OLG Düsseldorf verurteilt Tippgeber zur Nachbearbeitung

Am 04.11.2025 verurteilte das Oberlandesgericht Düsseldorf einen Tippgeber / Empfehlungsgeber zur Nachbearbeitung.

Um nebenberuflich noch etwas Geld zu verdienen, wurde der Beklagte dieses Verfahrens angesprochen. Er sollte bei Gelegenheit den Tipp weiterleiten, wenn er von einem Kunden erfährt, der Interesse an dem Abschluss von Versicherungsverträgen hat.

Der Beklagte wurde dann als Tippgeber tätig und erhielt für jede Empfehlung eine Provision. Die Vermittlung wurde dann von anderen Personen durchgeführt, die für diesen Vertrieb als Handelsvertreter tätig waren.

Einige Verträge gerieten ohne Verschulden den Tippgebers im Storno. Der Vertrieb verlangte dann die Rückzahlung.

Der Tippgeber wandte ein, dass der Vertrieb keine genügende Stornobekämpfung begangen habe. Gemäß § 87a Abs. 3 S. 2 HGB ist der Vertrieb gegenüber dem Handelsvertreter zur Stornobekämpfung verpflichtet. Begeht er keine Stornobekämpfung, gilt die Provision als verdient.

Diese Regelung gilt in direkter Anwendung nicht für den Tippgeber. Das Oberlandesgericht wollte auch keine analoge Anwendung zulassen.

In den vertraglichen Regelungen war geregelt, dass der Tippgeber im Fall einer Stornierung einen Besuchsauftrag erhält, den Kunden dann besuchen soll und ihn nach den Gründen der Stornierung befragen soll. Diesem kam der Tippgeber jedoch nicht nach.

Aus diesem Grunde meinte das Oberlandesgericht Düsseldorf, der Tippgeber müsse den stornierten Betrag zurückzahlen. Das OLG meint in seiner Entscheidung, dass der Vertrieb durch den Versicherungsvermittler selbst keine Stornonachbearbeitung hat durchführen müssen. Für die Rückzahlungsverpflichtung genüge es, dass der Tippgeber die Kunden nicht gefragt hat (Beschluss des OLG Düsseldorf vom 04.11.2025, Az.: I-10U 58/25).

Machtmissbrauch im Arbeitsleben und im Vertrieb Teil 2

Am 10.11.2025 berichteten wir in diesem Blog über die Konsequenzen, wenn ein Arbeitgeber übergriffig wird. In dem Fall wurde der Arbeitgeber deshalb zu Zahlung einer hohen Abfindung verurteilt.

Für die dort betroffene Arbeitnehmerin waren der WhatsApp-Verlauf beweiserleichternd. Ansonsten scheitern viele Vorwürfe daran, dass sie von den Betroffenen bestritten werden und sich der Vorwurf möglicherweise nicht beweisen lässt.

In der harten Welt der Strukturvertriebe sind ebenso übergriffige Verhaltensweisen vereinzelt bekannt. Hier geht es teilweise um Machtmissbrauch derjenigen, die in der Struktur höherstehen oder gar ganz oben angesiedelt sind.

In der anwaltlichen Praxis wurden sämtliche Formen von sexuell übergriffigem Verhalten bekannt. Tatort waren teilweise die Arbeitsplätze in den Strukturen, teilweise passierten diese Übergriffe auch bei den sogenannten Incentive-Urlauben. Es handelt sich aber wohlgemerkt um Ausnahmen.

Verbale Beleidigungen und Tätscheleien wurden vereinzelt vorgeworfen bis dahin, dass auf Mitarbeiterinnen Druck ausgeübt wurde, indem gedroht wurde, dass die nächste Karrierrestufe nicht erreicht würde.

Übergriffig ist es, wenn bei Incentive-Schiffsreisen Mitarbeiterinnen mit eindeutig sexuellen Anspielungen angehalten werden, die Zeit in mit „einsamen Beratern“ zu verbringen, um diesem eine Freude zu machen, damit diese bei Laune gehalten werden, um dem Vertrieb nicht abtrünnig zu werden.

Übergriffig ist es sicher auch, wenn zum Ausdruck von Bestrafung für versäumte Kundentermine bestimmte Handlungen verlangt werden, die mit der vertraglichen Erfüllung nicht das geringste zu tun haben.

Beweisbar war das nicht, so dass der Vorwurf im Sande verlief.

Möglicherweise motivieren auch die Strukturen, in denen Mitarbeiter hierarchisch eingebettet sind, zur Grenzüberschreitung. Strukurleiter erhalten durch diese künstlichen Strukturen einen Einfluss, der oft keiner Arbeitsplatzbeschreibung und keiner vertraglichen Grundlage entspricht. Die Grenzen des Anstandes werden dem Gruppenleiter vertraglich teilweise nicht aufgezeigt.

Bei den Überschreitungen dürfte es sich aber durchaus nur um Einzelfälle halten.

Machtmissbrauch im Vertrieb und im Arbeitsleben Teil 1

Es ist leider immer wieder ein Thema, das anstößt – Machtmissbrauch im Vertrieb. Von Grenzüberschreitungen ist leider oft die Rede, wenn im Vertrieb schlecht ausgebildete Führungskräfte ihre scheinbare Macht nutzen, um Druck auf die Mitarbeiter auszuüben und diese zu mehr Abschlüssen zu bringen- Manchen ist jedes Mittel Recht.

Ein Landesarbeitsgericht hatte kürzlich in einem arbeitsgerichtlichen Fall einen Arbeitgeber verurteilt und diesen wegen des Machtmissbrauchs zu einer hohen Abfindung von fast 70.000 € verurteilt (Urteil vom 9.7.25 LAG Köln 4 SLa 97/25).

Damit hat es dem grenzüberschreitenden Ansinnen des Arbeitgebers, der bei der Kleidung „rockmäßig“ und „dekolteemäßig“ – „die Herren würden auch rote Nägel und High Heels schätzen“ – rechtliche Grenzen gesetzt.

Dieses Urteil setzt ein Zeichen gegen Machtmissbrauch im Arbeitnehmer-Arbeitgeber Verhältnis.

Die Klägerin war seit 2019 angestellt. Es bestand eine rein freundschaftliche Beziehung zwischen ihr und dem Geschäftsführer der Beklagten. Private Kommunikation hatte regelmäßig über WhatsApp stattgefunden.

Am 19.02.2024 forderte der Geschäftsführer die Klägerin über WhatsApp auf, zu einem bevorstehenden Geschäftstermin etwas, nach seinem Geschmack, Aufreizendes anzuziehen. Später tat er diese Aufforderungen als Witz ab. Nach der Aufforderung des Geschäftsherrn, die Klägerin solle ihn „Schatz“ nennen und sie dieser nicht nachkam, reagierte er äußerst aggressiv, bedrohlich, herabwürdigend und beleidigend.

Wenige Tage nach diesem Ausbruch forderte er sie auf, ins Büro zu kommen. Er forderte sie auf, sämtliche Geschenke, die er ihr gemacht hatte, zurückzugeben. Zudem teilte er ihr mit, dass er ihr Gehalt um 5.500,00€ brutto reduzieren würde. Zudem müsse sie den Firmenwagen und die dazugehörige Tankkarte zurückgeben. Letztlich befahl er ihr, dass sie ihn nicht begrüßen dürfe.

Trotz vorheriger Erniedrigungen lud er sie als Entschuldigung zu einem gemeinsamen Wellness-Ausflug ein, welches sie ablehnte.

Nachdem die Klägerin alle Geschenke zurückgab, erklärte der Geschäftsführer die Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Daraufhin reichte die Klägerin eine Kündigungsschutzklage ein, in der sie einen Weiterbeschäftigungsantrag stellte.

Im erstinstanzlichen Verfahren forderte die Beklagte die Klägerin auf, ihre Arbeit wieder aufzunehmen. Daraufhin stellte die Klägerin einen Auflösungsantrag nach § 9 KSchG, mit der Begründung, die Weiterbeschäftigung sei unzumutbar.

Die Beklagte hielt fest, dass durch die Option vom Home-Office die Weiterbeschäftigung gleichwohl zumutbar sei. Zudem hätte sich die Klägerin ja der privaten Kommunikation durch Blockieren der Nummer entziehen können. Dadurch sei die Klägerin kein Opfer, vielmehr Täterin selbst.

Das Arebeitsgericht hatte die Weiterbeschäftigung als unzumutbar festgestellt und sprach der Klägerin eine Abfindung in Höhe von 70.000,00€ brutto zu.

Das Landesarbeitsgericht Köln stimmte dem Arbeitsgericht zu. Ein Weiterbeschäftigungsantrag steht dem Auflösungsantrag nicht entgegen.

Die freundschaftliche private Kommunikation zwischen der Klägerin und dem Geschäftsführer sei nur dann relevant, wenn diese Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis hatte. Vor dem 19.02. war dies nicht der Fall, nach diesem Zeitpunkt bestand allerdings ein eindeutiger Missbrauch der Stellung des Geschäftsführers gegenüber der Klägerin.

Selbst nach dem Ausbruch an diesem Tag und drohenden arbeitsrechtlichen Konsequenzen folgten weitere sexuelle Verhaltensweisen (Einladung und Entschuldigung).

Die Beklagte versuchte eine Mitverantwortung der Klägerin zu begründen, sie sei also selbst Täterin. Allerdings zeigt die Darlegung der Beklagten, dass sie den Gehalt der Aussagen des Geschäftsführers und die Auswirkungen der Reaktion der Klägerin nicht richtig einstuft. Die Beklagte verkennt offensichtlich die Abhängigkeit im Arbeitsverhältnis.

Die Abfindung dient auch als Präventionsmaßnahme und finanzielle Konsequenz für das Unternehmen selbst. So sei die Summe der Abfindung allenfalls gerechtfertigt.

Das LAG Köln hat durch das Urteil hervorgehoben, dass Machtmissbrauch ein durchaus präsentes Thema im Arbeitsrecht ist. Dadurch symbolisiert das Urteil die gesellschaftspolitische Bedeutung als Führungskraft, die vor allem Verantwortung verlangt. Es wird deutlich, dass betriebliche Präventionsmaßnahmen maßgeblich sind, um solche Fälle zu vermeiden.

In Münster begann Prozess um Anlagebetrug

Ein Mann aus Saerbeck bei Münster steht vor Gericht. Ihm wird Betrug gem. § 263 StGB in 39 Fällen vorgeworfen. Der Prozess findet vor dem Landgericht Münster statt.

Der Mann soll das Geld seiner Anleger falsch investiert haben. Dabei hat er mehr als drei Millionen Euro verloren.

Der Angeklagte absolvierte eine Ausbildung als Bankkaufmann bei der Sparkasse und war dann als Vermögensverwalter und in der Wertpapierabteilung tätig. Schon viele Jahre zuvor, angefangen in 2009, hatte er mit Geld aus seinem Bekanntenkreis spekuliert und dabei Verluste gemacht. Um das verlorene Geld wiederzubekommen, setzte er immer wieder auf riskante Anlagen. Jedoch er verlor er dadurch nur noch mehr Geld.

Vor Gericht sagt der Mann, er habe immer gehofft, das Geld der Anleger zurückzuholen. Er gibt zu, Fehler gemacht zu haben und zeigt Reue. Sogar Lotto habe er gespielt, um das verlorene Geld wiederzubekommen.

Im Jahr 2021, als all das Geld verloren war, ging er zu einer Anwaltskanzlei und zeigt sich selbst an. Damit begann das Strafverfahren.

Der Prozess läuft noch weiter.

Im Falle der Verurteilung handelt es sich um Straftaten gem. §§ 263, 266 StGB,

WN

Vorsicht bei der Zustellung einer Kündigung

Die Zustellung von Dokumenten und Schreiben, insbesondere aber auch von Abmahnungen und Kündigungen, wirft seit vielen Jahren viele Fragen auf.

Immer wieder geht es darum, dass eine Antwort danach gesucht wird, wie man sicher zustellen kann, sodass dies auch von Gerichten akzeptiert wird.

Auch die Rechtsprechung steht hier immer wieder vor neuen Herausforderungen, da sich die technischen Möglichkeiten einer Zustellung immer wieder anpassen.

Eine solche Anpassung

Auch eine die gesetzlichen Regelungen passen sich – leider nur sehr zeitversetzt – an.

Die strenge Form des § 126 BGB verlangt beispielsweise, dass Urkunden, wie zum Beispiel Kündigungen, handschriftlich unterzeichnet werden müssen. Der neuere § 126a BGB sieht dagegen vor, dass die gesetzlich vorgeschriebene schriftliche Form durch eine elektronische Form ersetzt werden kann. Dies setzt eine qualifizierte elektronische Signatur voraus.

Auch die Post hat sich den neuen digitalen Anforderungen angepasst. Sie bietet nunmehr ein digitales Einwurfeinschreiben an.

Ein Arbeitgeber, dessen Arbeitnehmer ein Abfalldienstleister, dessen Arbeitnehmer zwischen 2020 und 2023 mindestens dreißigmal krank war, sollte zu einem betrieblichen Eingliederungmanagement (beM) eingeladen werden. Für die Zusendung bediente sich der Arbeitgeber diesem neuen Einwurfeinschreiben.

Der Arbeitnehmer erschien nicht. Daraufhin wurde die Kündigung ausgesprochen.

Laut einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hamburg mit Urteil vom 14.07.2025 unter dem Aktenzeichen 4 SLa 26/24 konnte der Arbeitgeber nicht beweisen, dass er zur betrieblichen Eingliederung eingeladen hatte. Das neue digitale Einwurfeinschreiben genügt für einen solchen Anscheinsbeweis nicht.

Deshalb war die Kündigung, die wohl unstreitig dem Arbeitnehmer zuging, unwirksam. Ohne betriebliche Eingliederung hätte der Arbeitgeber nicht kündigen dürfen.

Die einzige sichere Form, dass Schreiben zugehen, ist das Einschreiben mit Rückschein. Dort bekommt der Absender einen Beleg, dass das Dokument ausgeliefert wurde. Aktuell (Oktober 2025) kostet dies 5,80€.

Das Oberlandesgericht Frankfurt hat kürzlich die Übersendung einer Kündigung eines Vermögenberatervertrages per E-Mail (die E-Mail kam von der Atlas Vertriebsservice GmbH) für wirksam erklärt. In dem Fall reagierte der gekündigte Vermögensberater per E-Mail sofort, sodass dadurch der Zugang der E-Mail an ihn nachgewiesen war. Sodass der Zugang der Kündigung feststand.

Etwas anderes wäre es gewesen, wenn der Vermögensberater behauptet hätte, die E-Mail mit der Kündigung nicht erhalten zu haben. In dem Fall, wie in dem Fall vor dem Landesarbeitsgericht Hamburg, hätte dann der Zugang nicht nachgewiesen werden können.

Zusammenfassend kann nur empfohlen werden, um die wirksame Zustellung zu erreichen, ein Einschreiben mit Rückschein zu versenden oder aber mittels eines Boten die Zustellung sicherzustellen.