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Die Finanzdienstleistungsbranche steht in der Kritik. Unseriöse Geschäfte, schlechte Beratungen, Schäden in Milliardenhöhe.
Dies sind die Schlagwörter, mit denen sich die Branche herumschlagen muss und auch ich mich herumschlagen musste.
Der BLOG meines Finanzdienstleisters, in dem auch ich tätig war, stellte all dies am 02.10.2012 in Frage. Dort meinte man, dass 99,9 % der Berater einen prima Job machen würden.
Außerdem solle man sich doch einmal die Reklamationen bei Automobilen der Deutschen Spitzenmarken ansehen. Angeblich würde hier viel mehr reklamiert, als bei den Versicherungen storniert.
Dazu der Kommentar einer Leserin:
„ … was hat die Stornoquote von Versicherungen mit Garantieleistungen eines Automobilherstellers zu tun?“
Ich stimme ihr zu: Der Blick auf anderen Branchen mit dem Fingerzeig, dort sei es noch schlechter als in der Finanzdienstleistungsbranche, ist wenig tröstlich. Vielleicht sollte die Branche eher damit beginnen, die Kritik ernst zu nehmen.
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Was ich vergaß, ist zu sagen, dass es weitere strukturelle Unterstufen und Auszeichnungen bei der DVAG gibt.
Immer, wenn es bei mir kriselte, was ab und zu vorkam, und wenn es mal wieder Zweifel am System DVAG gab, wurden mir von meinem Betreuer die vielfältigen Möglichkeiten vorgehalten. Immer hgieß es, wie schön es doch wäre, wenn auch ich so eine Auszeichnungmein mein eigen bezeichnen könnte.
Direktionsleiter z.B. werden besonders dargestellt. Sie werden regelmäßig in Zeitschrift „Unser Weg“ Journal für den Vermögensberater nach Rängen eingestuft.
Jedem, der es liest, ist dann der entsprechende Rang des Direktionsleiters sowie sein Gruppengeschäft ersichtlich.
Direktionsleiter werden ebenfalls in ID-Stufen eingeteilt.
Der Admiralsclub
In den Admiralsclub kommen grundsätzlich alle Direktionsleiter, die insgesamt sechs direkt nachgewachsene Direktionen haben und zusätzlich mindestens 30.000 Einheiten netto Gesamtumsatz in den zwölf Monaten erzielten.
Der Admiralsclub umfasst zurzeit 28 Vermögensberater.
Kapitänsclub
Strukturell darunter gibt es für weitere erfolgreiche Vermögensberater noch den Kapitänsclub.
Ass-Club
Darunter gibt es den Ass-Club, in dem neben einigen Direktionen auch Regionaldirektionen, Hauptgeschäftsstellenleiter, Agenturleiter, Geschäftsstellenleiter, Regionalgeschäftsstellenleiter vertreten sind.
Wird man Mitglied im Ass-Club, bekommt man dazu ein Schiffsmodell.
Für den Berufseinstieg bekommt man die Nadel in Bronze oder Grün.
Wird man Gruppenleiter, bekommt man die Vermögensberaternadel auf oberster Stufe sogar in Gold mit einem Brillanten.
Bei Erreichen der Stufe Geschäftsstelle bekommt man für seine Geschäftsausstattung ein Messingschild mit seinem Namen.
Bei Erreichen der Stufe Direktion bekommt man eine Direktionsfahne.
Bei Erreichen der Stufe Geschäftsstellenleiter oder Praxis 3 bekommt man einen Kugelschreiber,
als Hauptgeschäftsstellenleiter einen Rollerball,
als ED I erhält man einen 1 bis 2wöchigen Urlaub, eine Ehrennadel in Gold und eine goldene Uhr
Als ED III wird man Mitglied im Kapitänsclub, bekommt eine goldene Partneruhr
Als ED VI bekommt man einen 30.000,00 € Zuschuss für eine Direktionsfeier und wird Mitglied im Admiralsclub.
Als RD 1 einen Füllfederhalter und als RD 2 ein Deskset.
Neue Direktionsleiter bekommen eine goldene Uhr. Die bekommt man auch, wenn man Mitglied im Ass-Club geworden ist.
Den goldenen Adler erhält man, wenn man ED 4 geworden ist.
Ab der Praxisstufe 2 bekommt man Vermögensberaternadeln in Bronze, bis hin zu Praxisstufe 7 in Gold.
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Eine der sonderbarsten Erfindungen, die mich zu Beginn meiner Beratertätigkeit begegneten, war die Anfertigung der so genannten 100er-Liste.
Kurz nach dem ich den hauptberuflichen Vermögensberatervertrag unterschrieb, trat mein Betreuer an mich heran und sagte mir, dass ich jetzt Werbung machen müsste.
Außerdem sollte ich selbst los und vermitteln.
Werbung machen heißt, ich sollte mich hinsetzen, und 100 Personen mit Adressen und Telefonnummern aufschreiben, die ich aus meiner Familie kenne, aus meinem Freundes- und Bekanntenkreis.
Diese 100er-Liste wird übrigens von vielen Einsteigern bei Strukturvertrieben verlangt.
Mich hat das alles sehr befremdet, weil ich arbeiten wollte, um Geld zu verdienen, und nicht meine Freunde und Familie mit einbeziehen wollte. Schließlich hatte ich noch keine Übersicht und wusste nicht, ob denen eventuell Schaden zugefügt wird.
Dennoch tat ich, wie man mir sagte.
Nachdem die 100er-Liste angefertigt war, hieß es dann, ich sollte mit allen Personen dieser Liste einen Termin vereinbaren.
Mein Betreuer überwachte mich dabei.
Bei den ersten Terminen war er, soweit ich mich erinnern kann, auch noch mit dabei. Anschließend sollte ich die Termine alleine durchführen. Für die, die sich in der Strukturbranche nicht so gut auskennen, sei gesagt, dass der Betreuer derjenige war, der mich angeworben hatte und der mir in der Struktur so zu sagen als Vorgesetzter überstellt war.
Obgleich mir das alles unangenehm war, habe ich es gemacht. Mein Betreuer half mir dabei, wenn ich Fragen hatte, konnte ich mich an ihn wenden.
Dass sich seit dem mein Leben völlig verändert hatte, merkte ich erst später.
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Irgendwann wurde ich von dem Gedanken, bei diesem Strukturvertrieb anzufangen, gefesselt.
Trotz erheblichen Misstrauens gegenüber Struktursystemen wurde ich angezogen. Ich werde bald viel Geld verdienen, würde reisen und Anerkennung im Übermaß bekommen.
Und man sagte mir, es sei doch alles risikolos. Schließlich müsse man als Selbständiger normalerweise sehr viel Geld investieren. Dies müsse man jetzt nicht.
Ich würde sofort Geld verdienen und mir würden alle Mittel zur Verfügung gestellt werden.
So die Versprechungen.
Auf dem Parkplatz standen größere Autos mit dunkler Farbe. Dies war dann schon beeindruckend. Ich wurde freundlich empfangen und mir wurde das Gefühl gegeben, dass ich etwas wert bin.
Zunächst einmal hatte ich den Strukturaufbau zu lernen.
Der Vermögensberatervertrag, den ich nur teilweise verstanden hatte, und leider auch nicht ordentlich durchgelesen hatte, hatte ich dann auch schnell unterschrieben.
Dort war von zwei Karrierewegen die Rede. Ich könne Verträge vermitteln oder neue Mitarbeiter suchen.
Folgende Karrierewege waren möglich:
Klinkenputzen und verkaufen und von der einen Praxisstufe durch Verkauf in die nächste kommen. Und dabei hoffen, dass man irgendwann die höchste Stufe P7 erreicht.
Oder Mitarbeiter anwerben und dann die Leiter entsprechend folgender Stufen zu erklimmen:
Vertrauensmitarbeiter
Vermögensberaterassistent Service
Vermögensberaterassistent Karriere
Agenturleiter
Regionalgeschäftsstelle
Geschäftsstelle
Hauptgeschäftsstelle
Regionaldirektion I
Regionaldirektion II
Direktion
Ich dachte nur: Tolle Namen und fing deshalb als Vermögensberaterassistent an, um irgendwann ganz oben zu landen.
Warum das nicht ging, erzähle ich später.
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Erst schreibt das Handelsblatt, dass keiner mehr riestern will, dann schreibt das Versicherungsjournal, dass es bei vielen der großen Lebensversicherer bergab geht.
Dabei hatte ich immer auf die AachenMünchener un die Generali gesetzt (setzen müssen), und nun bilden sie zusammen mit der Württembergischen fast das Ende auf der Liste der Verluste bei den Hauptversicherungen.
Und ganz hinten ist dann noch die Ergo. Böse denkt, wer das erwartet hat.
Bin mal gespannt, wie die DVAG und die anderen auf die fehlende Riesterei und die Entwicklung bei der AM und Generali reagieren wird.
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Die Generali beteuert, man werde den Vertrieb und die Öffnung zu Maklern nicht aufgeben.
Das gleiche Versprechen gab es schon einmal, und zwar von der Central. Erst hieß es auch dort, man werde seinen eigenen Vertrieb nie verjubeln.
Und wenig später wurde dann der Vertrieb komplett von der DVAG übernommen und die Eigenständigkeit komplett aufgegeben.
Ähnliche Aussagen gibt es jetzt von der Generali. „Wir stehen zu unseren Partnern“ heißt es vollmundig.
Procontra Online hat die Versprechungen kritisch hinterfragt und äußert Befürchtungen.
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Die DVAG vermittelt Finanzdienstleistungen. Man freute sich über steigende Erlöse im letzten Jahr.
Neben Provisionen erhalten Vermögensberater – je nach Erfolg – Urlaubsreisen „geschenkt“.
Gern geht es da mal nach Portugal in den Vila Vita Parc oder nach Österreich ins Pannonia. (Selbstverständlich wurden die Reisen von mir brav in der Einkommenssteuererklärung angegeben und als Einkommen versteuert.)
Die Hotels werden übrigens nicht von der DVAG betrieben. Im Impressum ist eine GmbH verzeichnet.
Dafür gibt es die Villa Vita Hotel und Touristik GmbH, die ihren Sitz in der Anneliese-Pohl-Allee 17 in Marburg hat. Diese unterhält in Portugal, Österreich und Deutschland die besagten Hotels.
Daneben gibt zu meiner Überraschung noch weitere „gastronomische Akzente“. Ebenfalls aus der Anneliese-Pohl-Allee wird die Villa Vita Gastronomie und Handelsgesellschaft mbH betrieben.
Die Villa Vita Gastronomie- und Handelsgesellschaft mbH unterhält unter anderem ein Zentrum für medizinische Lehre, einen Bückingsgarten mit Restaurant und Biergarten.
Sie unterhält auch eine Event- und Kulturscheune in Dagobertshausen.