt, obgleich sich der Unternehmer / Versicherer ausreichend um dessen Rettung bemüht hat. Ihm obliegt es, dass mögliche Unzumutbare zu unternehmen, um eine Vertragsablösung abzuwenden, wobei Art und Umfang der dem Unternehmer / Versicherer abzuverlangen Bemühungen auch und gerade im Licht der gegenüber dem Versicherungsvertreter bestehenden Treuepflicht und insbesondere der Pflicht, auf dessen Provisionsinteresse Rücksicht zu nehmen, zu bestimmen ist.
Maßstab für das, war dem Unternehmer im Falle eigener Bemühungen gegenüber dem Versicherungsunternehmer abzuverlangen ist, ist dasjenige, was der Vertreter selbst und vernünftigerweise zur Erhaltung seines Provisionsanspruchs getan hätte, wenn Nachbearbeitung überlassen worden wäre.
Im Regelfall ist es erforderlich, dass der Unternehmer / Versicherer, wenn er sich entschließt, eigene Maßnahmen zur Stornoabwehr zu ergreifen, aktiv tätig wird und den Versicherungsnehmer zur Erfüllung seiner Vertragspflicht ernsthaft und nachdrücklich anhält. Die bloße Übersendung eines Mahnschreibens als Maßnahme der Stornoabwehr reicht unter dem Gesichtspunkt der dem Unternehmer gegenüber dem Vertreter obliegenden Pflicht, Rücksicht auf das Provisionsinteresse des Versicherungsvertreters zu nehmen, im Regelfall nicht aus (Bundesgerichtshof, Versäumnisurteil vom 01.12.2010 –VIII ZR 310/09).
Ist die Nachbearbeitung vom Unternehmer nicht oder nicht hinreichend durchgeführt worden, ist die Vertragsauflösung von ihm zu vertreten. Er muss sich dann grundsätzlich so behandeln lassen, als habe eine erfolgreiche Nachbearbeitung stattgefunden und sei der Provisionsanspruch des Vertreters endgültig entstanden.
Verlangt ein Unternehmer wegen Stornierung von Versicherungsverträgen die Rückzahlung geleisteter Provisionsvorschüsse, so muss er in jedem Einzelfall (auch wenn die Nichtzahlung der Erstprämie in Rede steht; vergleiche etwa Oberlandesgericht Brandenburg Urteil 07.10.2010 Aktenzeichen 12 U 96709, und Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss vom 21.02.2007 Aktenzeichen I-16 W 70/06) nachvollziehbar darlegen und im Streitfall auch beweisen, seiner Pflicht zur Nachbearbeitung genügt zu haben. Dabei muss er Vortrag erklären lassen, dass der Unternehmer, soweit er dem Versicherungsvertreter keine Stornogefahrmitteilungen hat zukommen lassen, sich gegenüber dem Versicherungsnehmer rechtzeitig und mit dem gebotenen Engagement um einen Vertragserhalt bemüht hat. Er muss also, sofern er auf seine eigenen Bemühungen berufen will, in jedem Fall konkret vortragen, wann er aktiv geworden ist und was er unternommen hat, um den Vertag zu retten.
Gemessen an den vorgenannten Grundsätzen ist der Vortrag der Klägerin nicht geeignet, Rückzahlungsansprüche gegen den Beklagten zu begründen. Er lässt eine genügende Nachbearbeitung der ins Storno gegangenen Verträge nicht erkennen.
Soweit sich die Klägerin in verschiedenen Fällen darauf berufen hat, allein mit einer Kombination aus Erinnerungs-, Mahn- und Kündigungsschreiben ihrer Nachbearbeitungspflicht nachgekommen zu sein, vermag den Angaben von Gründen, warum in den jeweiligen Fällen aufgrund der Umstände des Einzelfalles eine persönliche Kontaktaufnahme nicht erforderlich gewesen ist bzw. nicht erfolgsversprechender gewesen wäre, nicht gefolgt zu werden. Wie oben ausgeführt, muss die Nachbearbeitung notleidender Verträge ausreichend sein und nachdrücklich betrieben werden, wobei im Regelfall die Versendung eines einfachen Mahnschreibens nicht genügt. Entsprechend kann es regelmäßig auch nicht genügen, ein Schreiben, dass der Sache nach nichts anderes als ein einfaches Mahnschreiben darstellt, wiederholt an den Versicherungsnehmer zu übermitteln. Erforderlich ist vielmehr grundsätzlich eine persönliche Rücksprache mit dem Versicherungsnehmer, entweder im Wege eines Besuchs oder – dies auch bei sogenannten Kleinstornos – auf dem schnellen, Effektivität versprechenden und in der Regel preisgünstigen Wege eines Telefonats, um die Gründe zu erfragen, aus denen der Vertrag notleidend geworden ist und – wenn die Gründe stichhaltig sind – gemeinsame mit dem Versicherungsnehmer nach einer vertragserhaltener Lösung zu suchen oder – wenn die Gründe nicht stichhaltig sind – , diesen sehr ernsthaft und nachdrücklich zu einer Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten anzuhalten.
Nur und erst dann, wenn ein persönlicher Kontakt im Einzelfall nicht hergestellt werden kann, ist es angezeigt, eine schriftliche Kommunikation zu versuchen, und zwar mit einem deutlich über ein bloßes Mahnschreiben hinaus gehenden Inhalt. Selbst wenn man dies aber anders sehen sollte, muss der Inhalt bloßer an dem Versicherungsnehmer gerichtetes Schreiben – um der notwendigen Nachbearbeitung zu genügen – in jedem Falle deutlich über den Inhalt eines Mahnschreibens hinausgehen. Dies lässt sich im konkreten Fall im Vortag der Klägern nicht entnehmen.
Im Ergebnis hat danach das Amtsgericht die Klage zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung der Klägerin zurückzuweisen war.
Ebenso entschied das Landgericht Tübingen in einem weiteren Beschluss vom 22.10.2013.
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Am 22.07.2013 entschied das Landgericht Ravensburg über einen Antrag, indem es um die Unzulässigkeit einer Zwangsvollstreckung ging.
Die Zwangsvollstreckung wurde für unzulässig erklärt.
Der Kläger war aufgrund eines Vermögensberatervertrages als Handelsvertreter für die Beklagte tätig. Er erhielt von der Beklagten ein Darlehen über 100.000 € und unterwarf sich für den Darlehensrückzahlungsanspruch der sofortigen Zwangsvollstreckung gemäß notariellem Schuldanerkenntnis. Im Jahr 2012 kündigte die Beklagte das Handelsvertreterverhältnis fristlos. Das Darlehen wurde durch die Kündigung sofort fällig und er Kläger bezahlte einen Teilbetrag in Höhe von 50.000 €. Die Beklagte beantragte die Zwangsvollstreckung aus dem notariellen Schuldanerkenntnis.
Der Handelsvertreter erklärte daraufhin die Aufrechnung mit seinen ausstehenden Provisionsansprüchen und auch mit einem Anspruch auf Karenzentschädigung.
Der Vertrieb hielt dem Handelsvertreter vor, er habe gerade einen erheblichen Schaden verursacht in Höhe von 300.000 €, weil er mit seinen Straftaten im Kundenkreis die Notwendigkeit der fristlosen Kündigung gesetzt hat.
Der Beklagte meint, er habe einen Anspruch auf eine Karenzentschädigung in Höhe von mehr als 130.000 €. Schließlich sei er in seiner beruflichen Tätigkeit nach dem Ausscheiden bei der Beklagten nicht mehr als unerheblich beeinträchtigt.
Das Landgericht meint, der Kläger habe einen Anspruch auf Karenzentschädigung aus § 90 a Abs. 1 Satz 3 HGB. Schließlich würde das Wettbewerbsverbot den Kläger nachvertraglich für zwei Jahre untersagen, Vermögensberater, andere Mitarbeiter oder Kunden der Beklagten abzuwerben oder dies alles auch nur zu versuchen. Hierbei handelt es sich um ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot im Sinne des § 90 a Abs. 1 HGB.
Angemessen ist eine Entschädigung, die nach richterlicher Schätzung mindestens 50 % des Mittelwerts der Jahresprovisionen der letzten beiden Jahre entspricht. So sah es das Gericht. Manches spreche sogar für die Angemessenheit eines höheren Prozentsatzes der Jahresprovision.
Bei der Bemessung des Ausgleichsanspruchs ist einerseits das Interesse der Beklagten zu berücksichtigen, den Kläger als Wettbewerber fern zu halten aufgrund der jahrelangen Tätigkeit des Klägers im Versicherungs- und Finanzdienstleistungsbereich ist von einem ganz erheblichen Interesse der Beklagten auszugehen, dass der Kläger in seinem bisherigen Vertragsgebiet, wohl einen Kundenstamm aufgebaut hat, nicht als Wettbewerber tätig wird.
Auf der anderen Seite sind auch die Nachteile in Rechnung zu stellen, die der Kläger durch das Wettbewerbsverbot erleidet. Der Kläger wird stark in seinem Wirkungsbereich eingeschnitten, denn er darf Kunden der Beklagten weder ausspannen noch ihnen Neugeschäft anbieten oder beides auch nur versuchen. Da die Beklagte nach der Darstellung auf ihre Homepage mehr als 6 Millionen Kunden betreut, ist das Risiko, gegen dieses Wettbewerbsverbot zu verstoßen, ganz erheblich.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.
26
AG Eggenfelden: Bei Storno Geld zurück
Am 07.05.2014 verurteilte das Amtsgericht Eggenfelden einen Vermögensberater dazu Provisionsvorschüsse an die Deutsche Vermögensberatung zurückzuzahlen. Gleichzeitig wurde die Deutsche Vermögensberatung verurteilt, einen Buchauszug zu erteilen.
Dazu das Gericht:
Die Beklagte hat für die Klägerin Vermögensanlagen, Finanzierungen, Versicherungen, Bausparverträge vermittelt und hierfür Provisionszahlungen erhalten. Die Fälligkeit der einzelnen Provisionszahlungen war dabei, abhängig von den jeweiligen Vermittlungsgegenständen davon abhängig gemacht worden, dass der jeweilige von der Beklagen vermittelnde Vertragspartner auf die vermittelte Anlageart eine bestimmte Anzahl von Beiträgen entrichtet. Weiter haben die Parteien vereinbart, dass die Klägerin auf die zu verdienenden Provisionen Vorschüsse leistet, die im Falle, dass die in Aussicht stehenden Provisionen tatsächlich nicht bzw. nicht vollständig verdient werden, entsprechend zurückzuzahlen sind. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass die Klägerin ausreichend dargelegt hat, woraus sich die geltend gemachte Rückzahlungsforderung hinsichtlich der nichtverdienten Provisionen zusammensetzt. Zu Recht habe zwar die Beklagte darauf hingewiesen, dass nach der obergerichtlichen Rechtsprechung eine entsprechende Nachbearbeitung ins Storno geratener Versicherungsverträge durchzuführen ist. Allerdings haben die Beweisaufnahmen insofern ergeben, dass die jeweiligen, von der Beklagten vermittelten Vertragspartner auch bei Durchführung einer entsprechenden nachhaltigen Nachbearbeitung ihre Entscheidung nicht geändert haben.
Die Widerklage war hinsichtlich des Buchauszuges für den Zeitraum ab 2010 begründet. Soweit die Klägerin darauf hinwies, der Beklagten würden ausreichend Unterlagen aufgrund der Provisionsabrechnung zur Verfügung stehen, war dies aus Sicht des Gerichtes nicht der Fall. Schließlich seien die vorgelegten Abrechnungen auch aus Sicht des Gerichtes derart verworren, dass die unter Berücksichtigung des Empfängerhorizontes für einen durchschnittlichen Handelsvertreter nicht mehr mit der notwendigen Sicherheit nachprüfbar bzw. nachvollziehbar sind.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.
25
Am 08.05.2014 verurteilte das Amtsgericht Landsberg am Lech einen Handelsvertreter zur Rückzahlung von Provisionsvorschüssen. Im Übrigen wurde eine Widerklage auf Erteilung eines Buchauszuges abgewiesen.
Während der Tätigkeit des Handelsvertreters erhielt der Beklagte von der Klägerin Provisionsvorschüsse. Diese wurden in ein Kontokorrentkonto eingestellt. Guthabenbeträge wurden von der Klägerin überwiesen. Sollsalden waren vom Beklagten durch Zahlungen an die Klägerin auszugleichen.
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin hat ihre Rückzahlungsforderung, die aus einer Vielzahl stornierter Verträge resultierte, plausibel und substantiiert dargelegt und für das Gericht verständlich aufgeschlüsselt, in dem auf einzelne Geschäftsvorfälle konkret Bezug genommen und diese erläutert wurden. Es war der gesamte saldenverlauf beigefügt. Hieraus ergab sich eine rechnerisch prüf- und nachvollziehbare Entwicklung des Kontokorrents, das einen Sollsaldo in Klagehöhe auflies. Aus dem Sollsaldoverlauf ergab sich nachvollziehbar, welche Provisionen für welchen vermittelten Vertrag gutgeschrieben wurden und wann, wie und wodurch der vermittelte Vertrag notleidend geworden ist. Es ist darüber hinaus ersichtlich, ob und in welchem Umfang Provisionen überbezahlt wurden.
Der Beklagte bestreitet lediglich pauschal die Richtigkeit dieser Abrechnungen. Im Einklang mit der überwiegenden Rechtsprechung geht das hiesige Gericht davon aus, dass dieses pauschale Bestreiten nicht dazu veranlasst, die Anforderungen an die Substantiierung des Klagevortrages noch weiter zu erhöhen.
Schließlich war der Beklagte bei der Klägerin seit 2009 eingesetzt.
Auch das pauschale Bestreiten des Beklagten, dass eine sogfältige Nachbearbeitung der Verträge durch die Klägerin nicht stattgefunden habe, trug die Klägerin substantiiert und detailliert zu den einzelnen von ihr vorgenommenen Maßnahmen zur Rettung stornogefährdeter Verträge vor und ergänzte ihren Vortrag. Im Ergebnis der gerichtlichen Prüfung sind die von der Klägerin veranlassten Maßnahmen unter angemessener Berücksichtigung der jeweiligen Provisionshöhe nicht zu beanstanden.
Das Gericht wies darauf hin, dass im Kleinstprovisionsbereich eine Nachbearbeitung nicht erforderlich sei.
Buchauszüge wurden ebenfalls nicht anerkannt. Aus dem vorgelegten Saldenverlauf war für den für die Klägerin tätigen Handelsvertreter nachvollziehbar, welche Verträge Abrechnungsgegenstand sind.
Soweit der Beklagte Buchauszüge aus den Jahren 2009 bis 2013 erhalten möchte, besteht der Anspruch schon deshalb nicht, weil der Beklagte aus seinen eigenen Unterlagen ersehen kann, welche Verträge er für die Klägerin vermittelt hat.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Das Urteil hat ein Geschmäckle. Wir hatten das Gericht darauf hingewiesen (zumindest versucht), dass die Abrechnungen über Stornierungen mindestens einen Rechenfehler enthält. Dieser ließ sich unseres Erachtens leicht mit einem Taschenrechner und Verständnisses des Dreisatzes ermitteln. Leider taucht dazu im Urteil überhaupt nichts auf. Wenn schon das Gericht des Rechnens nicht mächtig ist, wie kann dann das Gericht von dem Handelsvertreter erwarten, dass er sich gegen die Abrechnungen beschwert?
Fazit: Der Richter hat bewiesen, dass er nicht rechnen kann.
22
Am 19.05.2014 fällte das Landgericht München II ein Urteil in einem Verfahren, in dem es hauptsächlich um die Frage der Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung ging.
Ein Vertrieb beschäftigte aufgrund eines Handelsvertretervertrages aus dem Jahre 2007 einen Berater. Dieser kündigte sein Vertragsverhältnis zunächst ordentlich zum nächstmöglichen Zeitpunkt. Anschließend kündigte er das Vertragsverhältnis mit sofortiger Wirkung.
Ab dem Zeitpunkt der ordentlichen Kündigung war das Onlinesystem nur noch eingeschränkt zugänglich. Die Stornoreserve wurde im Übrigen auf 100 % hochgefahren.
Der Vertrieb wollte festgestellt haben, dass die fristlose Kündigung unwirksam ist und er wollte Auskunft darüber, welche Verträge der Berater in dem Zeitraum nach der fristlosen Kündigung für andere Unternehmen, insbesondere für die Firma Finanzprofi AG, vermittelt hatte.
Ob eine Abmahnung zwischenzeitig ausgesprochen wurde, war zwischen den Parteien streitig.
Die Klage des Vertriebes wurde abgewiesen.
Die Klägerin hat nach Auffassung des Gerichtes keinen Anspruch auf Feststellung einer Schadenersatzverpflichtung und Auskunft. Schließlich konnte der Beklagte aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen, da das Vertrauensverhältnis zu der Klägerin so gestört war, dass dem Beklagten ein Weiterarbeiten bis zum Fristablauf der ordentlichen Kündigung unzumutbar war.
Durch das Einschränken des EDV-Systems und Hochfahren der Provisionsrückstellung auf 100 % bei dem Beklagten unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles ein Abwarten bis zum Fristablauf der ordentlichen Kündigung unzumutbar.
Das Kündigungsprofil der Klägerin schränkte die Tätigkeit des Beklagten in nicht hinnehmbarer Weise ein, er stellt für das Gericht eine schwere Störung des Vertragsverhältnisses zwischen den Streitparteien dar.
Ein Arbeiten ohne den Zugriff auf das EDV-System der Klägerin und ohne die Möglichkeit Emails zu beantworten war größtenteils nicht möglich. Nach Auffassung des Gerichtes war das Vertrauensverhältnis so gestört, dass der Beklagte auch ohne Abmahnung hätte fristlos kündigen können. Der Beklagte aber hatte sogar nach Auffassung des Gerichtes wirksam abgemahnt.
Er hat einen Sendebericht vorgelegt aus dem ersichtlich ist, dass die Abmahnung an die Klägerin versandt wurde. Soweit die Klägerin den Zugang weiter bestreitet, muss sie konkrete Anhaltspunkte für die Nichtzustellung darlegen, was sie nicht getan hat.
Urteil des Landgerichtes München vom 15.05.2014, nicht rechtskräftig.