OLG Köln: Zuschüsse müssen nicht zurückgezahlt werden

Am 23.09.2024 wies das Oberlandesgericht Köln einen Anspruch einer Versicherung gegen einen Handelsvertreter zurück, der Zuschüsse zurückzahlen sollte.

Vorweg zum besseren Verständnis: Hier ging es um Zuschüsse, nicht um Provisionsvorschüsse, um die häufig vor Gericht gestritten wird.

In dem Handelsvertretervertrag war geregelt, dass der Handelsvertreter der Versicherung 44.000 € im Falle der Kündigung zurückzahlen sollte. Der Handelsvertreter hatte den Vertrag aus wichtigen gründen fristlos gekündigt und wurde anschließend verklagt.

Das Oberlandesgericht sah in dieser Rückzahlungsklausel einen Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 307 BGB. Die Klausel hätte dem Handelsvertreter auch dann zur Rückzahlung verpflichtet, wenn die Kündigung auf ein pflichtwidriges Verhalten der Versicherung zurückzuführen gewesen wäre. Es fehlte mithin eine Differenzierung in der Klausel danach, wer das Vertragsende zu verantworten hätte.

Bereits das Landgericht Köln hatte unter dem Aktenzeichen 2-O 273/22 die Klage der Versicherung abgewiesen.

Da die Klausel unwirksam war, kommt es auch nicht einmal mehr darauf an, ob die fristlose Kündigung des Handelsvertreters zurecht ausgesprochen wurde.

Zudem meinte das Oberlandesgericht, dass die Klausel auch gegen das Verbot der Kündigungserschwernis gemäß § 89a Abs. 1 S. 2 verstoße.

OLG Frankfurt: Coronamittelverkäufer ist Handelsvertreter

Corona beschäftigt auch heute noch die Gerichte.

So ist mit Urteil vom 8.7.2025 vom Oberlandesgericht Frankfurt ein Vertriebspartner eines Herstellers von Corona-Schnelltests als Handelsvertreter angesehen worden.

Der ursprüngliche Vertrag hieß nicht Handelsvertretervertrag, sondern Kooperationsvertrag.

Der Vertriebler machte im Wege einer Stufenklage unter anderem Ansprüche auf Provisionszahlung, Handelsvertreterausgleich und Erteilung eines Buchauszuges geltend. Man stritt um Provisionen wegen eines Großauftrages des VW Konzerns aus dem Jahre 2021.

Das Landgericht Marburg wies zunächst die Klage ab, weil angeblich kein Handelsvertretervertrag vorliegen würde.

Das Oberlandesgericht Frankfurt sah dies anders. Das OLG stellte klar, dass ein Handelsvertretervertrag auch dann vorliegt, wenn der Vertrag als „Kooperationsvertrag“ bezeichnet wurde – entscheidend sei die tatsächliche Ausgestaltung. Die Klägerin sei schließlich „ständig damit betraut“ gewesen, Geschäfte zu vermitteln und teilweise auch abzuschließen (§ 84 HGB).

Dabei stellte das Oberlandesgericht auf folgende Merkmale ab:

  • Eingliederung in die Vertriebsstruktur,
  • Abschlussvollmacht,
  • ein Pflichtenprogramm im Vertrag,
  • und die Möglichkeit zur Einschaltung von Unterhandelsvertretern

Diese Merkmale würden hier vorliegen. Das Oberlandesgericht stellte mithin nicht auf die formale Vertragsbeziehung ab, sondern auf die gelebte Realität. Regelmäßig handelt es sich um einen Handelsvertreter, wenn eine entsprechende Eingliederung in die Absatzorganisation vorliegt, dieser einer ständigen Tätigkeitspflicht unterliegt, eher zum Abschluss von Verträgen bevollmächtigt ist, eine gewisse Weisungsbindung vorliegt und die Vergütung sich an Provisionen orientiert.

Allerdings wurde ein Provisionsanspruch für das VW- Geschäft verneint, weil dies nicht mit der Beklagten, sondern mit einem anderen Unternehmen abgeschlossen wurde.

Das Gericht verurteilte die Beklagte allerdings zur Erteilung eines Buchauszugs für alle während des Vertragsverhältnisses abgeschlossenen provisionspflichtigen Geschäfte.

Urteil des OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 08.07.2025 – 14 U 193/23

Ausgleichsanspruch

Nun hatte es auch das Versicherungsjournal am 1.9.25 aufgegriffen.

Die DVAG und der Ausgleichsanspruch

Vermögensberater, die Ihre Tätigkeit bei der Deutschen Vermögensberatung DVAG beenden, haben zuweilen einen Ausgleichsanspruch gemäß § 89b HGB.

Um diesen darzustellen, sind teilweise sehr komplexe Berechnungen notwendig.

Etwas einfacher ist dies mit den sogenannten „Grundsätzen zur Berechnung des Ausgleichsanspruchs„, über die hier in diesem Blog schon oft berichtet wurde.

Der Bundesgerichtshof durfte grundsätzlich zwei Mal zu der Frage Stellung nehmen, ob und wie ein Vermögensberater Ausgleichsansprüche geltend machen kann.

In beiden Fällen hatte ein Vermögensberater nach den sogenannten Grundsätzen den Ausgleichsanspruch berechnet, obgleich der Vermögensberatervertrag eine solche Berechnung gar nicht vorgesehen hat.

Am 23.11.2011 entschied der Bundesgerichtshof unter dem Aktenzeichen VIII ZR 203/10, dass auch dann, wenn der Vermögensberatervertrag es nicht ausdrücklich regelt, eine Berechnung des Ausgleichsanspruchs über die sogenannten Grundsätze stattfinden kann. Diese Entscheidung stellte sich bereits als erhebliche Vereinfachung dar.

Derselbe Vermögensberater, der diese Entscheidung zu Gunsten seiner Kollegen durchsetzen konnte, musste dann jedoch noch ein weiteres Mal wegen des Ausgleichsanspruchs beim Bundesgerichtshof vorstellig werden. In diesem weiteren Verfahren hatte dann der Bundesgerichtshof darüber zu entscheiden, ob das Versorgungswerk, dass ab einem bestimmten Ermittlungserfolg für Vermögensberater eingerichtet wird, auf die Höhe des Ausgleichsanspruchs angerechnet wird. Die DVAG hatte den Wert des Versorgungswerkes von der Ausgleichszahlung in Abzug bringen wollen.

Am 18.05.2014 unter dem Aktenzeichen VII ZR 282/12 bejahte der Bundesgerichtshof, dass ein solcher Abzug im Wege einer einzelfallbezogenen Billigkeitsabwägung gemäß § 89 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 HGB. Der Bundesgerichtshof sah es mithin als erlaubt an, den Wert des Versorgungswerkes von der Höhe des auszuzahlenden Ausgleichsanspruches in Abzug zu bringen.

Der BGH führte dies in der mündlichen Verhandlung lapidar aus, dass man auch die Nachteile der Grundsätze (die eine Anrechnung eines Versorgungswerks bejahen) in Kauf nehmen muss, wenn man die Vorteile (vereinfachte Abrechnung) in Anspruch nehmen will.

Dies ist dann auch heute noch gelebte Praxis im Hause der DVAG.

Ein weiterer Vermögensberater versuchte noch, gegen die Entscheidung des BGH anzugehen und den BGH zu einer anderen Entscheidung zu bewegen.

Der Bundesgerichtshof wies jedoch mit Beschluss vom 16.04.2025 eine darauf gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof zurück. Der Vermögensberater musste auch hier akzeptieren, dass sich der Ausgleichsanspruch um den Wert des Versorgungswerkes reduziert.

BGH zur Zuständigkeit des Arbeitsgerichtes bei Streitigkeiten mit einem Handesvertreter

Das Arbeitsgericht ist bei Streitigkeiten mit Handelsvertretern manchmal zuständig. Dafür darf ein Handelsvertreter in den letzten 6 Monaten des Vertrages nicht mehr als 1000 € Provisionen im Durchschnitt monatlich verdient haben.

Zu diesem Thema wurde hier im Blog ausführlich berichtet.

Wer muss jedoch darlegen und beweisen, dass die Provisionsgrenze nicht überschritten wurde?

Die gezahlten Provsionen sind auch häufig Gegenstand der Klage, so dass man dann von doppelrelevanten Tatsachen spricht.

Der BGH entschied am 27.10. 2009 unter dem Aktenzeichen VIII ZB 42/ 08:

a)

bei der Prüfung der Rechtswegzuständigkeit nach § 17 a GVG dürfen die zuständigkeitsbegründenden Tatsachen dann keines Beweises, wenn sie gleichzeitig notwendige Tatbestandsmerkmale des Anspruchs selbst sind (doppelrelevante Tatsachen). Dann ist für die Zuständigkeitsfrage die Richtigkeit des Klagevortrages zu unterstellen.

b)

handelt es sich nicht um doppelrelevante Tatsachen, so ist er nicht allein der Sachvortrag der klagenden Partei Grundlage der Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs. Vielmehr hat der Kläger die für die Begründung der Rechtswegzuständigkeit maßgeblichen Tatsachen zu beweisen, sofern der Beklagte diese bestreitet.