Urteile vorgestellt von RA Kai Behrens

Ausgleichsanspruch auch für vermittelnde Arbeitnehmer?

Angestellte Vermittler, die Provisionen beziehen, haben einen Anspruch auf einen Buchauszug. Dieser ist also nicht allein für Handelsvertreter vorbehalten.

Handelsvertreter haben, sofern die weiteren Voraussetzungen des § 89 b HGB vorliegen, einen  Ausgleichsanspruch.

Gem. § 89 b HGB analog haben auch Vertragshändler einen Ausgleichsanspruch. Dies entschied der BGH bereits am 13.1.2010 und hat diese Rechtsprechung mehrfach wiederholt. Auch hier kann der Ausgleichsanspruch kann im Vorhinein gem BGH vom 25.2.2016 nicht ausgeschlossen werden.

Die analoge Anwendung könnte auch bei Markenlizenzverträgen anwendbar sein.

Voraussetzung für eine analoge Anwendung ist, dass sich das Rechtsverhältnis zwischen ihnen und dem Hersteller oder Lieferanten nicht in einer bloßen Käufer-Verkäufer-Beziehung erschöpft, sondern der Händler in der Weise in die Absatzorganisation des Herstellers oder Lieferanten eingegliedert war, dass er wirtschaftlich in erheblichem Umfang dem Handelsvertreter vergleichbare Aufgaben zu erfüllen hatte, und der Händler zum anderen verpflichtet ist, dem Hersteller oder Lieferanten seinen Kundenstamm zu übertragen, so dass sich dieser bei Vertragsende die Vorteile des Kundenstamms sofort und ohne weiteres nutzbar machen kann (BGH).

Könnte aber dann nicht auch ein Arbeitnehmer, dessen Hauptaufgabe die Vermittlung von Finanzdiesntleistungen ist, auch analog einen Ausgleichsanspruch haben?

Einige Versicherer beschäftigen ihre Vermittler mit einem kleinen Grundgehalt und den überwiegenden Teil als Provision. Ist nicht auch ein solcher Vermittler in die Absatzorganisation eingebunden, und hat er nicht auch Aufgaben wie ein Handelsvertreter zu bewältigen und muss nicht auch er den Kundenstamm am Ende dem Unternehmen übertragen?

Vielleicht steht diese Frage in Kürze zur Klärung an.

Auch Angestellte haben einen evtl. Anspruch auf einen Buchauszug

Handelsvertreter haben einen Anspruch auf einen Buchauszug, und Angestellte, die Provisionen beziehen, auch.

Dies ergibt sich nicht nur aus § 87c Abs. 2, 65 HGB, sondern auch aus einer aktuellen Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes Hamm vom 14.3.2017 unter dem Az. 14 Sa 1397/16.

Der Handelsvertreter kann bei der Abrechnung einen Buchauszug über alle Geschäfte verlangen, für die ihm nach § 87 HGB Provision gebührt. Dies gilt entsprechend für Arbeitnehmer, die auf Provisionsbasis tätig sind. Voraussetzung ist die sogenannte Provisionsrelevanz, also die Möglichkeit, dass dem Vertreter aus dem Vertragsverhältnis ein Anspruch auf Provision, über welche der Unternehmer bzw. Arbeitgeber bereits abzurechnen hat, oder auf Schadensersatz wegen entgangener Provision zustehen kann.

In dem Fall des LAG Hamm hatte der Arbeitnehmer dennoch einen Buchauszug nicht enthalten. Er wollte diesen nämlich für den Ausgleichsanspruch, nicht für die Provisionen.

Zunächst machte sich das Gericht unnötigerweise viele Gedanken dazu, ob denn der Buchauszug überhaupt gewährt werden müsse, um einen Ausgleichsanspruch zu berechnen. Dies ist in der Rechtsprechung durchaus umstritten.

Aber darauf kam es hier vorliegend gar nicht an. Denn der klagende Arbeitnehmer brauchte gar keinen Buchauszug, um seinen Ausgleichsanspruch berechnen zu können.

Dass auch Arbeitnehmern grundsätzlich ein Buchauszug zusteht, dürfte viele freuen. Mit der entsprechenden Begründung hätte der Kläger hier den ja auch erhalten.

Insbesondere Arbeitnehmer, die ihren Arbeitgeber verlassen, sollten sich überlegen, ob sie nicht den Buchauszug als Sicherungs des „status quo“ anfordern.

Ein Arbeitnehmer, der für die Ergo tätig war, erhielt deshalb von dieser eine Abweisung, weil er mit dem Buchauszug zu spät käme. Dafür gibt es eine tarifvertragliche Frist von einem halben Jahr. Wer zu spät kommt, bekommt den Buchauszug nicht mehr.

Auch bei einem Wechsel sollte man darüber nachdenken, einen Buchauszug anzufordern. In diesem Zeitraum wechseln viele Arbeitnehmer, die zuvor für die Generali tätig waren, zur DVAG. Vielleicht wäre es hier wichtig, den status quo zum Zeitpunkt des Übergangs festzuhalten.

Und wieder der Ausgleichsanspruch

Wenn ein Handelsvertreter selbst kündigt, könnte er dennoch einen Anspruch auf einen Ausgleichsanspruch haben. Dann nämlich, wenn das Unternehmen Anlass zur Kündigung gab.

Dass die Erwartungen von Handelsvertretern, was den Begriff Anlass angeht, nicht zu hoch gesteckt werden dürfen, hat jüngst das OLG München entschieden.

Hier geht es zur Entscheidung 19.05.2016 – 16 HK O 13480/15

Ausbildungskosten vom Handelsvertreter u.U. nicht zurückzuzahlen

Das Amtsgericht Münster entschied kürzlich, dass ein Handelsvertreter seinem Vertrieb die Ausbildungskosten nicht erstatten muss, wenn er vorzeitig die Zusammenarbeit beendet. Man stritt um folgende Klausel im Handelsvertretervertrag:

„Eine Kostenerstattungspflicht für interne Akademiekosten bestehen nicht, es sei denn, der Berater scheidet innerhalb von drei Jahren ab Ausbildungsbeginn aus dem Unternehmen aus und tritt danach innerhalb von sechs Monaten in den direkten Wettbewerb mit XXX ein. Nur dann ist er zur Erstattung eines Teilbetrages der tatsächlich auf ihn entfallenen und oben genannten Ausbildungs- und Übernachtungskosten in Höhe von bis zu pauschal 5.000,00 € verpflichtet“.

Der Handelsvertreter zahlte nicht und wurde verklagt. Das Amtsgericht Münster hatte entschieden, dass er auch nicht zu zahlen hatte. In seiner Entscheidung berief sich das Amtsgericht Münster auf eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes vom 11.04.2006 unter dem Aktenzeichen 9 AZR 610/05. Dort hatte das Gericht entschieden:

Eine vom Arbeitgeber in einem Formular-Arbeitsvertrag aufgestellte Klausel, nach welcher der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber getragene Ausbildungskosten bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne jede Rücksicht auf den Beendigungsgrund zurückzahlen muss, ist unwirksam“.

Für die Wirksamkeit einer solchen Klausel müsste diese beinhalten, warum und von wem der Vertrag gekündigt wird. Ansonsten werde der Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt.

Das Bundesarbeitsgericht führte seinerzeit aus: „Die Klausel unterscheidet nicht danach, ob der Grund der Beendigung des wäre des Arbeitgebers oder der des Arbeitnehmers zuzurechnen ist. Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zu gewähren. Das BAG erkannte zwar auch, dass Rückzahlungsabreden für Aus- und Fortbildungskosten nicht generell unangemessen sind. Wenn diese jedoch die Berufswahlfreiheit des Arbeitnehmers beeinträchtigen, können sie unwirksam sein.

 Insgesamt muss die Rückzahlungspflicht im Rahmen einer Interessensabwägung geprüft werden. Eine Rückzahlungsklausel stellt nur dann eine ausgewogene Gesamtregelung dar, wenn es der Arbeitnehmer in der Hand hat, durch eigene Betriebstreue der Rückzahlungspflicht zu entgehen.“

Brisant wird es bald in einem Rechtsstreit, in dem ein Vertrieb die gesamten noch nicht verdienten Vorschüsse bei Vertragsende – ohne Rücksicht auf den Grund  – zurückverlangt. Dies wurde so in dem Vertrag formularmäßig geregelt.  Ich werde berichten.

Softwarepauschale und Ipadnutzungsgebühr

Am 27.11.2017 urteilte das AG Frankfurt, dass die DVAG einem ehemaligen Vermögensberater auf dessen Diskontkonto einen Betrag in Höhe von 2.337,31 € gutzuschreiben hat.

Der Berater verlangte in Form der Klage die Rückerstattung von einbehaltenen Softwarekosten. Das Provisionskonto wurde mit Softwarenutzungskosten in der Klagehöhe belastet. Diese Softwarepauschalen wurden seit 2007 von den Außendienstmitarbeitern erhoben.

Das Urteil wurde damit begründet, dass ein Anspruch auf Rückbuchung gem. § 812 BGB aus Gründen der ungerechtfertigten Bereicherung zustehe. Die DVAG habe nämlich keinen Anspruch gegen den Kläger auf Zahlung der Softwarepauschale. Eine Zustimmung hat der Berater auch nicht durch Anklicken eines sog. Pop-Up-Fensters abgegeben. Eine solche Zustimmung würde nämlich auf Grund des Verstoßes gegen das vertraglich vereinbarte doppelte Schriftformerfordernis verstoßen. In dem Vertrag verpflichtet sich die Beklagte u.a., dem Berater ihr EDV-Netzwerk kostenlos zur Verfügung zu stellen. Es kann deshalb dahinstehen, ob die Beklagte auch nach § 86 a) HGB verpflichtet gewesen wäre, dem Kläger ihr Onlinesystem anzubieten.

Während des Prozesses hatte dann die Beklagte einen Betrag in Höhe von 1.645,04 € dem Provisionskonto gutgeschrieben und gleichzeitig wieder abgezogen. Dort tauchte der Buchungsvermerk „Nutzungsgebühr I-Pad“ auf. Das Gericht meinte jedoch, dass der Beklagten unstreitig kein Anspruch auf eine solche Nutzungsgebühr zustehe. Deshalb hatte diese Gutschrift und gleichzeitige Belastung auf das Endergebnis keinen Einfluss.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

BGH: Buchauszug verjährt mit letzter Abrechnung

In einer Entscheidung vom 03.08.2017 hat der Bundesgerichtshof unter dem Az VII ZR 32/17 bezüglich des Anspruchs des Handelsvertreters auf einen Buchauszug einige Streitfragen gelöst.

Vor den Gerichten ist es immer wieder streitig, wann der Anspruch auf einen Buchauszug verjährt.

Und schon wird nach dieser Entscheidung auf einer anderen Ebene gestritten.

Es wurde in der Entscheidung klargestellt, dass der Unternehmer verpflichtet ist die Provisionen des Handelsvertreters laufend abzurechnen (§87c Abs. 1 Satz 1 HGB). Da der Handelsvertreter jedoch nicht immer sicher sein kann, ob die Abrechnungen (welche mindestens alle drei Monate, regelmäßig monatlich erstellt werden müssen) alle relevanten Geschäfte enthalten, hat er zu jedem Zeitpunkt auch ohne besonderen Grund das Recht vom Unternehmer einen Buchauszug zu verlangen.

Dieser muss Auskunft über alle relevanten Informationen geben, welche für die Berechnung der Provisionen von Bedeutung sein können.

Für den Unternehmer bedeutet dies einen erheblichen personellen und zeitlichen Zusatzaufwand, was dazu führt, dass der Anspruch von Seiten des Handelsvertreters als Druckmittel verwendet werden könnte.

In der Entscheidung beschäftigte sich der Bundesgerichtshof vor allem mit den Fragen der Verjährung des Anspruchs auf den Buchauszug.

Dazu wurde klargestellt, dass der Anspruch auf den Buchauszug ein selbstständiger Anspruch gem. §87c Abs. 2 HGB sei, welcher als solcher grundsätzlich auch selbstständig verjähren kann. Diese Verjährung tritt nach §§195, 199 Abs. 1 BGB regelmäßig nach drei Jahren ab dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch entsteht und der Handelsvertreter Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen erlangt, ein.

Dennoch wird der Anspruch als „Hilfsanspruch“ eingeordnet, welcher dazu dienen soll, Provisionsansprüche durchzusetzen. Aufgrund dessen hängt die Verjährung von der Verjährung der Provisionsansprüche ab. Der Anspruch wird gegenstandslos, wenn der Provisionsanspruch untergeht.

Im Einzelnen:

  • Der Anspruch entsteht, sobald er erstmals geltend gemacht werden kann, was der Fall ist, wenn der Anspruch fällig wird. Fällig wird der Anspruch, wenn der Provisionsanspruch fällig wird.

 

  • Der Anspruch auf einen Buchauszug entsteht nicht erst mit Beendigung des Vertragsverhältnisses. Der Handelsvertreter kann jederzeit den Buchauszug geltend machen. Insbesondere stellt das Verlangen nach dem Buchauszug keinen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung dar, auch wenn durch diese Forderung das Verhältnis zwischen Unternehmer und Handelsvertreter belastet werden könnte.

 

  • Die Voraussetzung für den Beginn der Verjährung ist die „vollständige und abschließende Abrechnung über die provisionspflichtigen Geschäfte in einem bestimmten Zeitraum“ (Oberlandesgericht München, 14.07.16, Aktenzeichen: 23 U 3764/15). Das Merkmal „abschließend“ setzt voraus, dass die Abrechnung ohne Einschränkungen und Vorbehalte erteilt wird. Sie umfasst die konkludente Erklärung des Unternehmers, dass keine weiteren Provisionen abrechenbar sind.

 

  • Der Bundesgerichtshof stellte klar, dass der Anspruch auf den Buchauszug nicht damit entsteht, dass der Unternehmer die Abrechnungserteilung verweigert. Die Abrechnungsforderung und der Anspruch auf den Buchauszug sind unabhängig voneinander und können getrennt, gemeinsam oder im Wege einer Stufenklage geltend gemacht werden.

 

  • Es ist nicht erforderlich, dass der Handelsvertreter Zweifel an den Abrechnungen oder die Unvollständigkeit dieser geltend macht. Der Buchauszug kann immer verlangt werden und ist gerade dafür da, die Abrechnungen zu prüfen.

 

  • Der Anspruch hängt nach BGH auch nicht davon ab, dass der Handelsvertreter diesen einfordert. Der Unternehmer selbst kann ohne Aufforderung einen Buchauszug erteilen.

 

  • Ausschlussfristen, welche die Verjährungszeit betreffen gelten (sofern sie wirksam sind, was gesondert geprüft werden muss) auch für den Buchauszug.

 

  • Wird der Buchauszug unvollständig oder unbrauchbar erteilt, so hat der Handelsvertreter einen Anspruch auf Nachbesserung oder Neuerteilung.

 

Wenn der Handelsvertreter sichergehen will, dass keine Provisionen verschenkt werden, sollte er mindestens alle drei Jahre einen Buchauszug einfordern. Dies wiederum könnte jedoch zu einem angespannten Vertragsverhältnis führen.

„Ich stelle aktives Tagesgeschäft ein“ ist keine Kündigungserklärung

In einem Berufungsverfahren zwischen einem Handelsvertreter und dem Unternehmen, für das er tätig ist, hatte das Oberlandesgericht München am 26.10.2017 über eine vermeintliche Kündigung zu entscheiden.

Der Handelsvertreter hatte dem Geschäftsführer des Unternehmens in einer E-Mail mitgeteilt, „dass er sich entschieden habe, das aktive Tagesgeschäft einzustellen, aber seine Kunden und die akquirierten Kontakte weiter bearbeiten wolle“. Außerdem führte er aus, dass man in Kürze klären wolle, wie seine Tätigkeit im Einzelnen weiter ausgestaltet werden sollte. Im Betreff der E-Mail hieß es unter anderem „Vorab-Info, alles weitere in Kürze“.

Diese Mail wollte das Unternehmen als Kündigung werten.  Dies sah das Oberlandesgericht jedoch anders.

Eine Kündigung sei eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung und müsse so ausgelegt werden, wie sie ein objektiver Empfänger verstehen darf. Hier dürfe nicht, wie vom Unternehmen, auf den für den Empfänger günstigsten Sinn abgestellt werden, sondern es sei eine rein normative, objektive Auslegung geboten.

Danach lasse sich nicht darauf schließen, dass der Handelsvertreter das Vertragsverhältnis mit der E-Mail beenden wollte. Hier hatte der Handelsvertreter jedoch vorerst nur mitgeteilt, dass er keine Neuakquise mehr durchführen wolle. Da er ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass er seine Bestandskunden weiter betreuen wird, kann – so das Oberlandesgericht – nicht von einer Kündigung ausgegangen werden.

Es handele sich lediglich um eine „Formulierung seiner Vorstellungen zu der weiteren vertraglichen Beziehung“. Dies könnte als Vertragsänderungsvorschlag oder ggf. als Ankündigung einer Vertragsverletzung gewertet werden, nicht jedoch als Kündigung.

Auch die Tatsache, dass nach der Rechtsprechung ein Handelsvertreterverhältnis formlos und konkludent beendet werden kann ließe hier nicht die Annahme einer Kündigung zu. Denn auch dann müsse sich jedenfalls konkludent der Erklärungswert einer Kündigung entnehmen lassen. Hier jedoch ging es nur um die Ankündigung eines Untätigwerdens.

Ob der Handelsvertreter nach der Mail tatsächlich untätig blieb, ist nach Ansicht des Oberlandesgerichtes nicht relevant. Die reine Untätigkeit könne keine konkludente Kündigung sein.

Von dem Unternehmen wurde zusätzlich noch vorgebracht, dass der Handelsvertreter bei einem Kundenbesuch nicht die Visitenkarte des Unternehmens, sondern eine andere abgegeben hatte. Doch auch dies ließ das Oberlandesgericht nicht darauf schließen, dass eine Kündigung vorlag. Aus seinem Verhalten lasse sich lediglich eine „innere Einstellung“ zum Unternehmen erkennen, eine Kündigung könne man jedoch nicht hinein interpretieren.

Demnach stellte das Oberlandesgericht fest, dass das Handelsvertreterverhältnis weiterhin fortbesteht.

Dem Handelsvertreter wurde ein Anspruch auf einen Buchauszug zugesprochen, für dessen Inhalt die Tatsache, ob das Vertragsverhältnis fortbesteht von Bedeutung war.

OLG Celle: Leichterer und mehr Ausgleichsanspruch bei Bestandsübernahme

In einem Urteil vom 16.02.2017 schuf das Oberlandesgericht Celle unter dem Aktenzeichen 11 U 88/16  neue Grundlagen für die Gewährung des Ausgleichsanspruchs gem. § 89 b) HGB.

Dies betrifft alle Handelsvertreter, die einen Bestand übernommen haben.

Einen Ausgleich für einen übernommenen Bestand erhält der Handelsvertreter gem. § 89 b) Abs. 1, Satz 2 HGB nur dann, wenn der Werbung eines neuen Kunden es gleich steht, wenn der Handelsvertreter die Geschäftsverbindung mit einem Kunden so wesentlich erweitert hat, dass sie wirtschaftlich der Werbung eines neuen Kunden entspricht.

Die höchstinstanzlichen Gerichte hatten bisher entschieden, dass dazu eine 100%ige Umsatzsteigerung erforderlich ist. Nur dann also, wenn ein Kunde, der durch den Handelsvertreter betreut wird, den Umsatz verdoppelt, steht dem Handelsvertreter für diesen Kunden ein Ausgleichsanspruch zu. In der o.g. Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle hatte das Gericht ausgeurteilt, dass ein solcher Ausgleichsanspruch für einen Kunden bereits dann gegeben ist, wenn „nur“ eine 50%ige Umsatzsteigerung festzustellen ist.

Ein Handelsvertreter, der bestimmte Markenprodukte an Apotheken und Kosmetikinstitute vertrieb, hatte einen Ausgleich auch für drei Kunden geltend gemacht, bei denen eine Umsatzsteigerung zwischen rund 58 % und 76 % lag. Das OLG Celle entschied, dass dem Handelsvertreter im Rahmen der Rohausgleichsberechnung auch für diese drei Kunden ein Ausgleich zustehe. das gericht begründete dies mit dem europäischen Recht. Eine nationale Rechtsprechung, wonach eine Umsatzverdoppelung erforderlich sei, entspreche nicht der Handelsvertreterrichtlinie (RL 86/653/EWG), auf der das deutsche Handelsvertreterrecht beruht. Dort nämlich werde nur eine wesentliche Erweiterung der Kundenbeziehung verlangt. Als wesentliche Erweiterung seien nach Ansicht des Gerichts aber auch diejenigen Umsatzsteigerungen anzusehen, die einen Prozentsatz von mehr als 50 % erzielten.

Das OLG Celle schließt sich damit einer Auffassung an, die schon länger darauf hingewiesen hat, dass der Wortlaut des Paragrafen 89b Abs. 1 Satz 2 HGB nicht mit dem der europ. Richtlinie konform gehe und es auf eine Umsatzverdoppelung nicht ankommen dürfe. Das Urteil wurde inzwischen rechtskräftig.

Über diese Entscheidung dürfen sich viele freuen, die als Handelsvertreter einen Bestand übernommen und „ausgebaut“ haben. Die Bestandsübernahme ist in vielen Branchen, in denen Warenvertreter und Bezirksvertreter tätig sind,  ja noch üblich.

Ebenso freuen dürfen sich die Versicherungsvertreter, die einen Bestand übernehmen oder ihren Bestand zu einem neuen Vertrieb mitbringen. Die DVAG hat beispielsweise in einer Nachfolgeregelung Vermögensberatern in Aussicht gestellt „nach Erreichen des 60. Lebensjahres und vor Vollendung des 70. Lebensjahres“ unter bestimmten Bedingungen „die Betreuung der von ihm betreuten Kunden auf andere Vermögensberater“ zu  übertragen. Würde das OLG Celle entscheiden, dürfte sich der Übernehmende freuen.

Eine Übertragung von Kunden findet auch statt, wenn ein Vertrieb ausgegliedert wird, z.B. als der Vertrieb der Central Krankenversicherung und der AachenMünchner auf die DVAG überging. Ein ähnliches Prozedere findet jetzt zwischen DVAG und Generali statt, wenn die DVAG den Generali-Vertrieb übernehmen wird. Viele Generalis fragen sich, was bei der vorstehenden Übernahme mit dem Ausgleichsanspruch wird. Da die Kunden ja bereits bei der Generali aufgebaut wurden, und der wechselnde Berater seinen alten Bestand „übertragen bekäme“, könnte ein frischer Wind in der Rechtsprechung, mit dem OLG Celle als Vorbild, nötig sein.

Viele Handelsvertreter erleben bei der Bestandsübertragung sonst ihr blaues Wunder, wenn wie bisher verlangt würde, dass sich der Umsatz tatsächlich verdoppeln müsste, um am Ende einen finanziellen Ausgleich zu bekommen.

OLG Brandenburg zur Frage, wer in einem Struktursystem die Besuchsaufträge zu erhalten hat

In einem Verfahren vor dem Brandenburgischen Oberlandesgericht stritt ein sogenannter Untervertreter gegen ein Unternehmen, welches Hauptvertreterin war. Das OLG Brandenburg entschied mit Urteil vom 10.1.2013,

Zum Sachverhalt:

Das Unternehmen war seinerseits vertraglich mit verschiedenen Versicherungsgesellschaften verbunden und beschäftigte zur Vertragsvermittlung eben diese Untervermittler.

Zwischen den Parteien bestand ein gängiger Vermittlungsvertrag, welcher unter anderem beinhaltete,

dass die Provision erst dann verdient werde, wenn der Endkunde die Prämien vollständig geleistet hat und die Hauptvertreterin ihrerseits von der Versicherungsgesellschaft die Provision erhalten habe,

dass die Hauptvertreterin ein Konto für den Untervertreter führt,

dass sie dem Untervertreter Abrechnungen zusendet, welche dieser prüfen und bei Fehlern auf solche hinweisen muss (mit Frist zum 31. März des Folgejahres) und,

dass der Untervertreter innerhalb einer Frist von 14 Tagen einen Vertrag nachbearbeiten muss, der in Stornogefahr gerät, sobald er von der Hauptvertreterin darüber in Kenntnis gesetzt wird. Geschieht eine solche Nachbearbeitung nicht innerhalb der Frist, so entfällt die Provision.

Zudem wurde dem Untervertreter angeboten, einen Zugang zu einem firmeninternen Online-System zu kaufen. Davon hat er jedoch keinen Gebrauch gemacht. Mitteilungen, die ihn betrafen, wurden an seine „Führungskraft“, also die ihm übergeordnete Person gesandt.

Die Parteien hatten einen Zusatzvertrag über „Internetleads“ abgeschlossen. Diese wurden von der Hauptvertreterin angeboten. Es handelte sich um Datensätze von potentiellen Kunden, welche die Hauptvertreterin ihrerseits ebenfalls erworben hatte.

Die Hauptvertreterin hatte mit der Klage Provisionsvorschüsse von Verträgen, die storniert worden waren, zurückgefordert.

Der Untervertreter hatte dem gegenüber gestellt, dass die Ansprüche nicht entstanden seien, da er keinen Buchauszug gem. §87c Abs. 2 HGB erhalten habe.

Er hatte überdies die Rückzahlung der Kosten für die „Internetleads“ verlangt, da diese mangelhaft gewesen seien und der Vertrag über diese Daten gegen §86a Abs. 1 HGB verstoße.

Außerdem behauptete er Schadensersatzansprüche in Höhe der Provisionsvorschüsse, da ihm keine Stornogefahrmitteilungen zugegangen seien.

Die Entscheidung:

Bezüglich der „Internetleads“ lehnte das Oberlandesgericht den Rückzahlungsanspruch ab.

Die Hauptvertreterin sei keinesfalls verpflichtet, dem Untervertreter potentielle Kunden zu benennen, sodass ein Ausschluss gem. §86a Abs. 1 HGB schon nicht in Frage komme.

Auch von einem Mangel der „Internetleads“ könne nicht ausgegangen werden. Der Untervertreter hatte hier behauptet, die Kunden seien entweder nicht erreichbar gewesen. Dies könne jedoch keinen Mangel begründen. Der Vortrag war dem Gericht zu unsubstantiiert. Demnach hätte der Untervermittler genau vortragen müssen, wann er versucht habe die Kunden zu erreichen.

Die Tatsache, dass die Kunden nicht interessiert waren, wurde vom Gericht ebenfalls nicht als Mangel gesehen. Durch die Daten werde dem Untervermittler nur „die Chance einer Vertragsanbahnung eingeräumt“, nicht jedoch der sichere Abschluss.

Dazu komme, dass der Untervermittler wohl von der etwaigen Mangelhaftigkeit gewusst haben müsse. Er hatte nämlich zuvor schon einmal solche Daten von der Hauptvertreterin bezogen, die sich als unbrauchbar erwiesen hatten. Er hätte daher mit einem Mangel rechnen müssen.

Zu dem Buchauszug führte das Oberlandesgericht wie folgt aus:

Der Buchauszug müsse ein Spiegelbild der provisionsrelevanten Daten des Unternehmers sein. Der Unternehmer, hier die Hauptvertreterin, müsse dem Untervermittler in einem Buchauszug alle Daten mitteilen, die für die Berechnung der Provision von Bedeutung sein könnten.

Der Anspruch gem. §87c HGB kann jedoch bei einem ausdrücklichen Verzicht entfallen, beispielsweise bei einem Saldoanerkenntnis. Dieses stelle „einen Verzicht auf dem Handelsvertreter bekannte Einwendungen aus der früheren Zeit dar“.

Ein solches habe der Untervertreter hier abgegeben, als er die Abrechnungen bestätigte. Hätte er diese für nicht nachvollziehbar oder fehlerhaft erachtet, so hätte er dies zum jeweiligen Zeitpunkt rügen müssen.

Auf den Vortrag, er sei zu etwaigen Unterschriften gezwungen worden, ging das Gericht nur am Rande ein. Dann jedenfalls hätte er seine Erklärungen gem. §123 BGB anfechten müssen.

Insofern habe er keinen Anspruch mehr auf einen Buchauszug, der den Rückzahlungsansprüchen entgegenstehen könne.

Bei den Rückzahlungsansprüchen für die Provisionsvorschüsse differenzierte das Gericht für die einzelnen Verträge und die jeweiligen Nachbearbeitungsmaßnahmen.

Generell entfalle der Anspruch auf die Provision, wenn die Nichtausführung auf Umständen beruht, die der Unternehmer nicht zu vertreten hat. Dies sei auch so auf das Verhältnis zwischen Hauptvertreter und Untervertreter zu übertragen.

Wenn also die Hauptvertreterin beweisen könne, dass sie in dem gebotenen Umfang nachgearbeitet hat, entfiele der Provisionsanspruch. Die Beweislast dafür läge jedoch bei ihr selbst.

Vorliegend hätte also die Hauptvertreterin selbst Nachbearbeitungsmaßnahmen ergreifen müssen oder dem Untervertreter die Gelegenheit zur rechtzeitigen Nachbearbeitung geben müssen.

Es war vereinbart, dass der Untervermittler selbst die Nachbearbeitung übernehmen soll.

Aufgabe der Hauptvertreterin sei es deshalb gewesen Stornogefahrmitteilungen zu übersenden. Diese müsse so rechtzeitig versendet worden sein, dass bei normalem Verlauf mit dem rechtzeitigen Eingang zu rechnen sei.

In einigen Fällen konnte die Hauptvertreterin hier durch einen Zeugen beweisen, dass Stornogefahrmitteilungen per Post an die Privatadresse des Untervermittlers gesendet wurden. Der Zeuge war zwar nicht selbst mit der Bearbeitung der Post beauftragt, konnte jedoch die übliche Vorgehensweise nach der Kündigung eines Vertrages so schildern, dass der Senat überzeugt war.

In diesen Fällen stellte das Gericht also fest, dass die Verträge aufgrund von Umständen nicht ausgeführt worden waren, die die Hauptvertreterin nicht zu vertreten hatte und der Provisionsanspruch demnach entfallen war. Hier bestand also ein Rückzahlungsanspruch der Hauptvertreterin.

In anderen Fällen, in denen die Stornogefahrmitteilungen elektronisch und automatisch in dem Online-System an die oben genannte Führungskraft des Untervermittlers gesandt worden waren, bewertete das Gericht die Situation anders.

Der Untervermittler sei nicht verpflichtet gewesen sich selbst einen Zugang zu dem Online-System zu verschaffen.

Die Übersendung an die Führungskraft reiche auch nicht aus. Auch wenn die Hauptvertreterin darlegte, dass diese angehalten war, die Handelsvertreter zur Nachbearbeitung anzuhalten, „befreite sie dies nicht von dem Nachweis, dass … die Führungskraft den Untervermittler über die einzelnen Stornogefahrmitteilungen informierte“.

In diesen Fällen bestand daher kein Rückzahlungsanspruch. Diese Verträge seien aufgrund von Umständen storniert worden, die die Hauptvertreterin zu vertreten hatte.

Bezüglich der Fälle, in denen die Hauptvertreterin vortrug selbst Nachbearbeitungsmaßnahmen ergriffen zu haben, entschied das Gericht, dass in der Versendung von Mahnschreiben nach Einstellung von Prämienzahlungen unter Hinweis auf die Rechtsfolgen oder in einem schriftlichen Gesprächsangebot und der schriftlichen Bekundung der Bereitschaft zum Entgegenkommen eine ausreichende Nachbearbeitung gesehen werden könne.

Auch hier wären die Verträge demnach nicht aufgrund von Umständen nicht ausgeführt worden, die die Hauptvertreterin zu vertreten hätte, sodass ein Rückzahlungsanspruch bestehe.

OLG Frankfurt: 3,5 Tage à 8h erreichen die Berufungssumme nicht

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat am 1.11.2017 gezeigt, dass selbst Oberlandesgerichte zu unterschiedlicher Rechtsprechung neigen können. Ein Senat des OLG hatte im Beschlusswege eine Berufung der DVAG abgewiesen.

Die DVAG war erstinstanzlich verurteilt worden an einen ehemaligen Handelsvertreter einen Buchauszug zu erteilen. Die Berufung dagegen wurde abgewiesen, da sie den Anforderungen des §511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO an den Beschwerdewert von mindestens 600€ nicht entsprach.

Das Gericht hatte klargestellt, dass es bei der Beschwerdewertberechnung für den Buchauszug „auf den Aufwand an Zeit und Kosten (…), den die Erfüllung des Anspruchs erfordert, nicht etwa auf den Wert des Auskunftsanspruchs“ ankommt.

Die DVAG hatte hier zunächst einen Stundensatz von 50,00 € und zwei Arbeitstage à 7,5h angesetzt. Als sie darauf hingewiesen wurde, dass der zugelassene Höchstsatz nach dem JVEG (§22) 21,00 € betrage und sie damit auf höchstens 315€ komme, setzte sie die benötigte Zeit kurzerhand auf vier Arbeitstage à 8h hoch.

Dies ließ das Gericht jedoch nicht gelten.

Dass die DVAG die Länge des Arbeitstages ohne Begründung änderte, sei unverständlich.

Außerdem war in einem Parallelverfahren, bei dem mehr als doppelt so viele Verträge zu berücksichtigen gewesen waren, eine niedrigere Stundenzahl für den Aufgabenpunkt „Erstellung, Konzept, Programmstruktur“ angesetzt worden. Hier erscheine es jedoch plausibler, dass eine niedrigere Stundenzahl zugrunde gelegt werden müsse.

Wurden in dem Parallelverfahren mit 4.120 Verträgen für diesen Punkt 1,0 Tage zugrunde gelegt, so müssten hier – mit nur etwa 1.500 Verträgen – maximal 0,75 Tage angesetzt werden.

Damit käme man zu 3,5 benötigten Tagen.

Der Ansatz von vier Arbeitstagen sei nicht plausibel begründet worden und ergebe im Vergleich zu dem Parallelverfahren auch keinen Sinn.

Dass ein höherer Stundensatz anzusetzen wäre, sei ebenfalls nicht ersichtlich. Dieser richte sich nach dem Höchstsatz für zu entschädigende Zeugen nach §22 JVEG.

Gleich, ob die Aufgabe durch die DVAG selbst oder durch eine Hilfsperson durchgeführt werde, sei jedenfalls kein höherer Stundensatz zu rechtfertigen.

Bei der Durchführung durch Hilfspersonen würde die DVAG lediglich eine „von ihr vorzunehmende Eigenleistung durch Dritte“ ersetzen. Warum dies teurer sein solle, war nach dem Gericht nicht erkenntlich.

Selbst wenn man also 3,5 Tage à 8h zugrunde lege, käme man mit einem Stundensatz von 21€ allenfalls auf einen Streitwert von 588€, sodass die Berufung gem. §511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nicht zulässig sei.

Landgericht Meiningen hatte über wechselseitige Anträge zu entscheiden

In einem Verfahren vor dem Landgericht Meiningen stritt ein ehemaliger Vermögensberater der DVAG mit eben dieser.

Die Parteien hatten jeweils das Vertragsverhältnis fristlos gekündigt, der Handelsvertreter zuvor auch fristgemäß.

Die jeweils behaupteten Gründe bestanden auf Seiten der DVAG darin, dass diese dem Vermögensberater Vertragsuntreue vorwarf, auf Seiten des Vermögensberaters darin, dass er behauptete die DVAG habe ihn nach seiner fristgemäßen Kündigung vor Ablauf des Vertragsverhältnisses vom Online-System freigestellt und keine Provisionen mehr ausgezahlt bzw. falsch abgerechnet.

Der Vermögensberater war seit 2007 bei der DVAG beschäftigt.

1.

Diese beantragte hier zunächst, ihn zu verurteilen, Auskunft darüber zu erteilen, welche Geschäfte er während der Vertragslaufzeit für andere Unternehmen vermittelt hätte und bezüglich welcher Verträge der DVAG er Kunden abgeworben bzw. zur Kündigung überredet hätte.

Der Vermögensberater gab jedoch im Laufe des Verfahrens eine Erklärung dahingehend ab, dass er weder eine „vertragswidrige Konkurrenztätigkeit“ ausgeübt, noch Kunden empfohlen hätte, „bestehende Verträge vorzeitig einzuschränken, aufzuheben oder zu kündigen“.

Daher erklärten die Parteien diesen Antrag der DVAG als erledigt. Sie beantragte daraufhin, diese Auskunft hinsichtlich Richtigkeit und Vollständigkeit an Eides statt zu versichern.

Dieser Anspruch wurde der DVAG vom Landgericht Meiningen mit Urteil vom 3.12.2015 auch zugesprochen. Der Anspruch folge aus §254 ZPO in Verbindung mit dem Vermögensberatervertrag, weil das Unternehmen „nachvollziehbar und substantiiert unter Zeugenbeweis eine Vertragsverletzung dargelegt“ hatte.

2.

Der Vermögensberater hatte im Gegenzug beantragt, die DVAG zu verurteilen, ihm einen Buchauszug mit folgenden Informationen zu erteilen:

– Name des Versicherungsnehmers und/oder des Vertragspartners

– Policen- und/oder Versicherungsscheinnummer

– zu Art und Inhalt des Vertrages die Sparte, die Tarifart, die Prämien und/oder provisionsrelevante

Sondervereinbarungen

– Vertrags- und/oder Versicherungsbeginn

– bei Lebensversicherungsverträgen: Versicherungssumme, Eintrittsalter des Versicherungsnehmers

und Laufzeit des Vertrages

– bei Lebensversicherungsverträgen mit Dynamisierung zusätzlich: Erhöhung der

Versicherungssumme, Zeitpunkt der Erhöhung und Erhöhung der Jahresprämie

– im Falle von Stornierung: Datum der Stornierung, Gründe der Stornierung und Art der ergriffenen

Bestandserhaltungsmaßnahmen

Einen Buchauszug in diesem Umfang sprach das Gericht mit dem o.g. Urteil ebenso zu, schränkte jedoch den beantragten Zeitraum ein.

Der Anspruch auf den Buchauszug besteht, nach Ansicht des Gerichts, auch dann, wenn vorherige Provisionsabrechnungen nicht beanstandet wurden oder Zweifel an deren Richtigkeit und Vollständigkeit dargelegt wurden. Der Buchauszug sei dafür da, die Überprüfung der Provisionsansprüche zu ermöglichen und müsse daher (nur) die Angaben erhalten, die für die Berechnung der Provisionen von Bedeutung sein können. Hier hatte der Vermögensberater vorgetragen, dass die DVAG 2 Promille zu wenig abgerechnet bzw. teilweise Provisionen gar nicht ausgezahlt hatte, insofern könnten die o.g. Informationen zur Berechnung etwaiger Fehler von Bedeutung sein,

Der Anspruch wurde jedoch bezüglich einer Verjährung eingeschränkt. Nur Geschäfte, die ab dem 01.01.2012 eingereicht wurden, könnten berücksichtigt werden. Nach §199 Abs. 1 BGB beginne die dreijährige Verjährungsfrist des §195 BGB mit Ablauf des Jahres, in dem der Provisionsanspruch fällig wurde.

Sofern der Vermögensberater vorbrachte, er benötige die Auskünfte um einen Ausgleichsanspruch nach §89b HGB vorzubereiten, so stellte das Gericht klar, dass es auch dafür nicht auf den Zeitpnkt des Ausgleichsanspruchs, sondern auf die Fälligkeit des Provisionsanspruchs ankäme. Diese entstünde mit Vertragsabschluss.

Es sei auch nicht ersichtlich, dass vor dem 01.01.2012 fällig gewordene Provisionsansprüche zwischenzeitlich gehemmt oder unterbrochen worden wären.

Daher könne der Buchauszug zwar mit den beantragten Informationen, jedoch nur für den Zeitraum ab 2012 gewährt werden.

3.

Der Vermögensberater hatte darüber hinaus die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte gerügt. Das Arbeitsgericht sei zuständig, da er „weit weniger als durchschnittlich monatlich 1.000 € an Provisionen bezogen habe“ und es sich bei ihm um einen Ein-Firmen-Vertreter handele.

Dies sah das Landgericht Meiningen jedoch anders.

Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten sei nach §13 GVG eröffnet.

Eine Zuständigkeit der Arbeitsgerichte ergebe sich nicht aus §2 Abs. 1 Nr. 3a ArbGG, denn der Vermögensberater sei kein Arbeitnehmer im Sinne des §5 Abs. 1 S. 1 ArbGG, da er kein Angestellter im Sinne des §84 Abs. 2 HGB gewesen sei.

Auch aus §5 Abs. 3 ArbGG ergebe sich eine solche Zuständigkeit nicht, denn er gehöre nicht zu dem in §92a HGB bezeichneten Personenkreis.

Ihm sei es weder untersagt gewesen für andere Unternehmer tätig zu werden, noch wäre es ihm nach Art und Umfang der von ihm verlangten Tätigkeit unmöglich gewesen.

Die Klausel im Vermögensberatervertrag, welche dem Vermögensberater eine Anzeige- und Offenlegungspflicht auflegt, könne nicht als Einwilligungspflicht und damit als Verbot gesehen werden. Es wäre dem Vermögensberater zwar erschwert für andere Unternehmen tätig zu werden, abhängig von einer Zustimmung der DVAG wäre dies jedoch nicht.

Hier handele es sich lediglich um ein Konkurrenzverbot, das über die Pflichten aus §86 Abs. 1 HGB zur Interessenwahrung nicht hinausgehe.

Die Ein-Firmen-Vertreter-Eigenschaft gemäß §92a Abs. 1 S.1 Alt. 1 HGB könne ebenfalls nicht bejaht werden. Der Vermögensberater sei weder organisatorisch, noch zeitlich so eingebunden gewesen, dass eine anderweitige Tätigkeit für ihn unmöglich geworden wäre.

Demnach wurde diese Rüge des Vermögensberaters abgewiesen.

Nachher, nach dem Urteil, einigten sich die Parteien wohlwollend.