Die Schriftform im Vertrieb

Die Rechtsprechung und auch das Gesetz unterscheiden grob zwischen Schriftform und Textform. Näheres findet man unter § 126 BGB ff.

Was bedeutet Schriftform und was bedeutet Textform?

Schriftform bedeutet eigenhändige Unterschrift einer Urkunde. Ist das noch zeitgemäß?

Viele Handeslvertreterverträge erfordern eben diese Schriftform, z.B. bei einer Kündigung.

Gerade in Zeiten, in denen Verträge auf über ein Ipad oder Mousepad vermittelt werden, fragt sich, inwieweit die schriftliche Form eine eigenhändige Namensunterschrift benötigt.

Dazu hat das Oberlandesgericht München mit Urteil vom 26.1. 2012 unter dem Aktenzeichen 23 U 3798/11 umfangreiche Ausführungen gemacht.

Diese Entscheidung betrifft einen Fall, in dem die Kündigung eines Handelsvertretervertrages schriftlich zu erfolgen hatte. Das Gericht wies darauf hin, dass gemäß § 127 Abs. 2 BGB zur Wahrung der durch Rechtsgeschäft bestimmten schriftlichen Form auch die telekommunikative Übermittlung genüge, soweit kein anderer Wille der Parteien anzunehmen ist.

Das Oberlandesgericht München hat danach grundsätzlich auch eine Erklärung per E-Mail genügen lassen, sofern aus der Erklärung erkennbar ist, von wem sie abgegeben wurde.

Schließlich war erklärtes Ziel des Gesetzgebers, dem modernen technischen Standard unter verbreiteten Praxis Rechnung zu tragen. Zugelassen werden sollten daher auch moderne Möglichkeiten der Telekommunikation zur Übermittlung von Nachrichten, die Telegramm oder Telefax ganz oder teilweise verdrängt haben, wie etwa E-Mail oder Computer Fax.

Diese Auffassung will sich in einem aktuellen Fall wohl auch das Oberlandesgericht Frankfurt anschließen. Auch dort soll die Kündigung eines Vermögensberatervertrages der DVAG per Mail von der Form her genügen

Die DVAG feiert sich

Die DVAG hat Jubiläum.

Gegründet wurde sie laut Wikipedia von dem im Jahre 1928 geborenen Reinfried Franz Pohl. Nach dem Abitur studierte er Jura und absolvierte das 1. juristische Staatsexamen. Danach erfolgte die Promotion.

1956 begann er als Außendienstmitarbeiter beim Gerling Konzern und wechselte 1967 zu Bernie Cornfelds Investors Overseas Services (IOS). Laut Wikipedia handelte IOS mit Aktienfonds, Immobilien und Versicherungen und ging mit großem Aufsehen 1970 in die Insolvenz.

„So entstand die Idee des Tür-zu-Tür-Verkaufs, bei dem es keineswegs nur um den Absatz der Fondsanteile ging. Vielmehr sollten auch ständig neue Multiplikatoren gewonnen werden, die ihrerseits wieder neue Kunden aufsuchen“ schreibt das Versicherungsmagazin am 23.6.2014. Dort entstand auch die Idee des Strukturvertriebes.

Die wenigsten wissen, dass aus der IOS zahlreiche Strukturvertriebe hervorgingen, heißt es im Versicherungsmagazin weiter. Reinfried Pohl gründete die Bonnfinanz und später Kompass, die später zur DVAG umbenannt wurde. Die HMI, heute Ergo Pro, die OVB und Tecis sollen auch auf auf ehemalige Verantwortliche der IOS zurückzuführen sein. Carsten Maschmeyer lernte bei der OVB und mitbegründete später den AWD, heute Swiss Life Select. So beschreibt es das Versicherungsmagazin.

1975 begann Reinfried Pohl mit 35 ehemaligen Mitarbeitern der Bonnfinanz mit dem Aufbau der Kompass Gesellschaft für Vermögensanlagen GmbH. Aus der Kompass wurde dann die DVAG.

2014 verstarb Reinfried Pohl. Sohn Andreas Pohl wurde Vorstandsvorsitzender. Danach gab es einige auffallende Änderungen.

Im Jahr 2015 erwarb die DVAG einen neuen Bürokomplex in Frankfurt. Im selben Jahr feierte man das 40-jährige. Damals ging es noch mit 3 Aida- Schiffen hinaus aufs Mittelmeer. Jürgen Klopp wurde als neuer Werbeikone unter Vertrag genommen, nachdem Werbeträger Michel Schumacher im Jahr 2013 schwer verunglückte.

2017 erhielten die Vermögensberater eine neue vertragliche Grundlage. 2018 wurde der Vertrieb der Generali Versicherung von der DVAG übernommen.

Im Jubiläumsjahr 2025 verkündete die DVAG aller öffentlicher Kritik zum Trotz einen neuen Rekordumsatz im Jahr 2024.

Es geht jedoch nicht immer nur nach oben. Einige Zahlen stagnieren oder sind sogar rückläufig. Fondprofessionell.de hat sich mit der Anzahl der Vermögensberater beschäftigt. Danach sollen wie im Vorjahr rund 18.000 Vermögensberater tätig sein. 2022 sollen es „über 18.000“gewesen sein, 2021 sollen es noch 18.500 gewesen sein. Zu Höchstzeiten, zum Beispiel gemäß Pressemitteilung des Presseportals im Jahr 2013, soll es sogar 37.000 haupt- und nebenberufliche Vermögensberater gegeben haben.

Laut Fondprofessionell soll die DVAG im Jahre 2024 insgesamt 1500 Vermögensberater hinzugewonnen haben. Bei einer gleichbleibenden Anzahl von Vermögensberatern heißt das, dass auch etwa 1500 Vermögensberater die DVAG verlassen haben. Die Fluktuation liegt danach bei etwa 8 %.

Vor 10 Jahren schipperten die Vermögensberater mit der Aida, jetzt soll es mit „Mein Schiff“ gehen.

Und vielleicht kommt auch bei den diesjährigen Jubiläum Freude auf, wenn Helene Fischer, wie vor 10 Jahren, auch diesmal wieder auftritt.  

Was ist der Unterschied zwischen einem Handelsvertreter und einem Handelsmakler?

Der Handelsvertreter gemäß § 84 HGB ist ein selbstständiger Gewerbetreibender, der kontinuierlich damit beauftragt ist, für einen Geschäftsherrn Verträge zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen. Er vertritt in der Regel die Interessen eines Unternehmens und ist meistens nur für dieses eine Unternehmen tätig. Eine Ausnahme davon ist der Mehrfachagent. Ein wesentlicher Aspekt der Tätigkeit des Handelsvertreters ist das Wettbewerbsverbot während der bestehenden Vertragsbeziehungen. Dies bedeutet, dass er keine konkurrierenden Geschäfte vermitteln darf.

Der Handelsvertreterblog hat schon oft darüber berichtet, dass ein Handelsvertreter einen Anspruch auf einen Buchauszug hat, auf monatliche Abrechnungen und einen Ausgleichsanspruch nach Beendigung des Vertrages gemäß § 89b HGB.

Die Kunden, die der Handelsvertreter vermittelt, gehören übrigens dem Unternehmen.

Der Handelsmakler gemäß § 93 HGB handelt unabhängig und vermittelt Geschäfte zwischen zwei Parteien, wie zum Beispiel den Verkauf von Waren oder Dienstleistungen. Er ist nicht dauerhaft an einen Auftraggeber gebunden und arbeitet für beide Parteien des Geschäfts. Ein Handelsmakler trifft keine Geschäftsabschlüsse im eigenen Namen, sondern bringt die Parteien zwecks Vertragsabschlusses zusammen.

Der Handelsmakler kann sich einen eigenen Kundenstamm aufbauen. Die Kunden sind seine Kunden. Er arbeitet üblicherweise mit verschiedenen Kunden bzw. Partnern zusammen. Der Handelsmakler ist nicht von einem Geschäftsherrn abhängig. Er ist im Gegensatz zum Handelsvertreter viel unabhängiger und flexibler.

Er arbeitet professionell und ohne feste vertragliche Bindung und vermittelt Geschäftsabschlüsse in Form von Warenverkäufen, Wertpapierhandel, Versicherungsdienstleistungen, Frachttransporten, Schiffsvermietungen usw.

Der Handelsmakler wird zwar von einer Partei beauftragt, es entsteht jedoch durch seine Tätigkeit auch eine vertragliche Beziehung zur Gegenpartei. Er vertritt mithin die Interessen beider Parteien und ist verantwortlich für jeglichen Schaden, der durch Fahrlässigkeit entsteht (§ 98 HGB).

Nach erfolgreichem Abschluss eines Geschäftes muss der Handelsmakler eine schriftliche Bestätigung ausstellen, wobei jede beteiligte Partei das Recht hat, eine solche zu erhalten. Diese wird auch als Schlussnote bezeichnet (§ 94, 95 HGB).

Der Handelsmakler ist verpflichtet, die Geschäfte täglich in einem Tagebuch festzuhalten. Die Parteien haben ein Recht auf Einsicht gemäß § 101 HGB. Er hat Anspruch auf eine Vergütung, den sogenannten Maklerlohn, soweit das vermittelte Geschäft zu Stande kommt.

Im Gegensatz zum Handelsvertreter ist der Handelsmakler selbstständig. Ein Handelsvertreter kann eben auch in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehen. Dies ergibt sich aus § 84 Abs. 2 HGB.

Ein Versicherungsmakler ist eine spezielle Form des Handelsmaklers. Ein Versicherungsmakler ist auf die Vermittlung von Versicherungsdienstleistungen spezialisiert (§ 61 VVG).

Landgericht Düsseldorf: Tippgeber muss nachbearbeiten

Das Landgericht Düsseldorf hat einem Tippgeber zur Nachbearbeitung stornogefährdeter Verträge verurteilt. Der Verurteilte verfügte über keine gewerbliche Zulassung gemäß § 34d Abs. 1 GewO. Er durfte nicht vermitteln. Er durfte auch aus keinem anderen Tatbestand des § 34d GewO vermitteln.

Er durfte nur Empfehlungen abgeben. Da er einen guten Kameradenkreis hatte, konnte er die eine oder andere Empfehlung an einen Vertrieb weitergeben.

Dafür erhielt er eine Provision, die ebenso Stornohaftungszeiten unterliegen sollte.

Es gab einen Zugang über ein Internetportal. Dort wurde er über notleidende Kundenverträge informiert.

Mit dem Vertrieb vereinbarte der Tippgeber: Der Empfehlungsgeber verpflichtet sich die für ihn im Portal zur Verfügung gestellten Informationen werktäglich abzurufen und die ihm zur Verfügung gestellten Informationen zu nutzen, um gegebenenfalls notleidende Verträge zu retten und somit die Provision zu retten. Diese Verpflichtung besteht auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses weiter.

Es kam, wie es kommen musste. Verträge gerieten ins Storno. Der Tippgeber sah nicht in das Online-System. Nun streitet man sich darüber, ob die Provision zurückgezahlt werden muss.

Zunächst stellte das Landgericht fest, dass der Tippgeber kein Handelsvertreter sei.

Das Landgericht Düsseldorf bezog sich dabei auf eine Entscheidung des Amtsgericht Erfurt mit Urteil vom 05.11.2018 unter dem Aktenzeichen 4 C 1268/17. Die gelegentliche Zuführung von Interessenten reicht nicht, dass ein Tippgeber zum Handelsvertreter wird.

Dann führt das Landgericht Düsseldorf weiter aus, dass zwar der Vertrieb darlegungs- und beweisbelastet sei, er aber nachgewiesen habe, dass er die jeweilige Stornierung oder Veränderung des Vertrages nicht zu vertreten hat.

Eine Norm dafür nennt das Landgericht nicht. Bei Handelsvertretern bemisst sich dies nach § 87 Abs. 3 Satz 2 HGB.

Dann setzt sich das Gericht weiterhin mit der vertraglichen Regelung auseinander. Dabei soll im Vertrag stehen, dass sehr wohl eine Stornonachbearbeitung durch den Vertrieb oder dem Versicherungsvermittler erfolgen soll. Ist dies nicht der Fall, hätte der Vertrieb dies zu vertreten.

Auch der Empfehlungsgeber habe eine Nachbearbeitungspflicht insoweit, als dass er bei dem Kunden die Gründe für die Nichtzahlung der Prämie oder Kündigung des Vertrages in Erfahrung zu bringen hat und diese Information dem jeweiligen Versicherungsvermittler bzw. der Klägerin zukommen lässt. So steht es auch im Vertrag.

Laut Vertrag, der an dieser Stelle unklar ist, soll sich der Vertrieb eingeräumt haben, die Stornonachbearbeitung entweder selbst oder dem jeweiligen Versicherungsvermittler durchzuführen, wobei der Vertrieb die Wahl hat, die Verträge entweder selbst nachzuarbeiten oder den Empfehlungsgeber über die Stornogefahr zu informieren.

Der Vertrag erwähnt in Zusammenhang mit der Stornobekämpfung drei Personen, den Vertrieb, den Vermittler und den Tippgeber.

Das Landgericht meinte, dass die Nachbearbeitungsverpflichtung an den Tippgeber bedenkenlos delegiert werden könne. Dabei nahm das Gericht Bezug auf die Entscheidung des BGH mit Urteil vom 28.06.2012 unter dem Aktenzeichen VII ZR 130/11.

Danach soll sich der Tippgeber um eine Kontaktaufnahme zu dem jeweiligen Kunden bemühen. Er soll den Kunden fragen und die Antworten weiterleiten.

Darin sieht das Gericht offensichtlich eine hinreichende Nachbearbeitung.

Das Gericht meint, der Tippgeber auch ohne Vermittlungszulassung hätte notleidend gewordene Verträge nachbearbeiten können.

Ob diese Entscheidung einer Berufung standhält, dürfte äußerst fraglich sein.

Sind kurze Verjährungsklauseln wirksam?

Handelsvertreterverträge beinhalten oft eine kurze Verjährungsfrist. Bekannt sind Klauseln mit einer 12- monatigen oder 13-monatigen Verjährungsfrist. Wer z.B. Ansprüche auf Provisionen hat und diese nicht innerhalb dieser Frist einklagt, soll die Ansprüche verlieren.

Bekannt sind solche Klauseln in den Verträgen mit der HUK oder mit der OVB.

Die gesetzliche Verjährungsfrist beträgt in der Regel 3 Jahre.

Es fragt sich also, ob eine solche Verkürzung rechtmäßig ist.

Das Amtsgericht Coburg hält eine kurze Verjährungsklausel für wirksam.

Ein ehemaliger Handelsvertreter der HUK Coburg hatte Provisionen eingeklagt. Die Klage scheiterte daran, dass Ansprüche verjährt seien.

Das Gericht legte zu Grunde, dass der Kläger als Versicherungsvertreter im gewerblichen Bereich tätig war. Die Verjährung, die grundsätzlich nach § 185 BGB geregelt ist, kann in einem Handelsvertretervertrag abgekürzt werden. Das Gericht nahm Bezug darauf, dass entsprechend auch das Oberlandesgericht Düsseldorf in einem Verfahren unter dem Aktenzeichen 16 U 86/08 entschieden hätte.

Die HUK hat in diesen Verträgen vorgesehen, dass die Verjährungsfrist auf zwölf Monate abgekürzt werden, gerechnet ab dem Schluss dessen Monats, in dem der Anspruch entstanden ist und der Anspruchsberechtigte Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners erlangt.

Nach dieser Berechnung hatte der Kläger die Klage zu spät erhoben. Das Gericht hält die Vereinbarung für wirksam.

Deshalb wurde die Klage abgewiesen.