Die neue BGH-Entscheidung zur Stornoabwehr

Am 28.06.2012 gab es vor dem Bundesgerichtshof eine interessante Entscheidung zur Stornoabwehr.
Die Tragweite wurde leider bisher oft falsch interpretiert. Dabei muss man den Inhalt nur zitieren.

1.
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass ein Versicherer die Wahl hat, die Stornobekämpfung durch den in Anspruch genommenen Versicherungsvertreter durchführen zu lassen oder dies durch andere Versicherungsvertreter zu erledigen.

2.
Entschließt sich der Versicherer, durch die Versendung einer Stornogefahrmitteilung einen Versicherungsvertreter entgegenzuwirken, und sendet er zu diesem Zweck eine Mitteilung, die diesen von ihrem Inhalt her in die Lage versetzt, seinerseits Abwehrmaßnahmen gegen die Stornogefahr zu ergreifen, so rechtzeitig an den Versicherungsvertreter, dass bei einem normalen Verlauf mit deren rechtzeitigen Eingang zu rechnen ist, so ist der Versicherer seiner Pflicht zur Stornogefahrabwehr in ausreichendem Maße nachgekommen.

Der Versicherer, der den Weg der Stornogefahrmitteilung wählt, muss sich daher sobald, wie es ihm nach den Umständen möglich und zumutbar ist, gegenüber dem Versicherungsvertreter erklären. Die Aussichten auf Rettung des Vertrages sinken nach der Lebenserfahrung, je mehr Zeit verstreicht.

Eine Stornogefahrmitteilung muss nicht bereits nach dem ersten Scheitern des Einzugs von Versicherungsbeiträgen versendet werden.

Es ist dem Versicherer gestattet, sich in angemessener Zeit eine gewisse Klarheit zu verschaffen, ob Anhaltspunkte für eine Vertragsgefährdung vorliegen.

Nach diesem Klärungsversuch darf der Versicherer mit der entsprechenden Mitteilung einen Vertreter in der Regel nicht mehr als zwei Wochen warten lassen.

3.
Der Versicherer kann die Stornobekämpfung auch durch den Nachfolger des ausgeschiedenen Versicherungsvertreters durchführen.

Die bloße Versendung einer Stornogefahrmitteilung an den Bestandsnachfolger ist keine ausreichende Maßnahme. Ein darauf gerichtetes Wahlrecht des Versicherers gibt es nicht und ist in der Rechtsprechung auch nicht gebilligt worden.

Denn der Bestandsnachfolger wird den Schwerpunkt seiner Tätigkeit aus Gründen des eigenen Provisionsinteresses darauf setzen, Neuverträge abzuschließen und nicht dem Provisionsinteresse seines Vorgängers dienen wollen. Daher muss der Versicherer weiteren Vortrag zur konkreten Nacharbeit durch den Nachfolger des ausgeschiedenen Versicherungsvertreters oder zur Aussichtslosigkeit der Nacharbeit halten. Daran hat die Klägerin es fehlen lassen.

Urteil vom 28.06.2012 Aktenzeichen VII ZR 130/11