26
Am 19.11.2009 entschied der Bundesgerichtshof unter dem Aktenzeichen III ZR 169/08, dass für den Beginn einer Verjährung entscheidend sei, ob und wann ein Prospekt tatsächlich und rechtzeitig übergeben wurde.
Hintergrund:
Seit dem 01.01.2001 gelten neue Verjährungsregelungen gemäß §§ 195, 199 Abs. 1 BGB. Danach gibt es eine dreijährige Verjährungsfrist für Falschberatung, jedoch abhängig von der Kenntnis. Dies gilt auch für Fälle, bei denen der Anspruch vor 2002 entstanden ist. Bei längeren Beratungsfehlern beginnt die Frist jedes Mal neu zu laufen.
Der BGH entschied nun, dass man dann die Kenntnis des geschädigten Anlegers unterstellen kann, wenn dieser mit Erfolgsaussichten auf Schadensersatz klagen kann. Der Anleger muss dazu nicht alle Einzelumstände kennen, er muss aber die wirtschaftlichen Zusammenhänge erkennen können, aus denen sich der Beratungsfehler ergibt.
Im vorliegenden Fall ging es darum, dass der Geschädigte nicht wusste, dass der von ihm gekaufte geschlossene Immobilienfond nicht jederzeit verkäuflich ist und das Risiko eines Totalverlustes mit sich bringt.
Gemäß der Auffassung des BGH genügt es für die Aufklärung, wenn statt einer mündlichen Aufklärung ein Prospekt über die Kapitalanlage überreicht wird. Aus diesem Prospekt muss sich dann der nötige Inhalt wahrheitsgemäß ergeben. Dafür, dass der Prospekt tatsächlich übergeben wurde, ist der Anleger beweispflichtig.
Selbst die bloße Unterschrift, dass der Prospekt übergeben wurde, kann den Berater noch nicht in Sicherheit wiegen. Der Anleger könnte schließlich beweisen, dass der Prospekttatsächlich nicht übergeben wurde und die Unterschrift nicht der wahrheit etntspricht.
Das Oberlandesgericht Celle entschied unter dem Aktenzeichen 11 U 26/06, dass ein Anleger den Prospekt sogar lesen muss. Tut er dies nicht, muss man davon ausgehen, dass seine Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruht.
Gemäß einer Entscheidung des Oberlandesgerichts München unter dem Aktenzeichen 20 U 2694/06 genügt die Übergabe des Prospektes nicht, wenn der Berater gegenüber dem Anleger Angaben macht, die vom Prospektinhalt abweichen.
21
Was unterscheidet den Versicherungsvertreter vom Makler ? Der Makler haftet grundsätzlich für seine Fehler, der Versicherungsvertreter nur ausnahmsweise.
Am 29.10.2009 entschied das Landgericht Itzehoe unter dem Aktenzeichen 7 O 27/09, dass ein Versicherungsmakler seinen Kunden zum Schadensersatz verpflichtet ist, wenn er seinen Kunden zur Finanzierung eines Darlehens lediglich die Produkte eines im Mittelfeld der Versicherer liegenden Anbieters anbietet.
Das Landgericht meinte, dass ein Makler bei einer Finanzierung jede Alternative vorzuschlagen hat, welche seinem Kunden am ehesten entspricht. Der verklagte Makler hätte, statt den Eheleuten den Klägern eine Lebensversicherung zu empfehlen, einen den Klägern zur Verfügung stehenden Barbetrag verzinslich anlegen müssen. Dies wäre für den Kunden deutlich günstiger gewesen. Insofern sei der Kläger und seine Ehefrau falsch beraten worden.
Außerdem hatte der Beklagte dem Kläger lediglich einen Versicherer empfohlen, der im Mittelfeld der Anbieter lag und eine deutlich geringere Rendite als der Marktführer geboten.
Damit verstieß er nach Ansicht des Gerichts gegen seine besonderen Fürsorge- und Treuepflichten.
Das Gericht weiter:
„Der Makler muss von sich aus das Risiko untersuchen, das Objekt prüfen und dem Versicherungsnehmer als seinen Auftraggeber ständig, unverzüglich und ungefragt über die für ihn wichtigen Zwischen- und Endergebnisse seiner Bemühungen, das zu versichernde Risiko zu platzieren, unterrichten. Das heißt, dass ein Makler bei einer Finanzierung jene Alternative vorzuschlagen hat, welche seinem Kunden am ehesten entspricht.“
19
18
Was macht der Blogleser an einem Tag wie heute?
Das WM-spiel von Deutschland angucken, Schland o Schland singen und sich wie ein König des Löws fühlen ?
Nein ! Der kritische Blogleser befasst sich selbstverständlich mit spannenden Urteilen wie dieses:
Ein Unternehmen wurde verurteilt, einen Buchauszug zu erteilen. Das ist nicht Neues. Da das Unternehmen den eingeklagten Buchauszug nicht in der geschuldeten Form abgab, hatte der Handelsvertreter jedoch das Zwangsvollstreckungsverfahren begonnen.
Danach wurde beantragt, den Buchauszug im Wege der Ersatzvornahme einzuholen und das Unternehmen sollte dafür einen erheblichen Vorschuss zahlen.
Das Oberlandesgericht kam im Übrigen zu der Auffassung, dass der bisher überreichte Buchauszug „gravierende Mängel“ aufwies. Schließlich müsste der Buchauszug die Nachprüfung erhaltender Provisionsabrechnungen ermöglichen,
„in einer geordneten, vollständigen, klaren und übersichtlichen Zusammenstellung alles zu enthalten, was die Bücher des Unternehmers über die provisionspflichtigen Geschäfte ausweisen und was für die Berechnung der Provision von Bedeutung sein kann“.
Diesen Anforderungen entsprach der Buchauszug nach Ansicht des Oberlandesgerichts nicht.
Nun wurde das Unternehmen verurteilt, einen Vorschuss dafür zu zahlen, dass der Handelsvertreter sich nun einen Buchsachverständigen aussuchen darf, der auf Kosten des Unternehmens einen Buchauszug erstellt. Außerdem muss dieser Buchsachverständige unbegenzten Zutritt zu den Geschäftsräumen des Unternehmens bekommen, den von diesem benötigten Unterlagen zu gewähren und die erforderlichen Arbeitsmöglichkeiten zur Verfügung gestellt werden.
Es handelt sich vorliegend zwar um eine ältere Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf, und zwar vom 21.06.1999, unter dem Aktenzeichen 16 W 123/99, die jedoch an Brisanz und Aktualität bis heute nicht verloren hat.
17
Im Oktober 2004 hatte sich ein „Geschädigter“ an einer Publikumskommanditgesellschaft beteiligt, die einen Fond betreiben sollte. Das Unternehmen ging in die Insolvenz.
Daraufhin verklagte er Prof. Dr. Rupert Scholz. In einer Werbebroschüre wurde damit geworben, dass Rupert Scholz Vorsitzender des Beirates dieser Gesellschaft sei, die den Fond initiiert hatte. Ferner hatte sich Herr Rupert Scholz positiv über die Gesellschaft und die für diese handelnden Personen geäußert. Das Landgericht Mosbach hatte dann Rupert Scholz (CDU) verurteilt. Es hatte gemeint, dass Scholz durch seine Werbung für den Fond besonderes persönliches Vertrauen in Anspruch genommen habe. Deshalb müsse er auch die Folgen tragen.
Am 28.04.2010 hat das Oberlandesgericht Karlsruhe unter dem Aktenzeichen 6 U 155/07 die Entscheidung des Landgerichts Mosbach aufgehoben.
Das Oberlandesgericht meinte:
Scholz könne nicht nach den Grundsätzen der so genannten Prospekthaftung für Fehler des Immissionsprospektes in Anspruch genommen werden. Scholz sei nicht als Initiator der Anlage anzusehen, da der Beirat der Gesellschaft nur beratende Funktion habe. Ansonsten komme eine Prospekthaftung nur bei solchen Personen in Betracht, die am Immissionsprospekt nach außen hin erkennbar mitwirken. Im Immissionsprospekt war Rupert Scholz jedoch weder benannt noch abgebildet oder zitiert. Das Werbematerial, dass damals neben dem Immissionsprospekt an Interessenten verteilt wurde, könne nicht als Teil des Immissionsprospektes angesehen werden.
12
Die DVAG-Allfinanz hat allen noch bei der AachenMünchner verbliebenen Vertriebsmitarbeitern gekündigt, wenn sich diese nicht den neuen umstrittenen Vertragsstrukturen haben anschließen wollen.
Wer darf Kündigungen für die Allfinanz oder andere Unternehmen erklären ?
Die Frage ist leicht zu beantworten : Das hängt ausschließlich von dem Eintragungen im Handelsregister ab. Nur dort steht nämlich, wer ein Unternehmen vertreten darf.
In das Handelsregister werden Kaufleute und Handelsgesellschaften sowie bestimmte mit ihnen zusammenhängende Tatsachen (u. a. Gesellschafter, Geschäftsführer, Prokuraerteilung) eingetragen. Das Handelsregister hat eine von Juristen sogenannte negative und eine positive Publizitätswirkung.
Die negative Publizität des Handelsregisters bedeutet, dass der Kaufmann, in dessen Angelegenheit eine Tatsache (z. B. Bestellen oder Erlöschen einer Prokura) im Handelsregister einzutragen war, aber nicht eingetragen wurde, diese Tatsache nur dann einem Dritten entgegenhalten kann, wenn er beweist, dass der Dritte die einzutragende Tatsache gleichwohl kannte (§ 15 Abs. 1 HGB).
Einfach gesagt : Was nicht im Handelsregister steht, gilt grundsätzlich auch nicht.
Demgegenüber besagt positive Publizität des Handelsregisters, dass eine eingetragene und bekannt gemachte Tatsache jedem Dritten entgegengehalten werden kann. Dies gilt nicht bei Rechtshandlungen, die innerhalb von 15 Tagen nach der Bekanntmachung vorgenommen werden, sofern der Dritte beweist, dass er die Tatsache weder kannte noch kennen musste (§ 15 Abs. 2 HGB).
Einfach gesagt : Was drin steht, gilt immer !
11
Voraussetzung ist, dass der Handelsvertreter ein sog. Einfirmenvertreter ist – er darf laut Vertrag nicht für andere Unternehmen tätig werden.
Nun sagt jedoch die Rechtsprechung, das einem Handelsvertreter schon kraft Gesetzes verboten ist, während der Vertragslaufzeit für einen Konkurrenten tätig zu werden.
Was muss im Vertrag stehen, damit ein HV ein Einfirmenvertreter wird?
Dazu das OLG Köln vom 06.04.2005 – Az. 19 W 8/05 –
„Ein Handelsvertreter ist dann als sog. Einfirmenvertreter i. S. v. § 92a HGB zu qualifizieren, wenn für ihn nach Maßgabe des abgeschlossenen Vertrages die Ausübung anderweitiger Vermittlungs-, Berater- oder Verkaufstätigkeit von der Einwilligung des Unternehmens abhängig war.
Ein solcher Vorbehalt ist im Falle der Nichterteilung der Genehmigung durch den Unternehmer einem vertraglichen Verbot gleichzusetzen, wenn die Regelung sachlich über dasjenige hinausgeht, was dem Handelsvertreter bereits aufgrund der gesetzlichen Vorschrift des § 86 Abs. 1 HGB untersagt war. Unerheblich ist dann auch, dass der Handelsvertreter „sonstige Erwerbstätigkeiten“ lediglich schriftlich anzuzeigen hatte..“
10
Nachdem Tchibo bereits im Mai eine Bauchlandung hinlegte, weil das Landgericht Hamburg dem Kaffeeröster den Verkauf von Versicherungen verbot, dachten wir alle, das Thema wäre zu Ende.
Es geht aber weiter. Tchibo legte Berufung ein.
Vielleicht wird die Berufung ja damit begründet, dass doch eh jeder weiß, dass ein Tchibo-Kaffee-Fachverkäufer keine Ahnung von Versicherungen hat. Und andere, die auch keine Ahnung haben, verkaufen doch auch fröhlich und ohne Hemmungen Finanzdienstleistungen. Und das auch sehr erfolgreich…..
09
Ab morgen, also ab Donnerstag, ist Veronika Ferres endlich frei für ihren Carsten Maschmeyer. Sie wird dann nämlich geschieden – wenn seine oder ihre Anwälte die Scheidung nicht noch vereiteln.
Dann kann auch Maschmeyer, ehemaliger Chef der Nr. 2 der Strukturvertriebe AWD, bald verkünden, dass auch er der „Familiengemeinschaft“ wieder offen gegenübersteht.
05
Wie soll sich ein Handelsvertreter verhalten, wenn er eine Kündigung erhält, die unwirksam ist ?
Der BGH meint, der Handelsvertreter könne sich vertragswidrig verhalten, wenn er nach der Kündigung für die Konkurrenz arbeitet (schließlich bestehe der Handelsvertretervertrag ja noch fort). Es drohe dann eine (weitere) Kündigung aus wichtigem Grund, die dann wirksam sein könnte. Und der Handelsvertreter könne sich schadensersatzpflichtig machen u.s.w….
Dazu das Urteil des BGH vom 12.03.2003
Leitsatz : „Ein Handelsvertreter, der nach einer unwirksamen fristlosen Kündigung seitens des Unternehmers am Vertrag festhalten und die sich hieraus ergebenden Rechte nach wie vor in Anspruch nehmen will, muss sich grundsätzlich bis zur rechtswirksamen Beendigung des Vertrages weiterhin jeglichen Wettbewerbs enthalten, der die Interessen des Unternehmers beeinträchtigen könnte.“
05
Viele Strukturvertriebe bedienen sich – wie wohl andere auch – noch immer umstrittener Bedingungen zur Nutzung des Online-Systems.
Für die Nutzung des DVAG Online-Systems erhebt die DVAG beispielsweise eine Software-Nutzungs-Pauschale von 3 % des Provisionsverdienstes (zzgl. Mehrwertsteuer), maximal von 100,00 € netto monatlich.
Dabei entschied doch das Oberlandesgericht Köln am 11.09.1999 unter dem Aktenzeichen 19 U 64/09 und auch das Oberlandesgericht Celle am 10.12.2009 unter dem Aktenzeichen 11 U 51/09,
dass im Hinblick auf § 86 a HGB von Betriebsmitarbeitern keine Kosten verlangt werden können, wenn es sich um:
1. Werbegeschenke, Aufkleber, Kleidung, Süßigkeiten, Spielsachen, und andere Give-Aways mit Unternehmenslogo
2. Briefpapier, Visitenkarten mit Unternehmenslogo
3. Datenerhebungsbögen, Mandantenordner
4. unternehmenseigene Zeitschriften
5. überlassene Software
handelt.
Dagegen darf das Unternehmen Kosten für Seminare, Schulungen grundsätzlich in Rechnung stellen.
Gegen diese Urteile wurde Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt. Gegenstand des Rechtsstreits sind streitige Gebühren, die der AWD erhoben hatte.