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Der Handelsvertreter ist endlich raus. Nach vielem Ärger bekam er endlich den Aufhebungsvertrag. In der Hoffnung, endlich Ruhe zu haben, wurde der Vertrag kurzerhand unterschrieben und zurückgeschickt.
Gelesen wurde der Vertrag nur oberflächlich. Der erste Ärger kam schnell, als ein Kollege sagte, der Aufhebungsvertrag sei einseitig. Er habe jetzt ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot, eine Vertragsstrafe im Falle des Verstoßes, Geld bekomme er für die Zukunft keines mehr, aber dafür dürfe er noch lange haften, für Provisionsvorschüsse und Beratungsfehler. Außerdem habe er ja auf Ansprüche aus einem Versorgungswerk verzichtet. Schnell wird er Beratungstermin mit dem Anwalt gemacht, in dem bestätigt wird, dass der Vertrag – außer das schnelle Ende – nur Nachteile für den Handelsvertreter enthalte. Und ein Ausgleichsanspruch sei aufhebungsvertraglich auch noch ausgeschlossen.
Aber anfechten wolle er dann, woraufhin der Anwalt entgegenete, das ginge nur bei Irrtum, Drohung oder Täuschung und all das lege nicht vor. Aber er habe sich doch geirrt, meinte der Handelsvertreter, weil er die Rechtsfolgen nicht überblicken konnte. Der Irrtum über die Rechtsfolgen sei schon seit einer Rechsgerichtsentscheidung als Motivirrtum zu werten, so der Anwalt, der normalerweise unbeachtlich ist und keinen Raum für eine Anfechtung gibt.
Dann jedoch könne er widerrufen, glaubte bis dato der Handelsvertreter. Seit das Haustürwiderrufgesetz gegolten hat und nunmehr die Regelungen in §§ 312 ff BGB zu finden sind, gibt es die Möglichkeit des Widerrufs.
Jedoch auch hier geht der Handelsvertreter wohl rechtlos aus. Das Bundesarbeitsgericht entschied am 7.2.2019 unter dem Az 6 AZR 75/18, dass ein Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag nicht widerrufen könne.
Das „Haustürwiderrufsrecht“ nach den §§ 312 ff. BGB a.F. stelle vertragstypenbezogenes Verbraucherschutzrecht dar und würde nur auf „besondere Vertriebsformen“ Anwendung finden, nicht jedoch auf Verträge, die wie der Arbeitsvertrag und der arbeitsrechtliche Aufhebungsvertrag keine Vertriebsgeschäfte sind. Daran soll sich auch durch den neu gefassten § 312 g BGB nichts ändern, wonach Verbrauchern nunmehr „bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen“ ein Widerrufsrecht gemäß § 355 BGB zustehe. Die vom BAG zur bisherigen Rechtslage aufgestellten Grundsätze sind nach Auffassung des BAG auch auf Aufhebungsverträge und den neuen § 312 g BGB übertragbar. Ein Arbeitsnehmer könne danach nicht widerrufen.
Wenn schon bereits Arbeitnehmer nicht widerrufen können, steht den Handelsvertretern wohl erst recht keine Widerrufsrecht zu. Schließlich ist der Handelsvertreter selbständig und vom Gesetz weniger geschützt.
Dennoch gibt es nach der Entscheidung des BAG zumindest für Arbeitnehmer eine zarte Hoffnung. Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen müsse noch prüfen, ob das Gebot des fairen Verhandelns beachtet worden sei. Dieses Gebot stelle eine arbeitsvertragliche Nebenpflicht dar. Wenn z.B. der Arbeitgeber eine psychische Drucksituation schafft, die eine freie und überlegte Entscheidung des Arbeitnehmers über den Abschluss des Aufhebungsvertrages erheblich erschwert, würde er dagegen verstoßen. Das könnte dann der Fall sein, wenn jemand krankheitsbedingt den Aufhebungsvertrag, wie in dem Fall des BAG, unterschreibt.
Der Arbeitgeber müsse für den Fall des Verstoßes Schadensersatz leisten und den Arbeitnehmer so stellen, als wäre der Aufhebungsvertrag nie unterschrieben worden.
Dieser Grundsatz des Gebotes des fairen Verhandelns hat in dieser Form im Handelsvertreterrecht bisher keine Berücksichtigung gefunden. Da jedoch der BGH in neueren Entscheidungen eine gewisse Schutzbedürftigkeit für abhängige Handelsvertreter betont hat, und zumindest bei der Frage von Kündigungsfristen die Abhängigkeit eines Handelsvertreters mit dem eines Arbeitnehmers verglichen hat, könnte auch dieser Grundsatz hier bald mal eine Rolle spielen.
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Das Urteil ist der Hammer! Der BGH hat endlich einen Umstand geklärt, um den man lange gestritten hat.
Vermittelt der Versicherungsvertreter dynamische Lebensversicherungen, bei denen sich die Versicherungssumme nach dem Inhalt des Versicherungsvertrags in regelmäßigen Zeitabständen erhöht, wenn der Versicherungsnehmer nicht widerspricht, gehen die Erhöhungen auf die Vermittlungstätigkeit bei Abschluss des Versicherungsvertrags zurück und sind gemäß § 92 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1, § 87 Abs. 1 Satz 1 HGB im Zweifel provisionspflichtig (im Anschluss an BAG, VersR 1984, 897; VersR 1986, 251)
ist der Kernsatz einer BGH-Entscheidung vom 20.12.2018. Diese neue Entscheidung stellt nunmehr eindeutig klar, dass es grundsätzlich einen Anspruch auf Dynamikprovision gibt, auch nach Vertragsende.
Das Urteil ist nicht überraschend, aber in seiner Form ein Hammer. Die Versicherung, die sich bis zum BGH verklagen ließ und bereits in den Vorinstanzen in Frankfurt unterlag (wir berichteten), hat der Branche keinen Gefallen getan. Gerade die Vertriebe, die nach Vertragsende die Dynamikprovisionen nicht mehr abrechnen und auszahlen, müssen sich jetzt warm anziehen.
Beispielsweise die DVAG stellte sich immer noch auf den Standpunkt, dass eine Betreuung notwendig ist, um die Dynamikprovision zu erzielen. Die Betreuung kann nach Vertragsende nicht mehr geleistet werden, so dass dann der Provisionsanspruch entfalle.
Damit dürfte aber nach der eindeutigen Entscheidung des BGH Schluss sein.
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Arbeitsgericht Hamburg verurteilt Vertrieb zum Buchauszug
Das Arbeistgericht Hamburg sprach kürzlich einem Arbeitnehmer einen Buchauszug zu. Es begründete wie folgt:
Der Buchauszugsanspruch besteht, wenn der Betroffene die Provisionsansprüche gemäß § 254 ZPO nicht mit vorliegenden Provisionsabrechnungen ermitteln kann. Dies stellt eine Ausnahmeregelung zum § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO dar.
Der Kläger – zugleich Arbeitnehmer und Versicherungsvermittler – muss geltend machen, dass er ohne den begehrten Buchauszug seine Provisionsansprüche gegen die Beklagte nicht überprüfen und gegebenenfalls beziffern kann. Dann kann der Kläger in Form einer Stufenklage sowohl Provisionszahlungen sowie Buchauszüge verlangen.
Voraussetzung hierfür ist, dass der Kläger Handelsgehilfe des Beklagten im Sinne von § 59 HGB ist. Gemäß § 87 c Abs. 2 und 3 HGB muss der Beklagte dem Kläger einen Buchauszug im tenorierten Umfang erteilen.
Der Buchauszug muss nach § 87 c Abs. 2 HGB die zum Zeitpunkt seiner Aufstellung für die Berechnung, Höhe und Fälligkeit der Provisionen des Handelsvertreters relevanten geschäftlichen Verhältnisse in klarer und übersichtlicher Weise vollständig widerspiegeln, soweit sie sich den Büchern des Unternehmers entnehmen lassen (BGH, 21.03.2001, VIII ZR 149/99, NJW 2001, 2333ff.; Saarländisches OLG, 23.05.2001, 1 U 760/00, NJW-RR 2002, 391f.; LG Bochum, 10.01.2006, 12 O 42/04, zitiert nach juris; Baumbach/Hopft, HGB, 38. Auflage, § 87c Rn. 15)
Nur dann kein sein Zweck erfüllt werden, dem Handelsvertreter über seine Provisionsansprüche Klarheit zu verschaffen und ihm eine Nachprüfung der vom Unternehmer erteilten oder noch zu erteilenden Provisionsabrechnung zu ermöglichen.
Der Buchauszug muss alle aus den Büchern des Unternehmers ersichtlichen Angaben enthalten, die für die Berechnung der Provision des Handelsvertreters von Bedeutung sein können.
Das sind insbesondere:
- Name des Versicherungsnehmers und/oder Vertragspartner sowie Geb.
- Police- und/oder Versicherungsscheinnummer
- Art und Inhalt des Vertrages (Sparte, Tarifart, Prämie oder provisionsrelevante Sondervereinbarungen)
- Jahresprämie
- Vertrags- und Versicherungsbeginn
- bei Lebensversicherungsverträgen; Versicherungssumme, Eintrittsalter des Versicherungsnehmers und Laufzeit des Vertrages
- bei LVV mit Dynamisierung zusätzlich: Erhöhung der Versicherungssumm, Zeitpunkt der Erhöhung und Erhöhung der Jahresprämie
- im Falle von Stornierungen: Datum der Stornierung, Grund der Stornierung und Art der ergriffenen Bestandserhaltungsmaßnahmen
Der Anspruch, so das Gericht, ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Unternehmer dem Handelsvertreter gegenüber regelmäßig über dessen Provisionsansprüche abgerechnet hat. Auch ist der Buchauszugsanspruch des Handelsvertreters nicht deshalb eingeschränkt, weil dieser gar nicht als solcher tätig war, sondern als Arbeitnehmer. Des Weiteren ist der Anspruch auch nicht auf das Ende des Arbeitsverhältnisses beschränkt.
Eine Verjährungsfrist beginnt erst mit dem Ende maßgeblichen Fälligkeitsjahres für die Entstehung des Provisionsanspruchs.
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Versicherungsmakler können sich zu Jahresbeginn zurücklehnen. Wen das schlechte Gewissen quält, einen Kunden am Ende des Jahres nicht genügend informiert zu haben, der kann sich jetzt getrost auf ein Urteil des Oberlandesgerichtes Hamburg berufen.
Das OLG Hamburg hat mit Urteil vom 27.09.2018 unter dem Az.: 1 U 2/18 entschieden: Es gibt für Versicherungsmakler keine Dauerbetreuungspflicht ( mit Ausnahme Fondspolicen) und auch keine Pflicht für ein Jahresendgespräch.
Ausgerechnet wegen einer abgeschlossenen Reisegepäckversicherung nahm man den Makler in Anspruch. Die Versicherungsnehmer wurden in ihrem Ferienhaus überfallen. Die Versicherung war auf eine bestimmte Versicherungssumme beschränkt. Uhren und Schmucksachen aller Art waren gar nicht versichert.
Die Unterversicherung warf man dem Makler vor. Wenn er den regelmäßig überprüft hätte, hätte ihm das auffallen müssen.
Dies empfand das OLG jedoch für überspannt und schloss sich im Ergebnis einer Entscheidung des OLG Frankfurt an. Das OLG Frankfurt urteilte bereits am 08.06.2016 unter dem Az 4 U 223/15, dass keine Haftung des Versicherungsmaklers für Unterversicherung durch nachträgliche Anschaffungen bestehe. Der BGH nahm seinerzeit eine Beschwerde gegen das Urteil des OLG Frankfurt nicht an.
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Am 01.10.2018 wurde eine Agentur der Provinzial vom Landgericht Münster dazu verurteilt, eine Freistellungsvergütung zu zahlen.
Die Agentur beschäftigte einen Handelsvertreter. Diesem wurde die fristgemäße Kündigung ausgesprochen. Gleichzeitig wurde er mit Erhalt der Kündigung von der weiteren Tätigkeit freigestellt.
Das Landgericht Münster entschied, dass dem freigestellten Handelsvertreter ein Schadenersatzanspruch zustehe. Er sei so zu stellen, als habe er seine Tätigkeit bis zum Beendigungszeitpunkt des Vertrages weiterführen können (§ 249 Abs. 1 BGB)
Ihm ist also grundsätzlich die volle Vergütung zu zahlen, wobei gegebenenfalls nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung Einnahmen anderweitiger Vertriebstätigkeit schadensmindernd anzurechnen sind. Dabei ist auf den Durchschnittsverdienst abzustellen. Das Gericht hält es für zulässig, die letzten 12 Monate vor Freistellung bei der Berechnung des Durchschnittsverdienstes zugrunde zu legen.
Der Kläger hatte Arbeitsmittel in Höhe von 250,00 € monatlich hinzugezogen. Auch dies hielt das Gericht für einen Teil der Vergütung.
Eine Vorteilsausgleichung konnten schadensmindernd nicht berücksichtigt werden. Schließlich konnte diese nicht festgestellt werden.
Dem Kläger wurde sogar eine Sonderbonifikation als auszugleichendes Einkommen zugesprochen. Diese sollte ihm ab einer bestimmten Umsatzhöhe zustehen. Da der Kläger diese Umsatzhöhe erreicht hatte, wurde die Sonderbonifikation fällig.
Mithin wurde zugunsten Kläger eine Zahlung von mehr als 22.000,00 € ausgeurteilt.
Ein Zinsanspruch in Höhe von etwa mehr als 1.000,00 € wurde hingegen abgewiesen. Schließlich soll es sich bei den Freistellungszahlungen um einen Schadenersatzanspruch gehandelt haben, und nicht um einen Vergütungsanspruch, so dass die Fälligkeit erst mit Klageerhebung gegeben war.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
06
Verstöße gegen § 8 Abs. 5 VVG alter Fassung könnten bei Verträgen, die in der Zeit zwischen dem 29.07.1994 und dem 31.12.1994 geschlossen wurden, für Versicherte auch noch ein nachträgliches späteres Rücktrittsrecht ermöglichen.
Die Frist für den Rücktritt beginnt erst zu laufen, wenn der Versicherer den Versicherungsnehmer über sein Widerrufsrecht belehrt und der Versicherungsnehmer die Belehrung mit seiner Unterschrift bestätigt hat. Dies gilt für Versicherungen mit einer Laufzeit von mehr als 1 Jahr, mit Ausnahme von Lebensversicherungen. So einfach steht es im Gesetz.
In einem Rechtsstreit vor dem Oberlandesgericht Dresden hatten die Parteien darüber gestritten, ob in der Belehrung darauf hinzuweisen wäre, dass der Rücktritt auschließlich schriftlich zu erfolgen hat.
Denn die hier streitige Belehrung enthielt nicht den Hinweis, dass der Widerruf schriftlich zu erfolgen hat. Das Oberlandesgericht Dresden stellte mit Beschluss vom 16.10.2018 unter dem Aktenzeichen 4 U 943/18 klar, dass eine Widerrufsbelehrung den Hinweis „schriftlich“ nicht enthalten muss. Schließlich genüge, dass darauf hingewiesen wird, dass zur Wahrung der First die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Daraus ergibt sich, dass ein mündlicher Widerruf nicht genügt. Mehr verlange das gesetz im Übrigen nicht.
Auf diesen – wenn man das so liest, scheinbar überflüssigen Rechtsstreit – wies jetzt das Versicherungsjournal hin.
Der Bundesgerichtshof hatte zu dem Problem der Schriftform in seinen Entscheidungen bereits Stellung genommen. So hatte er bereits am 28.01.2004 unter dem Aktenzeichen IV ZR 58/03 entschieden, dass eine wirksame Belehrung des Verbrauchers über sein Widerspruchsrecht nach § 5 a) Abs. 1, Satz 1 VVG voraussetzt, dass auf die vorgeschriebene Form des Widerspruchs (hier Schriftlichkeit) und darauf hingewiesen wird, dass die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs die 14-tätige Frist wahrt.
Der Bundesgerichtshof meinte damals, dass die in § 5 a) Abs. 2, Satz 1 VVG geforderte Belehrung über das Widerspruchsrecht nach dem Sinnzusammenhang eine Belehrung über die zur Wirksamkeit des Widerspruchs erforderliche Schriftform einschließt.
In dieser Entscheidung hatte die dort Beklagte zwar über den Beginn und die Dauer der Widerspruchsfrist belehrt, jedoch nicht darauf hingewiesen, dass die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs genügt (Im Gegensatz zu dem Fall vor dem OLG Dresden). Auch auf die rechtzeitige Absendung muss sich die Belehrung gem. Bundesgerichtshof erstrecken. Insofern könnte die Entscheidung des Oberlandesgerichts Dresden möglicherweise dennoch nicht im Widerspruch zur Bundesgerichtshofs-Rechtsprechung stehen.
Wichtig ist, dass auch der richtige Gesetzestext herangezogen wird. Gerade die Widerrufs- und Rücktrittsbelehrungen haben sich ständig verändert. Im Bundesgesetzblatt aus dem Jahre 2001 heißt es dann:
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Einem Handelsvertreter stehen nach Ende des Handelsvertretervertrages noch Ansprüche auf Dynamikprovisionen zu. Dies entschied ausgerechnet das Oberlandesgericht Frankfurt, und zwar m 16.03.2018 unter dem Aktenzeichen 16U 106/17.
Das Oberlandesgericht Frankfurt hatte in diesem Fall über einen Consultant-Vertrag entscheiden müssen. Der Begriff des MLP Financial Consultant wird üblicherweise für Handelsvertreter der MLP verwendet. Das Oberlandesgericht Frankfurt könnte jedoch auch bei Rechtsstreitigkeiten zwischen Vermögensberatern und der DVAG zuständig sein. Ein Vermögensberater klagte jedoch nicht. Jedenfalls war der Kläger ein Handelsvertreter und auch ein Versicherungsvertreter gem. § 92 Abs. 1 HGB. Deshalb könne er – so argumentiert das Oberlandesgericht – auch von der Beklagten gem. §§ 92 Abs. 2, 87 c), Abs. 1 HGB die Abrechnung der Dynamikprovisionen verlangen. Nach dem Vertrag hat er einen Anspruch auf Auszahlung der Dynamikprovision gem. §§ 92 Abs. 2, Abs. 3, 87 Abs. 1, Satz 1 HGB i.V.m. dem Vertrag.
Das Landgericht Frankfurt stellte in der Vorinstanz bereits darauf ab, dass es sich bei den Dynamiken um Erhöhungen handelt und sich dies nach den Regelungen für Abschlussprovisionen entsprechend den Regelungen für Neuabschlüsse drehe. Die Dynamikprovision ist eine reine Abschlussprovision. Die Erhöhung finde mangels Widerspruchs automatisch statt. Das Oberlandesgericht Frankfurt hat sich dieser Auffassung im Wesentlichen angeschlossen.
Der Widerspruch bzw. die Zahlung der erhöhten Dynamikprämien stellt lediglich eine auflösende Bedingung dar. Es handelt sich bei der Dynamikprovision um eine verzögert ausgezahlte Abschlussprovision für eine Erhöhung der Lebensversicherung, die bereits im Erstabschluss ihren Grund findet. Das Oberlandesgericht hat auch gesehen, dass die Dynamikprovisionen möglicherweise über viele Jahre noch an den Handelsvertreter zu zahlen sind. Dem stehe auch nicht § 87 Abs. 3, Satz 1, Ziff. 1 HGB entgegen, wonach ein nach Beendigung des Handelsvertretervertrages geschlossenes Geschäft darauf abstellt, dass das Geschäft innerhalb einer angemessenen Frist nach Beendigung des Vertragsverhältnisses abgeschlossen worden sein muss.
Das Oberlandesgericht Frankfurt meinte auch, dass es nicht eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Nürnberg widerspreche, welches im Ergebnis den Anspruch auf Dynamikprovisionen abgeschmettert hatte. Schließlich waren bei der Entscheidung des Oberlandesgerichts Nürnberg die Lebensversicherungsverträge bereits durch einen Nachfolger des ausgeschiedenen Handelsvertreters betreut worden.
Das Oberlandesgericht wandte sich auch nicht gegen eine frühere Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 18.02.1998 unter dem Aktenzeichen 21 U 87/97. Bei dieser älteren Entscheidung soll es eine vertragliche Regelung gegeben haben im Rahmen eines Rahmenagenturvertrages, nachdem mit Ende des Vertrages die Ansprüche auf Vergütungen oder Provisionen erlöschen.
Eine solche vertragliche Regelung erkannte das Oberlandesgericht hier nicht. Die Parteien hatten vertraglich eben nicht vereinbart, dass nach Vertragsende irgendwelche Provisionen wegfallen sollen. Selbst dann, wenn die Parteien im Handelsvertretervertrag einen Ausgleichsanspruch gem. § 89 b) HGB geregelt haben, ist darin nicht zu erkennen, dass der Handelsvertreter auf bereits verdiente Provisionen verzichten soll.
Anmerkung: Diese Entscheidung könnte weitreichende Folgen haben, da viele Strukturvertriebe nach Ende des Handelsvertretervertrages Dynamikprovisionen nicht mehr abrechnen. Gem. der Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 16.03.2018 ist jedoch ein solcher Anspruch, auch auf Jahre hinaus, gegeben.
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Wann ein Handelsvertreter hauptberuflich arbeitet
Das Oberlandesgericht Düsseldorf sprach am 26.05.2017 einem Versicherungsvertreter einen Ausgleichsanspruch ab. Unter dem Aktenzeichen 16 U 61/16 hob es damit eine Entscheidung des Landgerichtes Düsseldorf auf. Das Oberlandesgericht meinte, der Versicherungsvertreter sei nebenberuflich tätig, wonach der Ausgleichsanspruch gemäß § 89 b HGB nach § 92 b Abs. 2 Satz 1 Abs. 5 HGB ausgeschlossen ist.
Entscheidend war, dass der Kläger nicht nur als Versicherungsvertreter tätig war. Das Oberlandesgericht nahm an, dass er nur nebenberuflich arbeitete. Bei dieser Bewertung kommt es auf den Einzelfall an. Ein nebenberuflich betrauter Handelsvertreter, der tatsächlich hauptberuflich täötig war, trägt die Beweislast für die Hauptberuflichkeit.
Entgegen des schriftlichen Vertrages bewertete das Oberlandesgericht den Kläger als Nebenberufler. Gemäß der so genannten Übergewichtstheorie kann ein Vermitter nur dann im Hauptberuf sein, wenn er überwiegend als solcher tätig ist und aus dieser Tätigkeit auf den überwiegenden Teil seines Arbeitseinkommens bezieht. Liegen beide Kriterien vor, handelt er hauptberuflich, fehlt nur eines der beiden Kriterien, handelt es sich um einen nebenberuflichen Handelsvertreter. Die bedeutensten Abgrenzungsmerkmale liegen im Zweifel im Zeit- und Entgeltmoment, wobei die Bedeutung des Zeitelementes überwiegt. Schließlich braucht ein Handelsvertreter ja nicht einmal Einkommen generieren, auch dann nicht, wenn er hauptberuflich tätig ist.
Das Gericht nannte auch ein Beispiel: Übernimmt ein Student, eine Hausfrau, ein Beamter oder ein Rentner eine Vertretung, um sich zu den sonstigen verfügbaren Mitteln oder nach Dienstschluss noch eine kleine Nebeneinnahme hinzuzuverdienen, dann soll eine Vetretung im Nebenberuf vorliegen. Nach diesen Abgrenzungskriterien hatte das Oberlandesgericht den Versicherungsvertreter als Nebenberufler eingestuft. Schließlich war er darlegungs- und beweisbelastet und hatte nicht ansatzweise vorgetragen, in welchem zeitlichen Rahmen er für die Beklagte tätig war. In einem ähnlichen Fall des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 04.11.1998, Aktenzeichen VIII ZR 248/97) hatte der Kläger immerhin ein Kundendienstbüro mit festen Bürozeiten und einer festgelegten Erreichbarkeit für seine Kunden betrieben. Dies lag hier nicht vor.
Abschließend hatte das Gericht dann noch entschieden, dass eine fristlose Kündigung des Versicherungsunternehmens gemäß § 89 a HGB wirksam ist. Dabei schloss sich das Oberlandesgericht dem Landgericht an. Schließlich hatte der Versicherungsvertreter einen Versicherungsantrag auf Abschluss einer Lebensversicherung eingereicht, welche jedoch nicht von dem Versicherungsnehmer selbst unterschrieben war, sondern von dessen Bruder. Dies war dem Versicherungsvertreter bekannt. Das Austauschen der Unterschriften fiel auf, weil man diese Unterschrift mit alten Unterschriften verglich. Das Oberlandesgericht unterstellt dem Versicherungsvertreter Vorsatz. Eine darauf beruhende Kündigung war deshalb wirksam.
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OLG Hamm: Buchauszug verjährt nach drei Jahren
Das Oberlandesgericht Hamm schloss sich in einem Urteil unter dem Aktenzeichen 18 U 96/16 am 30.01.2017 der Auffassung an, dass der Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges gemäß § 87 c Abs. 2 HGB nach drei Jahren verjähre.
Hamm nahm lange Bezug auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichtes Frankfurt am Main unter dem Aktenzeichen 5 U 101/09, welches am 08.09.2012 zu dem Ergebnis kam, dass es sich bei dem Buchauszug um einen so genannten verhaltenen Anspruch handele, der erst dann fällig werde, wenn dieser geltend gemacht wird. Ohne dass das Oberlandesgericht Hamm darauf Bezug nahm, wird an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass auch das Oberlandesgericht Frankfurt am Main von seiner eigenen Rechtsprechung inzwischen abgerückt ist. Das Oberlandesgericht Hamm wies darauf hin, dass der Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges grundsätzlich selbständig verjähre. Die regelmäßige Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB betrage drei Jahre. Der Buchauszugsanspruch entsteht mit der Abrechnung der Provision.
Danach nahm das Oberlandesgericht Hamm eine dreijährige Verjährungsfrist an und wies im Rahmen der Berufung durch das Landgericht Arnsberg ausgeurteilt. Ansprüche zurück.
Anmerkung: Haftungszeiten, die üblicherweise bei Versicherungsvertretern und Versicherungsmaklern eine Rolle spielen, gab es hier nicht. Berücksichtigt man diese Haftungszeiten, werden die Provisionen erst nach deren Ablauf fällig, so dass auch dann erst die Verjährung des Buchauszuges beginnt. Das Oberlandesgericht Frankfurt hatte in der oben zitierten Entscheidung auf einen ehemaligen Vermögensberater abgestellt, der einen Buchauszug gegen die DVAG geltend machte.
Eine dreijährige Verjährungsfrist, beginnend mit der Abrechnung, sah im Ürbigen auch das Oberlandesgericht Köln in einer Entscheidung vom 27.01.2017 unter dem Aktenzeichen 19 U 89/16 an.
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Check24 hatte sich den nächsten Ärger eingehandelt. Eine „NIRGENDWO GÜNSTIGER GARANTIE“- im Kfz-bereich hatte das Landgericht Köln am 18.9.2018 untersagt.
Die Versicherungsmaklerin Check24 Vergleichsportal für Versicherungsprodukte GmbH warb mit mit dieser Garantie in Werbespots. Man warb auch mit den besten Preisen: „Wir garantieren Ihnen, dass die ausgewiesenen Tarife der einzelnen Versicherer nirgendwo günstiger zu erhalten sind – auch nicht direkt beim Versicherer oder anderen Vergleichsportalen. (. . .) “
Die Huk-Coburg wehrte sich dagegen und bekam Recht. Die Werbung sei irreführend und damit unlauter.
Die Huk musste dagegen auch eine Niederlage einstecken. Sie wollte bei den tarifberechnungen auf Check24 nicht genannt werden. Sie hat keinen Anspruch gegen Check24, dass ihre Tarife nicht in deren Versicherungsvergleiche aufgenommen werden, sofern kein Preis angegeben wird, urteilte das Gericht. Sogar das Logo der Huk darf Check24 verwenden.
Mittlerweile soll sich die Garantie auf den gesamten Markt beziehen und deshalb den Anforderungen an das Transparanzgebot entsprechen. So war es im Versicherungsjournal zu lesen.
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Die BDSG hat sich bisher noch nicht als Datenschutzgespenst herausgestellt. Dennoch lauern erhebliche Gefahren, auch und insbesondere für Vermittler.
Die Datenschutzgrundverordnung trat in diesem Jahr in Kraft. Man befürchtete eine Abmahnwelle. Noch ist aber nicht klar, ob ein Verstoß gegen die DSGVO überhaupt abmahnfähig ist.
In einem Urteil des Landgerichtes Bochum vom 07.08.2018 unter dem Aktenzeichen 12 O 85/18 entschieden die Richter, dass die DSGVO die Rechtsfolgen von Verstößen bereits abschließend regele und weitere Ansprüche von Mitbewerbern daher ausgeschlossen seien.
Diesem widersprach das Landgericht Würzburg in einem Beschluss vom 13.09.2018 unter dem Aktenzeichen 11 O 1741/18. In diesem Verfahren wurde eine Rechtsanwältin abgemahnt, die auf Ihrer Homepage kein DSGVO-konformes Webimpressum eingebaut hatte. Sie wurde durch einen Mitbewerber abgemahnt.
Das Oberlandesgericht Hamburg dagegen kam am 25.10.2018 unter dem Aktenzeichen 3 U 66/17 zu keiner abschließenden Entscheidung, ob ein Verstoß gegen die DSGVO abmahnfähig ist oder nicht. In dieser Entscheidung wies man darauf hin, dass in jedem Einzelfall geprüft werden müsse, ob die Vorschrift der DSGVO tatsächlich eine Regelung des Marktverhaltens beinhaltet. Nur dann nämlich könne abgemahnt werden. Das Landgericht Hamburg hatte zuvor am 2.3.2017 hatte zuvor eine Untersagung angeordnet.
Das Oberlandesgericht Hamburg hat gegen dieses Urteil Revision zugelassen, so dass zu erwarten ist, dass hier bald eine erste Grundsatzentscheidung gefällt wird, ob Verstöße gegen die DSGVO abmahnfähig sind.
Die DSGVO ist also noch immer gefährlich.
In einem Interview vor der Versicherungskammer wies der Datenschutzexperte Andreas Sutter auf die Gefahren hin, die die DSGVO mit sich bringt und meint sogar, dass nicht einmal die Abmahnanwälte die größte Gefahr darstellen.