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BAG zu Kleinstprovisionen, Darlegungslasten und Zurückbehaltungsrechten
Hier ein äußerst interessante Entscheidung vom 21.1.2015 des Bundesarbeitsgerichts zu der Frage, wann Provisionsvorschüsse zurückzuzahlen sind:
1. Eine Vertragsklausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nicht näher benannte Provisions- und Stornohaftungsbedingungen in Bezug nimmt und den Provisionsanspruch daran knüpft, dass der Arbeitnehmer diese Bedingungen „anerkennt und als vertragsgemäß akzeptiert“, hält einer Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 3 Satz 2 iVm. Abs. 1 Satz 2 BGB nicht stand.
2. Eine schlüssige Klage auf Rückforderung von Provisionsvorschüssen erfordert die Darlegung, für welchen Vertrag Superprovision/Provision in welcher Höhe als Vorschuss gezahlt wurde, für welche Prämie der Provisionsanspruch entsteht, inwieweit es nicht zur Prämienzahlung durch den Versicherungsnehmer gekommen ist und welche Auswirkungen dies nach welchen vertraglichen Vereinbarungen der Parteien auf den Provisionsanspruch des Vermittlers hat. Dies gilt auch hinsichtlich kleiner Rückforderungsbeträge (sog. Kleinstorni). Darüber hinaus hat der Arbeitgeber nach § 87a Abs. 3 HGB die ordnungsgemäße Nachbearbeitung des einzelnen notleidenden Versicherungsvertrags darzulegen, für den er eine Rückforderung geltend macht.
Dazu das Gericht:
Es gilt § 92 Abs.4 HGB:
Allerdings ist .. nicht eindeutig benannt, wann die Provisionsforderung entsteht. Dies ergibt sich jedoch aus den entsprechenden Bestimmungen des HGB. Nach § 92 Abs. 4 HGB hat ein Versicherungsvertreter – abweichend von § 87a Abs. 1 HGB – nicht bereits Anspruch auf Provisionszahlung, wenn der Versicherer das Geschäft ausführt, sondern erst, wenn der Versicherungsnehmer die Prämie gezahlt hat, aus der sich die Provision nach dem Vertragsverhältnis berechnet. Gleiches gilt für sog. Superprovisionen für werbende Tätigkeit, mit denen ein Hauptvertreter am Vermittlungserfolg ihm unterstellter Untervertreter beteiligt wird (vgl. dazu Flohr/Wauschkuhn/Weske Vertriebsrecht § 92 HGB Rn. 26; MüKoHGB/von Hoyningen-Huene 3. Aufl. HGB § 87 Rn. 14a; Staub/Emde HGB 5. Aufl. § 92 Rn. 79). § 92 HGB findet dabei gemäß § 65 HGB auch auf Handlungsgehilfen Anwendung, die gegen Provision Versicherungsverträge vermitteln oder abschließen. Für ihren Provisionsanspruch kann nichts anderes gelten als für den des Versicherungsvertreters (BAG 25. Oktober 1967 – 3 AZR 453/66 – zu II 2 b der Gründe, BAGE 20, 123).
….
Die Höhe des Vorschusses muss genannt werden:
Die Schlüssigkeit einer entsprechenden Klage erfordert die Darlegung, für welchen Vertrag Superprovision/Provision in welcher Höhe als Vorschuss gezahlt wurde, für welche Prämie der Provisionsanspruch entsteht, inwieweit es nicht zur Prämienzahlung durch den Versicherungsnehmer gekommen ist und welche Auswirkungen dies nach welchen vertraglichen Vereinbarungen der Parteien auf den Provisionsanspruch des Vermittlers hat. Diese Angaben sind dabei für Rückforderungen in jeder Höhe erforderlich. Auch hinsichtlich kleiner Rückforderungsbeträge sind an die Schlüssigkeit einer Klage keine geringeren Anforderungen zu stellen (zu diesen sog. Kleinstorni vgl. Brandenburgisches OLG 7. Oktober 2010 – 12 U 96/09 – zu II 2 c der Gründe).
…
BAG orientiert sich an Rechtsprechung des BGH:
Gemäß § 87a Abs. 3 Satz 2 iVm. § 92 Abs. 2 HGB entfällt der Anspruch des Handels- bzw. Versicherungsvertreters auf Provision im Falle der Nichtausführung des Geschäfts durch den Unternehmer, wenn und soweit die Nichtausführung auf Umständen beruht, die vom Unternehmer nicht zu vertreten sind. Die Nichtausführung (Stornierung) des Vertrags ist schon dann von dem Versicherungsunternehmen nicht zu vertreten, wenn es notleidende Verträge in gebotenem Umfang nachbearbeitet hat. Art und Umfang der dem Versicherungsunternehmen obliegenden Nachbearbeitung notleidender Versicherungsverträge bestimmen sich nach den Umständen des Einzelfalls. Das Versicherungsunternehmen kann entweder eigene Maßnahmen zur Stornoabwehr ergreifen, die dann freilich nach Art und Umfang ausreichend sein müssen, oder sich darauf beschränken, dem Versicherungsvertreter durch eine Stornogefahrmitteilung Gelegenheit zu geben, den notleidend gewordenen Vertrag selbst nachzubearbeiten. Den Versicherer trifft die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er eine ordnungsgemäße Nachbearbeitung des notleidenden Versicherungsvertrags vorgenommen hat (BGH 28. Juni 2012 – VII ZR 130/11 – Rn. 15 f. mwN; MüKoHGB/von Hoyningen-Huene HGB § 92 Rn. 28 ff.).
…
Auch bei Kleinststorni keine Bagatellgrenze:
Dies entbindet die Klägerin aber nicht von der Pflicht, eigene bestandserhaltende Maßnahmen vorzunehmen und/oder ggf. auf das Versicherungsunternehmen entsprechend einzuwirken (zu den Anforderungen zB BGH 1. Dezember 2010 – VIII ZR 310/09 – Rn. 22; Flohr/Wauschkuhn/Weske § 92 HGB Rn. 38). Das gilt entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts grundsätzlich auch für sog. Kleinstorni (aA OLG Celle 28. Juni 2001 – 11 U 221/00 – zu II 1 der Gründe: Bagatellgrenze 100 DM). Zwar können in diesem Fall geringere Anforderungen an die Nachbearbeitung gestellt werden (LAG Baden-Württemberg 28. September 2000 – 21 Sa 23/00 – zu B I 2 a der Gründe; OLG Köln 10. Mai 2012 – 19 U 3/12 -; OLG Zweibrücken 24. Mai 2011 – 8 U 158/08 -; Brandenburgisches OLG 7. Oktober 2010 – 12 U 96/09 – zu II 2 c der Gründe). Es mag auch Fallgestaltungen und Vertragsarten geben, in denen auf solche Maßnahmen ganz verzichtet werden kann, weil nach den Umständen des Einzelfalls bestandserhaltende Maßnahmen auch unter Berücksichtigung des Provisionsinteresses des Vermittlers nicht zumutbar sind. Jedoch bedarf es jeweils einer Begründung, warum keine oder nur geringere, konkret benannte Stornoabwehrmaßnahmen geschuldet sind. Auch an solchem Vortrag fehlt es bisher hinsichtlich des größten Teils der Verträge, bezüglich derer Provisionsvorschüsse zurückgefordert werden.
…
Unwirksam ist eine Vereinbarung, nach der die Auszahlung aus der Rückstellung verweigert werden kann, bis sich kein Vertrag mehr in der Haftung befindet
Nach § 5 Ziff. 3 Satz 2 des Arbeitsvertrags soll der Arbeitnehmer insgesamt erst über die auf das Stornokonto gebuchten Provisionsanteile verfügen können, wenn sich kein Vertrag mehr in der Stornohaftungszeit befindet und auch sonst keine Rückforderungsansprüche der Arbeitgeberin „bestehen oder entstehen können“. Damit scheidet faktisch während des laufenden Arbeitsverhältnisses eine Verfügung des Arbeitnehmers über das Stornokonto aus, da hinsichtlich neu vermittelter Verträge laufend neue Provisionsvorschüsse gezahlt werden und damit Rückforderungsansprüche der Klägerin entstehen können. Auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses wird eine Verfügung über das Stornokonto – wie der vorliegende Rechtsstreit zeigt – langfristig ausgeschlossen. Dies gilt nach § 5 Ziff. 3 Satz 2 des Arbeitsvertrags unabhängig davon, wie hoch das Guthaben einerseits und das Stornorisiko andererseits sind. Darin liegt eine unzulässige Übersicherung (vgl. dazu OLG Düsseldorf 26. Oktober 2012 – I-16 U 134/11, 16 U 134/11 – zu II A 1 b (1) der Gründe). Darüber hinaus wird dem Arbeitnehmer die Verfügungsbefugnis auch hinsichtlich solcher Provisionsanteile vorenthalten, die nach Ablauf der Stornohaftungsfristen ins Verdienen gebracht wurden, weil der Versicherungsnehmer in vollem Umfang seine Prämie gezahlt hat, und die dem Arbeitnehmer damit unstreitig zustehen. Dies weicht von § 92 Abs. 4 HGB ab; dem Vermittler wird ein Teil seines fälligen Provisionsanspruchs nicht ausbezahlt. Dies benachteiligt ihn unangemessen.
BAG · Urteil vom 21. Januar 2015 · Az. 10 AZR 84/14
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Axa geht leer aus
Das Amtsgericht Elmshorn wies im Dezember 2019 eine Klage der AXA Versicherung AG ab. Die AXA verlangte die Rückzahlung angeblich nicht verdienter Provisionen.
Die AXA berief sich auf die Provisionsberechnung. Diese wies ein Minus auf in Höhe von ein paar tausend Euro aus. Ein Guthaben auf dem Stornoreservekonto wurde von der Klageforderung nicht angezogen.
Das Gericht hielt der Axa vor, dass man die Forderung nicht substantiiert vorgetragen hätte. Es fehlten Angaben zur Höhe der bereits gezahlten Provisionen, zu den Restlaufzeiten des Versicherungsvertrages und zu den von dem Versicherer unternommenen Nachbearbeitungsmaßnahmen. Das Gericht konnte auch nicht nachvollziehen, ob die Stornoreserve entsprechend der Vereinbarung berücksichtigt wurde.
Das Gericht begründete die Entscheidung auch damit, dass nicht klar war, ob die Berechnungen überhaupt nachvollzogen werden können. Schließlich seien Rückstellungen gebildet wurden. Es sind nur 90 % als Vorschuss gezahlt worden. Für das Gericht war es nicht erkennbar, inwieweit der noch nicht geleistete Vorschuss, die 10 %, bei der Berechnung berücksichtigt wurde.
Ferner wies das Gericht darauf hin, dass dem Vermittler ein Zurückbehaltungsrecht zustehe. Er hatte nämlich den Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges gemäß § 87 c Abs. 2 HGB dieses Recht geltend gemacht. Der Buchauszug sei auch nicht verjährt. Ausgehend von einer Haftungszeit von 60 Monaten und davon, dass danach erst eine abschließende Abrechnung der vermittelten Geschäfte erfolgt, hat das Gericht gemeint, dem Vermittler ständen Ansprüche auf den Buchauszug von acht Jahren zu.
Ob eine hinreichende Stornobekämpfung durchgeführt wurde, konnte nach Ansicht des Gerichtes offen bleiben. Offenbleiben konnte auch, ob es überhaupt eine wirksame Kontokorrentvereinbarung gemäß § 355 HGB gab.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
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Nicht jeder ist Handelsvertreter
Ein Softwareentwickler muss nicht zwangsläufig Handelsvertreter beschäftigen.
Eine Entwicklerfirma, die Softwareprogramme für Arztpraxen verkauft, hatte einen freien Mitarbeiter eingestellt, der über diverse geschäftliche Kontakte verfügt. Dieser hatte eine bestimmte Software an Kunden und Geschäftspartner der Entwicklerfirma vermittelt. Er konnte deshalb die Firmenumsätze erheblich steigern. Es wurde sogar vereinbart, dass er erfolgsabhängig vergütet werden sollte. Man führte ein Erfolgskonto, auf das jährlich 5% der Softwarewartungssteigerung gegenüber dem 31.12.2010 verbucht werden.
Der freie Mitarbeiter verlangte nun einen Buchauszug. Er meinte, er sei Handelsvertreter und deshalb hätte er auch die Auskunftsansprüche eines Handelsvertreters gem. § 87 c) Abs. 3 HGB.
Das Landgericht Magdeburg machte am 26.06.2018 unter dem Aktenzeichen 31 O 97/17 dem Mitarbeiter einen dicken Strich durch die Rechnung. Danach sei er kein Handelsvertreter. Ein Handelsvertreter gem. § 84 Abs. 1, Satz 1 HGB ist, wer ständig damit betraut ist, für einen anderen Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen. Der Handelsvertretervertrag ist ein gegenseitiger Vertrag, und zwar ein spezieller Dienstvertrag über eine Geschäftsbesorgung, nachdem der Handelsvertreter zum Tätigwerden verpflichtet ist.
Nach Ansicht des Gerichts genügt es nicht, dass der Verpflichtete nach der Vereinbarung mit dem Unternehmen für dieses nicht nur einmal, sondern immer wieder Geschäfte vermittelt. Nach der Vereinbarung muss der Mitarbeiter verpflichtet sein, sich ständig um Geschäfte zu bemühen. Eine beiderseitige, auf Dauer berechnete Bindung ist entscheidend. Die Umstände des Einzelfalls sind heranzuziehen und das Gesamtbild der tatsächlichen Handhabung zu würdigen.
Unter Würdigung dieser Umstände kam das Landgericht zu dem Ergebnis, dass der Anspruch auf einen Buchauszug nicht gegeben ist, weil ein Handelsvertreterverhältnis nicht vorliegt.
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Das Oberlandesgericht Nürnberg hat Zweifel an der Zulässigkeit einer Berufung gegen einen Buchauszug. Die Gründe überraschen bei näherem Hinsehen nicht.
Die Universa Lebensversicherung a.G. wurde erstinstanzlich zur Erteilung eines Buchauszuges verurteilt. Der Handelsvertreterblog berichtete. Der Versicherer wehrte sich dagegen mit einer Berufung beim Oberlandesgericht Nürnberg.
Berufung darf nur bei einem Beschwerdewert ab 600 € eingelegt werden. So durfte sich das Gericht darüber Gedanken machen, welchen Beschwerdewert denn ein Buchauszug hat.
Das OLG Nürnberg hatte im Dezember 2019 darauf hingewiesen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes im Fall der Einlegung eines Rechtsmittels gegen die Verurteilung zur Auskunft, zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung, zur Erteilung eines Buchauszuges oder zur Bucheinsicht für die Bemessung des Wertes des Beschwerdegegenstandes das Interesse des Rechtsmittelführers maßgebend ist, die urteilsgegenständliche Handlung nicht vornehmen zu müssen. Dabei sei – von dem Fall eines besonderen Geheimhaltungsinteresses abgesehen – auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen, den die Vornahme der urteilsgegenständlichen Handlung erfordert.
Damit richtet sich der Wert der Beschwer des Versicherers nicht nach der möglicherweise zu zahlenden Provision. Sie richtet sich nach dem Aufwand bei der Erteilung des Buchauszuges.
Die Beschwer der im ersten Rechtszug unterlegenen Beklagten stelle sich nicht als Spiegelbild des Vorteils dar, den die Klägerin aus dem Urteil ziehen kann.
Ob der Streitwert genügt, wurde mit dem Beschluss noch nicht entschieden. Es wurden lediglich Bedenken geäußert.
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Doppelt rechtshängig
Im Jahre 2019 entschied das Landgericht Frankfurt, dass einem Vermögensberater Provisionsrückforderungen nicht zustehen. Die Begründung überrascht.
Ein ehemaliger Vermögensberater der Deutschen Vermögensberatung DVAG monierte, dass in seiner Provisionsabrechnung Provisionen abgezogen wurden, nachdem es zu Vertragsstornierungen kam. Der Vermögensberatervertrag war zu diesem Zeitpunkt längst zu Ende.
Der Berater wollte nunmehr wissen, ob sich denn die DVAG genügend um die Stornobekämpfung gekümmert hatte. Deshalb beantragte er die Erteilung eines Buchauszuges, den er auch bekam. Im Rahmen des Buchauszuges gab die DVAG Auskunft darüber, welche Stornobekämpfungsmaßnahmen im Einzelnen im Hinblick auf § 87 a), Abs. 3, Satz 2 BGB getroffen wurden. Sollten diese Stornobekämpfungsmaßnahmen nicht genügen, würde schließlich nach dieser Norm der Provisionsanspruch erhalten bleiben.
Anschließend erstellte der Berater eine Tabelle über all die Fälle, von denen er meinte, dass hier eine Stornobekämpfung nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde. Diesen Betrag machte er dann vor Gericht geltend.
Allerdings war der Berater zuvor in einem anderen Verfahren an dem Gericht seines Wohnsitzes zur Rückzahlung von Provisionsvorschüssen verklagt worden. Dort wurde er auch entsprechend verurteilt. Nunmehr meinte die DVAG in dem Frankfurter Verfahren, es bestünde sog. doppelte Rechtshängigkeit und die Klage sei unzulässig. Schließlich sei ja schon über die Provisionen gerichtlich entschieden worden. Dieser Auffassung schloss sich das Landgericht Frankfurt an und wies die Klage gegen die DVAG auf Zahlung von – zuvor stornierten – Provisionen ab. Das Landgericht Frankfurt sah hier einen Fall der doppelten Rechtshängigkeit. Das damalige Urteil des Amtsgerichts habe sog. materielle Rechtskraftwirkung im Sinne von § 322 Abs. 1 ZPO. Der Rechtsstreit sei mit umgekehrten Parteirollen bereits entschieden worden. Die Klage sei deshalb unzulässig.
Gegen diese Entscheidung wurde Berufung eingelegt.
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Geknickt, geschnitten und geklebt ähnelte der Buchauszug einer aus 7 Waggons gestehenden Eisenbahn. Insofern mag der Buchauszug dem Versicherer gefallen haben.
Ein großer Versicherer wurde vom Landgericht Frankfurt am Main zur Erteilung eines Buchauszuges verurteilt. Man wollte diesem nachkommen und übersandte eine Vielzahl von DINA4 Blättern.
Die Gebrauchsanweisung für das Bearbeiten des Buchauszuges musste telefonisch abgefragt werden. Sie war dem Buchauszug nicht beigefügt. Verständlich waren die einzelnen Seiten nämlich nicht. Einen Sinn ergaben sie nur bei genauer handwerklicher Vorarbeit.
Mit Gebrauchsanleitung, viel Zeit und entsprechendem Werkzeug war dem ikeageprobten Berater ein Aneinanderfügen möglich.
Die Informationen über einen einzigen Vertrag waren über 7 DINA4 Blätter verteilt. Diese mussten jeweils links und rechts an der Falz geknickt werden, teilweise geschnitten werden und an der richtigen Stellen mit durchsichtigem Tesafilm zusammengeklebt werden. Dann war man in der Lage, die 7 Blätter nebeneinander zu legen und von links nach rechts über eine Länge von über 2 Metern jeden einzelnen Vertrag erläutert zu bekommen.
Da der Buchauszug aus mehreren 100 Seiten bestand, wäre der Aufwand „knicken, falten, schneiden und kleben“ immens gewesen. Die Form musste deshalb beanstandet werden.
Dazu der BGH mit Urteil vom 21.3.2001, Az: VIII ZR 149/99: „Der Buchauszug soll eine Nachprüfung der vom Unternehmer erteilten oder zu erteilenden Provisionsabrechnungen ermöglichen. Dies gebiete lediglich, dass der Buchauszug die geschäftlichen Vorgänge klar und übersichtlich darstellen müsse. Eine konkrete Form der Darstellung sei dem Gesetz nicht zu entnehmen. Der Vertreter könne lediglich eine geordnete Darstellungsweise verlangen.“
Und der BGH mit Urteil vom 20.11.2011 Az I ZB 67/09 : „Erforderlich ist, dass der Buchauszug aus sich heraus verständlich ist. Das schließt es nicht aus, dass die Anforderungen, die an eine klare, geordnete und übersichtliche Form der Darstellung sämtlicher relevanten Geschäftsvorfälle zu stellen sind, auch dadurch erreicht werden können, dass einer Aufstellung Abdrucke von Auftrags- und Rechnungsunterlagen beigefügt werden, die ohne Schwierigkeiten zugeordnet werden können.“
Da dieser Buchauszug nicht geordnet war, sondern erst geordnet werden sollte, wird der Versicherer nunmehr bemüht sein, den Buchauszug eingleisiger zu gestalten. Wir sind gespannt.
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Hilfsleine Datenschutz
Natürlich muss ein Vertrieb, ein Versicherer oder ein anderes Unternehmen einen Buchauszug erstellen, wenn der Handelsvertreter dies von ihm verlangt.
Darüber wurde viel hier im Blog berichtet. § 87 c Abs.2 HGB gewährt dies. Der Handelsvertreter hat alle provisionsrelevanten Umstände zu erfahren. Man erhält durch den Buchauszug auch die Kunden- und Vertragsdaten.
Dies ist nicht als eine Lästigkeit abzutun, sondern für den Handelsvertreter die einzige Möglichkeit, seine Provionsansprüche zu überprüfen.
Der Kreativität einiger Unternehmen ist es zu verdanken, dass die Einwendungen gegen einen solchen Buchauszug keine Grenzen kennen. Oft wird vorgetragen, man habe als Vertrieb doch gar keine Daten. Ganz neu ist jedoch der Einwand, man dürfe doch gar keine fremden Daten herausgeben. Das Datenschutzgesetz, und erst Recht die Datenschutzgrundverordnung, verbieten es geradezu.
Gerade Strukturvertriebe, in denen mal eben so alle Handelsvertreter in einer Struktur über alle Verträge informiert werden, und natürlich dann auch all diese Daten einsehen können, fällt plötzlich ein, dass es einen Datenschutz gibt. Der Datenschutz soll plötzlich als Hilfsleine vor dem lästigen Buchauszug dienen.
Das Oberlandesgericht München hatte bereits kürzlich mit einer handelsvertreterfreundlichen Auffassung dem Buchauszug den Rücken gestärkt.
Jetzt setzt es noch einen drauf und urteilt, dass der Datenschutz den Anspruch auf den Buchauszug nicht untergraben dürfe (OLG München vom 31.7.2019, Az 7 U 4012/17).
Das OLG hat folgende Kernpunkte entschieden:
- Das Interesse des Unternehmers an der Wahrung von Betriebs- bzw. Geschäftsgeheimnissen ist im Rahmen des § 87c Abs. 2 HGB irrelevant, da deren Schutz durch § 90 HGB geregelt ist. (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)
- Die DSGVO ist grundsätzlich auf alle erteilten Buchauszüge und auch auf alle nach § 87c Abs. 2 HGB zukünftig noch vorzunehmenden Datenverarbeitungen anwendbar, jedoch ist die mit der Erteilung eines Buchauszuges verbundene Datenübermittlung nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 DSGVO erlaubt.
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Am 17.4.2019 entschied das OLG München unter dem Az 7 U 2711/18, im Rahmen eines handelsvertreterfreundlichen Urteils, was eigentlich längst klar sein sollte.
Ein Buchauszug darf mehrmals eingeklagt werden darf, er darf nicht z.B. wegen Untätigkeit des Handelsvertreters zurückgehalten werden und die Frage, ob Provisionsansprüche bestehen, darf nicht vorweggenommen werden.
Hier nun die Leitsätze des OLG und die Begründung in Kurzform:
1. In der Erteilung eines Buchauszugs ist keine Vorwegnahme der Entscheidung darüber enthalten, ob das in ihm aufgenommene Geschäft auch provisionspflichtig ist oder nicht, so dass nur zweifelsfrei nicht provisionspflichtige Geschäfte bei der Erteilung des Buchauszugs unberücksichtigt bleiben können (stRspr BGH BeckRS 9998, 76461).
Gemäß § 87c Abs. 2 HGB kann der Handelsvertreter „einen Buchauszug über alle Geschäfte verlangen, für die ihm nach § 87 Provision gebührt“. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist diese Norm nach der Rechtsprechung des BGH nicht dahingehend auszulegen, dass es ohne feststehende Pflicht zur Provisionszahlung keine Verpflichtung zum Buchauszug gäbe (vgl. Berufungsbegründungsschriftsatz des Beklagtenvertreters vom 11.09.2018 (dort S. 6, Bl. 400 d.A.). Vielmehr darf die Erteilung des Buchauszugs „keine Vorwegnahme der Entscheidung darüber enthalten, ob das in ihm aufgenommene Geschäft auch provisionspflichtig ist oder nicht (…). Nur die zweifelsfrei nicht provisionspflichtigen Geschäfte können bei der Erteilung des Buchauszugs unberücksichtigt bleiben“ (BGH, Urteil vom 23.02.1989, Az. I ZR 203/87, Rdnr. 14, OLG Nürnberg, Beschluss vom 28.01.2011, Az. 12 U 744/10, Rdnr. 28, Senatsurteil vom 11.04.2018, Az. 7 U 1972/17, Rdnr. 37, vgl. auch OLG Hamm, Urteil vom 17.12.2009, Az. 18 U 126/07, Rdnr. 116 aE).
2. Der Prinzipal kann dem Buchauszugsanspruch des Handelsvertreters nach § 87c Abs. 2 HGB mit einem Zurückbehaltungsrecht wegen Gegenansprüchen nicht entgegentreten.
Da der Prinzipal dem Buchauszugsanspruch des Handelsvertreters nach § 87c Abs. 2 HGB mit einem Zurückbehaltungsrecht wegen Gegenansprüchen nicht entgegentreten kann (vgl. Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, 38. Auflage, München 2018, Rdnr. 29 zu § 87c HGB; Löwisch in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3. Auflage, München 2014, Rdnr. 36 zu § 87c HGB), kommt es insoweit nicht darauf an, dass die Beklagte schon nicht vorgetragen hat, welche Gegenansprüche sie überhaupt geltend macht. Die bloße – von der Beklagten behauptete – Untätigkeit des Handelsvertreters begründet jedenfalls per se noch keine Gegenansprüche.
3. Für eine die außerordentliche Kündigung des Handelsvertretervertrages vorbereitende Abmahnung genügt es nicht, wenn der Prinzipal gegenüber dem Handelsvertreter immer wieder fernmündlich zum Ausdruck bringt, mit der Bearbeitung des Vertragsgebiets nicht zufrieden zu sein, und diesen ermahnt und auffordert, mehr zu tun als nur irgendwelche öffentliche Ausschreibungen von deutschen Unternehmen weiterzuleiten.
Jedoch setzt eine solche außerordentliche Kündigung grundsätzlich sowohl im Leistungs- als auch im Vertrauensbereich eine vorherige Abmahnung des Handelsvertreters durch den Prinzipal voraus (vgl. hierzu die Nachweise aus der Rechtsprechung bei Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, 38. Auflage, München 2018, Rdnr. 10 zu § 89a HGB). Wie das Landgericht (LGU S. 8) zutreffend ausgeführt hat, ist eine solche durch die Beklagte schon nicht vorgetragen worden. Denn nach Rechtsprechung des BGH muss eine Abmahnung den Schuldner darauf hinweisen, dass er vertragliche Pflichten verletzt hat und ihm für den Fall eines weiteren Vertragsverstoßes Konsequenzen drohen. Dabei ist zwar keine ausdrückliche Kündigungsandrohung erforderlich, jedoch muss aus der Erklärung des Gläubigers für den Schuldner deutlich werden, dass die weitere vertragliche Zusammenarbeit auf dem Spiel steht (BGH, Urteil vom 12.10.2011, Az. VIII ZR 3/11, Rdnr. 17 m.w.N. aus der BGH-Rechtsprechung). Im Schriftsatz ….. wird nämlich nur ausgeführt, die Beklagte habe „die Klägerin immer wieder ermahnt“.
4. Aus dem Umstand, dass der Handelsvertreter für einen früheren Zeitraum schon eine Verurteilung des Prinzipals zur Erteilung eines Buchauszugs erwirkt hat, lässt sich nicht herleiten, dass der Prinzipal nunmehr davon ausgehen darf, dass er keinen weiteren Buchauszug für einen anderen Zeitraum mehr erteilen muss.
Aus der Tatsache, dass die Klägerin unstreitig für den vor dem streitgegenständlichen Zeitraum liegenden Zeitraum schon eine Verurteilung der Beklagten zur Erteilung eines Buchauszugs erwirkt hat, lässt sich nicht herleiten, dass die Beklagte nunmehr davon ausgehen durfte, dass sie keinen weiteren Buchauszug für einen anderen Zeitraum mehr erteilen müsse. Damit somit weder Verjährung noch Verwirkung vorliegen, war der Buchauszug dem Grunde nach auch für den Zeitraum vom zu erteilen.
Zum Thema Verjährung meinte das OLG, dass der Lauf der Verjährung gem der neuen Rechtsprechung des BGH (BGH, Urteil vom 03.08.2017, Az. VII ZR 32/17) noch gar nicht begonnen hat. Denn: Provisionsabrechnungen durch die Beklagte erfolgten jedoch unstreitig nicht. Nach der Rechtsprechung des BGH hat damit im streitgegenständlichen Fall die Verjährungsfrist für die Erteilung des Buchauszugs noch gar nicht begonnen.
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Gemäß § 87 c Abs. 2 steht dem Handelsvertreter ein Buchauszug zu. Ein Anwaltskollege hatte jüngst in einem Verfahren vor dem Arbeitsgericht Münster erhebliche Verständnisprobleme. Er meinte, das Unternehmen könne den Buchauszug verweigern und sofort verlangen, dass der Handelsvertreter im Büro des Unternehmens nach geeigneten Unterlagen sucht. Auch dem Anwalt stellte sich der Buchauszug als Buch der sieben Geheimnisse dar.
In § 87 c Abs. 4 steht:
Wird der Buchauszug verweigert oder bestehen begründete Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Abrechnung oder des Buchauszuges, so kann der Handelsvertreter verlangen, dass nach Wahl des Unternehmers entweder ihm oder einem von ihm zu bestimmenden Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchsachverständigen Einsicht in die Geschäftsbücher oder die sonstigen Urkunden soweit gewährt wird, wie dies zur Feststellung der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Abrechnung oder des Buchauszuges erforderlich ist.
Nun wurde tatsächlich in der mündlichen Verhandlung die anwaltliche Auffassung vertreten, dass das Unternehmen den Buchauszug verweigern kann und das Unternehmen dann die Wahl hätte, dass entweder dem Handelsvertreter selbst oder ein von ihm zu bestimmender Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchsachverständigen Einsicht gewährt wird.
Nach dem Motto „wünsch Dir was“ hat sich dann das Unternehmen dazu entschieden, nicht den Buchauszug anzufertigen, sondern dass sich der Handelsvertreter selbst sich in das Büro des Unternehmens setzt, um sich dort die Unterlagen anzusehen. Natürlich kommt man mit der Auffassung nicht durch.
Denn wer so denkt, dem sei gesagt: Wer lesen kann, ist klar im Vorteil!
In § 87 c Abs. 4 steht, dass der Handelsvertreter die Einsichtnahme in die Bücher verlangen kann.
Dort steht nicht, dass der Unternehmer das verlangen kann. Dort steht auch nicht, dass der Handelsvertreter das verlangen muss.
Gemäß § 87 c Abs. 2 HGB kann der Handelsvertreter den Buchauszug verlangen. Dies hat er schließlich getan und dazu wird der Unternehmer in der Regel dann auch verurteilt, auch in Münster.
Nur dann, wenn sich der Handelsvertreter mit dem Unternehmer bereits über die Abrechnungen der Provisionen geeinigt hat, verliert er den Anspruch auf den Buchauszug (Bundesgerichtshof Urteil vom 29.11.1995, Aktenzeichen VIII ZR 293/94). In der Regel sind vollständige Angaben zu etwaigen Stornierungsgründen und zur Art der ergriffenen Bestandserhaltungsmaßnahmen sowie die Aufnahme schwebender Geschäfte oder solcher, aus denen sich möglicherweise ein Provisionsanspruch ergeben kann, erforderlich; der Umstand, dass ein Buchauszug unter einem sehr großen Aufwand zu leisten ist, führt übrigens nicht dazu, dass der Anspruch auf den Buchauszug verloren geht (Urteil Bundesgerichtshof 21.03.2001, Aktenzeichen VIII ZR 149/99).
06
Universa muss Buchauszug erteilen
Das Landgericht Nürnberg-Fürth hatte am 27.02.2019 die Universa Lebensversicherung a.G. verurteilt, einer ausgeschiedenen Versicherungsvertreterin einen Buchauszug zu erteilen. Dieser muss sich über sämtliche Geschäfte in dem Zeitraum 01.01.2008 bis 31.12.2015 erstrecken und folgende Angaben enthalten:
- Name des Versicherungsnehmer und/oder Vertragspartner
- Policen- und/oder Versicherungsscheinnummer
- zur Art und Inhalt des Vertrags die Sparte, die Tarifart, die Prämien und/oder provisionsrelevante Sondervereinbarungen
- Vertrags- und/oder Versicherungsbeginn
- bei Lebensversicherungsverträgen: Versicherungssumme, Eintrittsalter des Versicherungsnehmers und Laufzeit des Vertrages
- bei Lebensversicherungsverträgen mit Dynamisierung zusätzlich: Erhöhung der Versicherungssumme, Zeitpunkt der Erhöhung und Erhöhung der Jahresprämie
- im Fall von Stornierungen: Datum der Stornierung, Gründe der Stornierung und Art der ergriffenen Bestandserhaltungsmaßnahmen
Streitig war, ob die Universa den Buchauszug bereits erfüllt hatte, indem sie eine CD mit verschiedenen Daten übersandt hatte. Dies sah das Gericht nicht so. Schließlich muss ein Buchauszug gem. § 87 c), Abs. 2 HGB die zum Zeitpunkt seiner Aufstellung für die Berechnung, Höhe und Fälligkeit der Provisionen des Handelsvertreter relevanten geschäftlichen Verhältnisse in klarer und übersichtlicher Weise vollständig wiederspiegeln, soweit sie sich den Büchern des Unternehmers entnehmen lassen. Nur dann ist der Zweck des Buchauszuges erfüllt, dem Handelsvertreter über dessen Provisionsansprüche Klarheit zu verschaffen und ihm eine Nachprüfung der vom Unternehmer erteilten oder noch zu erteilenden Provisionsabrechnungen zu ermöglichen (BGH-Urteil vom 23.10.1991, AZ: I ZR 171/79). Die CD soll dazu nicht geeignet gewesen sein. Es handelte sich um einen Ausdruck einer großen Tabelle, aus der sich Zuordnungsprobleme ergeben. Die Zeilen waren nicht nummeriert und es war nur schwer möglich, die linke und rechte Hälfte der Tabelle in Einklang zu bringen. Zumindest dies erfordert ein klarer und übersichtlicher Buchauszug.
Der Buchauszug ist auch nicht verjährt. Es gilt zwar die Verjährungsfrist gem. § 195 BGB von 3 Jahren, da jedoch Haftungszeiten von 5 Jahren vereinbart waren, würde sich die Verjährung entsprechend verlängern.
Provisionsansprüche wies das Landgericht Nürnberg-Fürth ab, weil diese nicht substantiiert dargestellt wurden. Die Universa legte gegen die Entscheidung Berufung ein.
14
Provisionrückzahlungsklage der DVAG zurückgewiesen
Am 19.12.2018 hatte das Landgericht Krefeld eine Klage der DVAG auf Rückforderung von Provisionsvorschüssen zurückgewiesen.
Die DVAG hatte auf Grund von Stornierungen ein erhebliches Minus in einer Provisionsabrechnung aufgeführt. Sie vertrat die Ansicht, dieses habe der ausgeschiedene Vermögensberater auszugleichen. Außerdem sei er verpflichtet gewesen, die Provisionsabrechnungen und Kontoauszüge zu prüfen. Dies habe er allerdings nicht getan, warf die DVAG vor.
Zuvor hatte der ehemalige Vermögensberater die DVAG auf Erteilung eines Buchauszuges verklagt. Dieses Verfahren läuft vor einem anderen Landgericht und ist noch nicht beendet. Eine doppelte Rechtshängigkeit wollte das Landgericht darin nicht erkennen. Zwar könnten innerhalb eines Prozesses Widersprüche entstehen im Hinblick auf eine Rechtsprechung zu Factoring-Verträgen, die auf diese Fälle übertragbar sein soll, ist eine doppelte Rechtshängigkeit nach Auffassung des Landgerichts nicht gegeben.
Dennoch sei die Klage in Hinblick auf eine Grundsatzentscheidung des Oberlandesgerichtes Düsseldorf unbegründet. Des Oberlandesgerichts Düsseldorf entschied am 13.01.2017 unter dem Aktenzeichen I-16 U 32/16 u.a.:
„Die Nichtausführung eines Versicherungsvertrages ist vom Unternehmer nur dann nicht zu vertreten im Sinne des § 87 a) Abs. 3, Satz 2 HGB, wenn er sich in ausreichender Weise um die Rettung stornogefährdeter Verträge bemüht hat. Dem Versicherer obliegt es, nachdem er aus freien Stücken den ihm angetragenen Vertrag mit dem Kunden abgeschlossen hat, dass er sich im Wege der erforderlichen Nacharbeit um die Rettung deswegen ausbleibender Prämienzahlung auflösungsgefährdeten Vertrags ausreichend zu bemühen, selbst wenn es sich um die ausstehende Erstprämie handelt. Gleiches gilt bei sonstigen sich abzeichnenden. provisionsrelevanten Gefährdungen des Versicherungsvertrages (…). Er hat dabei die Wahl, die Nachbearbeitung selbst vorzunehmen oder sie dem Vertreter zu überlassen (vgl. BGH, Urteil vom 28.06.2012, AZ: VII ZR 130/11 mit weiteren Nachweisen).
Unterlässt der Versicherer aber in beider Hinsicht ausreichende Nachbearbeitungsmaßnahmen, muss er sich entsprechend dem Rechtsgedanken des „ 87 a), Abs. 3, Satz 1 HGB und des § 162 Abs. 1 BGB sowie wegen der gegenüber dem Versicherungsvertreter bestehenden Treuepflicht so behandeln lassen, als sei eine erfolgreiche Nachbearbeitung erfolgt und als sei der Provisionsanspruch des Vertreters endgültig entstanden (…).
Übernimmt der Unternehmer die Nachbearbeitung selbst, muss er alles ihm zumutbare und objektiv erforderliche unternehmen, um den Versicherungsnehmer zur Zahlung der Prämie zu veranlassen und dadurch dem Versicherungsvertreter den Provisionsanspruch zu erhalten, bevor er den Versicherungsvertrag vorzeitig auflöst. Der Umfang der Maßnahmen richtet sich zwar nach dem Einzelfall (…). Im Interesse des Vertreters ist der Versicherer aber in jedem Fall gehalten, die Gründe für die Nichtzahlung zu erforschen und nach einer Lösung gemeinsam mit dem Prämienschuldner zu suchen. Hierfür werden regelmäßig eine persönliche Rücksprache mit dem Schuldner sowie eine nachdrückliche Zahlungsaufforderung erforderlich sein. Einfache Mahnungen an den Kunden genügen demgegenüber nicht (…). Entbehrlich ist eine Nachbearbeitung ausnahmsweise nur dann, wenn endgültig und unabänderlich feststeht, dass der Schuldner nicht zahlen wird (…).
Dementsprechend behält der Versicherungsvertreter seinen Provisionsanspruch…, wenn der Unternehmer seiner Pflicht zur Nachbearbeitung stornogefährdeter Verträge (…) nicht ordnungsgemäß nachgekommen ist. Denn in diesem Fall hat der Unternehmer die Nichtzahlung der Prämie zu vertreten. Dies gilt auch in Bezug auf geleistete Vorschüsse. (…)
Der Versicherer muss dabei im Ausgangspunkt für jeden vermittelten Vertrag das Entfallen der unbedingt entstandenen Provision darlegen und beweisen (…). Er muss, wenn er sich zur Verteidigung gegen einen Provisionsanspruch auf § 87 a), Abs. 3, Satz 2 HGB beruft, die Voraussetzungen dieser Regelung darlegen und beweisen (vgl. BGH, Urteil vom 19.11.1982, AZ: I ZR 125/80 mit weiteren Nachweisen). “
Deshalb gehört nach Ansicht des Landgerichts die konkrete Darlegung und Beweisführung dazu, dass und mit welchem Inhalt eine ausreichende Nachbearbeitung durchgeführt worden, diese jedoch erfolglos geblieben ist, oder eine Nachbearbeitung ausnahmsweise entbehrlich gewesen ist, und zwar für jeden einzelnen rückabzuwickelnden Versicherungsvertrag (vgl. BGH, Urteil vom 28.06.2012, AZ: VII ZR 130/11 mit weiteren Nachweisen).
Das Landgericht sah, dass diese Maßstäbe nicht erfüllt wurden. Die Klägerin sei ihrer Darlegungslast nicht nachgekommen. Sie hat auch nicht dargelegt, wann welche Stornogefahrmitteilungen an den Beklagten gesandt wurden und welche Stornobekämpfungsmaßnahmen sie selbst vorgenommen hat.
Es genüge auch nicht, sich darauf zu berufen, dass der Vermögensberater periodisch erteilte Provisionsabrechnungen unbeanstandet hingenommen habe. Ein Einverständnis mit den Provisionsabrechnungen und damit ein Anerkenntnis, keine weiteren Ansprüche zu haben, kann aus einem untätigen Verhalten des Handelsvertreters nicht gefolgert werden (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 07.05.2004, AZ: …..O 406/03).
Das Landgericht ließ es deshalb offen, ob überhaupt die Grundsätze eines Kontokorrents nach Vertragsende heranzuziehen sind. Dabei hat das Landgericht die Entscheidung des OLG Karlsruhe vom 13.09.2017, AZ: 15 U 7/17, zur Kenntnis genommen.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Es wurde Berufung eingelegt.