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Bereits mehrmals habe ich die Einheitlichkeit der Rechtsprechung kritisiert, bzw, um genauer zu sagen die Uneinheitlichkeit.
In einem Verfahren der Deutsche Vermögensberatung DVAG gegen einen Vermögensberater klagte dieser in Frankfurt beim Landgericht einen Buchauszug ein mit dem Argument, die Provisionsabrechnungen seien falsch und er müsste jetzt alles noch einmal nachrechnen. Ihm fehlen bei vielen Verträgen mindestens 2 Promille der Provisionen.
An anderem Ort klagte die DVAG gegen denselben Vermögensberater auf Rückzahlung von Provisionsvorschüssen, die sich aus der Provisionsabrechnung ergeben. In diesem Verfahren trug der Vermögensberater u.a. vor, die Abrechnungen seien ja falsch und er wolle alles nachrechnen. Deshalb habe er ja in Frankfurt geklagt.
Es drängt sich auf, dass das eine Verfahren etwas mit dem anderen zu tun hat. Nicht sehr geschickt wäre das mögliche Ergebnis, dass in dem einen Verfahren die Abrechnung als richtig, in dem anderen als falsch ausgeurteilt würde.
Eine Richterin aus Nürnberg, mit exakt der gleichen Fragestellung konfrontiert, meinte, sie wolle das Provisionsrückzahlungsverfahren erst einmal einstellen, um abzuwarten, was aus dem anderen Verfahren wird. So wird’s gemacht….
aber nicht in Frankfurt. Dort vertrat der Richter die Auffassung, er sei „kein Freund der Einstellung“ (eine etwas undurchsichtige Erklärung) und er wolle nicht aussetzen. Auf die bestehende Gefahr unterschiedlicher, sich widersprechender Urteile wollte er nicht erwidern. Auch lehnte er es ab, bei seinem Richterkollegen einmal anzurufen, um zu verhindern, dass möglicherweise zwei sich widersprechende Urteile in der Welt sind.
In Frankfurt gibt es zwar eine klare Tendenz zu einheitlichen Urteilen, z.B. zu Fragen der Softwarepauschale und zu Fragen des Buchauszuges, dennoch gibt es auch die eine oder andere Überraschung. So wurde einem Vermögensberater fristlos gekündigt. Das Landgericht Frankfurt entschied zunächst -relativ flott -, dass die fristlose Kündigung unwirksam ist. Die DVAG legte dagegen Berufung ein. Das Oberlandesgericht meinte, das Urteil ginge zu schnell, man müsse vielleicht Zeugen hören und schickte die Akte kurzerhand wieder zurück zum Landgericht.
Dort sah man sich veranlasst, eine ganze Reihe von Zeugen zu hören, allerdings mit der Option, dass die Vernehmung bis spätestens 18:00 Uhr zu Ende ist. Denn dann schließe ja das Gericht. Außerdem klagte der Richter, ein treusorgender Vater, über Kopfschmerzen, wie es bei treusorgenden Vätern sicher häufiger vorkommt.
Ab 17:00 zog der Richter es dann vor, desweilen nicht nur sms (oder whats up) seinen Kindern zu schreiben, sondern dann auch gleich während der Vernehmung mit einem Kind zu telefonieren. Wenn die Fürsorge es erfordert, warum auch nicht? Um 18:00 Uhr waren noch gar nicht alle Zeugen gehört, die Verhandlung jedoch wegen der genannten Umstände beendet. Die Zeit drängte schließlich, und wohl nicht nur die Zeit.
Anschließend gab es ein Urteil, in dem die Kündigung nun doch für rechtmäßig erachtet wurde. Wie man sich denken kann, liegt die Sache jetzt wieder beim Oberlandesgericht. Diesmal war der Vermögensberater mit einigen Dingen, die während des Prozesses passierten, verständlicherweise nicht zufrieden.
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Cash.Online hat die neue Hitliste der Finanzvertriebe 2016 aufgestellt.
Vornweg ist – wie immer – die DVAG. Die Postbank Finanzberatung verschwand auf der Liste. Finanzplan+ stieg von Platz 13 im Vorjahr auf Platz 10.
A.S.I. hat Einbußen erlitten und rutschte auf Platz 12.
Und es gibt Finanzvertriebe, die wegen ihrer Größe in die Hitliste gehörten, die dort aber nicht auftauchen.
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Vor dem Landgericht Frankfurt klagte ein Vermögensberater auf einen Buchauszug und auf Auszahlung von Provisionen. Er ist der Auffassung, dass ihm nicht genügend Provisionen ausgezahlt wurden. Er meint, dass die Provisionen seit 2008 entgegen der vertraglichen Regelung gekürzt wurden. Um diese auszurechnen, benötige er einen Buchauszug. es gab auch ein erstinstanzliches Urteil auf Erteilung des Buchauszuges, wogegen die DVAG Berufung einlegte.
Im Gegenzug errechnete die DVAG, dass sich sein Provisionskonto im Minus befindet. Dieses klagte sie vor dem Landgericht Nürnberg ein.
Die Richterin meinte, dass der eine Prozess etwas mit dem anderen zu tun habe. Sollten sich in Frankfurt Ansprüche ergeben, so wirke sich dies unmittelbar auf das Saldo aus. Die Richterin sprach von Vorgreiflichkeit und kündigte an, den Prozess in Nürnberg aussetzen zu wollen, bis der Frankfurter Prozess entschieden sei.
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Das Landgericht Frankfurt am Main hatte am 02.02.2016 über Abmahnkosten zu urteilen gehabt.
Ein ausgeschiedener Vermögensberater der DVAG hatte noch nach Ende des Vermögensberatervertrages sein altes DVAG-Firmenschild am Geschäftslokal hängen gelassen. Dieses hatte auch das Logo der DVAG mit dem Kreis, welches durch ein großes V unterbrochen ist. Der ehemalige Vermögensberater kam einer anwaltlichen Aufforderung nach, dieses Schild zu entfernen, jedoch nicht der Aufforderung, die Anwaltskosten dafür zu begleichen.
Er rechnete jedoch mit einem Schadenersatzanspruch auf und kam erstinstanzlich vor dem Landgericht Frankfurt am Main damit durch.
Das Landgericht meinte, dass die Rechtsverfolgungskosten als Teil des Schadenersatzes gemäß § 14 Abs. 6 MarkenG zu erstatten wäre, dem Vermögensberater jedoch ein Schadenersatzanspruch zustehe, weil er während der Kündigungsphase vom bundesweiten Netzwerk abgeschaltet wurde. Das Gericht rechnete mit verlorenen Provisionsansprüchen hoch, die der Vermögensberater hätte verdienen können, wenn er hätte weiterarbeiten können.
(Nicht rechtskräftige Entscheidung des Landgerichtes Frankfurt am Main vom 02.02.2016).
Dieselben Parteien führten parallel noch einen weiteren Rechtsstreit.
Am 22.02.2016 wurde der Vertrieb zur Erteilung eines Buchauszuges für den Zeitraum 01.01.2011 bis Vertragsende verurteilt. Der Buchauszug soll folgenden Inhalt enthalten:
– Name des Versicherungsnehmers und/ oder Vertragspartners
– zu Art und Inhalt des Vertrages die Sparte, Tarifart, die Prämien und/ oder provisionsrelevante Sondervereinbarungen
– Vertrags- und/ oder Versicherungsbeginn
– bei Lebensversicherungsverträgen: Versicherungssumme, Eintrittsalter des Versicherungsnehmers und Laufzeit des Vertrages
– bei Lebensversicherungsverträgen mit Dynamisierung zusätzlich: Erhöhung der Versicherungssumme; Zeitpunkt der Erhöhung und Erhöhung der Jahresprämie
– im Fall von Stornierung: Datum der Stornierung, Gründe der Stornierung und Art der ergriffenen Bestandserhaltungsmaßnamen
Eingeklagt wurde jedoch ein Buchauszug ab 01.01.2009. Der Buchauszug über den langen Zeitraum wurde zurückgewiesen.
Der Vertrieb wandte übrigens ein, dass sich bereits aus den Provisionsabrechnungen alles ergeben würde. Dazu das Gericht: Es ist nicht ersichtlich, dass sich sämtliche, den Provisionsanspruch betreffende Umstände dem jeweiligen Abrechnungen entnehmen lassen. Die Beklagte kann sich in diesem Zusammenhang auch nicht auf Ziffer IV Seite 5 des Handelsvertretervertrages berufen, wonach die Provisionsabrechnungen als „permanenter Buchauszug“ gelten. Eine solche Regelung ist für den Handelsvertreter nachteilig und deshalb nach § 87 c Abs. 5 HGB als Beschränkung unwirksam.
Allerdings, so das Gericht, habe die Beklagte zu Recht die Einrede der Verjährung erhoben. Der Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges unterliege der dreijährigen regelmäßigen Verjährungsfrist des § 195 BGB. Insbesondere ist er nicht abhängig von dem damit verfolgten Hauptanspruch auf Zahlung der Provisionen, er ist nach allgemeiner Ansicht nicht als Nebenleistung im Sinne des § 217 BGB anzusehen.
Vielmehr beginne der Lauf der Verjährungsfrist selbständig mit Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzung der Fälligkeit, somit mit vollständiger und abschließender Abrechnung für einen bestimmten Zeitraum.
Anmerkung: An dieser Stelle macht das Gericht wohl einen Fehler. Es hätte berücksichtigen müssen, dass Provisionen zweimal angerechnet werden, zunächst als Vorschuss und dann anschließend nach Ende des Haftungszeitraumes. Damit würde sich eine Verlängerung der Verjährung ergeben.
(Urteil Landgericht Frankfurt am Main vom 22.02.2016)
12
Großbritannien hat bereits ihren eigenen Brexit in der Finanzberatung vollzogen. Statt in kleinen Schritten eine Reform des verkrusteten Systems durchzuführen, hat man Qualitätsstandards erheblich angehoben und die Zahlung heimlicher Provisionen von den Versicherern untersagt. Viele Versicherungsvermittler warfen daraufhin das Handtuch. Es entstanden Beratungslücken. Tatsächlich gibt es übrigens in England nicht das „Provisionsverbot“, wie es gemeinhin immer wieder behauptet wird. Verboten ist nur, dass Provisionen der Produktanbieter an Finanzberater und Makler gezahlt werden. Es soll also nur noch Nettotarife geben. Die britische Finanzaufsicht Financial Services Authority (FSA) hatte hohe Qualitätsstandards und die vollständige Offenlegung der Kosten eingeführt. Eine „alte-Hasen-Regelung“, wie es sie hier gab, gab es in GBR nicht.
Das Investment.com zitiert Standard-live-Manager Christian Nuschele, der meint, dass wegen des Provisionsverbotes in Großbritannien die Zahl der dortigen Finanzberater von 280.000 auf 35.000 zurückgegangen sei und deshalb nur noch 7 bis 10 % der Haushalte eine Finanzberatung bekommen.
Dr. Helge Lach, Autor des DVAG-Werbeblogs, schließt daraus, dass Provisionsverbote und obligatorische Honorarberatung gerade Menschen mit mittleren und niedrigen Einkommen die Chance auf Beratung nehmen. Er schreibt von fatalen Folgen.
Ist das wirklich so?
Oder wird hier der Bock zum Gärtner gemacht? Reformen waren notwendig. Früher gab es schlechte Beratung. In England gibt es heute teilweise keine. Es darf lange darüber nachgedacht werden, was besser ist.
Wir erinnern uns hier an eine Studie aus dem Jahre 2008 im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, durchgeführt durch Evers und Jung. Dort wurde eine erschreckende Qualität der Beratungsleistung der Finanz- und Versicherungsvermittler festgestellt. 50 bis 80 % aller Langfristanlagen wurden mit Verlust vorzeitig abgebrochen und der gesamte Vermögensschaden aufgrund mangelhafter Finanzberatung auf 20 bis 30 Milliarden Euro geschätzt.
Es ist also eine Milchmädchenrechnung, wenn allein Provisionsverbot dafür verantwortlich gemacht werden sollen, dass es in England keine Beratung mehr gäbe. Die Ursache für Reglementierung ist allein in den Schlechtberatungen zu sehen. Erste zaghafte Anforderungen an eine Mindestqualifikation der Berater gab es hier übrigens erst seit 2007. Davor durfte jeder beraten – auch ohne einen Hauch Vorwissen.
Damit ist klar: Im Bereich der Finanzberatung mussten und müssen wesentliche Änderungen erfolgen. Nur eine gute Schulung und gute Ausbildungsqualitäten und Transparenz bei den Honoraren können eine hohe Qualität bei der Beratung gewährleisten.
Die Entwicklung in England zeigt deutlich: Das bisherige System war diesen schnellen Anforderungen in keiner Weise gewachsen. Eine Anpassung ist sicher erforderlich, ohne sich aber vor Augen zu halten, dass eigentlich der richtige Weg eingeschlagen wurde.
11
Das Deutsche Institut für Service-Qualität DISQ verteilte in einer Studie Beratung Versicherungsvermittler Punkte und siehe da: Schlecht war überraschenderweise keiner. Alle bekamen ein sehr gut oder gut. Ob die guten Noten getreu dem Motto „Wes Brot ich ess, des Lied ich sing“ vergeben wurden, ist fraglich.
DISQ testete die persönliche Beratung von Vermittlern von 15 großen Versicherern anhand von je zehn verdeckten Testbesuchen vor Ort. Ob 10 Testbesuche reichen, um sich ein repräsentatives Bild zu machen, mag bezweifelt werden dürfen. Der größte deutsche Vertrieb, die DVAG, beschäftigt schließlich 14.000 Vermögensberater. Die Anzahl der Versicherungsvertreter der anderen Teilnehmer ist hier nicht bekannt, dürfte sich jedoch auch im Einzelfall im vierstelligen Bereich liegen. 10 Testbesuche erscheinen dabei zumindest übersichtlich.
Der Bereich der Bedarfsanalyse führte übrigens bei den meisten zu einer Abwertung. Hier wurden nur noch Noten von 1-4 vergeben.
NTV bemängelte im Jahr 2013 die fehlende Transparenz hinsichtlich der Kosten. Aus der Zusammenfassung der aktuellen Studie erschließen sich Details nicht, so dass offen ist, ob hier Besserung in Sicht ist.
04
Vor dem Oberlandesgericht ging es am vergangenen Freitag um einen Buchauszug, um Provisionen und um die Frage der Verjährung. Dabei vertrat das Oberlandesgericht eine Auffassung, die überraschte.
Provisionen z.B. auf Lebensversicherungen unterliegen Haftungszeiten. § 92 Abs.4 HGB regelt: Der Versicherungsvertreter hat Anspruch auf Provision (§ 87a Abs. 1), sobald der Versicherungsnehmer die Prämie gezahlt hat, aus der sich die Provision nach dem Vertragsverhältnis berechnet.
Also immer dann, wenn der Kunde zahlt, entsteht nach dem Gesetz der Provisionsanspruch.
Wenn die Haftungszeit 5 Jahre läuft, entsteht der Provisionsanspruch Monat für Monat, wenn der Kunde den Beitrag zahlt. Die DVAG rechnet auch so ab. Damit beginnen auch die Verjährungsfristen immer dann, wenn die Provision fällig wird. Die ersten beginnen also gleich nach der erfolgreichen Vermittlung, die letzten mit Ende der Haftungszeit.
Dies soll nach der in der Verhandlung geäußerten Ansicht des OLG aber nicht gelten.
Abweichend von der gesetzlichen Regelung heißt es im Vermögensberatervertrag auf Seite 4 unten nämlich: „…. Provisionsansprüche entstehen … erst dann, wenn der geworbene Kunde die nach den Provisionsbedingungen vorgesehen Anzahl von Beiträgen (Prämien) an den entsprechenden Produktpartner entrichtet hat.“
Dort wird zwar auf § 92 HGB verwiesen. Da aber der Wortlaut ein anderer ist, gelte das, was im Vertrag steht. Und dann, so das Gericht, entstehe der komplette Provisionsanspruch erst dann, wenn der Kunde über die Haftungszeit hinweg alle Beiträge gezahlt hat.
Und erst dann würde auch für diese Provisionen die Verjährung beginnen. Diese Rechtsauffassung führt zwar zu einer aus Vermögensberatersicht guten Verjährungsregelung, auf der anderen Seite jedoch auch dazu, dass der Vorschuss in voller Höhe zurück zu gewähren wäre, wenn der Kunde vor Ende der Haftungszeit die Beiträge nicht mehr zahlt.
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Das Oberlandesgericht München wies eine Klage zurück, die darauf gerichtet war, Ansprüche wegen eines ehemals vorbestraften Vermögensberater gegen die DVAG geltend zu machen.
Die Parallelgeschichte:
Am 11. 07.2013 urteilte der Bundesgerichtshof unter dem Aktenzeichen III ZR 31/12, dass die Deutsche Vermögensberatung für einen Vermögensberater hafte, der zuvor zu einer 2jährigen Freiheitsstrafe auf Bewährung wegen Betrug (Urteil vom 25.08.1993) verurteilt wurde. Dieser Vermögensberater firmierte unter der Bezeichnung „Deutsche Vermögensberatung – G.F.“. Er vermittelte einen Anlagevertrag und nahm das Geld bar entgegen. Dieses kam jedoch nicht bei dem Empfänger an. Der Vermögensberater steckte das Geld selbst ein. Die DVAG müsse nach Ansicht des Bundesgerichtshofs dafür haften, weil es ein sog. Vertragsanbahnungsverhältnis gegeben hat. Dieses sei mit dem Betreten der Büroräume zu Stande gekommen.
Es obliege dann zum Schutz der Rechtsgüter der Kunden die vorvertragliche Pflicht, nur solche Handelsvertreter mit der Vermittlung von Anlageverträgen zu betrauen, von deren Zuverlässigkeit sie sich auf der Grundlage eines polizeilichen Führungszeugnisses überzeugt hatten. Ein solches Führungszeugnis wurde nicht eingeholt. Eine Haftung hatte der Bundesgerichtshof deshalb grundsätzlich ausgeurteilt.
Sodann hatte der Bundesgerichtshof diese Streitsache an das Oberlandesgericht München zurückgegeben. Von dort wurde ein Schadensersatz ausgeurteilt.
In einem Parallelverfahren musste das Oberlandesgericht München am 04.04.2011 erneut über die Hintergründe dieses Vermögensberaters entscheiden. In diesem Fall wurde die Klage jedoch abgewiesen. Der Vermögensberater selbst konnte nicht herangezogen werden – er verstarb im Jahr 1998. Die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe mit Bewährung für diesen Vermögensberater am 25.08.1993 wurde im Bundeszentralregister eingetragen. Nach den gesetzlichen Fristen müsste die Verurteilung bis zum August 2000 im Führungszeugnis eingetragen gewesen sein. Deshalb hatte das Oberlandesgericht München in diesem Verfahren entschieden, dass die vorvertragliche Verpflichtung entfalle. In dem weiteren Verfahren vor dem Oberlandesgericht München datierten die Verträge jedoch aus dem Jahr 2005, 2006 und 2007, während entsprechende Barübergaben bereits 2004 hätten erfolgt sein müssen. Dies sei aber zu einer Zeit, als die Eintragung im Führungszeugnis schon nicht mehr bestand und deshalb auch eine Aufklärungspflicht nicht mehr gegeben sei.
„Alle relevanten Zeitpunkte liegen lange nach dem August 2000 und damit lange nach dem Zeitraum, in dem eine vorvertragliche Verpflichtung der Beklagten bestand, die Kläger auf die einschlägige Vorstrafe des Herrn …. wegen eines Vermögensdeliktes hinzuweisen bzw. darauf, dass nicht geprüft worden war, ob Herr …. entsprechend vorbestraft ist“.
Wer einmal vorbestraft ist, ist eben nicht immer vorbestraft.
Oberlandesgericht München, Aktenzeichen 21 U 294/11, Entscheidung vom 04.04.2011
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Das Versorgungswerk der Deutsche Vermögensberatung DVAG ist Thema eines Rechtsstreits zwischen einem Vermögensberater und der AachenMünchener. Die DVAG hatte den Versorgungsvertrag gekündigt. Dies geschah, nachdem ein Aufhebungsvertrag unterschrieben war. Die Parteien streiten sich darum, ob der Aufhebungsvertrag wirksam zustande kam.
Der seit Jahren inaktive Vermögensberater verlangt vor Gericht die Feststellung, dass der Vertrag mit der AachenMünchener ungekündigt wäre und bis heute fortbesteht.
Vor dem Landgericht Aachen hatte der Vermögensberater keinen Erfolg. Unabhängig vom Aufhebungsvertrag hätte die DVAG das Versorgungswerk kündigen dürfen. Schließlich habe ja der Versicherungsschein vorgelegen. Außerdem seien ja sie Ansprüche aus dem Versorgungswerk bis zum 60. Lebensjahr an die DVAG abgetreten.
Gegen die Entscheidung legte der Vermögensberater Berufung ein. Er begründete dies mit den Hintergründen des Aufhebungsvertrages und einem sittenwidrigen Verhalten ihm gegenüber. Schließlich war er bereits schwer erkrankt, als er zur Unterschrift gebracht wurde.
In der Berufungsverhandlung vor dem Oberlandesgericht Köln bekam der Fall dann eine ganz neue Entwicklung. Da der Versicherungsvertrag zwischen AachenMünchener und dem Vermögensberater auf die Regelungen über das Versorgungswerk (Vertrag zwischen Vermögensberater und DVAG) Bezug nimmt, müsse sich die AachenMünchener wohl den Inhalt aus dem Versorgungswerkvertrag zurechnen lassen.
Dort jedoch ist – nach Auslegung des Vertrages – geregelt, ob und wann das Versorgungswerk gekündigt werden kann. Wäre der -streitige – Vortrag des Vermögensberaters zutreffend, käme man dann zu dem Ergebnis, dass die Kündigung des Versorgungswerkes unwirksam ist.
Hätte die AachenMünchener dann noch über die Hintergründe des umstrittenen Aufhebungsvertrages Bescheid gewusst, käme es auch nicht mehr darauf an, wo sich der Versicherungsschein befunden hat. Mit dieser Rechtsansicht war der Vermögensberater zufrieden. Schließlich habe er, wie er sagt, die AachenMünchner rechtzeitig vor der Kündigung über die Hintergründe informieren lassen. Im weiteren wird eine Beweisaufnahme erwartet.
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Die Gerüchteküche brodelt immer. Gerade im Kreise der Vermögensberater wird viel getuschelt. Manchmal ist zumindest etwas Wahres dran. Zumeist fällt es aber tief in den Brei der „leichten Muse“.
Was ich nicht schon alles über den „Doktor“ gehört habe (als er noch lebte), würde viele Abende füllen. Von Verschwörungstheorien war die Rede, von Geheimbünden und vielem mehr. Als Jurist soll man das rechtlich Wichtige vom Unwichtigen trennen, habe ich vor Jahren mal gelernt. Deshalb habe ich diesen Geschichten keine große Bedeutung zukommen lassen. Das gleiche betrifft die Erbfolge des Doktors und die Frage der Aufteilung der Geschäftsbereiche an die Nachfolger. Aus juristischer Sicht ist allenfalls am Rande bedeutsam, wer im Vorstand einer AG sitzt und nicht, ob der Grund für die Erbaufteilung religiöser oder anderer Natur ist.
Dann gibt es noch die Gerüchteküche um Michael Schuhmacher, dem langjährigen Werbepartner der DVAG, die stets neue Zutaten erhält. Je mehr man offiziell nicht erfährt, umso mehr wird auch hier geredet. Glücklicherweise hat es sich bei manchen Gerüchten um böse Vorahnungen gehalten, von denen man bis heute weiß, dass es nur Gerüchte waren. Sie sind bis heute nicht eingetreten.
An dieser Stelle habe ich noch geglaubt, man müsse irgendwo im Rampenlicht stehen, wenn sich die Gerüchteküche über jemanden ausschüttet. Von wegen. Denn auch die, die hinten stehen, bekommen „ihr Fett weg“, und zwar die Anwälte.
Schließlich gibt es auch die Gerüchte über die Anwälte der DVAG und die Anwälte der Vermögensberater. Die meisten, vor allem die bösen Gerüchte über die geschätzten Kollegen, konnte ich ausräumen.
Und heute kam dann noch ein böses – und vor allem blödes – Gerücht über mich hinzu. Ein Vermögensberater, der ein paar Fragen hatte, sagte, ein anderer Vermögensberater habe gesagt, ich, also Rechtsanwalt Kai Behrens, würde von der DVAG bezahlt werden.
Wenn damit gemeint ist, dass man mich kauft, um prozessuale Vorteile zu bekommen, so ist dies natürlich blödsinnig. Wenn damit gemeint ist, dass derjenige die Prozesskosten (und auch mich als Anwalt) zu zahlen hat , der einen Prozess verliert, dann ist diese Aussage durchaus richtig. Dann werde aber nicht ich bezahlt, sondern der Vermögensberater, dem seine Anwaltskosten erstattet werden.
Dass ein noch aktiver Vermögensberater so denkt, wirft einen Schatten, denn im Falle einer solchen Vereinbarung über heimliche Zahlungen würden sich wohl beide Seiten – als Anstifter und Täter – strafrechtlich zu verantworten haben (§ 356 StGB). Ein „unmoralisches Angebot“ hat es aber schon nie geben. Von keinen Seiten.
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Am 19.04.2016 urteilte das Landgericht Frankfurt in einem Teilurteil aus, dass die DVAG eine Softwarepauschale in Höhe von fast 4.000 € zu erstatten hat und außerdem einen Buchauszug zu erteilen habe.
Kläger und Beklagte waren mit einem Vertrag aus dem Jahre 2007 miteinander verbunden. Seitdem wurde das Konto des Klägers mit über 9.000 € belastet. Ein Großteil dieses Betrages war bereits verjährt.
Das Gericht im Einzelnen:
„Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch gem. §280 Abs. 1 BGB, weil diese vertragswidrig das von ihr für ihn geführte Kontokorrentkonto mit den Softwarepauschalen belastet hat, obwohl die EDV nach den vertraglichen Vereinbarungen kostenlos zur Verfügung zu stellen war. Das Bestreiten des Zahlungsanspruchs durch die Beklagte ist unsubstantiiert. Ohne diese Pflichtverletzung hätte der Kläger bereits entsprechende Auszahlungen vom Kontokorrentkonto erhalten, sodass er nicht nur einen Anspruch auf Gutschrift auf das Kontokorrentkonto, sondern einen Zahlungsanspruch hat.“
Des weiteren führt das Gericht aus:
„Der Kläger kann von der Beklagten gem. 87c Abs. 2 HGB auch den geltend gemachten Buchauszug verlangen. Der Buchauszug muss sämtliche provisionsrelevanten Geschäftsvorfälle erfassen und zwar alle von Vertragsbeginn bis Vertragsende, sowie darüber hinaus sämtliche weiteren provisionsrelevanten nachvertraglichen Geschäfte wiedergeben (Emde EM DE, Vertriebsrecht, 2. Auflage, §87c Randnummer 130). Dabei ist klar, dass der Klageantrag nur auf die vom Kläger vermittelten oder im Namen der Vertragspartner der Beklagten für diese abgeschlossenen Geschäfte betrifft. Er ist damit sachlicher und persönlicher Hinsicht hinreichend bestimmt.“
„Die Beklagte kann dem Kläger auch nicht entgegenhalten, er könne die benötigten Angaben in der EDV der Beklagten selbst abrufen.
Der Bundesgerichtshof hat bereits entschieden, dass ein EDV-System, das nur Zugriff auf den aktuellen Datenstand und keinen Gesamtüberblick über den fraglichen Zeitraum gibt, den gesetzlichen Anforderungen nicht genügt und der Handelsvertreter nicht darauf verwiesen werden kann, er habe die Daten ja selbst „fixieren“, also laufend ausdrucken oder speichern können oder ihm bereits zugesandte Unterlagen aufbewahren können (BGH-Urteil vom 20.09.2006 Aktenzeichen VIII ZR 100/05).
Darüber hinausgehend obliegt die Erstellung des Buchauszuges als vollständige, geordnete und übersichtliche aller Angaben, die für die Provision von Bedeutung sind, nicht dem Handelsvertreter, sondern dem Prinzipal. Selbst wenn daher alle notwendigen Daten im EDV-System für den Kläger zugänglich hinterlegt wären, so wäre es doch Sache der Beklagten, diese in der gewohnten Form zusammenzustellen… Dass über die EDV quasi durch einen Mausklick ein vollständiger Buchauszug zu erlangen wäre, macht auch die Beklagte nicht geltend. Aber auch wenn dies so wäre, könnte die Beklagte den Kläger nicht darauf verweisen, die Daten aus dem EDV-System zu entnehmen. Denn die Beklagte schuldet dem Kläger die dauerhafte Überlassung des Buchauszuges und nicht nur die jederzeit einschränkbare elektronische Abrufbarkeit. Es wäre Sache der Beklagten und nicht des Klägers, die Daten auszudrucken oder auf einem dauerhaften Speichermedium zur Verfügung zu stellen und die damit einhergehenden Arbeiten zu leisten.“
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.