Urteile vorgestellt von RA Kai Behrens

Softwarepauschale

Die Softwarepauschale ist immer wieder Thema rechtlicher Auseinandersetzungen.

Das OLG Frankfurt hatte am 15.1.2015 entschieden, dass die Softwarepauschale nicht als Auszahlungsanspruch erstattet werden muss, sondern dem Provisionskonto überwiesen werden muss.

Empfehlung zum Tarifwechsel als Verstoß gegen das UWG ?

Ein Versicherungsberater, der Versicherungsnehmer (VN) über Tarifwechselmöglichkeiten in der privaten Krankenversicherung gewerblich berät, darf sich nicht als “Verbraucherschützer” oder “unabhängiges Verbraucherschutzportal für private Krankenversicherungen” bezeichnen. LG Hamburg, Urteil vom 22.3.2013 (315 O 76/12).

Mehr dazu hier.

Ein Urteil, das gern missverstanden wird und nicht bedeutet, dass ein Makler nicht empfehlen darf, einen Tarif zu wechseln….

Landgericht Frankfurt: Softwarepauschale muss erstattet werden

In einer Entscheidung vom 08.05.2015, die noch nicht rechtskräftig ist und im Wege der Berufung angegriffen werden kann, verurteilte das Landgericht Frankfurt am Main einen Vertrieb zur Rückzahlung einer Softwarepauschale.

Der Kläger war für die Beklagte, einem Vertrieb, als Handelsvertreter tätig. Im Vermögensberatervertrag war geregelt, dass der Vertrieb das EDV-Netzwerk kostenlos zur Verfügung stellt und der Handelsvertreter zur Nutzung verpflichtet war. Für zwei Jahre wurde dem Kläger ein Softwarenutzungsentgelt in Rechnung gestellt und von den Provisionen abgezogen.

Das Gericht meinte, der Kläger habe einen Anspruch auf Rückzahlung aus § 812 Abs. 1 Satz 1, erste Alternative BGB. Die einbehaltene Softwarepauschale erfolgt ohne Rechtsgrund.

Das Gericht hatte sich mit der Frage der Verjährung auseinanderzusetzen. Die Frage war, ob die Klage rechtzeitig eingereicht wurde und bei Einreichen bereits entsprechend individualisiert war. Die Klage wurde 2013 eingereicht, im Jahre 2014 konkretisiert. Forderungen aus dem Jahre 2010 waren nach Auffassung des Gerichtes bereits verjährt.

Die Vollstreckung aus dem Buchauszug: OLG Karlsruhe Beschluß vom 10.11.2014, 9 W 37/14

Vollstreckung des Handelsvertreters aus einem Urteil auf Buchauszug: Ersatzvornahme durch Erstellung eines neuen Buchauszuges durch einen Wirtschaftsprüfer; Ergänzung eines vorgelegten Buchauszuges durch einen Wirtschaftsprüfer bei vorhandenen Mängeln

Leitsätze

1. Wird der Unternehmer verurteilt, einen Buchauszug zu erteilen, erfolgt die Vollstreckung im Wege der Ersatzvornahme (§ 887 ZPO). Auf Antrag ist der Handelsvertreter zu ermächtigen, den Buchauszug auf Kosten des Unternehmers durch einen Wirtschaftsprüfer erstellen zu lassen.

2. Im Vollstreckungsverfahren ist der Einwand der Erfüllung zu prüfen. Weist der vom Unternehmer vorgelegte Buchauszug Mängel auf, rechtfertigt dies nicht ohne weiteres eine Ersatzvornahme durch Anfertigung eines vollständigen, neuen Buchauszugs. Entscheidend ist, ob der vom Unternehmer erstellte Buchauszug bestimmten formalen Anforderungen im Wesentlichen genügt, und ob er trotz der vorhandenen Mängel (Fehlen bestimmter Angaben und Fehlen eines bestimmten Kreises von Geschäften) prinzipiell als Grundlage für eine eigene Provisionsabrechnung des Handelsvertreters geeignet ist.

3. Wenn im Buchauszug bestimmte Angaben zu den dokumentierten Geschäften fehlen, kann der Handelsvertreter im Vollstreckungsverfahren eine Ergänzung dieser Angaben durch einen Wirtschaftsprüfer auf Kosten des Unternehmers verlangen (hier: Fehlende Angaben zu Kundenzahlungen und zu den Gründen von Stornierungen).

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin und auf die sofortige Beschwerde der Schuldnerin wird der Beschluss des Landgerichts Konstanz vom 09.09.2014 – 7 O 66/08 KfH – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

 

1. Die Gläubigerin wird ermächtigt, den auf Grundlage des vollstreckbaren Teilurteils des Senats vom 08.12.2011 – 9 U 108/10 – erteilten Buchauszug (Anlagen zum Schriftsatz der Schuldnerin vom 06.07.2012, Seite 1 – 44 und gesonderte „Stornoliste“, Seite 1 – 3) auf Kosten der Schuldnerin durch einen von der Gläubigerin zu beauftragenden Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchsachverständigen um folgende Angaben ergänzen zu lassen:

 

a) Datum des jeweiligen Eingangs und Betrag der Kundenzahlungen,

 

b) Gründe für Stornierungen und Retouren.

 

2. Die Schuldnerin hat an die Gläubigerin als Vorschuss auf die voraussichtlichen Kosten des Wirtschaftsprüfers oder vereidigten Buchsachverständigen einen Betrag von 2.000,00 EUR zu zahlen.

 

3. Die Schuldnerin hat dem von der Gläubigerin beauftragten Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchsachverständigen ungehinderten Zutritt zu ihren Geschäftsräumen, Einsicht in die Geschäftsbücher und die sonstigen Unterlagen und Urkunden zu gewähren, soweit dies zur Fertigung der ergänzenden Angaben erforderlich ist.

 

Der Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchsachverständige wird ermächtigt, unter Hinzuziehung des zuständigen Gerichtsvollziehers sämtliche Geschäftsräume der Schuldnerin in…, zu durchsuchen zur Auffindung der für die ergänzenden Angaben gemäß Ziffer 1 benötigten Unterlagen und Schriftstücke, einschließlich der in der EDV gespeicherten Daten.

 

4. Der weitergehende Antrag der Gläubigerin wird zurückgewiesen.

 

5. Von den Kosten des Vollstreckungsverfahrens vor dem Landgericht tragen die Gläubigerin 4/5 und die Schuldnerin 1/5.

 

6. Der Gegenstandswert für das Vollstreckungsverfahren vor dem Landgericht wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.

 

II. Die weitergehende sofortige Beschwerde der Gläubigerin wird zurückgewiesen.

 

III. Die weitergehende sofortige Beschwerde der Schuldnerin wird zurückgewiesen.

 

IV. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Gläubigerin zu 4/5 und die Schuldnerin zu 1/5.

 

V. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Gläubigerin war ab dem 01.01.2005 für die Schuldnerin als Handelsvertreterin tätig. Das Vertragsverhältnis ist beendet. Im Verfahren des Landgerichts Konstanz – 7 O 66/08 KfH – hat die Gläubigerin von der Schuldnerin im Wege einer Stufenklage die Erteilung eines Buchauszugs und – zunächst unbeziffert – Zahlung ausstehender Provisionen verlangt. Mit einem Teilurteil vom 08.12.2011 hat der Senat die Schuldnerin zur Erteilung eines Buchauszugs verurteilt. In dieser Entscheidung, auf die Bezug genommen wird (II 693 ff.), ist im Einzelnen konkretisiert, über welche Geschäfte der Buchauszug Auskunft erteilen muss, und welche Angaben in dem Auszug enthalten sein müssen. Das Urteil ist rechtskräftig.
2
Im anschließenden Vollstreckungsverfahren vor dem Landgericht Konstanz hat die Schuldnerin mit Schriftsatz vom 06.07.2012 als Buchauszug bezeichnete Computerausdrucke vorgelegt. Die Gläubigerin ist der Auffassung, damit habe die Schuldnerin ihre Verpflichtungen aus dem Urteil des Senats vom 08.12.2011 nicht erfüllt. Sie hat daher beantragt, sie zu ermächtigen, auf Kosten der Schuldnerin den zu erteilenden Buchauszug durch einen von ihr zu beauftragenden Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchsachverständigen erstellen zu lassen. Hilfsweise hat die Gläubigerin im Termin vor dem Landgericht vom 13.06.2014 beantragt, den von der Schuldnerin vorgelegten Buchauszug um einzelne, von ihr konkretisierte Angaben durch einen Wirtschaftsprüfer ergänzen zu lassen.
3
Das Landgericht hat mit Beschluss vom 09.09.2014 den Vollstreckungsantrag der Gläubigerin insoweit zurückgewiesen, als sie die Ermächtigung zur Erstellung eines (neuen) Buchauszugs durch einen Wirtschaftsprüfer verlangt hat. Auf den Hilfsantrag der Gläubigerin hat sie diese jedoch ermächtigt, auf Kosten der Schuldnerin durch einen Wirtschaftsprüfer bestimmte Ergänzungen des vorgelegten Buchauszugs vornehmen zu lassen (Eingang von Kundenzahlungen und Gründe für Stornierungen und Retouren). Der von der Schuldnerin vorgelegte Buchauszug weise zwar bestimmte Mängel auf. Dies rechtfertige jedoch nicht die Ermächtigung zur Erstellung eines neuen Buchauszugs im Wege der Ersatzvornahme. Vielmehr könne die Gläubigerin im Vollstreckungsverfahren lediglich eine entsprechende Ergänzung verlangen.
4
Gegen diese Entscheidung wenden sich beide Parteien mit ihrer sofortigen Beschwerde. Die Gläubigerin hält an ihrer Auffassung fest, die von der Schuldnerin vorgelegten Unterlagen seien kein Buchauszug im Sinne des Gesetzes und im Sinne der Verpflichtungen der Schuldnerin aus dem Teilurteil vom 08.12.2011. Sie sei daher berechtigt, einen kompletten neuen Buchauszug durch einen Wirtschaftsprüfer erstellen zu lassen. Die Schuldnerin hält die Entscheidung des Landgerichts insoweit für richtig, als der Vollstreckungsantrag der Gläubigerin teilweise zurückgewiesen worden ist. Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei der von ihr erteilte Buchauszug auch nicht ergänzungsbedürftig. Gründe für Stornierungen von Aufträgen seien zum einen aus den von ihr vorgelegten Unterlagen für die Gläubigerin ersichtlich, und zum anderen der Gläubigerin ohnehin aus ihrer Tätigkeit bekannt. Zur Mitteilung von Einzelheiten über Kundenzahlungen sei sie nicht verpflichtet, da diese Angaben für Provisionsabrechnungen der Gläubigerin ohne Bedeutung seien. Zudem seien die von der Gläubigerin verlangten Informationen über Zahlungseingänge aus den eigenen Büchern der Schuldnerin nicht festzustellen, bzw. „unter Zuhilfenahme eines Fremdsystems nur mit ganz erheblichem Aufwand“.
5
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
6
Das Landgericht hat den sofortigen Beschwerden der Parteien nicht abgeholfen und die Akten mit Beschluss vom 29.09.2014 dem Oberlandesgericht Karlsruhe – Zivilsenate in Freiburg – zur Entscheidung vorgelegt.
II.
7
Die beiderseitigen sofortigen Beschwerden sind zulässig gemäß § 793 ZPO. Die Rechtsmittel sind jedoch nur in geringem Umfang begründet. Zu Recht hat das Landgericht einerseits die Gläubigerin ermächtigt, den von der Schuldnerin vorgelegten Buchauszug durch einen Wirtschaftsprüfer ergänzen zu lassen, und andererseits den Antrag zurückgewiesen, einen vollständigen, neuen Buchauszug erstellen zu lassen.
8
1. Die Gläubigerin hat mit ihrer sofortigen Beschwerde keinen Erfolg, soweit ein Wirtschaftsprüfer ermächtigt werden soll, einen (vollständigen) Buchauszug entsprechend der Entscheidung des Senats im Teilurteil vom 08.12.2011 zu erstellen.
9
a) Die Verurteilung zur Erteilung eines Buchauszugs stellt eine vertretbare Handlung im Sinne von § 887 ZPO dar. Erfüllt die Schuldnerin ihre Verpflichtung nicht, findet auf Antrag der Gläubigerin gemäß § 887 ZPO eine Vollstreckung im Wege der Ersatzvornahme statt. Ein Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs wird vollstreckt, indem ein Wirtschaftsprüfer auf Kosten der Schuldnerin ermächtigt wird, den Buchauszug zu erstellen (vgl. BGH, NJW-RR 2011, 470). Dabei ist im Vollstreckungsverfahren der Einwand der Schuldnerin zu prüfen, sie habe mit bestimmten Unterlagen den titulierten Anspruch der Gläubigerin auf Vorlage des Buchauszugs bereits erfüllt.
10
b) Ein Buchauszug muss sämtliche in den Büchern des Unternehmers verzeichneten Geschäfte, die unter den Urteilsausspruch fallen, mit den in den Büchern enthaltenen Angaben vollständig erfassen und klar, geordnet und übersichtlich darstellen. In welcher Weise dies zu erreichen ist, hängt von Art und Umfang der im Einzelfall anzugebenden Tatsachen ab. Dabei ist der Unternehmer grundsätzlich nicht auf eine bestimmte Form der Darstellung festgelegt. Es steht ihm vielmehr frei, unter mehreren gleich geeigneten Darstellungsweisen eine Auswahl zu treffen, etwa die kostengünstigere oder weniger lästige Darstellungsform zu wählen (vgl. zu diesen Anforderungen an einen Buchauszug BGH a.a.O.).
11
c) Die Gläubigerin weist zu Recht darauf hin, dass der von der Schuldnerin mit Schriftsatz vom 06.07.2012 vorgelegte Buchauszug – auch unter Berücksichtigung späterer schriftsätzlicher Ergänzungen – verschiedene Mängel aufweist. Diese Mängel stehen einer vollständigen Erfüllung der Verpflichtungen der Schuldnerin aus dem Teilurteil vom 08.12.2011 entgegen. Im Einzelnen:
12
aa) Es fehlen bei sämtlichen im vorgelegten Buchauszug wiedergegebenen Geschäften Höhe und Datum der Zahlungseingänge. Dass der Buchauszug diese Angaben enthalten muss, ergibt sich aus I. Ziffer 2 g im Tenor des Teilurteils des Senats vom 08.12.2011 (im Folgenden abgekürzt: TU).
13
bb) Es fehlen bei stornierten Geschäften die Gründe für Stornierungen und Retouren (vgl. zu diesen Angaben I. Ziffer 2 j TU). Die von der Schuldnerin vorgelegte Stornoliste ist auch mit den Ergänzungen der Schuldnerin im Schriftsatz vom 09.07.2014 (einschließlich der Anlage zu diesem Schriftsatz) unzureichend.
14
Was die Verpflichtung zur Erteilung von Auskünften über „Retouren nebst Angabe von Gründen“ (I. Ziffer 2 j TU) bedeutet, ergibt sich aus dem Zweck dieser Angaben. Der Handelsvertreter soll in die Lage versetzt werden, auf Grund der Angaben zu beurteilen, ob ihm im Hinblick auf § 87 a Abs. 3 HGB einerseits und eventuelle ergänzende vertragliche Vereinbarungen mit dem Unternehmer andererseits eine Provision für das betreffende Geschäft zusteht. Das bedeutet, dass der Unternehmer zu jedem einzelnen stornierten Geschäft den Handelsvertreter über die relevanten Bestimmungen im Vertragsverhältnis zwischen Unternehmer und Kunden und über den maßgeblichen Schriftverkehr mit dem Kunden informieren muss, soweit diese Informationen für den Provisionsanspruch des Handelsvertreters von Bedeutung sein können. Die Angaben bzw. Unterlagen sind jeweils in einer übersichtlichen, geordneten Art und Weise den einzelnen Geschäftsvorfällen zuzuordnen. (Vgl. zu den erforderlichen Angaben in einem Buchauszug zu den Gründen für die Nichtausführung von Geschäften OLG Bamberg, NJW-RR 2008, 1422.) Diesen Anforderungen entspricht die Beschränkung der Schuldnerin auf nicht aussagekräftige Stichworte (z. B. „kostenlose Ersatzlieferung“, „BV kommt nicht zustande“ oder „ungeklärte Sachverhalte“) in der Anlage zum Schriftsatz vom 09.07.2014 nicht. Die allgemeinen, nicht auf konkrete Geschäfte bezogenen Ausführungen der Schuldnerin im Schriftsatz vom 09.07.2014 ändern daran nichts.
15
cc) Die Gläubigerin weist außerdem zutreffend darauf hin, dass die Angaben in dem Buchauszug zu „Gutschriften“ unzureichend sind. Weder aus dem Buchauszug noch aus der mit Schriftsatz vom 06.07.2012 gleichzeitig vorgelegten weiteren Liste zu Gutschriften (zwei Seiten) geht hervor, welcher Sachverhalt bei den einzelnen Geschäftsvorfällen den „Gutschriften“ zugrunde liegt. Der Sache nach dürfte es sich bei einem Teil dieser „Gutschriften“ wohl um Teil-Stornierungen der jeweiligen Aufträge handeln, wobei jedoch die erforderlichen Angaben zu den Stornierungen (siehe oben bb) fehlen. Ein anderer Teil der „Gutschriften“ (vgl. beispielsweise die von der Schuldnerin angegebenen Stichworte „Reklamation – Wartezeit“, „Ausgleich Preisdifferenz“ und „Verspätete Nachlieferung“) dürfte andere Gründe haben, die jedoch von der Schuldnerin nicht konkretisiert sind. Ob der Hinweis „Palettenrückgabe“ in der Gutschriftenliste ausreichend ist, wie die Schuldnerin meint, kann dahinstehen. Denn dieser Hinweis betrifft nur einige wenige „Gutschriften“ und ändert nichts am grundsätzlichen Mangel im Buchauszug.
16
dd) Der Buchauszug ist zudem insofern unvollständig, als – auch auf der Basis des eigenen Vorbringens der Schuldnerin – verschiedene Geschäfte in dem mit Schriftsatz vom 06.07.2012 vorgelegten Auszug nicht aufgenommen wurden, obwohl die Schuldnerin nach der Entscheidung des Senats vom 08.12.2011 dazu verpflichtet war.
17
aaa) Die Abgrenzung derjenigen Kunden und derjenigen Geschäfte, die in den Buchauszug aufzunehmen sind, war ein wesentlicher Punkt im Streit der Parteien im Erkenntnisverfahren. Auf Grund der rechtskräftigen Entscheidung des Senats vom 08.12.2011 gilt Folgendes:
18
…(wird ausgeführt)
19
bbb) Für die Abgrenzung der in den Buchauszug aufzunehmenden Kunden und der aufzunehmenden Geschäfte ist allein der Inhalt der Entscheidung des Senats vom 08.12.2011 maßgeblich. Der Inhalt der Verpflichtungen der Schuldnerin ergibt sich aus dem Tenor der Entscheidung bzw. ist durch Auslegung dem Teilurteil zu entnehmen (siehe oben). Abweichende Vorstellungen der Parteien zu der Frage, welche Kunden und welche Geschäfte für die Provisionsabrechnung der Gläubigerin maßgeblich sind, spielen im Vollstreckungsverfahren – auf der Basis des rechtskräftigen Teilurteils des Senats – keine Rolle.
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ccc) Auf der Basis der obigen Ausführungen ist der in der Anlage zum Schriftsatz vom 06.07.2012 vorgelegte Buchauszug in mehrfacher Hinsicht unvollständig:
21
aaaa) Die Schuldnerin behauptet einerseits, alle relevanten Geschäfte seien über ihren Hauptsitz in Ü. getätigt worden. Es habe keine für den Buchauszug maßgeblichen Geschäfte gegeben, die über eine andere Niederlassung getätigt und abgerechnet worden seien. Aus der von der Gläubigerin vorgelegten Anlage V 7 (Anlage zum Schriftsatz vom 14.09.2012) – zu welcher sich die Schuldnerin nicht geäußert hat – ergibt sich jedoch, dass dies jedenfalls teilweise unzutreffend ist. Es handelt sich um eine Bestellung, die an eine andere Niederlassung der Schuldnerin gerichtet war und im vorgelegten Buchauszug nicht enthalten ist.
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bbbb) Die Schuldnerin hat mindestens teilweise entgegen der titulierten Verpflichtung Geschäfte nicht in den Buchauszug aufgenommen, die über das Unternehmen Z. getätigt wurden. Im Schriftsatz vom 07.08.2013 (I 653) hat die Schuldnerin dies eingeräumt.
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cccc) Im Buchauszug vom 06.07.2012 sind zudem – auch nach den Angaben der Schuldnerin – Geschäfte nicht enthalten, die über M. getätigt wurden. Erst nachträglich wurden mehrere Geschäfte über M. von der Schuldnerin ergänzt (vgl. die Angaben des Vertreters der Schuldnerin im Termin vom 13.06.2014, I 721 und den Schriftsatz vom 09.07.2014 I 731/733). Dass die in der Anlage zum Schriftsatz vom 09.07.2014 vorgelegten Angaben vollständig wären, hat die Schuldnerin nicht behauptet.
24
d) Die vorhandenen Mängel des Buchauszugs rechtfertigen im Vollstreckungsverfahren keine Ersatzvornahme durch Anfertigung eines vollständigen neuen Buchauszugs, sondern lediglich die Anordnung einer Ergänzung.
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aa) Entscheidend ist, dass der von der Schuldnerin vorgelegte Buchauszug in formaler Hinsicht im Wesentlichen den Anforderungen an einen Buchauszug entspricht. Es handelt sich um eine übersichtliche und zeitlich geordnete Aufstellung von Geschäften, auf welche sich nach der Entscheidung des Senats im Erkenntnisverfahren der Buchauszug beziehen muss. Der Ablauf der einzelnen Geschäfte von der Bestellung über Auftragsbestätigung, Lieferung und Rechnungsstellung ist nachvollziehbar. Mit Ausnahme der zu ergänzenden Angaben (dazu siehe unten) orientiert sich die Aufstellung der Schuldnerin an den Angaben, welche nach der Entscheidung des Senats im Erkenntnisverfahren von ihr zu machen sind.
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Der Umstand, dass die Schuldnerin den Buchauszug in unterschiedliche Listen aufgespalten hat (neben der Hauptliste gibt es eine Liste zu den Gutschriften und eine Stornoliste), schadet nicht. Die Geschäftsvorfälle in der Liste zu den Gutschriften lassen sich mit Hilfe der jeweils angegebenen Auftragsnummer unschwierig den Geschäftsvorfällen in der Hauptliste zuordnen. Die Stornoliste enthält zwar Geschäftsvorfälle, die in der Hauptliste nicht enthalten sind. Dabei werden zu jedem Geschäft jedoch die gleichen Informationen wiedergegeben, die auch die Hauptliste zu den einzelnen Geschäften enthält.
27
bb) Der von der Schuldnerin vorgelegte Buchauszug ist – ggfs. im Zusammenhang mit den noch zu ergänzenden Angaben – als Grundlage für eine eigene Provisionsberechnung der Gläubigerin geeignet. Die Aufstellung der Schuldnerin ist formal geordnet und nachvollziehbar. In diesem wesentlichen Punkt unterscheidet sich der vorgelegte Buchauszug von dem Sachverhalt, welcher der Entscheidung des BGH vom 20.01.2011 (NJW-RR 2011) zugrunde lag. Denn in der dortigen Entscheidung ließen sich die vorgelegten Unterlagen – anders als im vorliegenden Fall – nicht zuordnen. Wenn der Charakter des Buchauszugs gewahrt ist und lediglich bestimmte Angaben und ein bestimmter Kreis von Geschäften fehlen, reicht im Rahmen von § 887 Abs. 1 ZPO die Anordnung einer Ergänzung des Buchauszugs aus (vgl. OLG Bamberg, NJW-RR 2008, 1422; OLG Köln, Beschluss vom 22.12.2009 – 19 W 24/09 -, zitiert nach Juris).
28
e) Die Anordnung einer Ersatzvornahme durch die Anordnung eines vollständigen, neuen Buchauszugs wäre nur dann gerechtfertigt, wenn das titulierte Auskunftsinteresse der Gläubigerin anders nicht gewahrt werden könnte. Dies ist jedoch nicht der Fall. Die rechtlichen Interessen der Gläubigerin können auch ohne einen neuen Buchauszug ausreichend gewahrt werden.
29
aa) Die Gläubigerin kann die fehlenden Angaben zu Kundenzahlungen und zu den Gründen von Stornierungen durch Ergänzungsanträge durchsetzen (dazu siehe unten 2.). Der Senat folgt dafür der herrschenden Meinung, wonach bei einem unvollständigen Buchauszug eine Ergänzung im Vollstreckungsverfahren möglich ist. Es ist insoweit kein neuer Antrag im Auskunftsverfahren erforderlich (vgl. Emde, BB 2011, 2755, 2761; OLG Bamberg a.a.O.; OLG Köln a.a.O.; OLG Nürnberg, OLGR 1998, 364; anders OLG München, NJW-RR 1988, 290). Die Gläubigerin wird bei einem Ergänzungsantrag auch kostenmäßig nicht schlechter gestellt als bei der Anfertigung eines neuen Buchauszugs. Wenn der in dieser Entscheidung festgesetzte Vorschuss für die Ergänzung nicht ausreichen sollte, kann die Gläubigerin nicht nur eventuell höhere Kosten später abrechnen, sondern auch schon vorher einen ergänzenden Vorschuss verlangen (vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 30. Auflage 2014, § 887 ZPO, RdNr. 14).
30
bb) Die Gläubigerin rügt unzureichende Angaben der Schuldnerin zu den „Gutschriften“ (siehe oben c) cc). Die in diesem Punkt fehlenden Angaben sind nicht Gegenstand des vorliegenden Vollstreckungsverfahrens. Die Gläubigerin kann jedoch vor dem Landgericht zu diesem Punkt einen weiteren Ergänzungsantrag gemäß § 887 ZPO stellen.
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cc) Der Buchauszug ist – wie oben ausgeführt – in verschiedenen Punkten unvollständig, weil bestimmte Geschäfte, über die Auskunft zu erteilen ist, in den Aufstellungen der Schuldnerin nicht enthalten sind (siehe oben c) dd). Diesem Mangel wird zwar durch die bisherigen Ergänzungsanträge nicht abgeholfen. Es liegen auf Grund der festgestellten Unvollständigkeiten jedoch die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Bucheinsicht gemäß § 87 c Abs. 4 HGB vor, welchen die Gläubigerin durch einen ergänzenden Antrag in dem erstinstanzlich weiterhin anhängigen Erkenntnisverfahren durchsetzen kann. Die festgestellten Mängel berechtigen die Gläubigerin gemäß § 87 c Abs. 4 HGB, den gesamten Buchauszug auf Vollständigkeit und Richtigkeit zu kontrollieren, also beispielsweise auch hinsichtlich der Frage, ob die in der Entscheidung des Senats vom 08.12.2011 aufgeführten Produktgruppen von der Schuldnerin vollständig berücksichtigt wurden. Zu der Bucheinsicht kann die Gläubigerin entweder einen Wirtschaftsprüfer hinzuziehen, oder sie kann – nach Wahl der Schuldnerin – die Bucheinsicht durch den Wirtschaftsprüfer durchführen lassen. Da die Schuldnerin die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit des Buchauszugs durch erhebliche Pflichtverletzungen verursacht hat (siehe oben c) dd), dürften die Kosten der Hinzuziehung eines Wirtschaftsprüfers bei der Bucheinsicht gemäß § 280 Abs. 1 BGB wohl zu Lasten der Schuldnerin gehen (vgl. dazu Emde in Staub, HGB, 5. Auflage 2008, § 87 c HGB, RdNr. 158).
32
dd) Angesichts der weiter bestehenden Ansprüche der Gläubigerin (siehe oben aa, bb und cc) erscheint es denkbar, dass ein auf Kosten der Schuldnerin erstellter vollständig neuer Buchauszug auch im eigenen Interesse der Schuldnerin zweckmäßig wäre. Denn es ist nicht auszuschließen, dass die auf Grund von Einzelansprüchen auf die Schuldnerin zukommenden Kosten höher werden können als die Kosten eines Wirtschaftsprüfers für einen neuen Buchauszug. Aus den oben angeführten Gründen kann dies eine über die angeordneten Ergänzungen hinausgehende Vollstreckung jedoch nicht rechtfertigen.
33
2. Auch die sofortige Beschwerde der Schuldnerin ist im Wesentlichen nicht begründet. Zu Recht hat das Landgericht eine Ergänzung des vorgelegten Buchauszugs im Wege der Ersatzvornahme gemäß § 887 Abs. 1 ZPO angeordnet.
34
a) Die Angaben im Buchauszug zu den Gründen für Stornierungen und Retouren sind aus den oben angeführten Erwägungen unzureichend (siehe oben 1. c bb). Bei der Ergänzung sind die bei der Schuldnerin vorhandenen Unterlagen zu ihren Kundenbeziehungen (insbesondere Vertragsunterlagen, Schriftverkehr und Mailverkehr) auszuwerten.
35
b) Eine Ergänzung ist zudem geboten hinsichtlich der Angaben zu Höhe und Datum der Zahlungseingänge (siehe oben 1. c aa). Da die Verpflichtung der Schuldnerin in der Entscheidung des Senats vom 08.12.2011 (unter I. 2. g des Tenors) tituliert ist, kommt eine Prüfung der Erforderlichkeit dieser Angaben für Provisionsabrechnungen im Vollstreckungsverfahren nicht mehr in Betracht. Dass zur Ermittlung und Zuordnung dieser Daten eventuell ein erheblicher Aufwand erforderlich ist (Schriftsatz der Schuldnerin vom 22.09.2014, I 779), steht der Vollstreckung nicht entgegen. Die Entscheidung des Landgerichts begegnet in diesem Punkt allerdings in formeller Hinsicht gewissen Bedenken. Denn die Gläubigerin hatte im Termin vom 13.06.2014 in diesem Punkt keinen – hilfsweisen – Ergänzungsantrag gestellt. Im Beschwerdeverfahren hat sich die Gläubigerin im Schriftsatz vom 10.10.2014 die Entscheidung des Landgerichts jedoch auch in diesem Punkt zu eigen gemacht (I 843). Die Entscheidung des Landgerichts ist daher auch wegen dieser Ergänzung zu bestätigen.
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c) Gegen die Anordnung einer Vorschusszahlung in Höhe von 2.000,00 EUR bestehen keine Bedenken. Die Schuldnerin hat Einwendungen gegen die Höhe des Vorschusses im Beschwerdeverfahren nicht geltend gemacht. Da es sich um einen Vorschuss handelt, ist die Gläubigerin verpflichtet, die Kosten des Wirtschaftsprüfers später abzurechnen.
37
3. Auf das Rechtsmittel der Gläubigerin ist der Beschluss des Landgerichts – entsprechend dem Antrag der Gläubigerin – insoweit zu ergänzen, als der zu beauftragende Wirtschaftsprüfer erforderlichenfalls berechtigt ist, die Geschäftsräume der Schuldnerin zu durchsuchen. Die Anordnung beruht auf §§ 892, 758, 758 a ZPO. Die Anordnung ist im Zusammenhang mit der Ersatzvornahme geboten.
38
4. Der Senat hat außerdem auf die sofortige Beschwerde der Schuldnerin die Entscheidung des Landgerichts insoweit abgeändert, als der Schuldnerin aufgegeben werden sollte, dem zu beauftragenden Wirtschaftsprüfer Räumlichkeiten und Hilfskräfte zur Verfügung zu stellen. Für eine solche Anordnung sieht der Senat keine Grundlage, da eine Ersatzvornahme auch ohne diese Hilfestellungen der Schuldnerin möglich ist. Im Übrigen ist damit zu rechnen, dass die Schuldnerin aus eigenem Interesse den Wirtschaftsprüfer bei der Erledigung seiner Aufgaben unterstützen wird. Denn je weniger Unterstützung sie leistet, desto höher werden die von ihr im Rahmen der Vollstreckung zu tragenden Kosten.
39
5. Die Formulierungen der Vollstreckungsanordnung hat der Senat zudem in verschiedenen Punkten geringfügig geändert. Dabei handelt es sich lediglich um redaktionelle Klarstellungen.
40
6. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO.
41
7. Die Entscheidung über den Wert des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 3 ZPO.

Der BGH zum Buchauszug

Handelsvertreter in der Finanzdienstleistung und Vertriebe/Versicherungen streiten sich oft um den Buchauszug. Der Inhalt des Buchauszuges ist oftmals streitig. Oftmals wird eingewendet, dass sich die Inhalte bereits aus der Provisionsabrechnung ergeben.

Der Bundesgerichtshof hat am 21.03.2001 unter dem Aktenzeichen VIII ZR 149/99 entschieden, wie ein Buchauszug auszusehen hat. Dabei heißt es:

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für den Zeitraum … einen Buchauszug zu erteilen, der sich auf alle vom Kläger vermittelten Versicherungsverträge, bei welchem in diesem Zeitraum Abschluss, Bestandspflege, Dynamik und sonstige Provisionen fällig geworden sind, erstreckt und er für die einzelnen Verträge folgende Angaben erhält:

  1. Name des Versicherungsnehmers
  2. Versicherungsscheinnummer
  3. Art und Inhalt des Versicherungsvertrages (Sparte, Tarifart, Prämien oder provisionsrelevante Sondervereinbarungen)
  4. Jahresprämie
  5. Versicherungsbeginn
  6. bei Lebensversicherungsverträgen: Versicherungssumme, Eintrittsalter des Versicherungsnehmers und Laufzeit des Vertrages
  7. bei Lebensversicherungsverträgen mit Dynamisierung zusätzlich: Erhöhung der Versicherungssumme, Zeitpunkt der Erhöhung und Erhöhung der Jahresprämie
  8. im Falle von Stornierungen: Datum der Stornierung, Gründe der Stornierung und Art der ergriffenen Bestandserhaltungsmaßnahmen

 

 

 

Komplexe Entscheidung des OLG Stuttgart

Am 01.04.2014 entschied das Oberlandesgericht Stuttgart, dass eine Berufung eines Vertriebs zurückgewiesen wird. Die Parteien stritten um Auskunftsansprüche im Zusammenhang mit einem Handelsvertretervertrag, um die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung und das Bestehen eines Wettbewerbsverbotes. Gegenstand einer Widerklage waren Provisionsansprüche des Beklagten sowie das Verlangen eines Buchauszuges.

Die Klägerin ist eine Vertriebsorganisation, zu der bundesweit ca. 37.000 haupt- und nebenberufliche Handelsvertreter angehören.

Die Klägerin forderte den Beklagten auf, umfassend über seine Tätigkeit als Handelsvertreter Auskunft zu erteilen. Es bestand der Verdacht, der Beklagte sei für ein Konkurrenzunternehmen tätig, sodann kündigte der Vermögensberater den Vertrag ordentlich. Nach Zugang der Kündigung wurde das Provisionskonto gesperrt, sodass der Beklagte keine Provisionszahlungen mehr erhielt.

Sodann kündigte der Vermögensberater fristlos.

Vorgeworfen wurde dem Berater, er sei an einem Flughafen angetroffen worden und er hätte an einer Incentive-Reise eines Konkurrenzunternehmens, der Firma Finance-Plan+ Finanz-und Versicherungsmakler GmbH teilgenommen.

Sodann beantragte der Vertrieb, zu entscheiden, dass der Beklagte Auskunft geben müsse, die fristlose Kündigung unwirksam sei und er zum Schadensersatz verpflichtet sei.

Der Beklagte beantragte widerklagend den Buchauszug und auf der zweiten Stufe Provisionen. Das Landgericht hatte bereits die Klage abgewiesen und der Widerklage auf Erteilung eines Buchauszuges stattgegeben.

Dem schloss sich das Oberlandesgericht an.

Das Oberlandesgericht meinte zwar, dass eine Nachrichtpflicht des Handelsvertreters grundsätzlich gegeben sei. Es bestehe auch eine Berichtspflicht. In diesem Fall gelte diese jedoch nicht.

Schließlich umfasse diese nicht die erfolglosen Bemühungen des Handelsvertreters. Geht man davon aus, dass der Handelsvertreter jedenfalls bei begründetem Anlass auch Auskunft über den Stand seiner Bemühungen sowie die Aussicht auf Geschäftsabschlüsse zu erteilen hat, so ist der Handelsvertreter doch nicht gehalten, über jeden seiner Schritte und Besuche Bericht zu erstatten (vgl. Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 03.03.1971, 2 U 63/70).

Insofern würden die von der Klägerin geltend gemachten Auskünfte ersichtlich zu weit gehen.

Offen bleiben könne, ob die Auskunftspflicht auf den Vorfall am Flughafen gestützt werden kann. Da der Vorwurf, für ein anderes Unternehmen tätig zu sein, vom Beklagten bereits schriftlich zurückgewiesen wurde, wurde die Frage nach einer aktuell bestehenden Konkurrenztätigkeit hinreichend beantwortet und der Auskunftsanspruch erfüllt.

Nicht beantwortet wurde hingegen die Frage, ob der Beklagte den Wechsel zu einem anderen Unternehmen plane. Eine Mitteilungspflicht des Handelsvertreters bestehe nach Ansicht des Gerichts allerdings nicht, wenn dieser eine erlaubte Konkurrenztätigkeit nach Vertragsende aufnehmen will. Eine solche Frage müsse der Beklagte daher nicht beantworten.

Die weiteren Anträge seien deshalb unbegründet, weil die fristlose Kündigung des Beklagten wirksam war und das Vertragsverhältnis beendet war. Außerdem habe sich der Beklagte vom Wettbewerbsverbot so losgeseilt. Dies ist auch wirksam.

Fristlose Kündigungsgründe lagen vor. Eine solche bestehe darin, dass nach Zugang der ordentlichen Kündigung der Zugang zum EDV Netzwerk und der Mail Account gesperrt wurde. Außerdem gab es eine Provisionssperre, d.h. die vertraglich vorgesehene Vorfinanzierung wurde eingestellt. Dies stelle Vertragsverletzungen dar.

Im Übrigen habe der Vertrieb versprochen, das EDV Netzwerk kostenlos zur Verfügung zu stellen.

Eine Abmahnung war vor Ausspruch der Kündigung ausnahmsweise nicht erforderlich. Insofern komme auf den bestrittenen Zugang der Abmahnung nicht an. Nach einer Gesamtschau aller Umstände war nämlich hier die Abmahnung entbehrlich. Das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien war bereits vor Ausspruch der ordentlichen Kündigung gestört, was sich in dem Auskunftsverlangen ausdrückt. Es war nicht zu erwarten, dass die Abmahnung den Vertrieb zu einem Einlenken bewegt hätte. Deshalb ist die außerordentliche Kündigung des Beklagten wirksam.

Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot wurde insgesamt vom Gericht für unwirksam erklärt. Schließlich handele es sich bei den Klauseln im Vertag um Allgemeine Geschäftsbedingungen gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Ein entschädigungsloses nachvertragliches Wettbewerbsverbot weiche vom  wesentlichen Grundgedanken des § 90 a Abs. 1 Satz 3 HGB ab, der gerade eine Entschädigungspflicht normiert, so das seine unangemessene Benachteiligung gemäß § 307 HGB anzunehmen ist.

Der Vertrieb wurde jedoch gemäß § 87 c Abs. 2 HGB zur Erteilung des Buchauszuges verurteilt. Ein Saldoanerkenntnis liege im Übrigen auch nicht vor. Im Übrigen wäre ein solches Anerkenntnis wegen Verstoßes gegen § 87 c HGB unwirksam (Bundesgerichtshof Urteil vom 20.09.2006 Aktenzeichen VIII ZR 190/05).

Das Urteil des Oberlandesgerichts hatte einen Umfang von 35 Seiten. Der Rechtsstreit ist nunmehr an das Landgericht zurückgegeben, damit der Berater seine Provisionsansprüche errechnen kann.

 

Salomon in Landshut

Ein eher salomonisches Urteil fällte das Landgericht Landshut kürzlich.

Die DVAG verlangte Provisionsvorschüsse zurück. Der ausgeschiedene Vermögensberater wollte widerklagend einen Buchauszug, weil er meinte, noch Ansprüche zu haben.

In der ersten Instanz wurde er zur Zahlung verurteilt. In der zweiten Instanz wurde in der mündlichen Verhandlung erörtert, ob dem Berater noch Dynamikprovisionen zustehen würden.

Das Landgericht kam zu dem Ergebnis, dass der Berater erstmals die Provisionen zurückzahlen soll, aber gleichzeitig die DVAG einen Buchauszug zu erteilen habe.

Der Inhalt des Buchauszuges erstreckt sich auch auf Informationen, die zur Vorbereitung der Berechnung von Dynamikprovisionen dienen. Das Landgericht wollte jedoch noch nicht abschließend entscheiden, ob tatsächlich die Ansprüche auf Dynamikprovisionen bestehen. Dies müsste im Streitfall erst in einem weiteren Verfahren klargestellt werden.

Die letzte Entscheidung zu dem Thema?

Das Amtsgericht Waiblingen hatte am 18.03.2014 entschieden, dass ein Rechtsstreit der DVAG gegen einen ehemaligen Vermögensberater von der zuständigen Arbeitsgerichtsbarkeit zu entscheiden sei. Es war wohl die allerletzte gerichtliche Entscheidung über dieses Thema, zumal der Bundesgerichtshof hier bereits eine grundsätzliche Entscheidung gefällt hatte.

Der Bundesgerichtshof hatte die Auffassung vertreten, dass Vermögensberater keine sogenannten Einfirmenvertreter seien und deshalb nicht die Arbeitsgerichte, sondern die Zivilgerichte zuständig seien.

Auch deshalb wurde die Entscheidung des Amtsgerichts Waiblingen vom 18.03.2014 wieder aufgehoben. Nachdem sofortige Beschwerde eingelegt wurde, erklärte sich dann das Amtsgericht Waiblingen für zuständig.

Tippgebung oder doch Vermittlung?

Das Landgericht Frankfurt schmeißt Tippgebung und Vermittlung in einen Topf.

Am 18.03.2015 hatte das Landgericht Frankfurt darüber zu entscheiden, ob Vermittlung und Tippgebung identisch ist. Hintergrund war, dass einem Handelsvertreter Fremdvermittlung vorgeworfen wurde. Die Klägerin verlangte Auskunft über die Vermittlung, die Beklagte sagt, nicht anderweitig tätig gewesen zu sein.

Dem Gericht wurde deutlich gemacht, dass sich die Auskunft der Klägerin nur auf die Vermittlung beziehe, nicht auf die Tippgebung.

Nun soll sie die Auskunft eidesstattlich versichern, weil an der Auskunft Zweifel bestehen.

„Bereits ausgehend vom natürlichen Sprachgebraucht stellt sich die im Tippgeber Vertrag beschriebene Tätigkeit der Klägerin als eine Vermittlung dar, worauf sich auch das Auskunftsbegehren bezogen hat. Nach dem natürlichen Sprachgebrauch ist nämlich unter einer Vermittlung allgemein lediglich die Herstellung einer Verbindung zu verstehen. Eine Vermittlung muss daher nicht – und darauf scheint es die Klägerin abzustellen – stets unmittelbar erfolgen, sondern eine Vermittlung kann auch mittelbar der Gestalt erfolgen, dass die Klägerin Kontakte zischen einen potentiellen Versicherungsnehmer und einen Versicherungsvermittler oder einem Versicherungsunternehmer herstellt und sodann im Falle – so der original Wortlaut des Tippgeber Vertrages „für die Vermittlung von Kunden an die Gesellschaft“ eine Provision erhält. Entscheidend ist nach Auffassung der Kammer, dass die Klägerin nach dem Inhalt des Tippgeber Vertrages eine Verbindung zwischen einen Versicherungsvermittler oder einen Versicherungsunternehmen und einen Kunden herstellt, und im Fall des Abschlusses einen Vertrages eine Provision erhält, was nach Auffassung der Kammer als Vermittlung anzusehen ist… Soweit die Klägerin darauf abstellt, dass nach aufsichtsrechtlichen Vorschriften und insbesondere nach der Auffassung der BAFIN eine Tippgeber Vereinbarung keine Vermittlung im Sinne des $ 34 d Gewerbeordnung darstelle, ist dies für das streitgegenständliche Auskunftsbegehren der Beklagten ohne Belang. Die Kammer legt den Begriff des Vermittelns nicht an ausschließlich rechtliches Verständnis, sondern den üblichen Sprachgebrauch zu Grunde.“

Heinrich Maria Schulte muss für 8,5 Jahre ins Gefängnis

Das Landgericht Hamburg hat heute in einem noch nicht rechtskräftigen Urteil den ExChef des WölbernInvest, Heinrich Maria Schulte,  zu 8 1/2 Jahren Haft verurteilt. So schreibt es das Manager Magazin.

Im Firmengeflecht der Wölbern Invest soll er in großem Stil gewerbsmäßige Untreue begangen haben. Nach Überzeugung des Gerichts hat der 61-jährige Arzt und Unternehmer in 327 Fällen mehr als 147 Millionen Euro aus dem Vermögen zahlreicher Fonds abgeschöpft und zweckentfremdet.

Von den 147 Millionen Euro soll Schulte nach Darstellung des Vorsitzenden Richters 50 Millionen Euro privat vereinnahmt haben. Den Rest habe er in Gesellschaften umgeleitet, an denen er selbst beteiligt oder deren Geschäftsführer er gewesen sei. Verschwunden sind den Angaben zufolge 115 Millionen Euro. Betroffen sind rund 35.000 Anleger, die etwa 1,1 Milliarden Euro investiert haben.

Das Manager Magazin stellt auch gleich einen Vergleich an: Gegen Uli Hoeneß ging es vor etwa einem Jahr um Steuerhinterziehung in Höhe von etwa 28,5 Millionen Euro (3 1/2 Jahre Haft). Bei Ex-Topmanager Thomas Middelhoff standen Ende 2014 Untreuevorwürfe im Volumen von nicht einmal einer Million Euro im Raum (3 Jahre Haft).

Urteil mit Fehlern

Das Amtsgericht Frankenberg verkündete am 12.02.2015 ein überraschendes Urteil.

Ich hatte bereits darüber berichtet, dass es hier eine Zeugenvernehmung gegeben hat, die in sich völlig unterschiedliche Bewertungen zuließ.

In dieser Entscheidung wurde ein Vermögensberater verurteilt, einen Provisionsvorschuss zurückzuzahlen.

Vertrieb und Vermögensberater hatten einen Handelsvertretervertrag geschlossen, und anschließend einen Aufhebungsvertrag. Das Gericht ging davon aus, dass sich die Parteien der Regelungen des Vermögensberatervertrages weiter bedienen wollten, soweit sich aus ihnen die Abwicklungsmodalitäten ablesen lassen.

Der Aufhebungsvertrag sollte dem Vermögensberater „zum Verhängnis“ werden. Das Gericht meinte, dass bei der Beurteilung der Nachvollziehbarkeit, Vollständigkeit und Richtigkeit der Abrechnungen zu berücksichtigen war, dass die Parteien in der Vergangenheit ihr Vertragsverhältnis dahingehend gelebt haben, dass die Abrechnungen akzeptiert und vom Beklagten nicht in Zweifel gezogen, sondern vielmehr zur Grundlage des Aufhebungsvertrags gemacht wurden.

Mithin sind Zweifel, die aktuell behoben wurden, ausgeschlossen.

Schließlich habe der Vermögensberater gemäß Vertrag unverzüglich die Abrechnungen binnen 3 Wochen zu prüfen. Hier meinte das Gericht, er habe die Abrechnungen nicht innerhalb der Frist beanstandet.

Hier begeht das Gericht einen erheblichen Gedankenfehler: Die herrschende Rechtsprechung ist der Rechtsauffassung, dass das Schweigen, nachdem man eine Provisionsabrechnung erhalten hat, kein Anerkenntnis darstellt.

Das Gericht meinte weiter: „Darüber hinaus dürfte sich die einseitige Änderung des Multiplikationsfaktors zur Berechnung der Provision im Verhältnis zum Wert des abgeschlossenen Vertrages, auf die zum Soll gestellten Forderungen der Klägerin nicht unmittelbar ausgewirkt haben, weil insoweit sowohl die Auszahlungen als auch die Rückstellungen ebenfalls auf dem niedrigeren Faktor beruhen dürften.

Zweiter Fehler des Gerichts: Das Gericht stellt hier auf eine Provisionskürzung von 24 Promille auf 22 Promille für die Vermittlung von Lebensversicherungen ab ohne dass man den Satz des Gerichtes verstehen könne, meinte es, dass es im Ergebnis egal wäre, ob dem Berater 24 Promille oder 22 Promille zustehen würden.

Hier beweist das Gericht, dass es die Abrechnungsmodalitäten nicht verstanden hat.

Im Übrigen meinte, dass Gericht, dass die Provisionsänderungen dem Beklagten zum Zeitpunkt des Abschlusses des Aufhebungsvertrages bekannt war. Auch hier bringt das Gericht einiges durcheinander.

In Anschluss daran hat sich das Gericht mit den Pflichten der Nachbearbeitung notleidender Versicherungsverträge auseinandergesetzt. Das Gericht meint, dass die Klägerin hier alles erforderliche getan hätte. Das Gericht meint zu all den Anforderungen, dass diese in doppelter Weise genügt wurden, indem sowohl durch die Aachen Münchener Versicherung Schreiben an die Versicherungsnehmer versandt wurden, als auch durch sie Stornogefahrmitteilungen an die Nachfolger des Beklagten.

Nächster Fehler des Gerichts: Der BGH wies ausdrücklich darauf hin, dass man sich nicht darauf verlassen dürfe, dass ein Bestandsnachfolger sich um die Rettung der Verträge bemühe, wenn er einfach nur durch eine E-Mail informiert würde.

Das Gericht meinte jedoch, dass es nicht einmal darauf ankomme, ob die Klägerin tatsächlich den Anforderungen an die Bestandserhaltungsmaßnahmen genügt habe, weil nach einer Beweisaufnahme sich herausgestellt habe, dass diese zu keinem Erfolg hätten führen können.

Im Übrigen meinte das Gericht, dass bei sogenannten Kleinstprovisionen (das Gericht ging von 100 € aus) überhaupt keine Nachbearbeitung erforderlich wäre.

Ferner meinte das Gericht, dass Nachbearbeitungen sinnlos wären, in denen es den Versicherungsnehmern um eine persönliche Bindung an den Versicherungsnehmer ginge. Dies galt auch für eine Kundin, die Aussagte, ihr sei bei ihren Entscheidungen die Verwandtschaft zum Beklagten wichtig und die besseren Angebote.

Warum „die besseren Angebote“ nicht auch von der Klägerin hätten kommen können, verriet das Gericht nicht.

Eine weitere Kundin sagte, dass ihr das Vertrauen in den Beklagten so wichtig gewesen sei, dass sie deshalb nicht an den von der Klägerin vermittelten Verträgen habe festhalten wollen.

Ein weiterer Kunde sagte, dass er deshalb gewechselt habe, weil er ein besseres Angebot eines anderen Anbieters erhalten habe.

Warum das Gericht hier es nicht für erforderlich hielt, eine Nachbearbeitung vorzunehmen, um Vertrauen aufzubauen und um Angebote evtl. nachzubessern, verriet das Gericht nicht. Gerade deshalb ist doch eine Nachbearbeitung erforderlich!

Alles in allem eine sehr zweifelhafte Entscheidung.