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2013Verträge nur zum Schein?
Am 02.07.2013 hatte ich einen ungewöhnlichen Gerichtstermin vor dem Landgericht Kleve.
Nachdem ein Versicherungsvertreter eines Strukturvertriebs aus dem Vertragsverhältnis ausgeschieden war, entwickelte sich das Provisionskonto ungünstig. Plötzlich waren hier 150.000 € Provisionsminus entstanden.
Diese 150.000 € wurden dann auch, nachdem der Handelsvertreter den Betrag nicht zurückgezahlt hatte, eingeklagt.
Inzwischen versuchte der Handelsvertreter ein Insolvenzverfahren, welches jedoch aus Formgründen scheiterte. Da jedoch die Forderung des Strukturvertriebes in diesem Insolvenzverfahren zur Tabelle angemeldet wurde und von dem Insolvenzverwalter zunächst akzeptiert wurde, ergab sich daraus bereits ein Titel.
Der Strukturvertrieb konnte also so schon vollstrecken.
Man könnte denken, dass sich die Angelegenheit hier erledigt hatte. Der Rechtsstreit ging jedoch weiter.
Der Strukturvertrieb bestand nämlich darauf, dass festgestellt wird, dass die Forderungen durch eine sogenannte vorsätzliche Handlung entstanden sind. Auf gut Deutsch: Der ausgeschiedene Handelsvertreter soll die Provisionsvorschüsse sich erschlichen haben. Die Verträge sollen nur zum Schein abgeschlossen worden sein und nur dafür, dass der ausscheidende Handelsvertreter noch Provisionsvorschüsse erhält.
In diesem Fall könnte man sich nämlich nicht im Rahmen der Restschuldbefreiung von den Schulden befreien. Forderungen, die aufgrund einer vorsätzlichen Handlung entstanden sind, bleiben als Schulden bestehen.
In Anbetracht der 150.000 € ist dies ja auch ein nicht von der Hand zu weisender Gedanke!
So erkannte das Gericht dann, dass die Beweislast bei einigen Verträgen bei dem Handelsvertreter liegen würde, der zu beweisen hatte, dass es sich bei einigen Verträgen nicht um Scheingeschäfte handelt. Es kam kurz vor Ende der Tätigkeit nämlich noch zu Abschlüssen, die zu Provisionszahlungen geführt haben, jedoch die Kunden keinen einzigen Beitrag geleistet haben.
Drei dieser Kunden saßen nun vor dem Landgericht Kleve. Alle bestätigten, dass man zunächst die Verträge habe abschließen wollen, dann jedoch wegen eines nicht vorhersehbaren Umstandes davon Abstand genommen hatte.
Teilweise brauchte man plötzlich das Geld für einen Hauskauf, teilweise wurde das Geld knapp, weil man arbeitslos wurde. Ein Kunde sagte noch, dass der Vertreter sogar noch versucht hatte, den Vertrag zu retten und diesen zur Weiterzahlung zu bewegen. Er sagte auch, dass er auch heute noch einen solchen Vertrag gern erfüllt hätte, um seine Familie abzusichern.
Das hört man doch gern, oder?